Wie verwundbar wir, unsere Gesellschaft und unser Gesundheitssystem sind, hat uns das Coronavirus vor Augen geführt. Dass uns bakterielle Infektionen in Folge von Antibiotikaresistenzen in eine noch größere globale Gesundheitskrise stürzen könnten, wird hingegen immer noch unterschätzt. In ihrem Buch »Pillen vor die Säue« (ET 16.03.2021) reden Rupert Ebner und Eva Rosenkranz Klartext: über »Schweinereien« in Intensivmastanlagen und Schlachtbetrieben – und über unser nicht zukunfts-fähiges Agrarsystem. Denn der immense Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung vermehrt nicht nur das Leid der Tiere, sondern gefährdet auch unsere eigene Gesundheit – und unser Leben.
Schon 1994 warnte die Mikrobiologin Laurie Garrett vor den »kommenden Plagen«, neuen Infektionskrankheiten, die jederzeit überall dort entstehen könnten, wo Menschen in vorher unberührte Ökosysteme eingreifen. Viele ignorierten ihre Prognosen – bis Corona kam. Doch wie wäre es, wenn wir beim Thema Antibiotikamissbrauch endlich aktiv gegensteuern würden und nicht warten, bis die Katastrophe über uns hereinbricht? Mit »Pillen vor die Säue. Warum Antibiotika in der Massentierhaltung unser Gesundheitssystem gefährden« haben die Autorin Eva Rosenkranz und der Tierarzt Rupert Ebner eine überfällige Warnung verfasst. Im Zentrum steht dabei die Tierhaltung in der industriellen Landwirtschaft, die ohne massiven Antibiotikaeinsatz nicht möglich ist und gewaltige Kollateralschäden für Umwelt, Gesellschaft und jeden Einzelnen verursacht. Unsere Nutztiere sind hier ebenso Opfer eines Systems der kontinuierlichen Entwertung wie die Landwirtinnen und Landwirte.
»Wissenschaftler, Mediziner und Gesundheitsorganisationen weltweit sind seit Jahren alarmiert: Zu den wesentlichen Treibern bei der Entwicklung sogenannter Killerkeime gehört die derzeit vorherrschende Landwirtschaft, in der Antibiotika als Betriebsmittel in Tonnen gerechnet werden. Die Resistenz von Bakterien schreitet daher weltweit so schnell voran, dass wir uns mit der größten Gesundheitskrise unserer Zeit konfrontiert sehen«, beschreiben Ebner und Rosenkranz die Lage. Denn ohne die bisherige Wunderwaffe Antibiotika in Tropf und Tablette würden Operationen riskant und selbst kleine Infektionen potenziell lebensgefährlich.
»Pillen vor die Säue« erläutert Zusammenhänge, benennt Tatbestände und zeigt auf, was jetzt zu tun ist – für mehr Tierwohl, gesunde Menschen und eine intakte Umwelt.
Rupert Ebner, Eva Rosenkranz: »Pillen vor die Säue. Warum Antibiotika in der Massentierhaltung unser Gesundheitssystem gefährden«. Mit einem Vorwort von Tanja Busse. 256 S., Softcover, 20 Euro, Oekom Verlag München
Die Autor*innen
Seit Jahrzehnten arbeitet der Tierarzt Rupert Ebner in einer Praxis für Nutztiere und ist dadurch Zeuge besorgniserregender Entwicklungen. Er war lange Zeit Vizepräsident der Bayerischen Landestierärztekammer sowie Umwelt- und Gesundheitsreferent von Ingolstadt. Aktuell engagiert er sich als Vorstandsmitglied von Slow Food Deutschland für gesunde Lebensmittel und deren artgerechte Erzeugung. (Foto: © Rupert Ebner)
Eva Rosenkranz beschäftigt sich seit Langem mit Naturschutz, Biodiversität und Landwirtschaft. Die preisgekrönte Autorin und Literaturwissenschaftlerin engagiert sich für Insektenschutz und den Erhalt natürlicher Lebensräume. Zuletzt erschienen von ihr »Das große Insektensterben« (mit Andreas Segerer) – ausgezeichnet mit dem Salus-Medienpreis 2019 – und »Überall ist Garten« (Deutscher Gartenbuchpreis 2020).
Pressemitteilung Oekom-Verlag, München