Hamburg Airport versinkt in Mythenwelt. BIG kritisiert kontrollfreien Nachtflugbetrieb und Greenwashing durch den Flughafen Hamburg
Mit großer Geste lässt sich der Hamburger Flughafen als „bester Flughafen Europas“ feiern – ausgezeichnet vom Branchenverband ACI EUROPE. Der Umweltverband BIG Fluglärm in Hamburg widerspricht diesem selbstgefälligen Narrativ entschieden und verweist auf eine Realität, die mit rechtsstaatlichem Anspruch und echtem Klimaschutz nicht mehr vereinbar ist.
„Wenn ein Flughafen mit massiven Nachtflugeingriffen, unkontrollierten Verspätungen und einem steigenden CO2-Ausstoß als ‚bester Europas‘ gilt, dann sagt das mehr über die Branche als über die Qualität des Standorts Hamburg“, kommentiert Martin Mosel, Vorsitzender des Umweltsverbands BIG Fluglärm in Hamburg.
274 Flüge nach 23 Uhr – ohne Kontrolle, ohne Maßstab
Nach aktuellen Auswertungen der BIG wurden in diesem Jahr bis heute bereits 274 Flugbewegungen nach 23 Uhr am Hamburger Flughafen registriert – darunter 8 nach Mitternacht. Dabei handelt es sich um sogenannte Verspätungsflüge, für die faktisch eine Selbstgenehmigung gilt – ohne klaren Maßstab und ohne transparente Kontrolle.
Der Begriff „kontrollfreier Raum“ ist keine polemische Zuspitzung, sondern eine zutreffende Beschreibung der Praxis – juristisch fundiert.
Das Problem: Eine rechtsstaatlich überprüfbare Kontrolle dieser Flüge findet nicht mehr statt. Die zuständige Umweltbehörde (BUKEA) verzichtet auf eine systematische Einzelfallbewertung. Die Regelung wird ausgenutzt – ohne rechtliche Standards, ohne Nachvollziehbarkeit, ohne wirksame Kontrolle.
Klimabilanz im Sturzflug – trotz stagnierendem Verkehr
Noch absurder wirkt die gleichzeitige Behauptung des Flughafens, mit seinem #NetZero2035-Programm ein Vorbild im Klimaschutz zu sein. Die BIG hat ermittelt, dass trotz stagnierendem Flugverkehr die Belastung durch Treibhausgase überproportional steigt.
„Das #NetZero2035-Versprechen ist ein bodengebundenes Leichtgewicht – während Tonne um Tonne an CO2 in den Hamburger Luftraum entlassen wird. Das ist nicht nachhaltig, das ist Täuschung. Das ist Greenwashing im klassischen Sinne“, so Mosel.
Schattenboxen beenden
Den Hamburger Flughafen fordert Mosel auf, „das Schattenboxen zu beenden und sich endlich zum nachgewiesenen realistischen Belastungszustand zu bekennen.“
Gleichzeitig erinnert er daran, dass der Flughafen ein öffentlicher Betrieb der Stadt Hamburg ist – und damit auch einer besonderen Verantwortung gegenüber dem Gemeinwohl unterliegt.
„Diese Verantwortung wird derzeit nicht ansatzweise erfüllt – weder beim Schutz der Nachtruhe noch beim Umgang mit den tatsächlichen Klimabelastungen.“
Politik schweigt – Flughafen feiert sich selbst
Statt Missstände aufzugreifen und gegenzusteuern, bleiben die zuständigen Hamburger Behörden, ob Wirtschaftsbehörde (BWI) oder die Umweltbehörde (BUKEA) auffallend still – trotz wachsender Kritik und steigender Belastung der Bevölkerung in Hamburg und im Umland.
„Wer rechtsstaatlichen Schutz aushebelt, systematische Rechtslücken ignoriert und den Klimaschutz zur PR-Floskel macht, kann sich jede Trophäe schenken – was fehlt, ist politische Verantwortung“, so Mosel.
Die BIG fordert vom Hamburger Senat eine sofortige Reform der Verspätungsregelung, eine vollständige Offenlegung der Genehmigungspraxis sowie eine ehrliche Klimabilanz, die auch den Flugverkehr einbezieht.
Pressemitteilung BIG-Fluglärm