Die neue Koalition aus SPD, Grünen und FDP im Bezirk Wandsbek will den Autoverkehr priorisieren. Fahrradclub fordert: Verkehrssicherheit für alle ist wichtiger als eine populistische Geisterfahrt im Auto.
Nach den Wahlen zur Bezirksversammlung im Juni 2024 bahnt sich im Bezirk Wandsbek eine „Ampel-Koalition“ an. Diese will sich von den Zielen des rot-grünen Senats einer Verkehrswende sowie der Vision Zero (Null Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr) in Hamburg verabschieden und stattdessen den Status quo der Autostadt im Bezirk festschreiben.
„Wandsbeks SPD und Grüne dulden und unterstützen zum Teil aktiv die ideologisch-populistischen Forderungen der FDP nach mehr Platz fürs Auto“, kritisiert Thomas Lütke vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Hamburg.
Der kleinste Koalitionspartner will keine neuen Radwege mehr bauen, sondern nur noch bestehende sanieren: „Der Großteil der alten Radwege im Bezirk entspricht aber schon längst nicht mehr den technischen Standards hinsichtlich Breite und Führung“, so Lüttke. „Es reicht daher nicht, sie auszubessern – sicherer Radverkehr braucht mehr Platz und regelkonforme, neue Wege. Und das eben nicht zu Lasten der Gehwege.“ Ebenso Ausdruck von rückwärtsgewandter Autoideologie seien die FDP-Forderungen nach Erhalt von Tempo 50 an von vielen Menschen bewohnten Hauptverkehrsstraßen wie dem Friedrich-Ebert-Damm oder nach Sechsstreifigkeit für den Autoverkehr wie etwa in der Wandsbeker Chaussee. „Damit würde die Koalition der Hamburger Autoposer*innen- und Raser*innenszene ihre Präsentier- und Rennstrecke sichern.“
Lütke: „Die neue Ampel in Wandsbek steuert direkt zurück in die autogerechte Stadt. Dabei kommen Verkehrssicherheit, Unfallvermeidung, Gesundheits- und Klimaschutz, sichere Schulwege wie überhaupt das Ziel einer lebenswerten Stadt mit sicherer Mobilität für alle Menschen unter die vier Räder einer kleinen Klientelpartei.“ Deren ideologische Verkehrspolitik ginge auf Kosten der Bedürfnisse aller Menschen, die in Wandsbek ohne Auto mobil sein wollen.
Forderung: Vorrang für Verkehrssicherheit
Der Fahrradclub fordert, dass auch in Hamburgs größtem Bezirk das Thema Verkehrssicherheit absolute Priorität haben müsse. „Neben der sicherheitsorientierten Festlegung von Fahrgeschwindigkeiten geht es uns dabei vor allem um Sichtbeziehungen zwischen den Verkehrsteilnehmer*innen, also um das Prinzip ,Sehen und gesehen werden‘“, erklärt Lütke. Bordsteinradwege, wie sie die FDP sanieren will, bergen vermeidbare Gefahren. Verkehrsplaner:innen, aber auch die Polizei in Hamburg, wissen seit langem, dass sich typische Unfallursachen wie eben mangelnde Sichtbeziehungen oder eine für Autofahrer:innen nicht vorhersehbare Radverkehrsführung mit dem Bau von Radfahrstreifen auf der Fahrbahn wirksam vorbeugen lassen, sofern diese ausreichend breit sind. Bei Mischverkehr dagegen verbessern niedrige Geschwindigkeiten die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer:innen signifikant, weshalb der Bund auch erst vor kurzem das Straßenverkehrsrecht novelliert und es den Kommunen erleichtert hat, Tempo 30 anzuordnen.
„Wenn die ,Ampel‘ in Wandsbek die Erkenntnisse moderner Verkehrsplanung ignoriert, ist das ein echter Rückschritt – da machen wir nicht mit“, kündigt Lütke an. Der ADFC erwartet von jeder Regierungskoalition in Hamburg, dass sie sich den Zielen Verkehrswende und Vision Zero verpflichtet und eine Verkehrsplanung nach dem Stand der Technik anstrebt. Denn: „Der Schutz von Leben und Gesundheit sowie die Sicherheit im Straßenverkehr haben Priorität gegenüber populistischen Forderungen von Parteien.“
Pressemitteilung ADFC Hamburg