Bisherige Praxis der Bestandsdatenauskunft verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit dem heute veröffentlichten Beschluss  § 113 Telekommunikationsgesetz (TKG) und unterschiedliche Fachgesetze des Bundes, die eine sog. Bestandsdatenauskunft ermöglichen, für unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig erklärt.

 

Nachdem die Vorschriften bereits im Jahr 2012 auf dem Prüfstand standen, genügen sie immer noch nicht den gesetzlichen Vorgaben und müssen nun bis spätestens Ende 2021 ein weiteres Mal nachgebessert werden.

Die der Entscheidung zugrundeliegenden Regelungen ermöglichen es Sicherheitsbehörden wie Nachrichtendiensten, der Polizei und dem Bundeskriminalamt, zur Ermittlung von Straftaten bei Telefonanbietern Auskunft über Bestandsdaten wie Name, Geburtsdatum und Rufnummer eines Anschlussinhabers aber auch IP-Adressen zu erlangen. Das BVerfG bestätigte mit seiner Entscheidung, dass eine Beauskunftung von Bestandsdaten zur Effektivierung der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr sowie der Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste mit den Vorgaben der Verfassung zwar grundsätzlich vereinbar sein kann, betonte jedoch das Erfordernis einer verhältnismäßigen Ausgestaltung solcher Regelungen.

So ist es nicht ausreichend, wenn derartige Auskünfte allein der Wahrnehmung der Aufgaben von Sicherheitsbehörden dienen, sondern es bedarf zur Rechtfertigung der hiermit verbundenen Eingriffe in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen begrenzender Eingriffsschwellen. Dies verlangt hinsichtlich der auf Gefahrenabwehr gerichteten Tätigkeit von Nachrichtendiensten grundsätzlich das Bestehen einer im Einzelfall vorliegenden konkreten Gefahr, für die auf Strafverfolgung gerichtete Tätigkeit von Bundespolizei und Bundeskriminalamt das Bestehen eines Anfangsverdachts. Die eingriffsintensivere Zuordnung dynamischer IP-Adressen ist überdies auf den Schutz von Rechtsgütern mit hervorgehobenem Gewicht zu beschränken. Bei einem Unterschreiten dieser Eingriffsschwellen ist dem Verhältnismäßigkeitsprinzip durch erhöhte Anforderungen an das Gewicht der zu schützenden Rechtsgüter Rechnung zu tragen.

Hierzu Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Rechtsstaatliche Maßnahmen erfordern am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Filter zur Wahrung der Rechte und Freiheiten Betroffener. Damit ist eine Praxis der Erhebung von Bestandsdaten ins Blaue hinein nicht möglich. Das Bundesverfassungsgericht ist hier erneut seiner wichtigen Rolle als Wahrer der Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern in der digitalen Welt gerecht geworden.“

Pressemitteilung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit

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