Nach 100 Tagen SPD-Senat zeichnet sich aus Sicht des BUND ab, dass der Umweltschutz in Hamburg wieder verstärkt der Wirtschaft untergeordnet werden soll und wesentliche Inhalte an kurzsichtigen Versprechen des Bürgermeisters aus Wahlkampfzeiten scheitern. „Umweltsenatorin Jutta Blankau hat bislang keine eigenen Akzente in der Umweltpolitik gesetzt“, bilanziert Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. 100 Tage nach Amtsantritt sei es allerhöchste Zeit, dass im Senat wieder eine starke Stimme für den Umwelt- und Naturschutz auftrete, so Braasch.
Aus Sicht des BUND wird es immer unwahrscheinlicher, dass die von der Bundesebene vorgegebenen Klimaschutzziele in Hamburg erreicht werden, zumal nach einer Neuberechnung des Statistischen Amtes Nord eine zusätzliche Einsparverpflichtung von weiteren 1,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) bis 2020 erforderlich sei. Von ambitionierteren Vorgaben, die vom Vorgängersenat im Rahmen der Bewerbung zur Umwelthauptstadt versprochen waren, ganz zu schweigen.
Bei der Reduzierung von Luftschadstoffen aus dem Straßenverkehr und der Hafenwirtschaft drohe ein völliges Versagen. Die europäischen Grenzwerte für Stickoxide (NOx) in der Luft würden an allen straßenbezogenen Messstationen in Hamburg deutlich überschritten, Tendenz steigend. In dieser Situation die Landstromversorgung für Kreuzfahrtschiffe im Hafen auf die lange Bank zu schieben, sei ein umweltpolitischer Offenbarungseid. Deutschland drohe auf Grund der hohen NOx-Werte aktuell ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission. In letzter Konsequenz seien hier Bußgelder von über 250 Mio. Euro pro Jahr möglich, die anteilig von Hamburg zu zahlen seien.
Der BUND kritisiert, dass insbesondere Bürgermeister Olaf Scholz die Luftbelastung in Hamburg weitgehend ignoriert und wirksame Instrumente wie etwa die Umweltzone oder Citymaut mit einem Denkverbot belegt. „Damit nimmt der Bürgermeister billigend in Kauf, dass Zigtausende Menschen in Hamburg einer gesundheitsgefährdenden Luft- und Lärmbelastung ausgesetzt sind“, so Manfred Braasch. Auch die Absage der Stadtbahn und das „Ja“ zur Fernwärmetrasse für das Kohlekraftwerk Moorburg seien rein politisch motiviert und widersprächen allen fachlichen Erkenntnissen – die Fernwärme aus Moorburg sogar einem Gutachten der Behörde von Umweltsenatorin Jutta Blankau.
Im Bereich des Naturschutzes arbeitet Blankaus Behörde laut BUND lediglich laufende Vorgänge und diese auch nur halbherzig ab. So würden Schutzgebietserweiterungen, die noch unter Schwarz-Grün angeschoben wurden, zwar umgesetzt, es sei aber nicht erkennbar, ob etwa der seit Jahren überfällige Biotopverbund endlich umgesetzt werde. Auch zu den seit Jahren viel zu geringen Nachpflanzungen für gefällte Straßenbäume sei wenig zu hören. Letzteres müsse für die SPD doch eine Herzensangelegenheit sein, da gerade die SPD-Fraktion die Vorgängerregierungen mit zahlreichen Anfragen zu diesem Thema regelrecht vor sich hergetrieben habe.
„Wenn man dann noch aus der Leitungsebene der BSU hört, dass der Naturschutz den erklärten Zielen im Wohnungsbau entgegensteht, fragt man sich, ob das Wort „Umwelt“ noch seine Berechtigung im Behördennamen hat. Noten werden nach 100 Tagen noch nicht vergeben – man sieht aber bereits jetzt, dass sich die Behördenleitung für eine Versetzung noch mächtig anstrengen muss“, so Manfred Braasch.