Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat in einem entscheidenden Gutachten zu den Folgekosten des Kohleausstiegs zentrale Sachverhalte streichen lassen. Unter dem Vorwand redaktioneller Änderungen wurden zudem brisante Äußerungen verschleiert. Das zeigt Greenpeace mit einem Abgleich der öffentlich zugänglichen Fassung und der bisher unter Verschluss gehaltenen Originalfassung.
Betroffen sind vor allem Passagen zum Tagebau Garzweiler II und zur langfristigen wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit der Braunkohlekonzerne. “Im Original birgt das Gutachten weiteren politischen Sprengstoff. Altmaier hat die Öffentlichkeit mit Halbwahrheiten getäuscht”, sagt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. „Der Wirtschaftsminister muss jetzt vollständige Transparenz über die dubiosen Vorgänge in seinem Ministerium gewährleisten.”
Das Gutachten “Ermittlung von Folgekosten des Braunkohletagebaus” stammt von November 2019, also rund sieben Monate vor der umstrittenen Entscheidung zum Kohleausstiegsgesetz. Erst im Dezember 2020 veröffentlichte das Wirtschaftsministerium eine redigierte Fassung des Gutachtens, das Original blieb unter Verschluss. Erst Anfang 2021 erhielt Greenpeace auf seine UIG-Anfrage von Dezember 2019 hin Einblick in den Großteil der Unterlagen.
Sinnloses Opfern der Dörfer für Füllmasse politisch untragbar
Brisant sind gestrichene Aussagen zum Tagebau Garzweiler. Im Original empfiehlt das Gutachten, ein zusätzliches Szenario zu prüfen: Demnach sollte die Kohle im Tagebau Garzweiler II nur teilweise abgebaut, die Dörfer aber dennoch auf ganzer Fläche zerstört werden. Begründet wird dies mit den benötigten Erdmassen, um die steilen Böschungen des Tagebaus zu stabilisieren und einen Teil der A61 wiederherzustellen. “Wirtschaftsminister Altmaier will offenbar vertuschen, dass die Bundesregierung Dörfer abbaggern lassen würde, damit RWE seinen 250-Meter tiefen Krater billig auffüllen kann”, sagt Smid. “Ministerpräsident Laschet muss verhindern, dass Dörfer sinnlos zerstört werden.” Eine Entscheidung zu den zukünftigen Grenzen des Tagebaus Garzweiler II wird in den kommenden Tagen erwartet.
Weiter fehlt im gekürzten Fazit des Gutachtens die Empfehlung, die langfristige wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der ostdeutschen Braunkohlekonzerne MIBRAG und LEAG überprüfen zu lassen. Das Original-Gutachten stellt fest, dass es über die langen Rekultivierungszeiträume keine Sicherheit vor einer Insolvenz der Unternehmen geben kann. Die in dem redigierten Gutachten verbliebene statische Analyse hat dagegen keine Aussagekraft zur Überlebensfähigkeit der Braunkohlekonzerne. Die Kernfrage, ob die Rückstellungen und die zukünftigen Einnahmen ausreichen, um die milliardenschweren Rekultivierungskosten begleichen zu können, bleibt damit ungeklärt.
Pressemitteilung Greenpeace