Die Zahl der verspäteten Nachtflüge nach 23 Uhr hat gestern erstmals seit zehn Jahren die 1.000er Marke überschritten. Das ist aus Sicht der Umweltbehörde deutlich zu viel und wäre in etlichen Fällen vermeidbar gewesen. Eine vorläufige Bilanz der Beschwerdezahlen ergibt folgendes Bild: Bis Anfang Dezember gab es 86.611 Fluglärm-Beschwerden. Diese stammten von 1.923 Personen.
56 Prozent der Beschwerden stammten aus Hamburg, der Rest aus dem Umland. Von den Beschwerdeführern leben 1.430 in Hamburg, die anderen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. 44 Prozent der Beschwerden gingen bei der Fluglärm-Beschwerdestelle in der Umweltbehörde ohne Namensnennung, aber mit dem jeweiligen Stadtteil bzw. Ort ein (Pflichtangabe). Wie schon 2016 gab es große regionale Unterschiede bei der Zahl der Beschwerden und der Beschwerdeführer. Hier einige Beispiele: Aus Ahrensburg kamen von 24 Beschwerdeführern bislang 9.900 Beschwerden, aus Bargteheide 5.700 von 22 Personen, aus Elmenhorst im Kreis Stormarn 1.700 von 32 Menschen. Aus dem Hamburger Stadtteil Poppenbüttel sendeten 71 Personen 10.100 Beschwerden, aus Nienstedten kamen 4.100 Beschwerden von 45 Leuten.
Eine deutliche Zunahme gab es bei den Beschwerden über verspätete Nachflüge.
Im vergangenen Jahr war ab dem 13.7. erstmals die Zahl der Beschwerdeführer erhoben worden. Diese hatte in den fünf letzten Monaten 2016 bei 751 Personen gelegen. Die Zahl der Beschwerden betrug 86.120. Die genauen Zahlen aus dem Jahr 2016 finden sich unter: http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/7897260/2017-01-12-bue-fluglaerm/ .
Umweltsenator Jens Kerstan erklärt dazu: „Die Entwicklung bei den Nachtflügen geht in die komplett falsche Richtung. Das ist für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner mehr als ärgerlich. Im April 2016 hatten sich die größten Fluggesellschaften und die Airlines in die Hand versprochen, hier eine deutliche Reduzierung der Verspätungen zu erreichen. Trotz der sogenannten Pünktlichkeitsoffensive ist das Gegenteil passiert. Hier muss im kommenden Jahr eine deutliche Verbesserung gelingen. Meine Behörde, die für den Lärmschutz zuständig ist, geht jeder einzelnen Verspätung auf den Grund und hat in den vergangenen Wochen bereits 40 Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Fluggesellschaften angestrengt – mehr als je zuvor. Ich appelliere klar an die Airlines, ihre Umlaufzeiten mit Blick auf die Nachtruhe besser zu planen und bei absehbaren deutlichen Verspätungen auch Flüge ausfallen zu lassen.“
Pressemitteilung Behörde für Umwelt und Energie
Der Wind dreht sich – Umweltbehörde kritisiert erstmalig Belastungsübermaß
Die Hamburger Umweltbehörde (BUE) ist zuständig für die Bekämpfung des Fluglärms, verursacht durch den Betrieb des innerstädtisch gelegenen Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“. Die BUE hat heute bekanntgegeben, dass am gestrigen Donnerstag die Zahl von 1.000 verspäteten Starts und Landungen nach 23 Uhr überschritten wurde – ein Negativrekord der vergangenen zehn Jahre.
Erstmalig quantifiziert die Fachbehörde das Ausmaß der verspäteten Starts und Landungen in dieser Form. Umweltsenator Kerstan positioniert sich und die von ihm geführte BUE klar auf der Seite der Fluglärmbekämpfung, verliert sich dann jedoch in der Problematisierung der Beschwerdeführer. Anstatt diejenigen Fluggesellschaften zu benennen, die hauptursächlich für die Verspätungen verantwortlich sind, wird eine umfängliche Verteilungsstatistik der Beschwerdeführer betrieben.
Richtigerweise werden die Fehlplanungen in der Tagesrotation der Fluggesellschaften durch den Senator als das Hauptübel erkannt. Bekannt ist, dass drei von vier Verspätungen die Tagesrotation als Ursache haben.
„Gut ist, dass der Umweltsenator erstmalig die Vermeidbarkeit von Fluglärm und Verspätungen in der gesetzlich geschützten Nachtzeit anerkennt. Zur Verbesserung der Arbeit seiner Fachbehörde bedarf es einer Regelung, dass Piloten die außerhalb der offiziellen Betriebszeit von 23 Uhr starten und landen ihren Namen zukünftig zu hinterlegen haben. Bisher versuchen sich mehrere Fluggesellschaften über die Verweigerung der Namensfreigabe ihrer Verantwortung zu entziehen. Einzig nicht von den Betroffenen zu akzeptieren ist die Aussage von Herrn Kerstan, dass Fluglärm ärgerlich sei – Fluglärm raubt gesunde Lebensjahre!“, kommentiert Martin Mosel, Sprecher der Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW).
Pressemitteilung Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW)
Monatsbericht November 2017: Mehr Fluggäste und weniger Flugbewegungen im November
Betriebszeiten am Hamburg Airport: Verspätungsregel ist wichtig für Reisende und Wirtschaft in Norddeutschland
Im November 2017 verzeichnete Hamburg Airport erneut ein Plus bei den Passagierzahlen: Laut dem heute veröffentlichten Monatsbericht flogen im vergangenen Monat rund 1,27 Millionen Menschen von und nach Hamburg, das sind 5,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Im gleichen Zeitraum nahm die Anzahl der Flugbewegungen um 5,6 Prozent ab. Fliegen wird also immer effizienter.
Ob Ski- oder Sonnenurlaub, Geschäftsreise oder der Besuch bei Freunden in ganz Europa: Im November 2017 nutzten 1.268.397 Menschen das vielseitige Streckennetz am Hamburger Flughafen mit rund 130 direkt erreichbaren Zielen. …
Die geltende Betriebsgenehmigung mit der darin enthaltenen Verspätungsregelung von 23 bis 24 Uhr bietet einen verlässlichen Rahmen, der moderne Mobilität mit dem berechtigten Schutz der Anlieger verbindet. Jede Einschränkung der jetzigen Regelung hätte negative Auswirkungen für die Erreichbarkeit der Metropole sowie für die Mobilität und Arbeitsplätze der Menschen in der Region.
Vertreter der norddeutschen Wirtschaft unterstreichen die Bedeutung der bestehenden Betriebszeiten am Hamburger Flughafen und sprechen sich deutlich gegen die Diskussion weiterer Einschränkungen aus. So betont Uli Wachholtz, Präsident der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein: „Der Flughafen Hamburg hat eine enorme wirtschaftliche Bedeutung für die Betriebe in Hamburg wie in Schleswig-Holstein. Eine weitere Einschränkung der Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandorts Norddeutschland mit dem Flugzeug würde uns wiederum ein weiteres Stück von der wirtschaftlichen Entwicklung im Süden abhängen.“ Brigitte Nolte, Geschäftsführung Hamburg im Handelsverband Nord, warnt: „Einschränkungen der Betriebszeiten bedeuten Einschränkungen der Erreichbarkeit der Stadt.“ Hamburg laufe Gefahr, in die Provinzialität zurückzufallen, so Nolte. Auch die Handelskammer Hamburg setzt sich für den Erhalt der bestehenden Betriebszeiten am größten Flughafen Norddeutschlands ein.
Wie wichtig die Verspätungsregelung ist, zeigte sich einmal mehr am 9. November 2017: Aufgrund einer flüchtigen Person aus dem benachbarten Ausreisegewahrsam musste der Flugbetrieb am Abend aus Sicherheitsgründen zeitweise eingestellt werden. Dies führte sofort zu erheblichen Auswirkungen auf den Luftverkehr. Als Folge mussten allein an diesem November-Abend zwölf Flüge von der Verspätungsregelung Gebrauch machen, ein weiterer Flug erhielt von der zuständigen Behörde für Umwelt und Energie eine Einzelausnahmegenehmigung nach Mitternacht. Dadurch konnte vermieden werden, dass die betroffenen Passagiere abends nicht mehr nach Hamburg gelangt wären. Die Alternative wäre eine abendliche Umleitung zu Flughäfen wie Hannover oder Rostock-Laage gewesen.
FlughafenHH-Monatsbericht November 2017
Pressemitteilung Flughafen HH
Eggenschwiler betreibt Panikmache zur Besitzstandswahrung
Sowohl die Behauptung einer Umsatzeinbusse von 20 Millionen Euro im Jahr, als auch der angebliche Verlust von 200 Arbeitsplätzen bei einer Verkürzung der Verspätungsregelung um lediglich 30 Minuten von derzeit 24 Uhr auf 23.30 Uhr, wie von der Fluglärmschutzkommission (FLSK) empfohlen, ist abstrus und reine Panikmache zur Wahrung von Besitzständen.
Fakt ist, dass auch weiterhin ein nachgewiesener unvermeidbarer Flugbetrieb nach dem Ende der regulären Betriebszeit um 23 Uhr möglich sein wird – Landungen sollen sogar bis 23.30 Uhr weiterhin in Selbstgenehmigung (pauschal) möglich sein. Tatsächlich betroffen von einer dann erforderlichen Einzel-Ausnahmegenehmigung sind nach den Zahlen des Flughafens lediglich 0,3 bis 0,5 Prozent der gesamten Flugbewegungen eines Tages.
„Es erschüttert, wenn der Flughafenchef Eggenschwiler aus einer Kapazitätseinschränkung von 0,3 bis 0,5 Prozent nun eine derartige wirtschaftliche Gefährdung konstruiert. Eggenschwiler offenbart nun endlich, dass das Geschäftsmodell Verspätung einen großen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg des Flughafens hat – teuer erkauft mit der Gesundheit der Betroffenen durch Schlafentzug!“, stellt Martin Mosel, Sprecher der Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW), fest.
Pressemitteilung Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW)
Mehr zum Thema auf weiteren WUZ-Seiten: /2017/12/nachtfluege-bwvi-gibt-fehler-zu/ und
/2017/12/baw-fluglaermschutz-wird-in-frage-gestellt und
/2017/12/flughafen-flsk-empfiehlt-aenderung-der-verspaetungsregelung/