Am Hamburger Flughafen ist es im vergangenen Jahr wieder lauter geworden: Nach Ende der COVID-19-Pandemie haben die Flugbewegungen in 2022 von etwa 70.000 in 2021 auf jetzt 109.589 zugenommen. Dennoch ist ein Rückgang von rund 29 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona Jahr 2019 zu verzeichnen, in dem es 155.462 Flugbewegungen gab. Als besonders belastend für die Anwohner:innen ist die überproportional angestiegene Zahl der verspäteten Nachtflüge: Mit 873 wurde sogar das letzte Vor-Corona Jahr 2019 übertroffen, in dem 678 verspätete Flüge gezählt wurden, 2021 dagegen nur 116.
Insgesamt hat sich die Verspätungssituation zwischen 23 und 24 Uhr in 2022 besonders heraufordernd gestaltet; ab Mai stiegen die Zahlen in ähnliche Höhen wie 2018, das Jahr in dem die bisher meisten Verspätungen (1174) auftraten. Im Juni, im September und im Dezember 2022 übertrafen die Verspätungszahlen sogar die Werte von 2018.
Dies ist nur zu einem Teil in den durch den Ukrainekrieg bedingten Engpässen im Luftraum begründet. Neben den sogenannten Flugsicherungsproblemen waren vor allem die Personalengpässe beim Bodenpersonal an den Flughäfen, den Sicherheitskontrollen, den Crews der Fluggesellschaften sowie wetterbedingte Einschränkungen des Flugverkehrs maßgeblich. Nach zwei Jahren pandemiebedingten Einschränkungen des Reiseflugverkehrs hat die plötzliche starke Nachfrage nach Flugreisen die Airlines, die Flughäfen und die Flugsicherung nicht ausreichend vorbereitet angetroffen.
Die Bilanz zur Beschwerdesituation sieht wie folgt aus: 2022 haben sich 1541 Bürgerinnen und Bürger bei der Umweltbehörde über Fluglärm beschwert, im Vorjahr waren es 681 und 2019 – im letzten Vor-Corona Jahr – waren es 1525 Personen. Die Gesamtzahl der Fluglärmbeschwerden (inklusive Mehrfachbeschwerden einzelner Personen) erhöhte sich auf 32.176 (2021 waren es 22.217). Davon wurden 21.956 Beschwerden namentlich abgegeben, also unter Angabe der personenbezogenen Daten, die Übrigen zählen als anonyme Beschwerden. 14.309 der rund 22.000 namentlichen Beschwerden kommen aus Hamburg, der Rest aus dem Umland.
Wie schon in den Vorjahren gibt es einen deutlichen Unterschied bei der Zahl der Beschwerden und der Absender, wenn man Hamburg und das Umland vergleicht. Die 14.309 namentlichen Beschwerden aus Hamburg wurden von 1.241 Personen abgegeben, im Schnitt haben sich Hamburger Beschwerdeführer:innen damit 12-mal im Jahr 2022 beschwert. Aus dem Umland haben sich nur 300 Personen beschwert, dafür liegen 7647 namentliche Beschwerden vor – im Schnitt 25 pro Person.
Regionaler Spitzenreiter in der Beschwerdestatistik ist in Hamburg der Stadtteil Poppenbüttel. Mit 6700 kommt etwa die Hälfte aller namentlichen Beschwerden in 2022 von 77 Personen allein aus diesem Stadtteil, nur in Langenhorn (81 Personen, 491 Beschwerden) und in Barmbek-Süd (93 Personen, 294 Beschwerden) gab es mehr Beschwerdeführer:nnen bei weniger abgegeben Beschwerden. Im Umland fällt vor allem Großhansdorf durch 3.122 Beschwerden auf, die allerdings von weniger als 5 Personen abgegeben wurden. In Norderstedt leben hingegen die meisten BeschwerdeführerInnen des Umlands. 76 Personen gaben insgesamt 409 Beschwerden ab. In jeder 3. Beschwerde wurde die Störung der Nachtruhe beklagt.
Pressemitteilung der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA)
Fluglärmbilanz: Airport erholt sich auf Kosten der Bevölkerung
Der Hamburger Senat hat heute die Jahresbilanz für 2022 zur Lärm- und Beschwerdesituation am Hamburger Flughafen veröffentlicht. Demnach haben die nächtlichen Verspätungen und die daraus resultierende Lärmbelastung im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 deutlich zugenommen, obwohl im Vergleich dazu nur etwas über zwei Drittel der Flugbewegungen stattgefunden haben.
Dazu Martin Mosel, 2. Vorsitzender des BUND Hamburg
„Mit aller Macht drängt der Hamburger Flughafen zurück in das Luftfahrtgeschehen und nimmt dabei keine Rücksicht auf die von Fluglärm betroffene Bevölkerung in Hamburg und dem näheren Umland von Schleswig-Holstein. Rund 250.000 Menschen sind im Umfeld des Hamburger Flughafens von Fluglärm betroffen. Trotz einer Verkehrsauslastung von nur 70 Prozent gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 schlägt der Hamburger Flughafen alle Rekorde beim Nachtflugverkehr. Zu den heute vom Senat genannten 873 Flugbewegungen nach 23 Uhr sind noch rund 35 Flüge nach 24 Uhr hinzuzurechnen.
Der Flughafen nimmt in seinem Streben nach Wachstum keine Rücksicht auf die gesundheitliche Belastung der Bevölkerung. Der BUND und die Bürgerinitiativen haben bereits im Sommer die Fehlentwicklung erkannt und Maßnahmen zur Eindämmung der Nachtflüge gefordert. Die zuständigen Behörden, die Politik und der Flughafen haben dies ebenso ignoriert wie den scharfen Appell der Hamburger Fluglärmkommission (FLSK), für Abhilfe durch Änderung der Verspätungsregelung zu sorgen.
So betonte wiederholt der Hamburger Fraktionsvorsitzende der SPD, Dirk Kienscherf, „um 23 Uhr muss Schluss sein“ mit Fluglärm. Doch außer diesen Lippenbekenntnissen ist nichts geschehen. Der Senat verfolgt zusammen mit dem Flughafen die alten Wachstumsbestrebungen von 2019 und davor, anstatt die Bevölkerung vor den Belastungen des innerstädtischen Flughafens schützen.
Dies ist jedoch die Aufgabe des Senats und als Mehrheitseigentümer des als städtischer Betrieb geführten Flughafens hat er die Möglichkeiten und die Verpflichtung dazu. Der Verweis auf äußere Einflüsse und Regelungsvorbehalte der Bundesregierung oder der EU sind nur Scheinargumente und sollen vom eigenen Handlungsunwillen ablenken.“
Pressemitteilung BUND Hamburg
Erholung des Luftverkehrs hat eingesetzt:
11,1 Millionen Passagiere nutzen Hamburger Flughafen
Mehr als doppelt so viele Fluggäste wie im Vorjahr, rund 36 Prozent weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019 / Trotz schwieriger Rahmenbedingungen: Weiter wachsende Nachfrage im Norden erwartet
Die Erholung im Luftverkehr hat eingesetzt: Nach zwei schwächeren Corona-Jahren brachte das Jahr 2022 den langersehnten Aufschwung – und zwar deutlich stärker als erwartet. Innerhalb eines Jahres hat sich das Passagieraufkommen am Hamburger Flughafen mehr als verdoppelt, von 5,3 Millionen (2021) auf rund 11,1 Millionen Fluggäste im Jahr 2022. Neue Herausforderungen erschwerten den Weg aus dem Corona-Tief: erst die angespannte Flugbetriebslage und Personalengpässe in der gesamten Branche, dann die Energiekrise. Trotz Inflation bleibt die Buchungslage im Norden stabil. Hamburg Airport erwartet für das neue Jahr ein leichtes Wachstum bei den Passagierzahlen und dem Flugangebot.
Verdopplung der Passagierzahlen innerhalb eines Jahres
Bis Jahresende nutzten rund 11,1 Millionen Passagiere den Hamburger Flughafen – das sind mehr als doppelt so viele Fluggäste wie im Vorjahr (2021: 5,3 Millionen Passagiere, 2019: 17,3 Millionen). Auch wenn die Verkehrsbilanz im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 weiterhin ein Minus von rund 36 Prozent aufweist, hat die Erholung im Luftverkehr eingesetzt. Wie prognostiziert, erlebte das Passagieraufkommen ab Ostern einen Aufschwung – sogar deutlich stärker als erwartet. Am Hamburger Flughafen erhöhten sich die Passagierzahlen von 682.000 im März auf 1,22 Millionen Passagiere im Juli – dem Hauptreisemonat der Sommerferien. Der Oktober entwickelte sich mit 1,23 Millionen Fluggästen zum bislang stärksten Monat seit Pandemie-Beginn und bescherte dem Flughafen weitere Rekorde: In den Herbstferien wurde der geschäftigste Tag mit fast 50.000 Passagieren sowie die stärkste Woche seit Corona registriert.
Mit rund 91.760 Starts und Landungen hat sich die Gesamtzahl der Flugbewegungen 2022 um rund 71 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht (2021: rund 69.500 Starts und Landungen; 2019: rund 155.200 Starts und Landungen). Die Zahl der Passagiere pro Flug lag 2022 durchschnittlich bei 121 Gästen, im Vorjahr waren es 100 (2021) und vor der Pandemie 124 (2019). Im Vergleich zum Vorjahr 2021 stieg die Auslastung der Maschinen am Hamburger Flughafen um 10 Prozentpunkte auf 76 Prozent (2021: 66 Prozent; 2019: 77,5 Prozent). Die durchschnittliche Anzahl an Sitzen pro Flug wuchs von 152 (2021) auf 160, 2019 waren es 159.
Neue Herausforderung durch unerwartet hohe Nachfrage
Der sprunghafte Anstieg der Passagierzahlen stellte die Luftverkehrsbranche 2022 vor eine große Herausforderung, europaweit hakte es im Luftverkehr. Alle Beteiligten sind an die Grenzen der aktuell verfügbaren Ressourcen gekommen. Dabei funktioniert die Luftverkehrsbranche wie ein großes Zahnrad, an dem ein Rädchen ins andere greifen muss. Stockt es an einer Stelle, wirkt sich dies auf alle folgenden Prozesse aus. Die Auswirkungen waren teilweise auch am Hamburg Airport zu spüren – trotz der gründlichen Vorbereitung, die der Flughafen gemeinsam mit allen Dienstleistern und Systempartnern am Flughafen getroffen hat.
„Die Branche hat ein großes Interesse, dass es im nächsten Sommer wieder verlässlicher und planbarer läuft. Wir werden das Vertrauen der Fluggäste zurückgewinnen und beweisen müssen, dass Fliegen komfortabel ist. Dabei sind wir erschwerten Bedingungen ausgesetzt, denn die Unsicherheiten, die Corona mit sich gebracht hat, sind geblieben. Auch der Krieg in der Ukraine und die Energieversorgung sind unberechenbar und machen Planungen schwer. Hinzu kommt die extrem angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt”, sagt Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung am Hamburger Flughafen.
Ausblick 2023: Positive Verkehrsentwicklung – erschwerte Rahmenbedingungen
Im nächsten Jahr rechnet der Hamburger Flughafen aktuellen Prognosen zufolge mit 13,8 Millionen Passagieren – das entspricht rund 80 Prozent des Niveaus von 2019. Gegenüber 2022 wäre das ein Plus von 24,4 Prozent. Die positive Entwicklung lässt sich auch im Flugplan der Airlines ablesen: Für Sommer 2023 haben bereits acht Fluggesellschaften neun Ziele neu in ihr Programm genommen, darunter mit Graz (geflogen von Eurowings) und Kutaissi (geflogen von Wizz Air) auch Destinationen, die bislang noch nie nonstop ab Hamburg Airport angeflogen wurden. Zudem werden attraktive Verbindungen zum Beispiel nach Genf (SWISS) und Bilbao (Vueling) wieder aufgenommen. Auch die Frequenzen werden sukzessive weiter ausgebaut, sodass die Passagiere noch schneller und zuverlässiger zu den wichtigsten Urlaubs- und Businesszielen in ganz Europa gelangen.
„Die Verkehrszahlen des zurückliegenden Jahres lassen mich zuversichtlich nach vorne blicken. Die Buchungslage für die nächste Saison ist bereits sehr gut, die Menschen möchten mit dem Flugzeug reisen – und das trotz der hohen Inflation. Diese Entwicklung drückt sich auch im Streckennetz der Fluggesellschaften aus. Komplett neue Strecken gestalten das Angebot ab Hamburg noch vielfältiger, auch beliebte Verbindungen kehren zurück“, sagt Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung am Hamburger Flughafen.
www.hamburg-airport.de
Pressemitteilung Flughafen Hamburg (3.1.)