– wie lange schaut die Politik noch zu?
Mehr als 125.000 Menschen europaweit – über 50.000 davon allein in Deutschland – haben sich im Rahmen der Aktionswochen „Straßen sind für alle da“ stark gemacht. Mit bunten Kidical Mass Fahrraddemos, temporären Schulstraßen, Fahrradbussen und kreativen Schulweg-Aktionen waren Familien, Kinder und Engagierte vom 5. bis 25. Mai in über 550 Orten und mehr als 20 Ländern – vom ländlichen Raum bis zur Großstadt – unterwegs, um ihre Forderung sichtbar zu machen: Straßen müssen sich endlich an den Bedürfnissen der Kinder orientieren – für sichere Schulwege, lebenswerte Orte und eine Mobilität, von der alle Generationen profitieren.
Forderung klar: Jetzt handeln! Die europaweite Bewegung Kidical Mass erhält zusätzlich Rückenwind durch das aktuelle Clean Cities Städteranking 2025 zur kinderfreundlichen Mobilität. Die Ergebnisse der Studie belegen: Deutsche Städte hinken hinterher.Geschützte Radwege sind Mangelware, Tempo 30 ist eher Ausnahme als Regel und sichere Schulwege und Schulstraßen bleiben oft symbolisch – oder fehlen ganz.
Simone Kraus, Sprecherin des Kidical Mass Aktionsbündnisses: „Wir haben nicht nur Zahlen und Studien – wir haben Menschen. 125.000 Menschen waren in diesen Wochen auf den Straßen unterwegs, viele davon Kinder. Die Botschaft ist eindeutig: Die Städte müssen jetzt handeln – mit Schulstraßen, Tempo 30 und sicherer Infrastruktur. Die Verkehrswende mit dem Maßstab Kind ist kein Nischenthema – sie ist der Schlüssel zu mehr Lebensqualität für alle Generationen.“
Die Werkzeuge liegen längst auf dem Tisch. Mit der StVO-Novelle 2024 haben Städte und Gemeinden mehr Handlungsspielraum – und gleichzeitig die Verantwortung, diesen zu nutzen. Auch Bund und Länder sind in der Pflicht: Es braucht klare, überprüfbare Zielvorgaben, verbindliche Förderprogramme und ein Straßenverkehrsrecht, das den Menschen ins Zentrum stellt – nicht den Autoverkehr.
Jens Müller, stellvertretender Direktor des Netzwerks Clean Cities: „Kinder, die sich viel bewegen, sind glücklicher, gesünder und lernen leichter in der Schule. Sichere Schulwege sollten daher in jeder Stadt Normalität sein. Unsere Nachbarländer zeigen, wie das geht. Wer heute zum Beispiel durch Paris läuft, erkennt die Stadt kaum wieder. Vor allem dank Schulstraßen, sicheren Tempolimits und geschützten Radwegen, die sich auch andernorts schnell und ohne große Kosten umsetzen lassen.“
Das Ranking: Kinderfreundlichkeit im Vergleich. Das Clean Cities Städteranking 2025 vergleicht 36 europäische Städte anhand von drei kinderrelevanten Indikatoren – basierend auf Empfehlungen der EU-Kommission und UNICEF:
Anteil der Grundschulen mit Schulstraßen
Anteil des Straßennetzes mit Tempo 30 oder weniger
Anteil geschützter Radinfrastruktur
Deutschland kommt im Vergleich nicht gut weg: Köln (Platz 17), Berlin (15), Hamburg (18) und München (12) landen nur im Mittelfeld. Spitzenreiter wie Paris, London und Helsinki zeigen dagegen: Mit politischem Willen sind schnelle Fortschritte möglich.
Straßen für Kinder. Städte für alle. Die Forschung zeigt: Wer für Kinder plant, plant für die Zukunft. Kinderfreundliche Städte sind gesünder, sicherer und lebenswerter – für alle Generationen.
Zitate bundesweite Partner Aktionsbündnis
Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs VCD: „Für unsere Kinder leider Alltag: Rasende Autos, fehlende Schulstraßen und eine mangelhafte Fahrradinfrastruktur. Dabei zeigen unsere europäischen Nachbarn, dass es auch anders geht! Mit den Kidical Mass Aktionswochen bringen wir Kinder in Bewegung – und fordern von der Politik: Schluss mit faulen Kompromissen, her mit sicheren Schulwegen! Schulstraßen müssen zur Selbstverständlichkeit werden – als Teil einer Verkehrswende, die sich der Vision Zero verpflichtet.“
Christoph Bautz, Geschäftsführer Campact: „Während die Klimakrise galoppiert und Deutschlands Verkehrspolitik weiter auf Autos setzt, zeigt eine neue Studie, die europäische Städte nach kinderfreundlicher Mobilität rankt, wie Fortschritt aussieht und welche Maßnahmen in Städten wie Paris oder Amsterdam funktionieren. Diese Studie ist ein Weckruf: Positive Veränderung für die Mobilität von uns allen ist möglich, wenn der politische Wille da ist.“
Girina Holland von Changing Cities: „Die Studie zeigt, dass kindgerechte Infrastruktur in sehr unterschiedlichen urbanen Settings machbar ist und damit die Lebensqualität für alle steigt. Davon sind die zehntausenden Kinder, Eltern, Kita- und Schulgemeinschaften überzeugt, die in den vergangenen Wochen europaweit für sichere Wege für Kinder auf die Straße gegangen sind. Unser Appell gilt der Politik und Verwaltung hier in Deutschland, gerade auch auf Länder- und Bundesebene. Tauscht Euch aus und unterstützt die Kommunen in der Einrichtung sicherer und gesunder Mobilität für Kinder!“
Kai Hanke, Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Es spricht Bände, dass keine deutsche Stadt bei dieser Studie unter den TOP 10 landet. Deswegen braucht es jetzt dringend ein verkehrspolitisches Umdenken. Alle Kinder und Jugendlichen sollen sich sicher und selbständig mit dem Fahrrad bewegen können. Kinder, die sich selbständig im Straßenverkehr bewegen und beispielsweise mit dem Rad zur Schule kommen, tun etwas für ihre gesunde Lebensweise und entwickeln vor allem ein Gefühl für ihren Sozialraum und ihre Mitmenschen. Das stärkt ihre Eigenständigkeit und fördert ihr Selbstbewusstsein und soziale Kompetenzen in der Wahrnehmung unterschiedlicher Lebensverhältnisse. Daher fordern wir eine an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausgerichtete Verkehrspolitik und eine echte Mobilitätswende!“
Wasilis von Rauch, Geschäftsführer von Zukunft Fahrrad: „Es ist offensichtlich für alle, die sich im öffentlichen Raum bewegen – aber für evidenzbasierte politische Entscheidungen braucht es Studien die zeigen, welche Maßnahmen Kinder sicher durch die Stadt bringen. Davon profitieren alle Verkehrsteilnehmenden. Und für die Fahrradwirtschaft ist klar: Wer heute sicher und gern Rad fährt, bleibt auch morgen mobil – das stärkt nachhaltige Märkte und sorgt für zukunftsfähige Mobilität.“
Über das Kidical Mass Aktionsbündnis:
Die Kidical Mass ist eine weltweite Bewegung. Mit Aktionen wie Fahrraddemos, Schulstraßen und Fahrradbussen setzt sich das Aktionsbündnis für sichere und lebenswerte Straßen ein – für Kinder und alle Generationen. Allein im Frühjahr und Herbst 2024 beteiligten sich über 200.000 Menschen an mehr als 1.100 Aktionen im Rahmen der Aktionswochen. Herzstück der Bewegung sind über 700 lokale Organisationen und Initiativen – dezentral, selbstorganisiert und gemeinsam stark. Unterstützt wird das Bündnis von überregionalen Partnern wie ADFC, Campact, Changing Cities, Clean Cities Campaign, Deutsches Kinderhilfswerk, Greenpeace, Parents For Future, Pro Velo Schweiz, VCD und Zukunft Fahrrad.
Das Netzwerk Clean Cities bringt europaweit mehr als 120 zivilgesellschaftliche Organisationen zusammen, die sich für eine sichere, gesunde und bezahlbare Mobilität in Städten einsetzen. Das Netzwerk veröffentlicht dazu unter anderem themenbezogene Städtevergleiche. Der aktuelle Vergleich zu kinderfreundlicher Mobilität ist die dritte Ausgabe seit 2021.
Pressemitteilung VCD