Bittere Bilanz der EM-Spiele in Hamburg

Die Europameisterschaft 2024 ist nun auch für Hamburg Geschichte. Fünf Spiele haben in Hamburg stattgefunden, davon zwei jeweils um 21:00 Uhr. Die wohl herausragendste Partie war das Viertelfinalspiel Portugal gegen Frankreich am Freitag, das nach Verlängerung und Elfmeterschießen erst um kurz vor Mitternacht endete.

Es sollte die nachhaltigste EM aller Zeiten werden. Doch Anspruch und Wirklichkeit fallen weit auseinander. Ökologisch fragwürdig wurde während der EM viel geflogen, zu viel, für besonders kurze Strecken und auch nachts. Negativbeispiele sind der nächtliche Flug von Außenministerin Baerbock von Frankfurt nach Luxemburg (184 km) oder die absurden Ultrakurzflüge der türkischen Mannschaft von Hannover nach Hamburg, mit knapp 150 km, sowie der Franzosen von Düsseldorf nach Paderborn mit rund 170 km.

Hamburg steht diesem zweifelhaften Nachhaltigkeitsanspruch der UEFA für die EM 2024 in nichts nach. Wie jetzt bekannt wurde, hat es am innerstädtischen Hamburger Flughafen mehr als 85 Sonderflüge im Rahmen der EM und der fünf Spiele in der Stadt gegeben. Hinzu kommen drei Nachtflüge nach dem Viertelfinale am Freitag sowie eine größere Anzahl an Privatflügen. Und auch Luftraumsperrungen der Deutschen Flugsicherung während der Spiele im Volksparkstadion, mit Umleitungen auf andere Start- und Landebahnen, haben zu mehr Fluglärm in Hamburg geführt.

Besonders die drei Nachtflüge nach dem Viertelfinale am Freitag bleiben den von Fluglärm ohnehin strapazierten Betroffenen negativ in Erinnerung. Beide Mannschaften stiegen mit ihren Flugzeugen jeweils erst nach 2:00 Uhr in den nächtlichen Hamburger Himmel auf. Bereits um 0:30 Uhr war ein Regierungsflugzeug der portugiesischen Luftwaffe Richtung Portugal gestartet. Dafür war eine Ausnahmegenehmigung der Fluglärmschutzbeauftragten erforderlich. Als strenger Maßstab für die positive Entscheidung galt wohl die Annahme, dass die Flüge „möglichst nahe an Mitternacht“ stattfinden und die Bevölkerung somit nicht übermäßig mit Lärm belästigt wird.

Martin Mosel, Vorsitzender des BIG Dachverbands der Bürgerinitiativen und Vereine für Fluglärm-, Klima- und Umweltschutz e.V. (BIG-Fluglärm Hamburg):
„Bereits 2023 haben wir frühzeitig auf die zu erwartenden Belastungen durch den Luftverkehrs während der Spiele in Hamburg hingewiesen. Die zuständigen Behörden und der Flughafen haben immerwährend beschwichtigt. Noch zu Beginn der EM in Hamburg verneinte ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde Sondergenehmigungen, man sehe nicht einmal einen Bedarf. Doch schnell sind dann Meldungen völlig absurder Kurzstreckenflüge und Nachtflüge aufgetaucht.“

Während Zuschauer und Fans in ein enges Mobilitätskorsett gezwungen wurden, haben die Eliten mit ihren Flügen wieder einmal Privilegien und Ausnahmegenehmigungen genossen, ergänzt Mosel.

„Leider haben die Hamburger Behörden, der Senat und der Flughafen mit fehlender Transparenz und mangelhafter Beteiligung der relevanten Gremien versäumt glaubwürdig und rechtzeitig über die anstehenden Belastungen zu informieren“, so Mosel weiter.

„Und jetzt werden Menschen, die von anerkannt überbordendem Lärm im Rahmen der EM betroffen sind, von einem Vertreter des Senats als ‚Spaßbremsen‘ verhöhnt und ausgegrenzt, weil sie ihr Recht auf Beschwerde wahrnehmen. Dafür dann auch noch den innerstädtischen Fluglärm als Maß des Verständnisses einzufordern ist eine Frechheit. Staatsrat Holstein muss sich für diese Entgleisung entschuldigen. Offenkundig ist neben dem Klima- und Lärmschutz auch die Empathie der Verantwortlichen bei dieser EM völlig auf der Strecke geblieben“, resümiert Mosel bitter.

Pressemitteilung BIG | Dachverband der Bürgerinitiativen und Vereine für Fluglärm-, Klima- und Umweltschutz e.V. (BIG-Fluglärm Hamburg) 

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