Die aktuelle Ankündigung der Hamburger Wirtschaftsbehörde, wie und mit welchen neuen Planunterlagen der vom Bundesverwaltungsgericht als rechtswidrig eingestufte Planfeststellungsbeschluss zur Elbvertiefung geheilt werden soll, trifft beim Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe auf große Skepsis.
So beabsichtigt die Behörde offenbar keine neue und umfassende Bewertung der Ausgleichskonzeption, obwohl das Gericht eine neue Bilanzierung einfordert. Die bislang vorgelegte Ausgleichsbilanz ist aus Sicht der Richter aufgrund der Fehlbeurteilung bei der europarechtlich geschützten Pflanzenart Schierlings-Wasserfenchel „infiziert“, also insgesamt nicht mehr geeignet, den vorgeschriebenen Ausgleichsbedarf zu ermitteln (siehe: RN 407 und 457, Urteil vom 09.02.2017, http://www.bverwg.de/de/090217U7A2.15.0).
Die Umweltverbände BUND, NABU und WWF zeigen sich aufgrund des aktuell bekannt gewordenen Vorgehens überrascht, da mit dieser Planergänzung nur einer der insgesamt drei Kritikpunkte des Bundesverwaltungsgerichts aufgegriffen wird und der Rest gesondert in anderen Verfahren abgearbeitet werden soll. „Die neuen Unterlagen erhalten wir erst Anfang März und werden sie fachlich intensiv prüfen. Wir haben immer deutlich gemacht, dass nur eine neue Gesamtbetrachtung der Ausgleichserfordernisse, in der alle Rechtsfehler abgearbeitet werden, der Bedeutung des Lebensraums Elbe gerecht wird“, so die Verbände.
Zum Hintergrund:
Am 9. Februar 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht (Az.: BVerwG 7 A 2.15 (7 A 14.12)) der vom WWF unterstützten Klage des BUND und des NABU stattgegeben und den Planfeststellungsbeschluss zur geplanten 9. Elbvertiefung für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Das Gericht hatte festgestellt, dass die vorgesehene Ausgleichsmaßnahme Kreetsand für den weltweit nur an der Tideelbe vorkommenden Schierlings-Wasserfenchel einen Etikettenschwindel darstelle, die Entwicklung des Salzgehaltes als Folge der Elbvertiefung in einem Elbabschnitt nicht ausreichend vorsorglich untersucht worden sei und die Abgrenzung von geeigneten Ausgleichsmaßnahmen zu den Maßnahmen, zu denen das Land Niedersachsen unabhängig von der Elbvertiefung verpflichtet ist, unklar geblieben sei.
Pressemitteilung BUND-Landesverband Hamburg e.V.
Fahrrinnenanpassung: Planunterlagen zur Billwerder Insel werden Anfang März ausgelegt
In seinem Urteil zur geplanten Fahrrinnenanpassung vom 9. Februar 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht die von der Stadt für den Schierlings-Wasserfenchel geplante Ausgleichsmaßnahme „Kreetsand“ nicht anerkannt. Das Ausgleichsdefizit im Umfang von ca. 1,5 ha Wuchsfläche für den Schierlings-Wasserfenchel muss darum ausgeglichen werden.
Der Schierlings-Wasserfenchel benötigt Wuchsflächen, die unter dem Einfluss der Tide stehen. Als geeignete Fläche haben die Vorhabenträger, die Hamburg Port Authority (HPA) und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), zwei ehemalige Absetzbecken von HamburgWasser auf der Billwerder Insel identifiziert. Diese sollen an das Tidegeschehen angeschlossen und so umgebaut werden, dass der Schierlings-Wasserfenchel dort wachsen kann. Die Planunterlagen werden ab Anfang März für die Dauer eines Monats im Bezirksamt Mitte und im Bezirksamt Bergedorf ausgelegt. Daneben wird ein Beteiligungsverfahren zu weiteren Gutachten im Rahmen der Planergänzung durchgeführt werden. Ob gegen die Ergänzung um eine weitere Kohärenzmaßnahme bzw. gegen die weiteren Gutachten Einwendungen erhoben werden und ob sich noch neue Aspekte aus den Stellungnahmen der betroffenen Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange oder auch der Umweltverbände ergeben, wird abzuwarten sein. Wann die Planfeststellungsbehörden von Bund und Hamburg die ersatzweise Ausgleichsmaßnahme genehmigen werden, lässt sich deshalb nicht exakt vorhersagen.
Wirtschaftssenator Frank Horch: „Damit dürften sich die bisherigen Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts demnächst erledigt haben. Ich bin zuversichtlich, dass wir das Projekt in naher Zukunft umsetzen können. Wir haben seit Februar 2017 intensiv daran gearbeitet, die letzten Bedenken des Gerichts auszuräumen. Die Ergebnisse dieser Arbeit fließen nun in das dritte Planergänzungsverfahren ein.“
Pressemitteilung Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation