ADFC kritisiert hohe Gebühren für Tempo 30-Antragssteller

Rund 340 Bürger haben seit November 2016 bei der Stadt Hamburg einen Antrag auf Tempo 30 aufgrund einer deutlichen Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte für Umgebungslärm und Luftqualität in ihrer Straße mit Hilfe eines Onlinetools des ADFC Hamburg gestellt. Jetzt verlangt die Stadt Hamburg für die inhaltliche Prüfung der Anträge Gebühren bis zu 360 Euro.

 

„Für uns sieht eine demokratische und sozial gerechte Bürgerbeteiligung anders aus“, so Jens Deye, stellvertretender Landesvorstand des ADFC Hamburg. Insbesondere für die vielen sozial benachteiligten Haushalte Hamburgs – an den durch Luft- und Lärmbelastung besonders betroffenen größeren Straßen der Stadt – stelle diese hohe Gebühr eine Ausgrenzung von den rechtlichen Möglichkeiten dar, sich für die eigene Gesundheit einzusetzen.
„Nach zum Teil über neun Monaten Wartezeit jetzt mitten in den Hamburger Sommerferien ein solches Schreiben zu verschicken, zeigt in unseren Augen, dass die Stadt vermeiden will, dass es zur Prüfung der Anträge kommt“, so Deye.

Nach der Verwaltungsgerichtsordnung beträgt eine angemessene Frist zur Bescheidung in der Regel nicht mehr als drei Monate. Und in den meisten Straßen, für die Anträge gestellt wurden, gibt es einen eindeutigen Anspruch auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen wie bspw. Tempo 30, da die EU-Grenzwerte für Umgebungslärm oder Luftschadstoffe dort deutlich überschritten werden.
„Der aktuell vorgelegte Luftreinhalteplan zeigt, wie wenig die Stadt von echten verkehrsbeschränkenden Maßnahmen wie Tempo 30 oder Durchfahrtsbeschränkungen hält“, so Deye. Bis auf zwei Straßen in denen sich der Grünen-Senator Kerstan mit Fahrverboten für alte Diesel durchsetzen konnte, sind keine weiteren Maßnahmen zu finden. „Hätte die Stadt Hamburg ihre Hausaufgaben gemacht, würden für alle Straßen aktuelle Messwerte vorliegen“, so Deye. Stattdessen würde die Prüfung erst jetzt durch die Anträge der Bürger veranlasst, die dafür auch noch ordentlich zur Kasse gebeten werden sollen. „Wir appellieren an die Stadt Hamburg, die Gesundheit der Hamburger endlich ernst zu nehmen und eine gebührenfreie und zeitnahe Bearbeitung der Anträge zu ermöglichen sowie entsprechende Maßnahmen anzuordnen.“

Hintergrund: Die Straßenverkehrsordnung (§45 Abs. 1 Nr. 3 StVO) ermöglicht es den Behörden zum Schutz jedes Einzelnen vor verkehrsbedingtem Lärm und Abgasen tätig zu werden. Die Behörden werden regelmäßig jedoch nur dann tätig, wenn Betroffene einen Antrag stellen und aktiv Schutz vor Lärm und Abgasen einfordern. Jeder Anwohner einer von Lärm und/ oder Abgasen belasteten Straße kann einen Antrag an die Behörden richten – unabhängig davon, ob es sich um eine Hauptverkehrsstraße handelt oder nicht. Werden bestimmte Grenzwerte für Umgebungslärm und Luftschadstoffe überschritten, sind die Behörden verpflichtet entsprechende Maßnahmen anzuordnen.

Bei der für die Prüfung der Anträge angekündigten Gebühr von ca. 360 € verweist die Stadt auf die Gebührenordnung Nummer 399 für Maßnahmen im Straßenverkehr, deren Heranziehung in den vorliegenden Fällen jedenfalls rechtlich zweifelhaft sein dürfte. Dort ist auch nicht – wie von der Behörde in Ihren Schreiben behauptet – geregelt, dass Gebühren erhoben werden müssen; es heißt dort ausdrücklich nur, dass Gebühren erhoben werden können. Damit liegt die Frage, ob Gebühren erhoben werden, jedenfalls im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde selbst.
www.hamburg.adfc.de/laeuft – Die ADFC-Kampagne für mehr Tempo 30 in Hamburg

Pressemitteilung ADFC HH

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