Zehn weitere Jahre Glyphosat

Krüger: Deutschland bricht sein Versprechen zum Glyphosatausstieg
Glyphosat wird weiter zugelassen: Der EU-Berufungsausschuss konnte heute keine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten für oder gegen eine Verlängerung der Zulassung des umstrittenen Wirkstoffs erzielen. Damit liegt die Entscheidung nun bei der EU-Kommission, die sich zuvor bereits für eine Verlängerung der Zulassung um weitere zehn Jahre ausgesprochen hatte.

„Heute ist kein guter Tag für die Artenvielfalt“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger, „Glyphosat ist ein Totalherbizid, das alle Wildpflanzen auf und um den Acker herum tötet und somit insbesondere Insekten und Vögeln die Nahrungsgrundlage entzieht. Diese Entscheidung ist angesichts der Naturkrise fatal.“

Entgegen des im Koalitionsvertrages festgelegten Ausstiegs aus Glyphosat im Jahr 2024 hat sich Deutschland aufgrund eines Vetos der FDP erneut enthalten. Durch die Verlängerung der Zulassung auf EU-Ebene wird der versprochene Ausstieg quasi unmöglich. “Für die Natur, aber auch das Vertrauen in die Politik wird dies erhebliche negative Konsequenzen haben. Vor wenigen Jahren versprachen Politikerinnen und Politiker fast aller Parteien sich für eine Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln einzusetzen, doch zu wenig ist tatsächlich geschehen, während die Naturkrise immer größer wird, beklagt der NABU-Präsident.

Die europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte in ihrem abschließenden Bericht, für den mehr als 2.400 Studien ausgewertet wurden, keine kritischen Problembereiche für Glyphosat festgestellt, trotz erheblicher Datenlücken, die unter anderem das Risiko für die Artenvielfalt und die Ernährung betreffen.

„Die Berichte vieler unabhängiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler flossen gar nicht in den EFSA-Bericht zur Bewertung von Glyphosat ein. Dadurch wird der Zulassungsprozess intransparent und verliert seine Glaubwürdigkeit. Insbesondere das Vorsorgeprinzip und die Auswirkungen auf die Biodiversität werden hier missachtet“, erklärt Maximilian Wulfheide, Referent für Ökotoxikologie beim NABU.

Hintergrund
Glyphosat ist eines der am meisten eingesetzten Pestizide in Deutschland und wird u. a. unter dem Handelsnamen RoundUp von Bayer vertrieben. Pestizide sind ein Haupttreiber der Biodiversitätskrise: Durch den großen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sind viele ehemals typische Arten von Pflanze, Insekten, Amphibien und Vögeln aus der Agrarlandschaft verschwunden.
Auf europäischer Ebene wird aktuell die Umsetzung der Farm-to-Fork-Strategie diskutiert, die eine Halbierung der Menge und des Risikos von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 vorsieht. Der NABU steht hinter diesen Zielen und fordert von den EU-Institutionen und den Regierungen, wirksame Maßnahmen noch vor den nächsten Europawahlen zu beschließen.

Weitere Informationen zu Glyphosat: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/pestizide/glyphosat.html

Pressemitteilung NABU (16.11.)


EU-Entscheidung zu Glyphosat: Brüssel geht einen falschen Weg
BUND fordert Glyphosat-Verbot und weniger Pestizideinsatz für mehr Artenschutz

Zur heutigen Entscheidung im Vermittlungsausschuss* der EU erklärt Corinna Hölzel, Pestizidexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):

„Erneut gibt es keine Entscheidung über die Wiederzulassung von Glyphosat im zuständigen EU-Ausschuss. Erneut hat sich Deutschland bei der Abstimmung der Mitgliedsstaaten enthalten. Diese Enthaltung geht auf das Konto der FDP, die nicht zum Koalitionsvertrag steht, in dem ein Vermarktungsstopp ab 2024 vereinbart wurde. Die SPD übernimmt keine Verantwortung und schweigt weiterhin bei diesem wichtigen Verbraucherschutz- und Umweltthema. Eine konsequente Ablehnung der gesamten Ampelkoalition wäre ein wichtiges Signal in Europa für mehr Gesundheit und Artenschutz.

Die EU-Kommission unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird jetzt im Alleingang in den nächsten Wochen die Wiederzulassung für 10 Jahre festlegen. Die EU Mitgliedsstaaten verpassen eine Chance für mehr Gesundheitsschutz, für mehr Artenschutz und für eine krisensichere Landwirtschaft und Ernährungssicherung. Für den BUND bleibt es dabei: Glyphosat muss verboten werden. Wenn es auf europäischer Ebene nicht möglich ist, dann muss ein Verbot national umgesetzt werden.“

*zuständiger EU-Ausschuss SCoPAFF

Mehr Infos: https://www.bund.net/umweltgifte/glyphosat/

Pressemitteilung BUND (16.11.)


Berufungsausschuss sagt nicht nein zu Ackergift

Der Berufungsausschuss hat heute (Donnerstag, 16. November) die Chance verpasst, gegen die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Verlängerung des Einsatzes von Glyphosat zu stimmen. Infolgedessen wird die EU-Kommission in den kommenden Tagen eine Entscheidung über die Verlängerung der Verwendung von Glyphosaten treffen. Die Grünen/EFA fordern die Europäische Kommission auf, Glyphosat nicht wieder zuzulassen, den Einspruch des EU-Parlaments von 2017 zu respektieren und den Einsatz von Glyphosat zu beenden.

Jutta Paulus, Grünen/EFA-Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert:

„Die drohende Wiederzulassung von Glyphosat steht sinnbildlich für alles, was in der europäischen Naturschutz- und Agrarpolitik falsch läuft. Glyphosat wieder zuzulassen und gleichzeitig ein Renaturierungsgesetz zu verabschieden, ist an Absurdität kaum zu überbieten. Wir Grünen/EFA werden weiterhin für die Rettung unserer Artenvielfalt kämpfen und fordern die EU-Kommission auf, das Totalherbizid endlich vom Markt zu nehmen.”

Martin Häusling, Grünen/EFA-Mitglied im Agrarausschuss, kommentiert:

„Das Ergebnis der heutigen Abstimmung ist ein Armutszeugnis politischer Verantwortung und nicht nachvollziehbar. Die Mitgliedsländer haben das Ruder aus der Hand gegeben und überlassen nun der Europäischen Kommission die Entscheidung. Die Bedenken der Wissenschaft, alarmierende Studien, anhängige Gerichtsverfahren und Wünsche von Millionen Menschen werden in den Wind geschlagen. Die Einschätzung der EFSA t ist alles andere als ein Freibrief für Glyphosat. Wenn die Kommission dennoch Glyphosat zulässt, dann, ist das ein Tiefschlag für Konsumentinnen und Konsumenten, die Landwirtinnen und Landwirte.”

Hintergrund:
Glyphosat ist der Wirkstoff in Herbiziden wie Roundup, das von Bayer-Monsanto hergestellt wird. Es ist ein Herbizid, das in der Landwirtschaft und in städtischen Gebieten eingesetzt wird.

Mehr Infos und Hintergründe: https://www.greens-efa.eu/de/artikel/press/member-states-fails-to-ban-glyphosate-greens-efa-urge-commission-to-act

Pressemitteilung Grüne im EU-Parlament (16.11.)


Kommission missachtet Vorsorgeprinzip – Neuzulassung von Glyphosat

Die EU-Mitgliedstaaten konnten heute weder eine Mehrheit für die Neuzulassung des Totalherbizids Glyphosat erzielen, noch eine Mehrheit dagegen. Die EU-Kommission hat daher entschieden, Glyphosat für zehn weitere Jahre in der EU zuzulassen.

Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:

„Mit der heutigen Entscheidung, Glyphosat für weitere zehn Jahre zuzulassen, missachtet die Europäische Kommission das Vorsorgeprinzip. Solange die schädliche Wirkung von Giftstoffen wie Glyphosat nicht komplett ausgeschlossen werden kann, haben sie auf unseren Äckern, Feldern und Tellern nichts zu suchen.

Es existieren nach wie vor ernstzunehmende Hinweise auf die gesundheits- und biodiversitätsschädliche Wirkung von Glyphosat, die durch den industriefreundlichen Zulassungsprozess nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Der Schutz der Gesundheit sollte Vorrang vor Lobbyinteressen haben.“

Maria Noichl, agrarpolitische Sprecherin der Europa-SPD:

„Angesichts des seit Jahren währenden Streits über das Gefährdungspotential von Glyphosat verärgert mich die heutige Kommissionsentscheidung. Dies lässt uns in einer umweltpolitischen Sackgasse. Eine eingeschränkte Nutzung, limitiert auf einen absehbaren Zeitraum, wäre eine Entscheidung im Sinne der Umwelt und aller Verbraucherinnen und Verbraucher gewesen. Mit einer zehnjährigen Verlängerung nehmen wir ein weiteres Mal den Druck von den produzierenden Unternehmen, an Alternativen zu arbeiten.
Nun appelliere ich an unseren Landwirtschaftsminister, den Wirkstoff auf nationaler Ebene weitestgehend einzuschränken. Die öffentliche Gesundheit ist nicht verhandelbar und darf nicht durch wirtschaftliche Interessen beeinträchtigt werden.“

Pressemitteilung SPD im EU-Parlament (16.11.)


Bayer-Ultragift Glyphosat

Deutsche Umwelthilfe fordert Landwirtschaftsminister Özdemir auf, klar gegen eine weitere Verlängerung der Zulassung zu stimmen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert den Grünen Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir dazu auf, sich klar und unmissverständlich gegen eine Erneuerung der Zulassung des hochgiftigen Totalherbizids Glyphosat in der EU um zehn weitere Jahre auszusprechen. Glyphosat ist extrem schädlich für Pflanzen, Tiere und Menschen.

Aufgrund eines Patts im Ständigen Ausschuss der EU für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) findet am 16. November eine weitere Abstimmung im Berufungsausschuss zur Erneuerung der Genehmigung von Glyphosat statt. Sollte erneut keine qualifizierte Mehrheit zustande kommen, wird die EU-Kommission final über ihre Gesetzesinitiative abstimmen.

Dazu DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch:

„Wir fordern den grünen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir dazu auf, seine Stimme für ein endgültiges Aus von Glyphosat einzusetzen. Das Pflanzengift greift massiv in unser Ökosystem ein und zerstört damit Lebensräume und Nahrungsgrundlagen von Insekten, Vögeln, Säugern und Wasserlebewesen. Die Weltgesundheitsorganisation stuft Glyphosat als ‚wahrscheinlich krebserregend‘ ein. Da der Koalitionsvertrag der Ampel bereits ein Aus für dieses Ultragift enthält, erwarte ich vom Bundeslandwirtschaftsminister eine klare Ablehnung. Wenn sich hingegen der frühere Grüne Landwirtschafts-Staatssekretär und heutige Glyphosat Oberlobbyist Berninger von Bayer durchsetzt, werden wir in zusätzlichen Klagen gegen die Bundesregierung glyphosathaltige Pestizide verbieten lassen.“

Die DUH führt mit fachlicher Unterstützung von foodwatch seit diesem Jahr Rechtsverfahren gegen die Zulassung von sechs besonders schädlichen Pestizid-Produkten, darunter eine Klage gegen das glyphosathaltige Mittel Round up PowerFlex. Glyphosat ist das in Deutschland und weltweit am meisten verkaufte Herbizid.

Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe (15.11.)

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