Wer kennt das nicht? Ein Auto drängelt, schneidet einem den Weg ab oder hupt. Gern auch mit eindeutigen, manchmal obszönen Gesten des Fahrers. Ein inzwischen zurückgezogenes YouTube-Video zeigt, wie so etwas eskalieren kann, und sorgte im Hamburger Sommerloch vor einigen Tagen für aufgeregte Diskussionen über aggressives Verhalten im Straßenverkehr.
Für Susanne Elfferding vom ADFC Hamburg ist aber klar: „Aggressionen zwischen VerkehrsteilnehmerInnen bringen nur Verlierer hervor“.
Viele Radfahrer fühlen sich stark gefährdet, wenn Autofahrer die Sicherheitsabstände beim Überholen nicht einhalten. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass Radfahrer einen Seitenabstand von 75 bis 80 cm zum Bordstein nach rechts einhalten müssen, neben geparkten Fahrzeugen eine Türbreite, also etwa 1 m. Bei einem LKW kann das auch schon mal 1,50 m sein. Autofahrer dagegen haben beim Überholen eines Radfahrers 1,5 m Abstand zu halten, bei Geschwindigkeiten ab 90 km/h sogar 2 m. Bei Steigungen oder vom Radfahrer mittransportierten Kindern sind ebenfalls 2 m notwendig, so die Rechtsprechung.
Diese mitunter überlebenswichtigen Sicherheitsabstände bedeuten: „Ein Auto, das einen Radfahrer überholen will, kann das nur dann tun, wenn die Gegenfahrbahn frei ist“, so Elfferding. Und natürlich müssen sie auch auf allen Straßen, die keine Autobahnen oder Kraftfahrstraßen sind, jederzeit mit Radfahrern rechnen. Diese müssen Radwege nur im Ausnahmefall benutzen, nämlich dann, wenn ein blaues Schild dies anzeigt und diese benutzungspflichtigen Radwege auch in einem befahrbaren Zustand sind, also genügend breit, eben, nicht zugestellt und eindeutig in der Verkehrsführung sind. Wer komfortabel, sicher und – wenn gewünscht – auch zügig mit dem Rad in Hamburg unterwegs sein will, der sollte die Fahrbahn, vulgo Straße benutzen, rät der ADFC (www.hamburg.adfc.de/verkehr/themen/fahrbahnradeln).
Mit der diesjährigen Kampagne „Schon gecheckt“ (www.hamburg.adfc.de/verkehr/themen/schon-gecheckt/) hat Hamburg einen ersten Schritt in die richtige Richtung
unternommen: Erstmals thematisierte die Polizei das Fahrbahnfahren von Radlern und den Seitenabstand, den Autofahrer beim Überholen von Radfahrern einhalten müssen. Für Elfferding und den ADFC ist das zu wenig: „Wir fordern eine stadtweite und gut sichtbare Kampagne zur gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr, die gleichzeitig auch Lust auf den Umstieg auf Bus und Bahn und das Fahrrad macht“.
Wenn das nicht bald geschähe, blieben nicht nur die schwächeren Verkehrsteilnehmer, sondern auch die Lebensqualität in der Stadt auf der Strecke. Ohne die Möglichkeit, sich sicher und autofrei in der Stadt zu bewegen, werden die Spannungen zwischen den Verkehrsteilnehmern weiter wachsen. Sollte das im Sinne des SPD-Senats sein?
Pressemitteilung ADFC HH