Wie knapp ist Hamburg am 1. Mai an einer Katastrophe vorbeigeschrammt? Nur kurz nach dem Eröffnungsgottesdienst zum Kirchentag brannte in Sichtweite der HafenCity der Gefahrgut-Frachter „Atlantic Cartier“. Eine Kleine Anfrage der Grünen deckt jetzt auf: An Bord waren neben Munition auch mehr als 20 Tonnen radioaktive Stoffe, davon 9 Tonnen hochgefährliches Uranhexafluorid. Geeignetes Löschmittel war in Norddeutschland dem Vernehmen nach nicht auf Lager. Die Grünen wollen jetzt wissen: Warum hat der Senat die entscheidenden Fakten verschweigen?
Anjes Tjarks, hafenpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt: „Ist Hamburg am 1. Mai nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt? Erst jetzt erfahren wir, dass an Bord des brennenden Frachters ,Atlantic Cartier‘ hochgefährliches Uranhexafluorid war. Der Stoff ist radioaktiv und für Menschen lebensgefährlich. Es ist nicht auszudenken, was hätte passieren können. Unmittelbar vor dem Brand fand in der HafenCity in Sichtweite zum O’Swald-Terminal noch der Eröffnungsgottesdienst des Kirchentags mit rund 35.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt.
Es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass der Senat die Öffentlichkeit nicht von sich aus über die brisante Ladung informiert hat. Hier muss man schon fast von einem Vertuschungsversuch sprechen.
Hamburg hat es seiner Feuerwehr zu verdanken, dass es hier nicht zu einer Katastrophe für Menschen und Umwelt gekommen ist. Die Einsatzkräfte haben unter widrigsten Umständen und unter Lebensgefahr die Uran-Container von Bord geholt. Wenn es richtig ist, dass in ganz Norddeutschland nicht das angeforderte CO2 zum Löschen verfügbar war, dann ist das ein handfester Skandal. Ist Hamburg auf solche Unfälle überhaupt nicht vorbereitet? Warum hat der Senat der Öffentlichkeit die entscheidenden Fakten verschweigen? Der Innensenator wird in den nächsten Tagen diese und weitere Fragen beantworten müssen.“
Hintergrund
Auf Anfrage des Grünen Abgeordneten Anjes Tjarks hat der Senat mitgeteilt, dass sich an Bord des am 1. und 2. Mai im Hamburger Hafen ausgebrannten Frachters „Atlantic Cartier“ über 20 Tonnen radioaktives Material befanden, davon 8,9 Tonnen hochgefährliches Uranhexafluorid. Außerdem befanden sich 3,8 Tonnen Munition an Bord des Frachters.
Uranhexafluorid
Uranhexafluorid wird verwendet, um Uran235 von Uran238 zu trennen. Aus Uran235 werden Brennelemente für Atomkraftwerke oder Nuklearmaterial für Atombomben hergestellt. Uranhexafluorid ist ein Gammastrahler und hochgiftig. Aufgrund der Uran-Halbwertzeit von 4,5 Milliarden Jahren bleibt ein einmal verstrahltes Gebiet dauerhaft kontaminiert. Bei Kontakt mit Wasser bildet Uranhexafluorid Flusssäure, ein farbloses Gas mit einem stechenden Geruch. Flusssäure ist noch ätzender als Salzsäure und hoch giftig.
Ablauf der Löscharbeiten
Der Gesamteinsatz der Feuerwehr dauerte ca. 15, 5 Stunden, vom 1. Mai 2013, 20:02 Uhr bis zum 2. Mai 2013 11:41 Uhr. Um 05:11 Uhr befand sich der Brand unter Kontrolle. Ab 23:08 Uhr wurden die ersten Maßnahmen zur Bergung der insgesamt 33 Gefahrgutcontainer eingeleitet, am 2. Mai 2013 um 03:35 Uhr waren diese Maßnahmen abgeschlossen. Zusätzlich führte die Feuerwehr eine Löschwasserrückhaltung durch. Insgesamt waren 296 Feuerwehrleute im Einsatz. Darüber hinaus waren zwei Löschboote, drei Schlepper und drei Polizeiboote sowie an Land 76 Fahrzeuge im Einsatz. Für die Ablösung wurden zusätzlich 17 Fahrzeuge eingesetzt. An Bord kam ein Löschroboter zum Einsatz.
Kl.Anfrage Atomunfall 20-07891
Mehr Infos: www.gruene-fraktion-hamburg.de
Pressemitteilung Grüne Bürgerschaftsfraktion
WUZ-Info: Bisher gibt es keine offizielle Stellungnahme, nicht des Senats, nicht der Innenbehörde, nicht der Wirtschaftsbehörde und auch nicht der BSU…
einzig diese Meldung:
Einsatzlage zum 1. Mai: „Hervorragende Arbeit geleistet“
Hamburgs Innensenator Michael Neumann dankt Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten
2. Mai 2013
Zahlreiche Mai-Demonstrationen, der Auftakt zum 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag und ein Großbrand auf einem Frachtschiff im Hafen haben Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und Technisches Hilfswerk rund um den 1. Mai in Atem gehalten. Dazu erklärt Hamburgs Innensenator Michael Neumann: „Die vergangenen 48 Stunden waren eine große Herausforderung für unsere Einsatzkräfte. Selten zuvor hatten Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste mehrere Großlagen parallel zu bewältigen. Das ist ihnen hervorragend gelungen – und dafür danke ich allen Beteiligten. Hamburg ist stolz auf Sie!“
Erfreulich sei, dass die meisten Mai-Kundgebungen friedlich verlaufen seien. „Leider hat es auch in diesem Jahr bei einzelnen Aufmärschen wieder Ausschreitungen mit Sachbeschädigungen, Brandlegungen und Steinwürfen auf Polizisten gegeben. Solche Straftaten sind absolut inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen“, betont der Innensenator, der den verletzten Polizeibeamten eine schnelle Genesung wünscht. „Umso mehr freut es mich, dass es unserer Polizei mit ihrer Strategie aus Besonnenheit und konsequentem Eingreifen auch diesmal wieder gelungen ist, größere Eskalationen zu verhindern.“ Dank gebühre darüber hinaus auch den Anwohnern des Schanzenviertels, die durch ihr Handeln deutlich gemacht hätten, dass sie keine Gewalt in ihrem Stadtteil dulden. Neumann: „Vor diesem zivilgesellschaftlichen Engagement habe ich höchsten Respekt.“
Pressemitteilung der Innenbehörde