Beim heute vorgestellten Fahrradklima-Test des ADFC landete Hamburg erneut unter den letzten zehn auf Platz 31 der fahrradfreundlichsten Städte seiner Größe. Rund 2244 Hamburger hatten an der bundesweiten Befragung teilgenommen. Besonders schlecht schneidet die Hansestadt erneut bei den Fragen nach dem Stellenwert des Radverkehrs, sowie Sicherheit und Komfort beim Radfahren ab.
„Die Ergebnisse des Fahrradklimatest zeigen, dass Hamburg trotz aller Bemühungen nach wie vor großen Nachholbedarf beim Radverkehr in punkto Sicherheit, Infrastruktur und Komfort hat“, so Stefanie Miczka, Referentin für Verkehr des ADFC Hamburg. Die Ergebnisse seien eine klare Ansage an den Hamburger Senat: Die Radfahrenden in Hamburg nehmen zwar positiv wahr, dass etwas für den Radverkehr passiert, aber es reiche nicht, um Fahrradstadt zu werden.
»Olaf Scholz setzt nach wie vor aufs Auto«, so Miczka. »Die Stärkung des Umweltverbunds aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr hat in Hamburg keine Priorität«. Die brauche es aber, damit die Stadt ihre Umwelt- und Verkehrsprobleme endlich in den Griff kriegen könne. Olaf Scholz schließe jedoch lieber fragwürdige »Mobilitätspartnerschaften« mit Autokonzernen. Regelmäßig knicke der Senat bei Protesten einiger weniger Wutbürger ein und rudere zurück und vernachlässige technische Standards beim Ausbau des Radverkehrs – auf Kosten des Umweltverbunds und der Gesundheit der Bürger. Miczka: »Ohne politisches Rückgrat wird Hamburg aber keine Fahrradstadt. Monat für Monat protestieren mehrere Tausend Radfahrer*innen und Radfahrer bei der Critical Mass für bessere Verkehrsbedingungen – friedlich und ohne großes Geschrei … wann hört Olaf Scholz auf diese Bürger?«
Bereits bei der letzten Umfrage bekam Hamburg ein beschämendes Zeugnis von seinen Radfahrer*innen ausgestellt: Platz 35 von 39 deutschen Großstädten Zwei Jahre später kann sich die Hansestadt nun mit der Note 4,19 im Städte-Ranking zwar von Platz 35 auf Platz 31 (von 39 Städten) vorarbeiten. Aber bei Kernthemen wie Stellenwert des Radverkehrs und Sicherheit des Radfahrens geben Hamburgs Radfahrern der Stadt wieder ein »Mangelhaft« (Note 4,7).
Die Falschparkerkontrolle auf Radwegen erreicht mit der Durchschnittsnote 5,3 den schlechtesten Wert, gefolgt von Hindernissen auf Radwegen, Reinigung und Winterdienst auf Radwegen. Bei der Infrastruktur sorgen besonders mangelnde Radwegbreiten, schlechte Oberflächen und nachteilige Ampelschaltungen für Unzufriedenheit. Trotzdem sind sich Hamburgs Radler einig: Viele Menschen fahren Rad. Und trotz der schlechten Bedingungen werden es immer mehr. »Wenn Hamburg will, dass noch mehr Menschen aufs Rad steigen, dann muss mehr getan werden als nur von Radverkehrsförderung zu reden«, so Miczka. »Es muss jetzt in eine Infrastruktur investiert werden, die allen Menschen sicheres und komfortables Radfahren ermöglicht«, so Miczka. »Wir fordern: Mehr Raum fürs Rad!« Radfahren müsse für alle Menschen komfortabel und sicher in der Stadt sein – und alle Menschen müssen sich sicher fühlen, wenn sie mit dem Rad in Hamburg unterwegs sind. Dazu brauche es zum Beispiel 3 Meter breite Radfahrstreifen an den Hauptstraßen oder Tempo 30 statt technisch unzureichender Minimallösungen, die keinen Zugewinn an Sicherheit und Komfort bedeuteten.
Hintergrund: Der 6. ADFC-Fahrradklima-Test 2016
Im ADFC-Fahrradklima-Test 2016 konnten bundesweit Radfahrerinnen und Radfahrer zum siebten Mal bewerten, wie fahrradfreundlich ihre Stadt oder Gemeinde ist. Bundesweit nahmen über 120.000 Menschen teil, 539 Städte kamen in die Wertung. Das ist eine Steigerung von 15 % gegenüber dem letzten Test von 2014 und spiegelt das bundesweit steigende Interesse am Radverkehr wieder. Norddeutsche Metropolen wie Bremen, Hannover und Kiel machen vor, wie erfolgreiche Radverkehrspolitik geht: Sie erreichten unter den deutschen Großstädten (mehr als 200.000 Einwohner) die Plätze 4, 5 und 6 und folgten damit direkt auf die diesjährigen Spitzenreiter Münster, Karlsruhe und Freiburg.
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine Befragung mit dem Ziel der vergleichbaren Erfassung von Radfahrbedingungen in den Kommunen Deutschlands, also deren »Fahrradfreundlichkeit« abzufragen. Erhoben wird dabei die subjektive Einschätzung hinsichtlich von für den Radverkehr wesentlichen Punkten. Das Konzept sieht vor, dass nicht ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung an der Erhebung teilnimmt (d.h. auch die Nichtradfahrer), sondern ein möglichst breiter Kreis an Viel- und Gelegenheitsradfahrern. Radfahrer als Zielgruppe von Maßnahmen zur Radverkehrsförderung übernehmen damit gleichzeitig die Funktion der Bewertung der Radverkehrsbedingungen. Der ADFC veranstaltete den Fahrradklima-Test mit geringen Variationen bereits in den Jahren 1988, 1991, 2003, 2005, 2012 und 2014.
Die Datenerhebung zum Fahrradklima-Test 2016 fand im Herbst 2016 statt. Die Bewertung der 27 Fragen in fünf Kategorien erfolgte in Form einer sechsstufigen Skala von 1 bis 6 zwischen zwei entgegengesetzten Antwortpolen (»semantisches Differential«).
Insgesamt gingen 120.000 Bögen ein. Städte, die in ihrer Größenklasse die festgelegte Zahl der Rückmeldungen erhielten, gingen in das Städteranking ein. Der Fahrradklima-Test wurde unterstützt vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Pressemitteilung ADFC HH
Fahrradklima-Test – Bill: „Tendenz bestätigt unsere Politik – aber es gibt noch viel zu tun“
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat heute die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests 2016 vorgestellt (Ergebnisse für Hamburg im Anhang). Nach Platz 35 im Jahr 2015 hat sich Hamburg dieses Mal um vier Plätze auf Rang 31 verbessert. Unter anderem bei den jüngsten politischen Anstrengungen für den Fahrradverkehr schneidet Hamburg überdurchschnittlich gut ab. Viel zu tun gibt es dagegen aus Sicht der Befragten noch bei den Oberflächen der Radwege und Hindernissen auf den Strecken.
Dazu Martin Bill, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Die Umfrage gibt die Fahrradsituation in Hamburg aus meiner Sicht gut wieder. Es gibt eindeutig eine positive Tendenz. Das zeigt sich durch das bessere Ranking im Vergleich zum Vorjahr, aber vor allem auch darin, dass Hamburg besonders beim Thema ‚Fahrradförderung in jüngster Zeit‘ im Vergleich mit den anderen Städten sehr gut abschneidet.
Aber wir müssen auch ehrlich sein: Platz 31 von 39 ist nicht gut. Vor uns liegt noch viel Arbeit. Hamburg ist auf dem Weg zur Fahrradstadt, aber wir sind noch lange nicht da. Die Umfrage zeigt, wie wichtig es ist, unsere politischen Anstrengungen fortzusetzen: Eine Fahrradstadt entwickelt man nicht über Nacht und auch nicht in einer Legislaturperiode.“
Den vollständigen Test gibt es auf http://www.fahrradklima-test.de/
Pressemitteilung GRÜNE Bürgerschaftsfraktion Hamburg