Das Ergebnis der bundesweiten Umfrage ist deutlich: Hamburg bleibt mit einer Note von 4,40 – knapp „ausreichend“ – das fahrradunfreundliche Schlusslicht im Norden. 3.549 HamburgerInnen beurteilten das Verkehrs- und Fahrradklima in ihrer Stadt als mies. Fortschritte spüren sie nicht: 4,44 lautete das Urteil auch schon beim letzten Test 2005. Jetzt sind Politik und Verwaltung gefragt, endlich aktiv zu werden und für ein besseres Klima zu sorgen.
So negativ das Gesamturteil ausfällt, könnte es dennoch die Verantwortlichen im Senat und in den Behörden zu mehr Engagement für einen fahrradfreundlichen Verkehr in der Stadt anspornen. Denn Hamburgs RadfahrerInnen honorieren es durchaus, wenn etwas für den Radverkehr getan wird. Einige Beispiele:
– Das Leihradsystem StadtRAD erhielt die Note 1,97. Damit erzielte Hamburg die Bestnote unter allen 38 Großstädten des Tests mit mehr 200.000 Einwohnern.
– Fast 200 Einbahnstraßen gab Hamburg im Jahr 2012 für den Radverkehr frei. Die Stadt erhielt für diese Radverkehrsförderung die Note 3,04 (Mittelwert aller Großstädte: 3,31) bei dem Punkt „Öffnung von Einbahnstraßen“.
– Ähnlich die Fahrradmitnahme im Öffentlichen Nahverkehr. Sie ist im Hamburg im Unterschied zu vielen anderen Städten kostenlos. Note: 3,31 (Mittelwert 3,97).
Welch hohen Stellenwert das Radfahren für die Hamburger Bevölkerung inzwischen hat, zeigt die überdurchschnittlich hohe Teilnahme am ADFC-Test. 3.549 von 67.000 ausgewerteten Bögen kamen aus der Hansestadt. Berlin mit doppelt so viel Einwohnern schickte nur 2.375 Fragebögen an den ADFC zurück, in München beteiligten sich ganze 1.450. Und für die Aussage „Alle fahren Rad“ gab es in Hamburg mit 2,96 die zweitbeste Note unter allen 27 Fragen. Hamburgs RadfahrerInnen fühlen sich also nicht allein, sondern nur allein gelassen…
Doch solche einzelnen freundlicheren Punkte können nicht vom katastrophalen Gesamturteil über die Hamburger Verhältnisse ablenken. Mit der Note 4,44 steht Hamburg auf Platz 34 unter den 38 Städten mit über 200.000 Einwohnern. Im Norden liegt Hamburg damit immer noch weit abgeschlagen hinter Kiel (Platz 4 mit der Note 3,18, Hannover (6. mit 3,49) und Bremen (7. mit 3,51). Auch im Metropolen-Vergleich sieht es nicht viel besser aus. Wie schon 2005 ist Hamburg damit auch 2012 die fahrradunfreundlichste Millionenstadt Deutschlands.
In diesen Bereichen erteilten die HamburgerInnen ihrer Stadt besonders schlechte Noten:
– Parken auf Radwegen: 5,38 (Mittelwert, Mw: 4,77)
– Ampelschaltungen: 5,26 (4,60)
– Stellenwert des Radverkehrs: 5,17 (4,43)
– Reinigung der Radwege: 5,16 (4,22)
– Hindernisse auf Radwegen: 5,02 (4,19)
– Sicherheit beim Radfahren: 4,80 (4,15)
– Qualität und Komfort des Mischverkehrs auf der Fahrbahn: 4,96 (4,23)
– Wegweisung: 4,11 (3,27)
Doch trotz der autofixierten Verkehrspolitik der Stadt und ihrer Unzufriedenheit wächst den HamburgerInnen das Fahrrad ans Herz. Das zeigen die überdurchschnittlich hohe Beteiligung am ADFC-Test, die TeilnehmerInnenrekorde der Critical Mass und auch die vielen RadfahrerInnen, die spätestens im Frühsommer auf den Straßen zu sehen sind.
„Die BürgerInnen machen gerade ihre Verkehrswende selbst“, so Merja Spott, verkehrspolitische Sprecherin des ADFC Hamburg. „Hamburg muss endlich Engagement und Mut zeigen, das Verkehrssystem umzuwandeln. Zwei Bereiche sind dabei unerlässlich: erstens mehr Platz für Rad- und Fussverkehr, zweitens arbeitsfähige Landes- und Bezirksverwaltungen, das heißt genügend Geld und Mitarbeiter für den Radverkehr“. Denn das Verkehrsklima wandelt sich eben auch nicht von allein.
Der Fahrradklima-Test 2012 wurde unterstützt vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) sowie der Fahrrad-Fachhandelsgruppe ZEG.
Mehr Infos: www.hamburg.adfc.de
Pressemitteilung ADFC HH