Buchtipps

Hier finden Sie unsere Buchtipps aus der WUZ

WUZ 119 November 2018:

Lokal produzieren und genießen

Bioäpfel aus Argentinien, Tomaten aus Spanien aber auch Joghurt aus Süddeutschland in norddeutschen Supermärkten – unsere Lebensmittel haben oft eine weite Reise hinter sich. Längst sind sie das Produkt einer global agierenden Agrar- und Lebensmittelindustrie. Das geht einher mit einer schlechten Umweltbilanz und oft auch mit desolaten Arbeitsbedingungen. Das Ziel, lokal zu produzieren, so dass auch große Städte durch ihr Umland ernährt werden können, ist angesichts der Globalisierung in immer größere Ferne gerückt. Produktion und Konsum werden räumlich und zeitlich immer weiter voneinander getrennt. Wissenschaftler weisen darauf hin, dass dadurch Risiken wie der Klimawandel immer größer werden, wie auch die Abhängigkeit von globalen Märkten, die beide absehbar die Nahrungssicherheit auch in den Industrieländern bedrohen. Leider sehen weite Teile der Politiker darin kein Problem, eine Änderung ist nicht in Sicht. Denn was Ernährungspolitik seit den 1950er-Jahren bis heute vor allem bestimmt, sind die Interessen der Agrarindustrie und die der Wissenschaftler und Lobbyisten, die ihr zuarbeiten. Landwirtschaftliche Betriebe werden zu Lieferanten billiger Rohstoffe für die industrielle Nahrungsmittelproduktion degradiert.
Trotzdem hat ein Umdenken stattgefunden. Verbraucher konsumieren bewusst und versuchen, ein anderes Ernährungssystem aufzubauen. Die Autoren des Buches wollen den Bürgern die Entscheidungsmöglichkeiten über ihr Essen zurückgeben – und dazu motivieren, die Ernährungswende selbst in die Hand zu nehmen. Als Beispiel setzen sich die Autoren dafür ein, sogenannte Ernährungsräte zu bilden. Die es in den USA schon recht häufig gibt. Das sind regionale Netzwerke zwischen Produzenten und Konsumenten, die ihre Ziele im produktiven Dialog auch mit der Politik verfolgen. Das Buch gibt Antworten, präsentiert Tipps und zeigt auf, wie lokal agierende Ernährungsräte zu einem bestens geeigneten Instrument zur Durchsetzung der Ernährungswende werden. Eine Studie der HafenCity Universität Hamburg kam Ende 2016 übrigens zu dem Ergebnis, die Hamburger Region könnte zu hundert Prozent mit Biolebensmitteln aus einem 100-Kilometer-Radius versorgt werden. Vorausgesetzt, die Städter würden weniger Fleisch essen. (du) (aus der wuz 119, November 2018)

Valentin Thurn, Gundula Oertel, Christine Pohl: Genial lokal. So kommt die Ernährungswende in Bewegung, 288 Seiten, Oekom Verlag München, 20 Euro. Auch als E-Book erhältlich


WUZ 115 April 2018:

„Die beste Ozeanjeans ist die, die gar nicht erst hergestellt wird“

Was haben Nespresso, BP, VW oder H&M gemeinsam? Sie alle und unzählige andere Firmen betreiben Greenwashing. Sie preisen ihre Produkte als nachhaltig, ökologisch oder sozialverträglich an, obwohl sie es nicht sind. Die Explosion der Deepwater Horizon – gar nicht so schlimm? Kaffee in Alukapseln: nachhaltig? Umweltfreundliche Autos: gibt es gar nicht und auch die Kleidung aus Plastikmüll aus dem Meer lässt den Müllteppich von der Größe Mitteleuropas nicht verschwinden. Viele Menschen, vor allem gebildete wollen aktiv etwas gegen Umweltverschmutzung tun. Sie glauben gern die grünen Lügen: je schädlicher das Produkt ist und je absurder das daran geknüpfte Öko-Versprechen, desto eher wird es geglaubt. Den Verbrauchern wird suggeriert, dass sie mit umweltschonenden Elektroautos oder nachhaltig produzierten Lebensmitteln aus fairer Produktion die Welt retten können. Doch die Fakten sehen anders aus. Zwischen 1980 und 2010 hat sich der Verbrauch pflanzlicher, mineralischer und fossiler Rohstoffe von 40 auf 80 Milliarden Tonnen verdoppelt. Dadurch geht die Artenvielfalt zurück, Wälder verschwinden, Böden errodieren und die Emissionen steigen immer weiter.
In ihrem Buch klagt Autorin Kathrin Hartmann aber nicht nur die Unternehmen an, sie kritisiert auch die Politik und einige Umweltschutzorganisationen, die sich zum Handlanger der Unternehmen machen. Sie unterstützen Labels und Siegel, die nichts wert sind und verschaukeln den Verbraucher statt ihm Orientierung zu geben. Statt strenger Vorgaben werden freiwillige Versprechungen akzeptiert.
Die wichtigste Aussage des Buches ist es aber, dass es nicht mehr so weitergehen kann wie bisher. Denn wenn wir immer mehr verbrauchen hilft es auch nicht, wenn diese Produkte „nachhaltig“ hergestellt wurden. Rohstoffe wie Lithium in Autobatterien sind endlich, ihr Abbau ist oft umweltschädlich und die Menschen die dort arbeiten werden krank: auf unsere Kosten. Kathrin Hartmann setzt sich dafür ein, dass die Bürger selbst aktiv werden müssen und z.B. neue Gesetze einfordern sollen. „Ohne den hartnäckigen Widerstand gegen die Atomkraft gäbe es heute keine Energiewende und statt 25 satte 80 Atomkraftwerke“.
Das Buch ist aus den Dreharbeiten zum Film „The Green Lie“ von Werner Boote entstanden. Der Film wurde bei der Berlinale 2018 uraufgeführt und ist seit dem 22. März im Kino. (du) (aus der wuz 115, April 2018)

Kathrin Hartmann: Die grüne Lüge – Weltrettung als profitables Geschäftsmodell. 240 Seiten, 15 Euro, Blessing Verlag (Randomhouse), München 2018
auch zu empfehlen:
Friedrich Schmidt-Bleek: Grüne Lügen – Nichts für die Umwelt, alles fürs Geschäft – wie Politik und Wirtschaft die Welt zugrunde richten. 304 Seiten, 19,99 Euro, Verlag Ludwig (Randomhouse), München 2014


Der Zerfall der Demokratie

Wie der Populismus den Rechtsstaat bedroht
Die Demokratie droht zu scheitern. Politikverweigerung und rechtspopulistische Parteien wie AfD, FPÖ und Front National untergraben stabile Regierungen. Der Havard-Politologe Yascha Mounk legt Gründe und Mechanismen offen, die westliche liberale Rechtsstaaten – so auch die USA unter Donald Trump – erodieren lassen.
Die Demokratie steckt weltweit in einer tiefen Krise. Die Zahl der Protestwähler steigt, Populisten erstarken, traditionelle Parteiensysteme kollabieren. Der renommierte Politologe Yascha Mounk untersucht diesen alarmierenden Zustand, der zwei Muster erkennen lässt: Entweder werden wie in den USA, Ungarn, Polen und der Türkei Demagogen ins Amt gewählt, die die Rechte von Minderheiten mit Füßen treten, oder eine Regierung verschanzt sich, freiheitliche Rechte garantierend, hinter technokratischen Entscheidungen – und verliert wie in Deutschland, Großbritannien und Frankreich zunehmend an Volksnähe.
Klar und deutlich erklärt Mounk die komplexen Gründe und Mechanismen, die die Demokratie zu Fall bringen können. Er benennt Maßnahmen, um bedrohte soziale und politische Werte für die Zukunft zu retten. Dazu gehört, eine breite Koalition gegen Populisten aufzubauen, die Unabhängigkeit der Justiz und Presse zu verteidigen, die Teilhabe der Bevölkerung an politischen Prozessen zu stärken, die soziale Ungleichheit zu bekämpfen – und vor allem die persönliche Komfortzone zu verlassen, um sich im Sinne der Demokratie politisch zu engagieren.
Eine brillante und aufrüttelnde Analyse unserer politisch aufgeheizten Gegenwart.

Yascha Mounk: Der Zerfall der Demokratie, Droemer HC 2/2018, 352 Seiten, 22,99 Euro

Yascha Mounk, 1982 in München geboren, lehrt politische Theorie und komparative Politik an der Harvard University. Sein Forschungsschwerpunkt umfasst die Geschichte des Populismus und die Krise der liberalen Demokratie. Mounks Beiträge über europäische und amerikanische Politik erscheinen u.a. in “The New York Times”, “The Wall Street Journal”, “Foreign Affairs”, “Slate” und “Die Zeit”.

Pressemitteilung Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co.KG


WUZ 112 Dezember 2017:

Obstgehölze für kleinere Gärten

Dieses schön gestaltete Buch mit vielen instruktiven Abbildungen ist eine verständliche kleine Obstkunde, die wahrscheinlich jeden Leser zum Pflanzen kleiner Obstgehölze anstiftet. Das umfassende Register macht sie zu einem kleinen Handbuch, das eine sichere Anleitung für jeden Hobbygärtner bietet. Die beiden Autoren vermitteln ihre lange Erfahrung als Baumschulbetreiber anschaulich und geben am Ende Antworten auf in ihrer Praxis häufig gestellte Fragen.
In fünf Abschnitten wird der Leser an das für kleine Gärten relevante Wissen zu Obstgehölzen sorgfältig herangeführt. Die Einleitung bietet eine Übersicht der in Frage kommenden Obstarten und betont die Bedeutung des Kleinklimas für die Wahl geeigneten Obstes, denn es kann vor allem in urbanen Räumen sehr unterschiedlich sein.
Im ersten Abschnitt wird die für kleine Gärten zentrale Frage der Wuchsform und Schwachwüchsigkeit von Obstarten sehr gründlich dargestellt. Im Abschnitt Obstgehölze pflanzen und pflegen wird der Leser sachkundig vom Einkauf des Pflanzgutes über Bodenvorbereitung, Pflanzung, Düngung zu Schnittanleitung und Pflanzenschutz geführt. Der Abschnitt Obstgehölze vermehren erklärt die unterschiedlichen Wege zur Vermehrung von Obstgehölzen und liefert sehr genaue Anleitungen für die Möglichkeiten Obstbäume selbst anzuziehen. Bewährte Obstarten, aber auch (noch) weniger bekanntes Obst für kleine Gärten werden im Folgenden ausführlich porträtiert und erläutert für welche Wuchsformen sie gut geeignet sind. Mit der Lektüre dieses Abschnittes kann jeder das im Pflanzenhandel angebotene Sortiment erkunden und das für sein Vorhaben Richtige auswählen. Hinweise auf richtiges Ernten, Lagern und Verarbeiten und die Eigenarten des Obstes vervollständigen das Buch. Insgesamt eine sehr gelungene Handreichung für jeden Hobbygärtner mit einem kleinen Garten, der mit Obstgehölz sein Anwesen aufwerten möchte. (WUZ) (aus der WUZ 112, Nov. 2017)

Peter und Thorsten Klock, Obstgehölze für kleinere Gärten, Anbau, Pflege, Ernte, avBuch Cadmos Verlag (Schwarzenbek) 2012, 128 Seiten, 9,95 Euro


Neuer Bericht an den Club of Rome

Am 9. und 10. November 2017 lädt der Club of Rome zur internationalen Jahreskonferenz nach Wien. Im Vorfeld wird am Mittwoch, den 8. November 2017, der neue Bericht an den Club of Rome – »Der Seneca-Effekt. Warum Systeme kollabieren und wie wir damit umgehen können« – von Prof. Ugo Bardi offiziell vorgestellt.
Club of Rome-Mitglieder kommen aus der ganzen Welt mit internationalen ExpertInnen, ForscherInnen und Gästen in Wien zusammen, um die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit sowie Lösungsansätze und Bewältigungsstrategien zu diskutieren. Dazu zählen der Klimawandel, Umweltzerstörung, die stetige Zunahme der Weltbevölkerung, globale Ungleichheit, Migration sowie die politischen Krisen in der westlichen Welt.
Der erste Bericht an den Club of Rome, »Die Grenzen des Wachstums«, warnte bereits 1972 davor, dass ungebremstes Wachstum des materiellen Konsums in einer Welt mit klar begrenzten Ressourcen die Grenzen des Planeten überschreiten und somit zum Kollaps führen könne. Außerdem hielt er fest, dass diese Probleme nicht isoliert betrachtet werden sollten, da sie miteinander agieren, sich gegenseitig beeinflussen und nur durch eine systemische Gesamtbetrachtung gelöst werden können. Eine holistische, interdisziplinäre sowie langfristige Herangehensweise sind seitdem Leitlinien der Arbeit des Club of Rome.
Unter ebendiesen Leitlinien untersucht der neue Bericht »Der Seneca-Effekt: Warum Systeme kollabieren und wie wir damit umgehen können«, welcher nun auf Englisch und Deutsch erschienen ist, die Frage, wie Kollapse in komplexen Systemen entstehen und beschreibt praxisgerechte Wege und Lösungen, wie man sie vermeiden – oder zumindest bewältigen – kann.
Die globalen Krisen der vergangenen Jahrzehnte zeigen deutlich, dass auch scheinbar stabile Systeme ständig Gefahr laufen zusammenzubrechen: Die Finanzmärkte, Europa, die Demokratie, das Klima.
Prof. Ugo Bardi beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit der Dynamik von Wachstum und Zusammenbrüchen sozio-politischer, ökonomischer und ökologischer Systeme. Nach jahrelanger Forschung hat er das Modell des »Seneca-Effekts« entwickelt: Benannt nach dem römischen Philosophen, der das Phänomen erstmals beschrieb, benennt der »Seneca-Effekt« ein Modell, in dem der Zusammenbruch eines Systems schneller passiert als dessen Aufbau. Es ist der berüchtigte einzelne Tropfen, der das Fass plötzlich zum Überlaufen bringt – ob es um zwischenmenschliche Beziehungen, politische Systeme oder ökologische Probleme wie den Klimawandel geht.
»Der Seneca-Effekt« untersucht die Mechanismen, die zum Kollaps führen und wie wir Gegenstrategien entwickeln können, mit diesen Systemzusammenbrüchen und gesellschaftlichen Veränderungen umzugehen. Er ruft dazu auf, unsere Zukunft aktiv zu gestalten, um nicht von unweigerlich auftretenden Veränderungen überrascht zu werden. Dazu ist das Wissen um die Funktionsweise unserer Welt als komplexes System essenziell, welches in diesem Buch verständlich und anschaulich beschrieben wird.
Ugo Bardi lehrt an der Universität Florenz und widmet sich darüber hinaus Phänomenen in komplexen Systemen. Besonders angetan hat es ihm der Stoiker Seneca und dessen Erkenntnis, dass es gemeinhin viel schneller bergab als bergauf geht. Zu seinem Publikationen zählen »Der geplünderte Planet« (ebenfalls ein Bericht an den Club of Rome) und »The Limits to Growth Revisited«.
Der Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft,Kultur und Wirtschaft. Sein Ziel ist es, sich für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft der Menschheit einzusetzen: www.clubofrome.org

Ugo Bardi, »Der Seneca-Effekt. Warum Systeme kollabieren und wie wir damit umgehen können«. 320 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, Oekom-Verlag München 10/2017, 25 Euro. Auch als E-Book erhältlich

Pressemitteilung Oekom-Verlag


Wirtschaft im Umbruch

Armut und Arbeitslosigkeit bekämpfen und gleichzeitig den Klimawandel – das ist die große Herausforderung unserer Zeit! Die Energiewende macht es vor, doch andere Wirtschaftsbereiche tun sich schwer. Wo liegen die größten Hemmnisse und welche Schritte müssen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Ökonomie gegangen werden? Das Buch »Wirtschaft im Zukunfts-Check« durchleuchtet die wichtigsten Branchen und identifiziert ihre jeweiligen Nachhaltigkeitspotenziale.
Das Ziel ist ambitioniert, aber alternativlos: Die Emissionen von Treibhausgasen müssen bis zur Jahrhundertmitte drastisch reduziert werden. Doch der grüne Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft steht längst nicht da, wo er stehen müsste, nämlich ganz oben auf der Agenda. Zwar zeigt Deutschland mit der Energiewende, wie der Ausstieg aus fossilen Energieträgern gelingen kann, und dass es möglich ist, mit grünen Projekten die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Doch jenseits der Stromerzeugung tut sich auch hierzulande noch wenig – zu hoch scheinen die Hürden, zu gering die Anreize umzusteuern.
Mit dem am 4. Mai 2017 erscheinenden Buch »Wirtschaft im Zukunfts-Check. So gelingt die grüne Transformation« zieht die Heinrich-Böll-Stiftung Bilanz und zeigt auf, wo die verschiedensten Sektoren der Wirtschaft in Deutschland in puncto Zukunftsfähigkeit stehen. Zahleiche Expertinnen und Experten unterziehen die Bereiche Mobilität, Wohnen, Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Chemieindustrie, Maschinenbau sowie die Stahlbranche einem Nachhaltigkeitscheck. Ihre Bestandsaufnahme macht deutlich: Anstehende Veränderungen müssen immer auch politisch flankiert sein. Ohne verbindliche Vorgaben für die Reduktion von CO2-Emissionen, für Ressourceneffizienz und Wiederverwertung wird sich das Neue nicht schnell genug gegen die Kräfte des Alten durchsetzen. Doch in der Kombination von innovativer Forschung, Unternehmergeist und ökologischer Ordnungspolitik liegt das Potenzial für ein veritables, grünes Wirtschaftswunder. Das Buch macht deutlich, wie weit der Weg, den es zurückzulegen gilt, noch ist – und präsentiert einen bunten Mix aus Lösungsansätzen zur Bewältigung der Jahrhundertaufgabe.

Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), »Wirtschaft im Zukunfts-Check. So gelingt die grüne Transformation«. Mit Beiträgen von Ralf Fücks, Franz-Theo Gottwald, Ralph Hintemann, Barbara Zeschmar-Lahl, Michael Weltzin, Barbara Praetorius, Martin Pehnt, Weert Canzler & Andreas Knie, Martyn Douglas & Daniel Sutter, Dietmar Bartz, Alexander Sauer, Thomas Bauernhansl & Jörg Mandel sowie Marcus Franken. 240 Seiten, 19,95 Euro. Auch als E-Book erhältlich. Oekom Verlag 5/2017

Pressemitteilung Oekom-Verlag


Gefälschten Medikamenten auf der Spur

Die Pharmaindustrie hat die Kontrolle über ihre Produkte verloren: Bereits jedes hundertste Medikament in unseren Apotheken und Krankenhäusern ist gefälscht – und das ist nicht zu erkennen, denn äußerlich handelt es sich um Originalprodukte.
Jedes Jahr sterben mindestens eine Million Menschen weltweit an gepanschten Arzneien, weil diese entweder gar keinen oder zu viel Wirkstoff oder giftige Trägerstoffe enthalten. Vor allem lebenserhaltende und stark nachgefragte Arzneimittel sind betroffen. Danuta Harrich-Zandberg und Daniel Harrich decken auf, wie es zu den Manipulationen kommt und welche Rolle die Pharmaunternehmen dabei spielen.
Ein spannender und erschütternder Bericht über Profitgier, die selbst vor unserer Gesundheit nicht Halt macht.
Buch zum ARD-Themenabend am 17. Mai: http://www.daserste.de/unterhaltung/film/themenabend-medikamente/index.html
Das Buch erscheint am 15. Mai 2017

Danuta Harrich-Zandberg / Daniel Harich: Pharma-Crime, Kopiert, gepanscht, verfälscht – Warum unsere Medikamente nicht mehr sicher sind. 272 Seiten, € 16,99, Heyne


»Die neuen Wilden« ist Wissensbuch des Jahres

Das Magazin »bild der wissenschaft« hat pearce-fred_die-neuen-wildenmit einer Jury aus zehn unabhängigen Journalisten und bdw-Lesern zum 24. Mal sechs Wissensbücher des Jahres ausgezeichnet, die über Themen aus Wissenschaft und Forschung besonders kompetent, verständlich und unterhaltsam berichten – darunter in der Kategorie »Zündstoff, das brisanteste Buch«: »Die neuen Wilden. Wie es mit fremden Tieren und Pflanzen gelingt, die Natur zu retten« von Fred Pearce, erschienen am 14. März 2016 im oekom verlag.
bdw-Jury-Mitglied Petra Wiemann lobt das Buch als faktenreich und spannend geschrieben. Es lege überzeugend dar, dass nur ein Bruchteil der neuen Arten Probleme verursache und diese in geschädigten Ökosystemen sogar zur Rettung der Natur beitragen können. Die vollständige Rezension zum Titel veröffentlicht »bild der wissenschaft« in seinem soeben erschienenen Dezemberheft .
Fred Pearce`s Buch ist eine scharfe Kritik an einem rückwärtsgewandten Naturschutz, der invasive Arten zu Sündenböcken stempelt. In ihm begibt sich der renommierte britische Umweltjournalist auf eine Reise über sechs Kontinente. Dabei stößt er auf ernste Fälle, etwa den der Aga-Kröte, die Australien in beängstigendem Tempo erobert, auf Orte, an denen Eindringlinge ganze Kolonien von Seevögeln ausgeplündert haben; oder auf Inseln, auf denen sich durch vom Menschen eingeführte Arten dramatische Entwicklungen vollziehen. Immer wieder stellt Pearce dabei fest, dass die »bösen« Invasoren lediglich Ökosysteme besiedeln, die bereits vom Menschen massiv gestört sind. Sie sind Opportunisten und zugleich Erneuerer der Natur, und sie übernehmen oft Aufgaben, die die heimischen Arten nicht mehr bewältigen können.

Fred Pearce, »Die neuen Wilden. Wie es mit fremden Tieren und Pflanzen gelingt, die Natur zu retten«, 336 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-86581-768-6, 22,95 Euro. Auch als E-Book erhältlich.

Pressemitteilung Oekom-Verlag (www.oekom.de)


WUZ 111 Oktober 2017:

Europas Drahtzieher für und gegen die Energiewende

Sie ist eine der großen Jahrhundertaufgaben unserer Zeit: die Energiewende. Ihr Ziel: Energie umweltverträglich, wirtschaftlich und sicher bereitstellen. Wissenschaftler auf der ganzen Welt sind sich einig, dass der Klimawandel bereits Realität ist und jenseits einer Erwärmung von 1,5 Grad bis Ende des Jahrhunderts katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt drohen.
Die Europäische Union verfügt über einflussreiche Mittel, um die globale Erwärmung zu bekämpfen, und schon jetzt sind die EU-Staaten weltweit führend in der Verwendung Erneuerbarer Energien. Doch warum geht die Änderung der Energiepolitik so langsam voran? Claude Turmes, langjähriges Mitglied des Europaparlaments und energiepolitischer Sprecher der grünen Fraktion, hat einige der zentralen Energie- und Klimareformen Europas geleitet. Maßgeblich war er an der Ausarbeitung mehrerer bedeutender Gesetzgebungen der europäischen Energiewende beteiligt, beispielsweise der Richtlinien für die Förderung Erneuerbarer Energien.
In seinem neuen Buch zeichnet der Insider die von Fortschritten und Rückschlägen geprägte Geschichte der Energiewende nach und erklärt, wie die Akteure der Politik in Brüssel Weichen für, aber auch gegen die Jahrhundertaufgabe stellen. Das Buch deckt die erbitterten politischen Kämpfe auf, die in EU-Institutionen in den letzten 15 Jahren geführt wurden: auf der einen Seite die Architekten der Energiewende – jene, die Lösungen gegen die schweren Auswirkungen der globalen Erwärmung entwickeln – und auf der anderen Seite die Saboteure und Konzernlobbyisten, die die höchsten Ebenen der europäischen Entscheidungsträger infiltrieren, um die Transformation zu verlangsamen. (WUZ)

Claude Turmes: Die Energiewende. Eine Chance für Europa. 384 Seiten, oekom verlag München, Oktober 2017, 25 Euro

Chance Energiewende
Vor 156 Jahren galt Bahnfahren als aufregend, schreibt Roger Hackstock in seinem neuen Buch zur Energiewende. Ähnliches gilt für 1981 und ’91, als TGV und ICE mit über 200 Stundenkilometern das Bahnstreckennetz eroberten. Zurzeit erleben wir wieder eine solche aufregende Zeit. Denn statt Öl, Gas, Kohle oder Atomenergie, liefern jetzt mehr und mehr Sonne oder Wind Strom oder Wärme. Das führt zu Umwälzungen bei den Stromversorgern, bei den Verbrauchern und bei den Herstellern. Dabei wird auch deutlich, dass eine Energiewende nur zu stemmen ist, wenn der Energieverbrauch drastisch gesenkt wird. Werden wir alle zu Prosumern, die ihren Strom selbst erzeugen? Brauchen wir künftig noch ein eigenes Auto oder haben wir schon das neue Statussymbol Tesla? Wie gelingt es, den Sonnenstrom zu speichern, wenn die Sonne mal nicht scheint? Die Energiewende beflügelt zu spannenden Ideen wie Eisspeichern, neuen Wärme- und Verkehrs- und Nutzungskonzepten und technologischen Weiter- und Neuentwicklungen.
Hackstock zeigt aktuelle Trends auf und beschreibt, wie diese rasant beschleunigt werden. Er geht der Frage nach, ob das alles ausreichen wird, um die globalen ökologischen Grenzen nicht zu überschreiten – oder ob wir einen Wandel im Denken brauchen, um in Einklang mit unserer Umwelt zu existieren. Ein spannender Ausblick in eine Zukunft, die bereits begonnen hat. (du)

Roger Hackstock: Flexibel und frei. Wie eine umfassende Energiewende unser Leben verändert. 252 Seiten, oekom verlag München, 2017, 23 Euro

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Die Erde leidet unter Homo Sapiens

„Unterhalten sich Mars und Erde. Na wie geht’s denn so, fragt der Mars. Ach schlecht, antwortet die Erde. Ich habe Homo Sapiens“.
Die World Meteorological Organization (WMO) hat im März ihren jährlichen Klimabericht für das vorangegangene Jahr veröffentlicht. Die globale Erwärmung setzte sich im Jahr 2016 fort und ergab zum dritten Mal in Folge einen neuen Temperaturrekord. Die globale Mitteltemperatur lag ca. 1,1 °C über dem vorindustriellen Zeitraum bzw. 0,83 °C über dem Temperaturmittel der Klimanormalperiode 1961-1990. Dies zeigen verschiedene, unabhängige Auswertungen der globalen Temperaturen. Damit lag jedes der 16 Jahre seit 2001 mindestens 0,4 °C über dem vieljährigen Mittelwert 1961-1990. Grund genug für eine Arbeitsgruppe internationaler Wissenschaftler im August 2016 in Kapstadt ein neues Erdzeitalter auszurufen. „Wegen des ungeheuren Einflusses des Menschen auf unseren Planeten leben wir jetzt nicht mehr im Holozän, das uns die letzten 12.000 Jahre begleitet hat, sondern im Anthropozän, im Menschenzeitalter“, heißt es im Vorwort des neuen Heftes von Le Monde Diplomatique.
Nach dem Atlas der Globalisierung zum Thema Klima, der 2008 Befunde und Lösungsansätze zum Klimawandel zusammentrug, gibt es seit letztem Herbst das neue Heft zum Thema „Warmzeit“. Der vielfach ausgezeichnete Umweltjournalist Manfred Kriener (u.a. taz, Zeit, Spiegel) hat 23 Autoren gewonnen, ihre Sicht zur Lage des Planeten zu schildern. Zentrales Thema ist der Klimagipfel von Paris 2015, der Hoffnung geweckt hat, dass die Menschheit es doch noch schaffen könnte und das Anthropozän womöglich in eine halbwegs glimpfliche Klimakurve einschwenkt. Paris hat die Klima-Apartheid zwischen armen und reichen Staaten weiter zementiert. Wir brauchen aber Lösungen weltweit. Dabei ist die Reduzierung des Kohlendioxids zur vordringlichsten Aufgabe geworden. Denn mit dem Klimawandel gehen Arten zurück, plündern wir die Rohstoffe der Erde und belasten unseren blauen Planeten mit Radioaktivität, Plastik und Pestiziden. Aus Sicht unseres Planeten kann man da wirklich von einer Krankheit sprechen. Das Heft von LMD stellt vor, was die Wissenschaft zum Klimawandel sagt, wie die Politik darauf reagiert und was uns in Zukunft erwartet. (du)

Edition LE MONDE Diplomatique No.20. Warmzeit. Klima, Mensch und Erde. 112 farbige Seiten. 8,50 Euro. Bestellung unter https://monde-diplomatique.de

Mehr als genug Platz für Alle

Das Jahr 2015 hat sich den Menschen in Deutschland als das Jahr der Flüchtlinge eingeprägt. Über 60.000 Menschen haben allein in Hamburg Schutz gesucht, davon musste die Hansestadt rund 22.000 Menschen unterbringen. „Wir schaffen das!“ waren die Worte von Angela Merkel, an die sich die Kommunen gebunden fühlen. Aber „wo werden über eine Million nach Deutschland gezogene Menschen auf Dauer leben? Schaffen das unsere Städte? Wie können wir Flüchtlinge menschenwürdig unterbringen und gleichzeitig Integration fördern?“ Antworten auf diese und andere Fragen versucht Daniel Fuhrhop in seinem Buch ‚Willkommensstadt – Wo Flüchtlinge wohnen und Städte lebendig werden‘ zu beantworten.
Müssen wir jetzt schnell und billig bauen, Klimaschutzziele aufgeben und neue Massensiedlungen errichten? Daniel Fuhrhop sagt: Nein, Deutschlandweit stehen genug Häuser leer! Anfangs helfen ohnehin keine Neubauten, deren Errichtung mindestens ein Jahr braucht. Um allen Flüchtlingen Wohnraum zu bieten, müssen wir jedoch klären, wie und wo wir in Zukunft wohnen wollen.

Am Beispiel Öjendorf skizziert Fuhrhop das Dilemma zwischen Naturschutz und den geplanten Neubausiedlungen auf der grünen Wiese. Darf die Politik Gesetze ändern oder die Beteiligung der Bürger umgehen? An vielen Beispielen zeigt der Autor, dass es viele gute Ideen schon jetzt gibt, um leerstehende Gebäude mit neuem Leben zu füllen. Schon in seinem Buch „Verbietet das Bauen“ plädiert Fuhrhop für neues Leben in alten Häusern.
Fuhrhop erinnert auch an das Nachkriegsdeutschland, das 4,5 Millionen Flüchtlingen und Aussiedlern aus Osteuropa seit den 1950er Jahren zur neuen Heimat geworden ist. Seit den 1960er Jahren kamen die so genannten Gastarbeiter hinzu. Auch damals wurden die Menschen nicht unbedingt in neuen Häusern untergebracht, sondern in bereits bestehenden Wohnungen. Fuhrhop plädiert dafür, auch jetzt den Leerstand zu bekämpfen und nicht auf Neubauten zu setzen. „Danach verlangt zudem der Klimaschutz, denn es ist meist ökologischer, Vorhandenes zu sanieren, als energieaufwändig neu zu bauen…Wenn wir zusammenrücken und die Reserven unserer Wohnungen und Häuser nutzen, haben wir mehr als genug Platz für alle. Dabei geht es nicht allein darum, Flüchtlinge unterzubringen, sondern sie zum Teil der Gesellschaft werden zu lassen: in erfolgreichen und lebendigen Willkommensstädten.“ (du)

Daniel Fuhrhop: Willkommensstadt, 224 Seiten, oekom verlag München, 2016, 17,95 Euro auch als E-Book erhältlich

Rezepte und Geschichten von Geflüchteten

kbh_titel_buchGeflüchtete aus Syrien, Eritrea oder Afghanistan, Menschen, die in ihrem Heimatland verfolgt werden oder von Krieg bedroht sind, haben zusammen mit ihren ehrenamtlichen Betreuern ein Kochbuch erstellt. Sie lassen uns in ihre Kochtöpfe blicken und in den Genuss von Gerichten kommen, die seit Generationen gekocht werden.
Das Buch ist jedoch kein reines Kochbuch. Neben traditionellen Rezepten gewinnt der Leser auch Einblicke in die Geschichte der Geflüchteten. Jeder von ihnen hat – mal ängstlich, mal voller Vertrauen – seine persönliche Geschichte erzählt, hat über die Gründe für die Flucht gesprochen und davon, was er auf dem Weg nach Deutschland erlebt hat.

Die Menschen aus dem Nahen Osten oder aus Afrika haben vieles – oft Schlimmes – erlebt, kaum etwas ist von ihrem vertrauten Leben geblieben, sie mussten fast alles zurücklassen. Die Rezepte ihrer Heimat aber kann ihnen niemand nehmen. Das Essen so zu kochen wie daheim, trägt dazu bei, ein Stück Heimat nach Deutschland zu holen. Die mitgebrachten Rezepte ihrer Lieblingsgerichte werden in der Fremde zu einem Stück Identität. Kochen ist Kultur, Kochen ist Heimat.

Die Idee zu dem Buch entstand bei gemeinsamen Kochabenden, die die Hamburger Ernährungswissenschaftlerin Prof. Silya Nannen-Ottens, Dozentin der Hamburger Universität für Angewandte Wissenschaften (HAW) zusammen mit Ilka Mamero von der Initiative „Klein Borstel hilft“ organisierte. Weitere ehrenamtliche Helfer des Freundeskreis Asyl und Wohnen in Bergstedt, Welcome to Wandsbek und Wandsbeker Kulturschloss halfen bei der Kontaktaufnahme zu den Geflüchteten. Auch in der Teeküche der Unterkunft in Bergstedt wurde mit Begeisterung gekocht.
34 Männer und Frauen brachten ihre Lieblingsrezepte zu den Kochabenden mit, um gemeinsam zu kochen und voneinander zu lernen. Zwölf Studenten des Masterstudiengangs Lehramt an Beruflichen Schulen mit dem Hauptfach Ernährungs- und Haushaltswissenschaften halfen dabei, die Mengenangaben, Tipps und Tricks der ausländischen Küche zu notieren.

Der Leser dieses Buches kommt in den Genuss duftender Eintöpfe, wird behutsam an Schärfe herangeführt, erfährt etwas über den richtigen Einsatz von Gewürzen und lernt Tricks, die den speziellen Reis oder die gefüllten Teigtaschen ganz besonders schmackhaft machen.
So ist dieses Kochbuch ein Dokument von Begegnungen, ein erster Schritt einer Annäherung an fremde Kulturen – ein gegenseitiger Versuch, kennenzulernen, was fremd ist. Eine tolle Idee auch als Weihnachtsgeschenk.

Das Buch für 16,90 Euro (ISBN 978-3-00-054518-4) kann ab sofort über die Homepage von „Klein Borstel hilft“ (www.klein-borstel-hilft.de/buch-kochabende-vorbestellungen) bestellt werden. Der Erlös kommt vollständig den Hamburger Flüchtlingsvereinen Klein Borstel hilft e.V., Freundeskreis Asyl & Wohnen in Bergstedt e.V. und Kulturschloss Wandsbek e.V. zu Gute. (du)

Ratgeber für Nachhaltigkeit in Hamburgtitel_ksb_hamburg_2017_rgb_648px

Endlich: Nachdem bereits 2009 das erste Klimasparbuch für München erschienen ist, gibt es jetzt auch eine Ausgabe für Hamburg – allerdings vorerst nur für Studenten. Doch dieser spezielle Wegweiser für faires und ressourcenschonendes Verhalten in der Hansestadt eignet sich auch für die älteren Generationen. Bietet er doch ein Fülle von Informationen, an die man als Öko-Senior sonst nicht so leicht herankommt.

Wer hat schon einmal vom kostenlosen Lastenfahrrad Klara gehört, dass unter www.klara.bike.de ausgeliehen werden kann? Wo gibt es Gemeinschaftsgärten zum Mitmachen oder Tauschbörsen und Umsonstläden? In Hamburg gibt es Geschirr aus Bananenblättern, Briketts aus Kokosschalen, Gratisobst vom Straßenbaum und eine Disko, in der man die Energie für den Sound per Pedale erstrampeln muss. Nur interessant für junge Leute? Weit gefehlt. Im Klimaspurbuch finden Interessierte viele Tipps zum umweltbewussten Leben und Verhalten. Es ist ein Ratgeber mit dem man in Hamburg klimafreundlich einkaufen, essen, entspannen oder mobil sein kann.
Natürlich ist das Klimasparbuch vor allem interessant, wenn man beginnt auf eigenen Füßen zu stehen und zahlreiche Entscheidungen erstmals allein treffen und damit auch mehr Verantwortung übernehmen muss als zuvor. Aber das gilt genauso z.B. für Auszubildende. Besonders attraktiv wird das Klimasparbuch durch mehr als 50 Gutscheine und Coupons für ermäßigte oder kostenlose Angebote aller Art in und um Hamburg. Dazu gibt es haufenweise Adressen, Termine und Tipps zu Öko-Märkten, Tauschbörsen, Repair-Cafés, ökofairen Modeläden, Ausflügen in und um Hamburg, Apps und zu jeder Menge mehr. Über die Website www.klimasparbuch-hamburg.de können Interessierte sich mit eigenen Ideen und Erfahrungen einbringen und erhalten laufend begleitende Aktionen wie Restauranttests, Interviews, Ausflugstipps, Gewinnspiele und vieles mehr.

Herausgegeben wird das Klimasparbuch von der Behörde Umwelt und Energie (BUE) gemeinsam mit der Universität Hamburg, der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), der Technischen Universität Hamburg-Harburg und dem oekom Verlag. Die erste Auflage von 25.000 Stück wurde zum Semesterbeginn an Studenten kostenlos verteilt. Im DIN-A6-Format passt es in jede Tasche. Natürlich klimaneutral gedruckt auf 100% Recyclingpapier. Ob und wann das Klimasparbuch auch käuflich zu erwerben sein wird, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Mehr Infos auch unter: www.klimasparbuch.net. (du)

Grüne Vielfalt im Wohnquartier

broschuerebue-gruenevielfaltWie können die Hamburger dazu beitragen, die Natur und die Artenvielfalt in der Stadt zu erhalten und zu fördern? Eine kürzlich von der Umweltbehörde erstellte Broschüre gibt Tipps wie auch mitten in der Stadt grüne Nischen geschaffen werden können.

Beton und Asphalt, Häuserschluchten und dichte Straßennetze bieten auf den ersten Blick – und vielleicht auch auf den zweiten Blick – wildlebenden Tieren und Pflanzen nur wenig Platz. Doch der Eindruck täuscht. Zwar kann die Biologische Vielfalt in der Stadt nicht mit der von Naturlandschaften oder naturnahen Kulturlandschaften mithalten. In Städten wie Hamburg kommen dennoch durchschnittlich 10.000 unterschiedliche Arten vor. Turmfalken, Mauersegler und Dohlen finden nicht nur in Kirchtürmen Nistplätze, Fledermäuse fühlen sich auf Dachböden wohl und Wespen, Wildbienen und Hummeln nutzen kleinste Mauerritzen und Fugen für ihre Brutröhren und Nester. Das sind nur einige Bespiele, die aber nur umsetzbar sind, wenn Vermieter, Hausmeister und Mieter an einem Strang ziehen. So lassen sich z.B. Wildblumenbeete anlegen oder es können Obstbäume gepflanzt werden, so dass auch Kinder von der Natur im Wohngebiet profitieren. Die Natur in der Stadt bieten zudem vielen Kleinsäugern wie Eichhörnchen oder Singvögeln guten Wohnraum.

Wie jeder selbst aktiv werden kann, zeigt die Broschüre an Hand von Bespielen aus den Bereichen Sanierungsmaßnahmen, Wärmedämmung, Anlage eines naturnahen Gründachs, Fassadenbegrünung, ökologische Regenbewirtschaftung oder der Anlage von Kleingewässern und Wildblumenwiesen, Mietergärten und Balkons. Viele hilfreiche Tipps werden gegeben um die grüne Vielfalt im Wohnumfeld zu verbessern. (du)

Behörde für Umwelt und Energie: Grüne Vielfalt im Wohnquartier, 42 Seiten, Februar 2016. Diese und weitere Broschüren sind erhältlich unter: www.hamburg.de/bue/publikationen

Ohne Plastik leben: Ratgeber für den Hausgebrauch

Bunk_Plastik_fbPlastik ist seit Jahrzehnten ein Bestandteil unseres Lebens. Überall findet sich Plastik. Wenn es gut läuft, landet nicht mehr gebrauchter Plastikabfall in der Recyclingtonne oder im gelben Sack. Doch vieles findet sich auch in unserer Umwelt wieder.

Heute werden jährlich über 250 Millionen Tonnen Plastik weltweit produziert. Mehr als 6,4 Millionen Tonnen davon landen in den Ozeanen. Schätzungsweise 80 Prozent des Plastikmülls gelangt über Flüsse vom Land ins Meer. Auf jedem Quadratkilometer der Wasseroberfläche treiben inzwischen bis zu 18.000 Plastikteile unterschiedlichster Größe. Plastik ist im Meer nahezu unvergänglich. Nur langsam wird es durch Salzwasser, Sonne und Reibung in immer kleinere Bestandteile zersetzt und gibt Chemikalien und Weichmacher an die Umgebung ab. Diese Kleinstbestandteile sind inzwischen überall: im Trinkwasser, in Lebensmitteln, im menschlichen Körper. Doch was tun gegen die Plastikflut?
Wer hat nicht schon im Supermarkt versucht, dass loser Käse in mitgebrachte Behältnisse verpackt wird: Fehlanzeige, weil nicht hygienisch. Auch Obst und Gemüse wird meistens in Plastiktüten verpackt, vor allem Bioprodukte im Supermarkt. Im Glas dagegen werden immer weniger Produkte angeboten. Die meisten Waren kommen in Plastikbehältnissen daher, so normal, dass man schon gar nicht mehr darüber nachdenkt. Wer bewusst auf Plastikverpackungen verzichten oder sie zumindest minimieren will, hat es nicht leicht. Hier sind Einfallsreichtum und ein bisschen Geschick gefragt.

Anneliese Bunk und Nadine Schubert haben es versucht und ihre Erfahrungen und Tipps aufgeschrieben. Um ihren Ratschlägen zu folgen, muss man kein Ökoaktivist sein. Das Buch enthält viele Tipps und Tricks, wie auch der ganz normale Verbraucher Plastik vermeiden kann, ohne gleich sein Leben umkrempeln zu müssen. Die Autorinnen klären aber auch auf über den Schadstoff Plastik.

Der Hauptteil des Buches ist ein wertvoller Ratgeber für den Hausgebrauch. Er überlässt es jedem selbst, wie schnell oder wie viel Plastik er einsparen will. Er klärt auf, wie man bewusst konsumiert und wo sich Plastik einsparen lässt. Abgerundet wird das Buch mit vielen Rezepten für die alltäglichen Dinge im Haushalt, die selbstgemacht ohne Verpackungsmüll auskommen. Längst vergessene Tipps, die schon in den 1970er Jahren in der Hobbythek als umweltfreundliche und ökologische Variante zu chemiebelasteten Cremes, Duschgels, Haarshampoos oder Waschmitteln propagiert wurden, kommen in Erinnerung. Selbstgemachtes kann in Gläsern aufbewahrt werden oder in wiederverwendeten Plastikbehältern. Dabei kommt auch Omas Wissen über Hausmittel wieder zum Einsatz.
Plastikfrei leben ist vor allem für Kinder wichtig. „Besonders die nachfolgenden Generationen werden unter den Folgen des Plastikkonsums leiden“, schreiben die Autorinnen. Daher sollten Kinder mit dem Thema vertraut gemacht werden. Tipps für selbstgemachte Nahrungsmittel, für Spielideen und Alternativen z.B. zur Plastikwindel sind daher selbstverständlich. (du)
Anneliese Bunk und Nadine Schubert: Besser leben ohne Plastik, 112 Seiten, oekom verlag München 9/2017, 12,95 Euro

Erwähnenswert ist auch das Buch, das wir in der WUZ 71/2012 vorgestellt haben: Nach dem Besuch des Dokumentarfilms „Plastic Planet“ war für die Autorin Schluss mit bestimmten alten Gewohnheiten: Schluss mit der schönen Plastikwelt. Höchst unterhaltsam und motivierend wird beschrieben, wie sich eine ganz normale Familie undogmatisch, aber mit viel Elan in das Experiment stürzt und es meistert – mit vielen praktischen Hinweisen.
Sandra Krautwaschl: Plastik freie Zone, 288 Seiten, Heyne Verlag 2012, 8,99 Euro

Die Chance einer neuen urbanen Wirklichkeit

Die europäische Stadt verändert sich. Denn auch die Schneider-Generation-mixGesellschaft ist im Wandel. Aus national wird europäisch oder sogar international. Vor allem die Großstädte sind davon betroffen, weil sich in ihnen der Prozess wachsender kultureller Vielfalt und Heterogenität mit einer höheren Dynamik abspielt als in kleineren Städten und Dörfern. Ethnische Zuordnungen werden immer schwieriger. Diese Supervielfalt (im Englischen Superdiversity) zeigt, dass Integration bisher völlig falsch verstanden wurde.

Obwohl es für die Zukunft wichtig ist, dass die neue Stadtgesellschaft auch funktioniert, spielt dies bisher kaum eine Rolle. Was muss gegeben sein, damit die superdiverse Stadt ein Fundament hat, das gleichberechtigte Teilhabe und Freiheit ermöglicht? Was ist die gemeinsame Basis in einer Stadt, die in ein paar Jahren/Jahrzehnten nur aus Minderheiten besteht? In Amsterdam, London und Brüssel ist es schon so weit, deutsche Großstädte werden bald folgen.

Die Autoren entwickeln in ihrem scheinbar dünnen Buch ein umfangreiches Szenario für die Diskussion um und das Gelingen der Einwanderungsgesellschaft. Das Buch beruht auf den Ergebnissen der TIES-Studie, die die Integration vor allem der zweiten Migrantengeneration untersucht. Dabei spielt die Bildung sowie die Emanzipation der Frauen eine zentrale Rolle. Nur Städte, die den gleichberechtigten Zugang zu den Jobs und ein eindeutiges Gefühl von Zugehörigkeit bieten, können bei der Integration erfolgreich sein. Amsterdam oder London haben vieles richtig gemacht, Paris nicht. Deutsche Städte sollten daraus lernen.

In Städten, die den Nachkommen von Einwanderern kaum Chancen auf Aufstieg und soziale Teilhabe bieten, tendieren die verschiedenen ethnischen Gruppen dazu sich einzuigeln. Interethnische Kontakte kommen nur mühsam zustande. Hier droht ein Szenario von Angst und Demütigung, angefeuert von Sarrazinisten, Rechtspopulisten und so genannten Islamkritikern, die vor allem die Noch-Mehrheitsgesellschaft dazu bringt, sich dieser Realität in die Illusion der homogenen Vorstadt zu entziehen und damit genau die Tendenzen zu befördern, vor denen sie sich fürchtet, schreiben die Autoren in ihrem fünften Kapitel.
Die Herausforderung Integration richtet sich vor allem an die, die sich bisher mit dem Thema nicht beschäftigt haben, das sind vor allem die obere Mittelschicht und die bürgerlichen Stadtteile mit ihren Schulen. Bildung und soziale Herkunft könnte sich ebenso auflösen wie die Gewissheit vieler Einheimischer, sie blieben auch in einer rasch alternden Gesellschaft noch in der Mehrheit und damit gewissermaßen Eigentümer des Landes.
Die Geschichte der Städte zeigt: Dort, wo Einwanderung kontinuierlich möglich und die Wege in die Stadtgesellschaft für alle offen sind, entwickeln sich moderne, vitale Metropolen, die fit sind für die Zukunft. Diese Chance zu ergreifen und zu verstehen, dabei hilft dieses Buch. (du)
Jens Schneider, Maurice Crul, Frans Lelie: generation mix – Die superdiverse Zukunft unserer Städte und was wir daraus machen. 132 Seiten, durchgehend vierfarbig, Waxmann Verlag Münster 2015, 19,90 Euro

Baupolitik anders denken
Fuhrhop_Verbietet-das-BauenDas Neue hat Konjunktur, auch und gerade in der Baubranche: hier ein neuer Bürokomplex, dort eine weiteres Shoppingcenter oder eine schicke Wohnanlage für Gutverdienende – ganz zu schweigen von all den Prestigeobjekten, deren Kosten regelmäßig aus dem Ruder laufen. Doch sind Neubauten wirklich alternativlos oder aus energetischer Sicht sogar geboten? “Nein!”, meint Daniel Fuhrhop: “Neu bauen versiegelt wertvolle Flächen, der Rohstoffverbrauch wiegt schwer. Außerdem ist es teuer, unwirtschaftlich und fördert die soziale Spaltung unserer Städte – Umbauen und Sanieren sind echte Alternativen!”
In Hamburg wird zurzeit das Bauen gefordert und gefördert, weil es als sozial gilt. Selbst in schrumpfenden Städten wird neu gebaut. Am einfachsten ist es, wenn vorher am gleichen Ort nichts stand, denn ein Acker leistet keinen Widerstand. Neue Häuser werden meist am Stadtrand gebaut, wo die Wege länger sind und weniger Busse fahren. Solche Häuser sind nicht nachhaltig, sondern nachhaltig schädlich, weil die Mischung von Arbeiten, Wohnen und Einkaufen nicht gegeben ist. Auch Ökohäuser schaden dem Klima, weil für ihren Bau Energie benötigt wird, weil es keine Kriterien für ihren Standort gibt und dafür, welche Baumaterialien verbraucht werden.
Unter vielen Bürgern formiert sich der Widerstand und Menschen engagieren sich gegen den Abriss eines Teils ihrer Stadtgeschichte oder für den Erhalt innerstädtischer Frei- und Grünflächen. Daniel Fuhrhop begleitet ihren Kampf gegen die Bauwut nicht nur mit seiner Kampagne “Verbietet das Bauen”, sondern bietet in seinem gleichnamigen Buch auch eine Fülle von Ideen, Neubauten überflüssig zu machen, Altbauten zu erhalten, Leerstand zu beseitigen und unsere Städte neu zu beleben – vor allem mit bezahlbarem Wohnraum.
„Ihr Buch berücksichtigt die Flüchtlinge noch nicht. Müssen Sie Ihre Aussagen heute relativieren?“ fragte die taz kürzlich den Autor, der darauf antwortete: „Ganz und gar nicht, gerade in der jetzigen Situation sind Ideen gefragt, den Bestand besser auszunutzen.“
Mit 50 “Werkzeugen” zeigt “Verbietet das Bauen”, wie wir unsere vorhandenen Häuser anders und besser nutzen können; die Liste umfasst ökonomische und soziale Argumente, Tipps für Fachleute von Architektur und Immobilien bis Stadtplanung genauso wie für jeden von uns, ob beruflich oder privat. “Die Zukunft unserer Städte ist eines der wichtigsten Reallabore für eine nachhaltige Entwicklung. Es lohnt, sich auf die Reise einzulassen, unsere Städte und Baupolitik radikal anders zu denken”, schreibt Prof. Dr. Uwe Schneidewind (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie) in seinem Vorwort. Mehr Infos: www.daniel-fuhrhop.de (du)
Daniel Fuhrhop: Verbietet das Bauen! Eine Streitschrift, 192 Seiten, oekom verlag München, 2015, 17.95 Euro

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WUZ 100 Januar 2016:

Die Welt neu denkenzukunft-leben_cover
“Immer mehr Menschen möchten heute so leben, dass auch das Leben zukünftiger Generationen gesichert bleibt. Das Prinzip der “nachhaltigen Entwicklung” gilt für Wissenschaft, Wirtschaft und Politik als Schlüssel und Voraussetzung für eine gute Zukunft. Doch was heißt das genau? Die ARD-Kulturjournalistin Corinna Hesse erläutert die Prinzipien der Nachhaltigkeit in der Natur, in der Zivilgesellschaft und in der Wirtschaft. Die Krisen unserer Zeit – Finanzkrise, Klimawandel, Arbeitslosigkeit – zeigen einen grundlegenden Wandel der menschlichen Zivilisation an. Die fossilen Energien werden durch erneuerbare Energien ersetzt. Die digitale Revolution schafft völlig neue Wirtschaftsmodelle und Arbeitsstrukturen. Der “Verbraucher” wird zum “Nutzer” – und schont die Ressourcen der Erde. Der Wertewandel ist bereits vielerorts sichtbar. Zahlreiche Menschen definieren Lebensqualität und Wohlstand heute nicht mehr durch Wirtschaftswachstum und Konsum, sondern durch Teilhabe und Gemeinschaft, Gesundheit und Selbstentfaltung. Robuste Vielfalt und stetige Erneuerung, die Stärken der Natur, werden zum Vorbild Für abfallfreie Kreislaufwirtschaft und optimierte Nutzung von Ressourcen, für technologische Innovationen und krisensichere Gesellschaftsformen.
Die Schauspieler Anne Moll und Ulrich Gebauer verbinden aktuelle Ideen mit Mythen und Zitaten aus der Weltliteratur. Authentische Klänge und Bilder der Erde lassen das Leben auf unserem Planeten – aus unmittelbarer Nähe und aus großer Entfernung – sinnlich erfahrbar werden.” Dieses Hörbuch lässt sich hören! Der Begriff Nachhaltigkeit wird einem sympathisch, ja, zu einer vitalen, praktikablen Idee, um die wir nicht mehr herum kommen. Dieses Hörbuch ist ein Ohren- und Gehirnschmaus: wertvolle Anregung die Welt neu zu denken. Webseite: www.zukunft-leben-nachhaltigkeit.org
Corinna Hesse u.a.: Hörbuch zukunft|leben – Grundwissen Nachhaltigkeit, Silberfuchs-Verlag 2015, 14 Euro

Wichtiger Dialog von Ökonomie und Ökologie
Hält die „Grüne Hauptstadt Europas“ was dieser Titel vUmschlag_Thiel_Metropolregion_Abhandlungen45_11,5mm_IMPRIMATUR.ierspricht? Wie steht es wirklich um das Umweltbewusstsein in Hamburg? 2012 veranstaltete der Naturwissenschaftliche Verein in Hamburg eine viel beachtete Vortragsreihe über den Natur- und Umweltschutz in der Metropolregion Hamburg. Jetzt ist es gelungen, die damaligen Referenten als Autoren eines Bandes zu gewinnen. Heraus gekommen ist ein einzigartig aktueller, umfassender, allgemein verständlicher und kompetenter Fakten-Check.
Das Buch gibt Einblicke in die Hamburger Naturschutzpolitik seit den 1970er Jahren und spart nicht mit Kritik etwa an der Verwaltungsreform von 1990. Daneben gibt es Kapitel zur Situation der pflanzlichen Artenvielfalt in Hamburg, über den Einfluss der Bodenqualität auf die Biodiversität, die zukünftige Entwicklung der Tideelbe und die Herausforderungen, die durch den Klimawandel auf uns zukommen. Alexander Porschke, Umweltsenator a.D. und Vorsitzender des NABU Hamburg wagt zum Abschluss des Buches den brisanten Entwurf einer zukünftigen Naturschutzpolitik in Hamburg, die tatsächlich hält, was das Wort verspricht. Unter anderem macht er unmissverständlich klar, dass Hamburgs Natur zwar viel zu bieten hat, dies langfristig aber nur so bleiben dürfte, wenn die Politik wirksame Beschlüsse fasst – etwa zur Planung und Finanzierung der besonders wichtigen Pflege und Entwicklung der Naturschutzgebiete.
Die Informationen in diesem Buch dienen dem Dialog zwischen Naturschutz und Ökonomie – auch um beides in Hamburg gleichermaßen voranzubringen. (du)
Ralf Thiel, Andreas Schmidt-Rhaesa, Harald Schliemann (Hg.): Natur- und Umweltschutz in der Metropolregion Hamburg. Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, Bd. 45, Dölling und Galitz Verlag, 2015, 168 Seiten, 60 Farbabbildungen, 30 Euro

Der Berg ruft nicht – er kommt!
Hier ist er: Der aktuelle Überblick zur Klimadebatte! Sven Plöger, dePlöger_Böttcher_Klimafakten_300CMYKr “beste Wettermoderator im deutschen Fernsehen” und Frank Böttcher, Institut für Wetter- und Klimaforschung, haben ihr Buch zum Klimawandel auf den neusten Stand gebracht. Die Klimakonferenz in Paris ist jetzt mit ihren Ergebnissen entscheidend. Gut für die gesamte Menschheit ist, dass alle Nationen an einem Tisch sitzen und über ihre Verantwortung gegenüber der Erde sprechen. Die jetzt schon von den Folgen des Klimawandels stark betroffen sind, können sich zumindest Gehör verschaffen. In den Alpen ruft der Berg ja nicht mehr, er kommt! Es geht nur noch um die Höhe der Quittung, die die Erde für ihre Zerstörung ausstellt. Das Klima spielt da eine besonders große Rolle. Weiter so geht nicht – sagen die Autoren und vermitteln mit Fakten und Zahlen in gut lesbarer Form in übersichtlichen Happen ein Verständnis für das Gesamtproblem. An die 30 Themen wie Wetter und Klima, Klimamodelle, Allmende, Kohlendioxid und Emissionshandel, Energiewende und Extremwetter und viele weitere ermuntern einen, mit dem erworbenen Wissen einen eigenen Lebensstil zu entwickeln. Eine kleine Klimakonferenz mit sich selbst und anderen durchzuführen, unaufgeregt und sachlich, warum nicht? Über nichts wird mehr geredet als über das Wetter! Über das Klima zu reden dazu verhilft “Klimafakten” und man braucht sich nach der Lektüre für nächste Jahr nicht mehr viel vorzunehmen, man wird ganz einfach schon in diesem Jahr mit einem bewusst nachhaltigen Lebensstil ein praktizierender Freund der Erde.
Sven Plöger/Frank Böttcher: Klimafakten, 183 Seiten, Verlag Westend Frankfurt a. M. 2015, 14 Euro

Die Erde hat keinen Notausgang
Die ökologische Zerstörung unseres Planeten schreitet trotz der bisherigen Klimagipfel voran. Hunger und Krieg auf der Welt verhindern die Entwicklung einer globalen Nachhaltigkeitsstrategie. Die globalen Eliten erweisen sich als unfähig ihren Kurs des planetarischen Crash zu ändern.
Der Berliner Autor und Journalist Fabian Schneider setzt sich mit den Zerstörungskräften, die die Welt bedrohen, in seinem Buch “Das Ende der Megamaschine” auseinander. Fabian Schneider: “Wenn wir uns mit den globalen Krisendynamiken beschäftigen, den Finanzkrisen, der Verschärfung der Kluft zwischen Arm und Reich und der Biosphärenkrise, dann sprechen wir oft über die letzten dreißig Jahre, die Phase des >Neoliberalismus<. Natürlich ist diese Phase von einem radikalen Angriff auf soziale Rechte und die Umwelt geprägt, aber die Wurzeln der globalen Krisen reichen meines Erachtens wesentlich tiefer. Um diesen begegnen zu können, brauchen wir … eine Transformation, die die Tiefenstrukturen unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems erfasst.
In meinem Buch ging es mir darum, diesen Tiefenstrukturen auf die Spur zu kommen und herauszufinden, was uns eigentlich davon abhält, den dringenden Wandel einzuleiten. Denn an Wissen über unser dysfunktionales Finanz- und Wirtschaftssystem, den Klimawandel und die strukturellen Ursachen von Armut fehlt es wahrlich nicht.
Der Ausdruck “Megamaschine” (modernes Weltsystem) ist dabei eine Metapher für ein ökonomisches, militärisches und ideologisches System, das vor etwa 500 Jahren in Europa entstand und sich rasant über die Welt verbreitete. Die Entwicklung von Staaten und der zugehörigen militärischen, ökonomischen und ideologischen Macht ist nicht nur wissenswert und spannend dargestellt, sie ergreift den Leser und lässt ihn das “Hier und Heute” in den dargelegten Zusammenhängen existentiell begreifen. Das moderne Weltsystem unterwirft Mensch und Natur einer radikalen Ausbeutung. Fortschrittsmythen der westlichen Welt werden demontiert. Der Autor zeigt, wie die Logik der endlosen Geldvermehrung von Anfang an menschliche Gesellschaften und Ökosysteme verwüstet hat. Der zentralen Frage, wie wir zu einer echten Demokratie im Sinne von Selbstorganisation kommen können, kann man nach dieser Lektüre nicht mehr ausweichen. Notausgänge für Bewohner unseres Planeten gibt es nicht! Wir müssen schon selber den uns möglichen Beitrag leisten. Dass er vernünftig wird, dazu zu trägt dieses Buch bestens bei.
Fabian Schneider. Das Ende der Megamaschine, Geschichte einer scheiternden Zivilisation. Verlag Promedia Wien 2015, 271 Seiten, 19,90 Euro

Das neue Buch über Lokis Blumen
Loki Schmidt liebte Blumen über alles. Sie warb nicht SchmidtLokiBlumenbuchnur intensiv für den Naturschutz, sondern erwählte seit 1980 Jahr für Jahr eine Blume des Jahres, stellte sie ausführlich und kenntnisreich vor und lenkte damit den Blick der Öffentlichkeit auf seltene und gefährdete Pflanzen. Im Jahr 2003 erschien erschien Loki Schmidts Buch über die Blumen des Jahres. Die Loki-Schmidt-Stiftung hat jetzt eine Neuauflage herausgegeben, die von Geschäftsführer Axel Jahn überarbeitet und um zwölf Kapitel über die Blumen des Jahres 2004 bis 2015 ergänzt wurde. Hierfür konnten auch Manuskripte und Zeichnungen aus dem privaten Archiv Helmut und Loki Schmidts verwendet werden. Diese liebevoll ausgestattete Neuauflage, mit Zeichnungen von Loki Schmidt und vielen Farbfotos der Pflanzen und ihrer besonderen Lebensräume, präsentiert alle Blumen des Jahres seit 1980 und ist eine Fundgrube für jeden Naturfreund.
Loki Schmidt, 1919 in Hamburg geboren, machte sich u. a. durch ihr Engagement für den Pflanzen- und Naturschutz einen Namen, wofür sie den Professorentitel und die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg erhielt. Die von ihr ins Leben gerufene Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen fusionierte später mit der Stiftung Naturschutz Hamburg und ist inzwischen weithin unter dem Namen „Loki Schmidt Stiftung“ bekannt. Seit dem Tod den engagierten Hamburgerin im Jahr 2010 führt die Loki-Schmidt-Stiftung die Auszeichnung zur Blume des Jahres weiter und erinnert damit jedes Jahr an die bedeutende Naturschützerin und die kostbaren Schätze der Natur. Die Blume des Jahres 2016 wird im Oktober 2015 durch die Loki Schmidt Stiftung bekannt gegeben. (WUZ)
Loki Schmidt, Axel Jahn: Die Blumen des Jahres. Mit einem Vorwort von Siegfried Lenz. Hoffmann und Campe, 232 Seiten, 20 Euro

Orwells „1984“ ist längst übertroffen
Wenn wir morgens im universalen „atomaren Gefängnis“Aust-DigitaleDiktatur (Dorothee Sölle) aufwachen, so sind wir von einem Überwachungsapparat umgeben, vor dem schon Robert Jungk uns in seinem Buch „Der Atom-Staat – Vom Fortschritt in die Unmenschlichkeit“ (1977) gewarnt hat: „Eine neue Tyrannei müsste die fast unvermeidliche Begleiterscheinung einer Hochleistungstechnik sein, deren Risiken dem unvollkommenem Menschen über den Kopf zu wachsen beginnen.“
Orwells „1984“ und Jungks „Atom-Staat“ sind Warnungen, die durch die Möglichkeiten heutiger realer praktischer Überwachung weit in den Schatten gestellt werden. Die Analyse von Aust und Ammann über Totalüberwachung, Datenmissbrauch und Cyberkrieg lässt befürchten, dass uns die Verwirklichung einer „digitalen Diktatur“ stündlich mehr erfasst und unser Leben zunehmend bestimmt.
„Die digitale Kommunikation hat mit enormer Geschwindigkeit die Welt verändert und gewinnt immer mehr Einfluss auf unser Leben. Aber wissen wir überhaupt, worauf wir uns eingelassen haben? Spätestens seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden ist klar: Wir werden auf Schritt und Tritt überwacht! Heute schon tobt ein Krieg um Information und die Daten von uns allen. Nicht weniger beängstigend ist die Vision vom Cyberwar: der Schlacht im Cyberspace mit trojanischen Pferden, Computerviren, logischen Bomben, ferngelenkten Waffen – aber immer noch mit realen Toten. Die digitale Kommunikationstechnik in der Hand von Regierungen, Geheimdiensten, Militärs und Konzernen ist zu einem weltumspannenden Machtinstrument geworden … In naher Zukunft werden nicht nur alle Kommunikations-, Bewegungs- und Finanzdaten online verfügbar sein, sondern auch alle genetischen und medizinischen Informationen. Spätestens dann muss das ‘digitale Ich’ vergleichbare Rechte genießen wie das ‘reale Ich’ … Die Wiederherstellung der Verfügungsgewalt über die Daten wäre der erste Schritt zu einem neuen Menschenrecht im digitalen Zeitalter.“ (Aust/Ammann)
Wer sich über die Entwicklung der digitalen Möglichkeiten, ihre Spielarten und die Kritik derselben informieren möchte, dem sei diese brisante und außerordentlich verständliche Veröffentlichung empfohlen! (sto)
Stefan Aust/Thomas Ammann: Digitale Diktatur – Totalüberwachung, Datenmissbrauch, Cyberkrieg. ECON-Verlag Oktober 2014, 352 Seiten, 19,99 Euro

Die Berechenbarkeit des Menschen
Wenn es heutzutage in Auseinandersetzungen Klare-Was bin ich wert?irgendwann nur noch um die Berechenbarkeit aller Lebensbereiche Gewinn orientiert nach betriebswirtschaftlichen Mustern geht, dann pflege ich zu fragen, ob sich unsere Zukunft, d.h. Kinder-haben in den nächsten sieben Generationen noch lohnt? Für die Natur wäre es ohne uns ja der reinste Befreiungsschlag von Gier und Raubbau. Die natürliche Wüste lebt, das wissen wir seit Walt Disney (Die Wüste lebt 1953); die wir hinterlassen, nicht. Wie rechnet sich das, auch wenn es sich nur kurzfristig lohnt? Und noch etwas anderes: Wenn versucht wird, aus unserer Heimatstadt einen Konzern zu machen, wo bleibt dann das menschlich unabdingbare aber nicht berechenbare lebensnotwendige Gemeinwesen? Auch das wird sich nie, genauso wie Kinder, „rechnen“. Ich hoffe, dass es sich für meine kleine Volksdorfer Buchhandlung rechnet und sie mir erhalten bleibt, wenn ich dort solche gefährlichen Bücher wie dieses kaufe, die angeregtes Gehirnrasen ermöglichen.Was-bin-ich-wert-DVD
Das bewirkt nämlich dieser Bericht. Man braucht nicht auf die Überholspur bei Jörn Klares “Was bin ich wert?” In über 40 Kapiteln wird informativ und unterhaltsam zugleich über die Berechenbarkeit des Menschen im Einzelnen und im Globalen berichtet. Beamte, Mörder, Politiker und Philosophen, Ärzte und Gesundheitsökonomen werden bei seiner Recherchereise im Reich der Menschenwertberechner befragt. “Am Ende steht eine konkrete Zahl, auf Euro und Cent genau. Und die Erkenntnis: Die Würde des Menschen ist antastbar – zumindest wenn es sich >>lohnt<<.” Dieses Buch ist sehr persönlich und humorvoll wie auch der dazugehörige Film von Peter Scharf “Was bin ich wert? Jeder Mensch hat seinen Preis,-”
Jörn Klare: Was bin ich wert? Eine Preisermittlung. Suhrkamp Taschenbuch 2010, 268 Seiten, 14,90 Euro

Für ein friedensfähiges und solidarisches Europa
Die aktuelle Liquidierung unseres Postamt, welches ja in Regie der Postbank lief, wie wir vor Ort immer belehrt wurden und demnächst, nach sieben Jahren, von der Eigentümerin der Deutschen Bank evtl. wieder abgestoßen wird, ist eine nicht wieder gut zu machende Demütigung Volksdorfs und seines Ortskerns. Abgesehen von der unwürdigen Behandlung der Kunden und der Mitarbeiter zeigte sich durch die vor unseren Augen ablaufende notdürftige und unvorbereitete Verlagerung, dass überhaupt keine Spur einer Verpflichtung unserem Gemeinwesen mehr vorhanden ist. Erstaunlich war auch der Termin so gleich nach der Wahl?! Politisch war dann ja nichts mehr zu machen, ist ja Privateigentum usw. kam aus der Politik. Ab die Post in die notleidende Eulenkrugpassage und demnächst an einen xy-Eigentümer als separate Dienstleistung vergeben.
“Ein Glück, dass wir die Post in Volksdorf behalten haben!” hörte ich und frage mich was Oskar Negt sich in seiner Streitschrift “Gesellschaftsentwurf Europa – Plädoyer für ein gerechtes Gemeinwesen” auch fragt. Wenn ein Drittel der Gesellschaft privilegiert kein solidarisches Gemeinwesen braucht und sich an der Abschaffung z.T. beteiligt, was wird dann aus dem einen Drittel, das ins Prekariat abrutscht und dem letzten Drittel, was keiner mehr braucht und berechneter Weise überflüssig ist?
Mal ganz grob gefragt. So werden wir keine Europäer! Die Antwort ist keine allein finanzpolitische, auch wenn wir tagtäglich mit dieser totalitär verengten Sichtweise für die Entwicklung Europas indoktriniert werden. “Die nationalen Eigentümer und der kulturelle Eigensinn der einzelnen Länder haben harte Prägungen hinterlassen, die durch Geld und institutionelle Vereinbarungen nur schwer aufzubrechen sind. … Kollektive Lernprozesse sind erforderlich, welche die Alltagserfahrungen der Menschen einbeziehen.” Der Faktor Arbeit muss in Europa neu bestimmt werden. Dazu gehört besonders eine völlig neue Bewertung der Arbeit im Gemeinwesen, besonders hier auch die Arbeit im Bereich von Naturschutz und -erhalt.
Negt vertritt die Auffassung, dass Demokratie gelernt werden muss und dazu bedarf es gesicherter Strukturen der alltägliche Mitsprache und Beteiligung. Das wir uns den Sozialstaat nicht mehr leisten können ist im Angesicht der Milliardensummen, die für die Bankenrettung eingesetzt werden, ein Hohn. Europa muss sich eine “Ökonomie des ganzen Hauses” indem alle Bewohner ihren Platz und eine Heimat haben, zulegen. Das heutige Marktgeschehen setzt auf die Zerstörung jeglicher Bindung, vergrößert das Gewaltpotential in der Gesellschaft, ist Voraussetzung für Manipulation und schafft den Nährboden für autoritäre Einstellungen. “Das Leitbild einer betriebswirtschaftlichen Ökonomie wirkt sich auf die Geistesverfassung unserer ganzen Gesellschaft und auf die komplexen Reaktionen der Menschen aus.” Was darf jeder Mensch in einem demokratischen Europa sein? Was darf er hoffen? Oskar Negt stellt Zusammenhänge kenntnisreich klar und belegt seine Aussage: “Die Würde des Einzelnen und die Würde des Gemeinwesens gehören untrennbar zusammen und die Würde hat keinen Preis.”
Oskar Negt, Gesellschaftsentwurf Europa, Verlag: Steidl, Göttingen2012, 120 Seiten, 14 Euro

Großstadtküche einmal anders
Was von dem, wHHWildeKuecheas im Garten wild wächst, kann ich essen? Was aus den Gärten, Parks, wilden Ecken und vom Ufer der Gewässer dieser Stadt? Die Biologinnen Katharina Henne und Lore Otto kochen seit Jahren mit dem, was vor ihrer Tür wächst. „Hamburgs wilde Küche“ heißt ihr neues Hamburger Kochbuch. Es bietet Pflanzenkunde, Rezepte und Tipps und Tricks: Wann kann man was pflücken oder ernten? Wie soll man sich ausrüsten? Was soll man auf keinen Fall essen? Henne und Ottos Wilde Küche-Kochseminare (u.a. 5.+6.6. Gut Karlshöhe) sind bekannt und beliebt. Für das Buch haben sie ihre Rezepte erstmals zusammengetragen z.B. Giersch-Limonade, Snacks für den Kindergeburtstag, das Picknick und den Kaffeeklatsch, Kornelkirschen-Mus, Hopfensprossen süßsauer oder Herbstchutney mit Vogelbeeren. Interviews mit Hamburger Sterneköchen, einer Heilpraktikerin und einem Botaniker ergänzen das Wissen der beiden Autorinnen.
Katharina Henne + Lore Otto, Hamburgs Wilde Küche, Verlag KJM Hamburg 2014, 128 Seiten, 16 Euro

Ohne Wasser geht nichts mehr
Sie wirkte aBarlow_Blaue Zukunft.inddls erste darauf hin, Wasser als Menschenrecht in der UN-Charta zu verankern. Barlow ist Beraterin der UN und hat den Krieg der Zukunft um das “blaue Gold” in dem gleichnamigen Buch und Film ins Visier genommen. Ihr neues Buch “Blaue Zukunft” zeigt, dass sich die globale Wasserkrise dramatisch verschärft hat und gigantomanische Eingriffe in die Natur die Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen verursacht. Barlow entwickelt Lösungsvorschläge und erläutert an einer Fülle von Beispielen, warum Wasser keine Ware wie jede andere sein darf, die auf freien Märkten gehandelt werden darf; wie wir Quellen und Aquifere schützen können und warum wir unsere Gesetze denen der Natur anpassen müssen, wenn wir überleben wollen; und wie die Machtkonzentration in den Händen der Agrar- und Wassermultis aufgebrochen werden kann.
Stellen wir Wasser ins Zentrum unseres Lebens: In ihrem ebenso leidenschaftlichen wie informativen Buch zeigt Maude Barlow, warum der Umgang mit dem “blauen Gold” uns alle angeht, weist Wege zu einer gerechten und nachhaltigen Wirtschaft, die allein Kriege um die letzten Wasserreserven verhindern wird. Wasser muss ein öffentliches Treuhandgut bleiben. Werden wir mit Maude Barlows Streitschrift kompetente Aktivsten für Wassergerechtigkeit im Andenken an unsere Vorfahren, für die Brunnenverschmutzung das schlimmste Vergehen war.
Maude Barlow: Blaue Zukunft – Das Recht auf Wasser und wie wir es schützen können. Verlag Antje Kunstmann 2014, 352 Seiten, 22,95 Euro

Der größte Raubzug der Geschichte
“Noch nie in der Geschichte der Menschheit gab es eine derart gewaltige Umverteilung – von der Mehrheit der hart arbeitenden Menschen zu einer ganz kleinen Finanz-Elite. Um sich an der Macht zu halten haben die Regierungen in aller Welt mit dem hemmungslosen Drucken von wertlosem Geld begonnen und sich dadurch der Finanzindustrie ausgeliefert. Eine neue Feudalherrschaft ist entstanden, die aus freien Bürgern globale Untertanen machen will.”
Michael Maier, Herausgeber der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, hat u.a. über “Umweltschutz und Bürgerjournalismus” geforscht. Er haut auf den Putz, dass er nur so wegplatzt, und legt den Kern seines Anliegens frei: über eine zutiefst erschreckende und verstörende Entstehung einer globalen Feudalherrschaft, für die Menschenwürde und -rechte keine Bedeutung haben und die die Politik von der Finanzindustrie gänzlich abhängig gemacht hat, aufzuklären.
“Regierungen wollen zu den Profiteuren zählen und zwingen ihre Bürger zu immer neuen Opfern. Unterstützt von mächtigen und verschwiegenen Organisationen wie der Weltbank, dem IWF, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und den Zentralbanken plündern die Regierungen die privaten Vermögen und kündigen den wirklich Bedürftigen die Solidarität auf. Ozeane von Falschgeld (druckfrisch und ohne Gegenwert) überfluten die ganze Welt, während sich globale Finanzströme der demokratischen Kontrolle entziehen. Recht wird nach Belieben gebrochen.”
Starker Tobak? Weltuntergangsgetöse? Verschwörungsgeschrei? Dankt dann so ein Autor seiner Frau für “ihre perfekte Mischung aus Skepsis und Wohlwollen”? Toll! Hier findet eine beinharte Auseinandersetzung mit dem Geist des Geldes und seiner entmenschlichenden Praxis in Zeiten des Turbokapitalismus statt. Hier wird fachlich und sachlich aufgedeckt: eine “Tour de Force” der Fakten und Zusammenhänge, die mindestens drei schlaflose Nächte nach sich zieht. Alternativlos werden Banken gerettet und der Gesellschaft das dazu verwendete Geld als Schulden schlechtgeschrieben.
Dieser Spiegel Bestseller zeigt, wie das und vieles mehr funktioniert. Ob unsere Oberen Merkel, Schäuble, Gabriel, Draghi, Weidmann das wissen? Nach der Lektüre wissen Sie auf jeden Fall mehr. Sie wundern sich und fragen sich, wie uns allen das passieren konnte? Und dann, ja dann wird es richtig spannend, weil wir miteinander reden und handeln müssen. Lesen Sie selbst.
Michael Maier, Die Plünderung der Welt – Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen. 288 Seiten, 19,99 Euro, auch als E-Book erhältlich, FinanzBuch Verlag, München 2014

Wie grün ist Hamburgs Lebensqualität?
“Grün für aSzeneHHGeschichte06GrueneAnlagenlle” hieß es bei der Einrichtung von Stadtpark und Volkspark vor hundert Jahren. Zu diesem Jubiläum der beiden “Reformparks” hat der SZENE-Verlag ein Heft zur Geschichte der Hamburger Gartenkultur herausgebracht. Diese informative Veröffentlichung fand ich auf der Ausstellung “Stadtgrün 3.0” im Hamburg Museum. Sie läuft noch bis zum 19. April.
“Die Ausstellung zeigt Beispiele, Ideen und Visionen einer neuen Stadtbegrünung aus Hamburg, Deutschland und dem Ausland, gegliedert nach urbanen Räumen.” Bei der Schlichtheit der Darbietung ist die Ausstellung leider nur ein dringend notwendiger Auftakt zu einem weitergehenden Engagement in der Metropolregion Hamburg. Der Widerspruch zwischen rein wirtschaftlichen Verwertungsinteressen und dem “Recht auf Stadt”, d.h. der allgemeinen Nutzung des öffentlichen Raums wird zumindest als Problem hingestellt. “Grün für alle” könnte auch heute als Motto für nachhaltig entwickelte Stadtentwicklungsprogramme gelten.
Zurück zum SZENE-Heft: Die besondere Lebensqualität Hamburgs aus der einmaligen Verknüpfung von Urbanität, Grün und Wasser wird durch interessante Beiträge und Photos auf 114 Seiten dem Leser nahegebracht. Von den Anfängen bis heute wird in weit über 30 Artikeln zu einzelnen Themen rund um die Hamburger Gartenkultur berichtet.
Die augenblickliche Betrachtung der ökologischen Wertigkeit unseres Stadtgrüns wird nur angetickt: „Hamburg gilt als grüne Stadt, das meiste Grün ist aber ökologisch tot, sowie die ganzen privaten und öffentlichen Rasenflächen oder die vielen exotischen Zierpflanzen.“ Das unterhaltsame Heft ist anregend und liefert zudem eine Grundlage für eine verantwortungsvolle Diskussion, wie es mit unserem Stadtgrün weiter gehen soll. – Als ein unvergessliches Geschenk geeignet, anstatt Blumen.
Special SZENE Hamburg Geschichte: Hamburgs grüne Anlagen. Ausgabe 6, Mai 2014, 7,50 Euro

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WUZ 91 Januar 2015:
Faszinierende Fotos als Aufruf zum Handeln
Als “blauen Planeten” ohne Grenzen sehen unsere Kosmonauten aus dem Weltall die verletzliche Heimstatt der Menschheit. “Die Welt von oben” hat uns der französische Photograph Yann Arthus-Bertrand vorgeführt und unserem Weltbild eine aufregende neue Dimension hinzugefügt. Die scheinbare unendliche Schönheit der Landschaften auf unserem Globus und das unfassbare Ausmaß ihrer teilweisen Zerstörung durch den Menschen sind durch ihn dokumentiert.
Die Photographie kann anerkannt als Waffe im künstlerischen Einsatz auf das Wegschauen und das nicht Wahrhabenwollen gerichtet werden. Sebastião Salgado hatte hier mit seiner photographischen Berichterstattung jahrzehntelang meisterliches geleistet.
Er hat das schreckliche Werk der apokalyptischen Reiter (Epidemien, Krieg, Hunger und Tod) besonders in Afrika festgehalten und die “Verdammten dieser Erde” u.a. in Afrika, Südamerika, Indien als Zeitzeuge begleitet.
Diese Arbeit führte ihn letztlich psychisch zu seinem “inneren Ende”, weil, wie er sagt, das von ihm erworbene Wissen kaum auszuhalten ist.
Die seelische Rettung fand Salgado in seinem über Jahre geschaffenen Werk “Genesis”, eine Liebeserklärung an unseren Planeten in schwarzweißer Photographie.
Der gerade angelaufene Film “Das Salz der Erde” von seinem Sohn und Wim Wenders über Person und Werk ist bewegend und tief beeindruckend. Er schafft die geistigen Voraussetzungen für die Beschäftigung mit “Genesis” – einem wahrhaft monumentalem Buch, einem photographischen Bericht von den noch nicht zerstörten Rändern unserer Welt.
Über 32 Reisen innerhalb von acht Jahren in die abgelegensten Winkel der Erde haben diesen Bericht ermöglicht. Fünf Kapitel präsentieren je eine große Region mit verschiedenen Ökosystemen auf über 500 Seiten. Der gewichtige großformatige Bildband ist ein Hausbuch für Betrachter, die inmitten einer immer fragwürdig werdenden Zivilisation Orientierung suchen. Einzigartig und sehenswert.
Sebastião Salgado. Genesis. Hrsg. von Lélia Wanick Salgado. Hardcover mit 17 Ausklappern, 24,3 x 35,5 cm, 520 Seiten, Taschen Verlag 2013, 49,99 Euro

Die Kraft von Genesis
„Nachhaltigkeit ist die große Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Um sie zu erreichen, müssen wir beginnen, die Art und Weise zu verändern, mit der wir die Welt sehen, mit der wir über sie nachdenken und mit ihr umgehen … Das Streben nach Frieden und Nachhaltigkeit muss in den Köpfen von Frauen und Männern und insbesondere von jungen Menschen verankert werden. Darin liegt die Kraft von Genesis, dem neuen Buch von Sebastião Salgado. Es hat die Macht, uns die Augen zu öffnen, uns eine neue Weitsicht zu vermitteln. Das ist der erste Schritt, um auch unser Verhalten zu ändern. Sebastião Salgados Fotografien zeigen die Majestät und das Mysterium des Lebens. Und sie führen uns die Vielschichtigkeit der Aufgaben vor Augen, die uns erwarten. … Ich verstehe diese Bilder als Aufruf zum Handeln – an die UNESCO, weiter daran zu arbeiten, die Grundlagen für Nachhaltigkeit zu schaffen, und an uns alle, zu erkennen, dass jeder daran mitwirken muss, unseren Planeten zu erhalten und Lebensentwürfe zu finden, die uns in die Zukunft führen. Für diese Einsicht möchte ich Sebastião Salgado danken.“
Ausschnitt aus dem Vorwort von Irina Bokozıa, Generaldirektorin der UNESCO.

Wachstum und Umwelt – Gar nicht so neu
Wenn mir ein älteres Buch mit einem superaktuellen Titel in die Hände fällt, werde ich neugierig! „Wachstum und Umweltkrise“ ist so ein „Fall“: Der Biologe und Ökologe Barry Commoner klagt schon 1971, dass die dramatischen Berichte über Umweltverschmutzung den Menschen schon so vertraut sind, dass sie ihnen kaum noch Beachtung schenken: Smog in Los Angeles, verseuchter Erdboden in Illinois, Verschmutzung des Eri-Sees und genetische Auswirkungen des atomaren Fallouts nach Atombomben-Versuchen. Allerdings ließen die gravierenden Umweltzerstörungen kaum noch jemanden daran zweifeln, dass die Politik handeln muss.
Barry Commoner schuf mit seinem Buch die Grundlage für eine dringend notwendige Ursachenforschung. Er erklärt darin zunächst das Wesen der Ökosphäre, jener dünnen Haut unseres Planeten, in dem sich alles Leben auf der Erde abspielt. Hier finden höchst komplexe Kreisläufe statt, die sich durch Selbstregulierung auch bei Störungen in ein Gleichgewicht bringen können.
Bei massiven Störungen allerdings funktioniert dieser Regulationsmechanismus nicht mehr und Systeme kollabieren. Dabei sind Belastungen der Umwelt durch künstlich erzeugte und verwendete Stoffe die Hauptursache der Störungen. Viele neue Technologien wurden entwickelt, ohne ihre Auswirkungen auf die Umwelt zu prüfen und die wahren Kosten bei zerstörenden Wirkungen zu berücksichtigen.
„Die zweite, sehr ernst zu nehmende Ursache ist unser bisheriges, letztlich selbstmörderisches System der freien Marktwirtschaft, dass nahezu ausschließlich auf Profit und massives Wachstum ausgerichtet ist.“ Der Autor weist schon 1971 daraufhin, dass unsere Wirtschaftsordnung geändert werden muss, wenn die zahlreichen Umweltkrisen gemeistert werden sollen! Seiner Aufklärungsarbeit ist es auch zu verdanken, dass es zu großen Protest-Demonstrationen amerikanischer Studenten gegen die Umweltzerstörungen in den USA kam.
Ökologisch denken und handeln heißt in Zusammenhängen konzeptionell und ganzheitlich vorzugehen. Einzelmaßnahmen im Umweltschutz können vielleicht spektakulär sein, verstellen aber den Blick auf die notwendige Schaffung von umfassenden Nachhaltigkeitsstrategien für unsere Metropolregion.
Lange ist es her, dass Barry Commoner uns Grundwissen für ein Leben mit der Natur geliefert hat, um uns vor dem auf vollen Touren laufendem Selbstmord-Programm zu bewahren. Meine Achtung hat er – gerade heute.
Barry Commoner: Wachstumswahn und Umweltkrise (The Closind Circle. Nature; Man and Technology; New York 1971), Bertelsmann 1973, 300 Seiten

Eine Zeitschrift, die es in sich hat!
So nicht! Ein klares Nein steht oft am Anfang konstruktiver Lösungen, wenn es sich mit einem kraftvollen Ja verbindet; ein Grundhaltung, die diese kulturkritische Zeitschrift bestimmt. Das Nein z.B. zum Glyphosat der Totalherbizide wie „Roundup“ in der Ausgabe „Landwende“ (Mai/Juni 2014) wird in einem ausführlichen Bericht begründet: „Chronisch vergiftet – Fast alle Menschen auf dem Land und in der Stadt haben inzwischen das Ackergift im Körper.“ Für das Ja wird zu den Themen Bildung, Gemeinschaftsprojekte, Gesellschaft und Kultur, Gesundheit, Ökodörfer, Permakultur, alternative Lebensgemeinschaften und Utopien in zahlreichen Beispielen berichtet und diskutiert.
Die Zeitschrift selbst wird von einer Leser-Genossenschaft getragen. Eine anregende und kraftvolle Zeitschrift! Sie ermutigt und begeistert für alternatives Leben hier und jetzt auf unserer Erde – prüfen Sie selbst!
Oya – anders denken, anders leben. Probe-Abo anfordern bei Oya Medien e.G, Leserservice, Am See 1, 17440 Klein Jasedow oder unter www.oya-online.de

Big Brother is really watching you
Nach deZEROSie wissen was du tust von Marc Elsbergm Thriller über einen fiktiven großen Stromausfall „Blackout“ hat Marc Elsberg nachgelegt: ZERO ist die Geschichte einer schönen neuen Welt – einer hinterhältigen Manipulation, einer Bedrohung, die uns vereinnahmt und in deren Totalität maschinenlesbar und gewissenlos macht.
Der Roman handelt von der Journalistin Cynthia Bonsant, die auf die Internet-Plattform Freemee stößt. Diese sammelt und analysiert Daten und verspricht ihren Millionen Nutzern ein besseres und erfolgreicheres Leben. Dabei wird es in dieser Welt voller Smartphones, Kameras und Datenbrillen für die Journalisten immer gefährlicher. Als Cynthia anfängt, genauer zu recherchieren, wird sie selbst zur Gejagten.
Am Ende fragt man sich, ob es nicht bereits heute schon 1984 schlägt! Brisant, rasant und höchst aktuell regt dieser Thriller zur Reflexion des eigenen Medienverhaltens an. (sto)
Das Buch ist vor allem denjenigen zu empfehlen, die meinen “Ich habe nichts zu verbergen”. Marc Elsberg skizziert ein Szenario, das dem von Gerorge Orwell in nichts nachsteht und “1984” auf den neuesten Stand der Technik bringt. “Big Brother is watching you” war gestern – die Zukunft heißt: Online-Dienste manipulieren dich, weil sie alles über dich wissen. (du)
Marc Elsberg: ZERO – Sie wissen, was du tust. Blanvalet-Verlag 2014, 480 Seiten, 19,99 Euro

Noch vor dem Neuen Jahr lesen und dann höchst motiviert zum folgenden Buch greifen:

Tipps und Tricks zum Umgang mit der schönen neuen Welt121211_Mich kriegt ihr nicht.indd
Hier ist sie: Die „Werkzeugkiste“ für den Umgang mit dem Internetverkehr: Wir werden immer beobachtet, meistens ohne es zu merken. Denn wir hinterlassen ständig unsere Daten im Netz. Wenn Google, Facebook. Twitter & Co ihre Dienste anbieten, ist das keinesfalls umsonst: Wir zahlen mit unseren Daten, dem Gold unserer Tage. Wir werden verkauft – und der Handel mit unseren digitalen Spuren ist längst ein weltweites Milliardengeschäft.
Das Buch hilft unsere Online-Identität zu schützen. Es enthält für Jung und Alt wichtige Tipps und Tricks im Umgang mit Google, Facebook & Co – wer nicht handelt wird gehandelt!
„Der gläserne Verbraucher ist längst Wirklichkeit geworden. Das Buch ist ein kompetenter und hilfreicher Ratgeber für jeden, dem die Behauptung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts in der digitalen Gesellschaft wichtig ist.“ (Prof. Dr. J. Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit) (sto)
Steffan Heuer, Pernille Tranberg: Mich kriegt ihr nicht – Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung. Murmann-Verlag 2013, 272 Seiten, 16,90 Euro

Beobachtet die Beobachter
Was macht die NSA, wie lebt es sich in Überwachungsstaaten wie China, wie arbeiten Drohnen oder Abhörstationen? Aus Angst vor dem Terror unterwerfen sich seit 9/11 Regierungen den Geheimdiensten, Privatunternehmen sammeln Daten via Internet und Cookies, Handys und smarte Zahnbürsten speichern Kundeninformationen. All diesen Spionen sind Hacker und Whistleblower auf den Fersen. Das Heft bietet einen Einstieg in die Themenwelt auch des Edward Snowden und vermittelt auch, wie sich Überwacher und Geheimdienste immer wieder behaupten konnten. Die Überwachung ist allgegenwärtig, doch sie steht unter Beobachtung, u.a. durch diese Autoren: Mit Beiträgen von Giorgio Agamben, Constanze Kurz (CCC), Heribert Prantl (Süddeutsche) u.a. (du)
Die Überwacher. Prism, Google, Whistleblower. Le Monde diplomatique Edition N° 16/2014, 112 Seiten, 8,50 Euro

Pazifistisches Meisterwerk
Bertha von Suttner(1843 – 1914) die österreichische Autorin des Romans “Die Waffen nieder!” war entscheidend an der Gründung der Friedensgesellschaften in Deutschland und an internationalen Organisationen beteiligt. 1905 erhielt sie als erste Frau den Friedensnobelpreis. Dieses Buch, 1889 erstmalig erschienen, erreichte viele Auflagen und wurde, in 20 Sprachen übersetzt, ein Welterfolg. Die Erkenntnisse der Ich-Erzählerin sind auf ihre grundsätzliche Weise hochaktuell. Freigeistig setzt sie sich für die Gleichwertigkeit von Mann und Frau ein und spricht von der Nation der Weltbürger. Visionär heißt es in ihrem 1911 erschienen Roman “Der Menschheit Hochgedanken”, indem die Pazifistin zum ersten Mal in der Literatur vor der Atomwaffe warnt: “Der Radiumkondensator ist erfunden. Mit von Wolkenhöhen herabgesandten Radium-Strahlenbündeln in ein paar Minuten feindliche Flotten und Heere zu vernichten, feindliche Städte zu zertrümmern, ist ein Kinderspiel. Gegenseitig. Achtundvierzig Stunden nach der sogenannten ‘Eröffnung der Feindseligkeiten’ könnten beide kriegsführenden Parteien einander besiegt und im feindlichen Land kein Gebäude und kein Lebewesen zurückgelassen haben.” (sto)
Bertha von Suttner, Die Waffen nieder! Eine Lebensgeschichte
Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Sigrid und Helmut Bock
Verlag der Nation, 3. Auflage (Januar 2014), 484 Seiten, gebunden, 15,95 Euro

Mit dem Essen spielt man nicht
Um zwei bis drei Milliarden Menschen wird die WeltbevölkeruMeyervonBremen_FoodMonopolyng in den nächsten 40 Jahren wachsen. Aber können wir überhaupt so viele Menschen ernähren? Oder stoßen wir damit an die Grenzen dessen, was die Erde bewältigen kann? Auf der anderen Seite sind Lebensmittel wie nie zuvor in so großer Fülle verfügbar wie heute. Vieles landet zu Spottpreisen im Discounter. Was zählt, sind der beste Standort und niedrige Kosten. Der Markt zwingt die Bauern, gegen die Natur zu wirtschaften und deren Belastbarkeitsgrenzen weit zu überschreiten.
Für Ann-Helen Meyer von Bremen und Gunnar Rundgren steht daher fest: Die industrielle Landwirtschaft ist gescheitert, die Situation schlimm – aber nicht hoffnungslos, denn: eine ökologische Landwirtschaft ist – auch in großem Maßstab möglich. Eine Landwirtschaft, in der die Nährstoffkreisläufe durch eine Kombination aus Ackerbau und Viehzucht funktionieren, in der man vielseitige Fruchtfolgen aus stickstoffbindenden Pflanzen und Nutzpflanzen anlegt, in der Tiere artgerecht gehalten werden und in der keine Pestizide, keine vorbeugenden Antibiotika oder Kunstdünger zum Einsatz kommen.
Für ihr neues Buch “Foodmonopoly” haben sich die Autoren zu den Brennpunkten der Lebensmittelproduktion rund um die Welt begeben und Antworten gefunden. Die im Buch dokumentierten Ergebnisse stimmen hoffnungsfroh: Trotz wachsender Weltbevölkerung und ungebrochener Profitgier sehen die Autoren bessere, nachhaltige und naturverträgliche Wege, um unsere Nahrung zu produzieren und gleichzeitig eine wachsende Bevölkerung zu ernähren. Dazu sei allerdings nicht nur der Verbraucher gefragt, sondern auch eine Politik, die dafür sorgt, dass die Landwirtschaft von anderen Werten als kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen gelenkt wird. (WUZ)
Ann-Helen Meyer von Bremen und Gunnar Rundgren: Foodmonopoly. Das riskante Spiel mit billigem Essen, Oekom Verlag 2014, 240 Seiten, 19,95 Euro

Fehler sind Teil des Geschäfts
JedeSchridde_Murksr hat es schon einmal erlebt: Kaum ist die Garantie abgelaufen, funktioniert das Handy nicht mehr, Drucker stellen den Betrieb ein und die Waschmaschine macht Flecken, anstatt zu waschen. Für sein neues Buch “Murks? Nein Danke! hat Stefan Schridde eine Vielzahl derartiger Fälle gesammelt. Sein Fazit: Viele Produkte werden bereits kaputt erfunden, weil Hersteller und Händler Dinge produzieren bzw. verkaufen, deren Lebensdauer gezielt verkürzt wird. Was also ist dran am Vorwurf der geplanten Obsoleszenz, wie das Phänomen im Fachjargon genannt wird? Werden wir wirklich systematisch betrogen?
“Ja!”, sagt Stefan Schridde, “Bauteile werden unterdimensioniert oder falsch eingebaut, minderwertiges Material kommt zum Einsatz, Reparaturen werden unmöglich gemacht. Dazu gehören auch so ärgerliche Dinge wie Updates, die den Computer langsamer machen, oder dass Smartphones eigene Stecker brauchen und Akkus sich nicht austauschen lassen.” Für den Autor steht fest: Derartige “Fehler” sind allzu oft Teil des Geschäfts – eine geschickte Maßnahme, um schnelleres Nachkaufen auszulösen und höhere Umsätze zu erzielen. Eine Strategie, die Konsumenten und Umwelt nachhaltigen Schaden zufügt.
Doch wie können wir als Gesellschaft aktiv werden? Was tut die Politik? Dieses Aufklärungsbuch hat konkrete Lösungen und ist nicht zuletzt eine Anleitung für aufgeklärte Konsumenten mit zahlreichen praktischen Tipps für den murksbefreiten Einkauf. (WUZ)
Stefan Schridde: Murks? Nein Danke! Was wir tun können, damit die Dinge besser werden, Oekom-Verlag 2014, 256 Seiten, 19,95 EUR

Was ist Europa? Weshalb Europa? Wohin geht Europa?
Viele Fragen werden in dem Europa-Atlas beantwortet. Ein lebendiEuropaAtlas_Le_Mondeges Bild des vereinigten Europas anhand von unterschiedlichen Einzelabhandlungen wird gezeichnet. Gefragt ist das Engagement für eine europäische Einheit in Vielfalt. Mit der Stärkung der europäischen Institutionen soll zugleich eine stärkere Beteiligung des Bürgers und ein möglichst hohes Maß an Selbstverwaltung auf kommunaler und regionaler Ebene verwirklicht werden.
Die hammerharten Probleme der EU werden benannt, mit übersichtlichen Graphiken anschaulich gemacht, mit Daten und Fakten analysiert. Wer statt dumpfbackigem Biertischgerede eine aktuelle fundierte Kenntnis europäischer Problemlagen sucht, sollte zu diesem Heft greifen…
Als einer, der sich in jungen Jahren für die deutsch-französische Freundschaft eingesetzt hat, ist es immer wieder erfreulich, wie bei jungen Menschen Europa lebenswirklich ist. Wie verletzlich Europa allerdings ist, wird gerade beim Studium dieser Veröffentlichung klar. (sto)
Europa-Atlas. Daten und Fakten über den Kontinent. Heinrich Böll Stiftung u.a. 2014, 51 Seiten. Download: www.boell.de

Big Brother is watching you
Lanier Wem gehört die Zukunft?Den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhielt in diesem Jahr der US-amerikanische Informatiker, Musiker und Schriftsteller Jaron Lanier.
Wer in einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Internet um sein eigenes Wohl und Wehe bangt und Informationen für eine weitere Handhabung braucht, sollte dieses Buch zu Hilfe nehmen. Auch den Sorglosen sei es empfohlen, denn es macht uns alle klüger. In der Begründung zur Preisverleihung heißt es: „Eindringlich weist Jaron Lanier auf die Gefahren hin, die unserer offenen Gesellschaft drohen, wenn ihr die Macht der Gestaltung entzogen wird und wenn Menschen, trotz eines Gewinns an Vielfalt und Freiheit, auf die digitalen Kategorien reduziert werden.“
Laniers Aufklärung über die Ökonomisierung des Internets und den verbundenen Gefahren der totalen Überwachung ist dramatisch. Besonders tiefe Sorge bereitet ihm die passive Haltung der Internetnutzer. Jaron Lanier „Du bist nicht der Kunde der Internetszene. Du bist ihr Produkt“. Ändern möchte er das und liefert Vorschläge zur Humanisierung des Internets, als „Grundlage eines friedlichen Zusammenlebens, auch in der digitalen Welt.“ (sto)
Jaron Lanier: Wem gehört die Zukunft? Hoffmann und Campe 2014, 480 Seiten, 24,99 Euro

“Ich habe nichts zu verbergen”
Vor gut einem halben Jahrhundert sind wir klassenweise an die Zonengrenze gekarrt worden und auf der anderen Seite des Todesstreifens war die böse totalitäre DDR. Dort wurden alle überwacht, Briefe und Pakete geöffnet, das Briefgeheimnis mit Füßen getreten. Nach der Wende hat man eine museale Dokumentationsstelle eingerichtet, in der über die Praktizierung der Überwachung in der DDR informiert wird. Zur Abschreckung? Was soll man heute davon halten, dass uns die Regierung – z.T. ja ehemalige DDR-Bürger – nicht vor einer anlaufenden totalen Überwachung schützt?
Unerträglich ist auch die Schutzbehauptung vieler Musterfrauen und -männer, ihr Leben sei rein, sauber und gut, also überwachungsfähig. „Ich habe nichts zu verbergen!“ ist verbreitete Haltung.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten sind es die Leitungen der Zeitungen und Verlage und die engagierten Politiker und Bürger, die vom Staatsterror erfasst und aussortiert wurden. Das sollte uns allen zu denken und zu handeln geben. (sto)
Buchtipp dazu: Hermann Ullstein: Das Haus Ullstein, 22,99 €

Die Welt ist am Limit – was nun? Drei Bücher geben Antwort
Immer mehr Menschen befreien sich vom maOekomVomrechtenMaßteriellen Ballast und ignorieren das Steigerungsdogma: In Reparaturcafés, Genossenschaften, Verleihläden und Tauschbörsen leben sie vor, warum ein genügsames und an den wahren Bedürfnissen orientiertes Leben glücklicher macht und die natürlichen Ressourcen schont. Dem heutigen „Mehr ist gut“ stellt sich die Kultur des „Weniger ist mehr“ entgegen. Weniger kann dabei durchaus mit Qualitätswachstum verbunden sein und eine tragfähige Lebensgrundlage eines umweltschonenden Gebrauchs: Unseren Verbrauch auf 20% des heutigen Durchschnittswertes zu senken ist ein lohnendes Ziel, das seit den 70er Jahren lebhaft diskutiert wird. (siehe z.B. „Faktor 5“ von R. von Weizsäcker oder „Grenzen des Wachstums“ von Meadows 1972) Wirtschaft und Politik werden sich bei der zunehmenden Übernutzung von Ressourcen der Realität stellen müssen – je eher desto besser.
Einen Einstieg in maßvolle Lebensstile liefert das neue Heft der „politischen ökologie“ in Form von attraktiven „Genusshappen“. In Einzelbeiträgen zu verschiedenen Themen wie Ernährung, Energie, Verkehr, Bauen und Wohnen wird eine verantwortbare Lebensweise in Richtung Suffizienz erkennbar. Die sich daraus ergebenden Überlegungen zu einer Neudefinition der „Komfortzone“ sind entschieden politisch und zeigen die Schärfe der zu erwartenden, bisher weitgehend vermiedenen Auseinandersetzungen im öffentlichen Raum.
Das Leben der Menschen vorrangig unter der Funktionsfähigkeit in (wachstumsbasierten) ökonomischen Systemen auszurichten und zu bewerten, widerspricht der Entwurf einer suffizienten Gesellschaft entschieden! Suffizienz (lat. sufficere: ausreichen) steht in der Ökologie für das Bemühen um einen möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch im Sinne eines Verzichts auf alles Überflüssige. Es ist ein Kern-Element der Nachhaltigkeit.
Die Veröffentlichung ist ein Beitrag, dem Unausweichlichen kundig und mit angemessenen Verhaltensweisen zu begegnen und Politik und Wirtschaft im Interesse einer notwendigen, zukunftssichernden Veränderung herauszufordern! (sto)
Vom rechten Maß. Suffizienz als Schlüssel zu mehr Lebensglück und Umweltschutz. Politische ökologie 135, oekom verlag 2013, 144 Seiten, 16.95 Euro

Endliches Wachstum
„Wir haben nur eine Zukunft, wenn wir das Schrumpfen lieben lernen.“ Die Ökosysteme verlieren an Leistungsfähigkeit. Das Wachstum, an das wir wie an eine Religion glauben, wird bald sein natürliches Ende finden und über kurz oder lang wird auch die Weltbevölkerung abnehmen, glaubt der renommierte Demografie-Experte Reiner Klingholz. Er belegt seine These, dass sich das Wachstum selbst ausbremst, anhand fundierter Analysen. Wie krisenhaft dieser Prozess abläuft, hängt von der Umwelt-, Energie- und Bevölkerungspolitik der heutigen Generation ab. Deren Verantwortung steigt mit jedem Tag, das Zeitfenster für wichtige Entscheidungen wird mit jedem Tag kleiner! (sto)
Reiner Klingholz: Sklaven des Wachstums – Die Geschichte einer Befreiung, Campus Verlag 2014, 348 Seiten, 24.99 Euro

Rohstoffwende
Öl und Reller_DergeschektePlanetdie weiteren Schätze der Erde, die dem Menschen zur Verfügung stehen, werden teuer und knapp. Die Autoren verstehen es, uns die Stoffgeschichte der Ressourcen (u.a. Öl, Raps, Leinen, Holz und Weizen) spannend nahezubringen und Perspektiven für den Übergang in eine postfossile Welt aufzuzeigen. Es ist ein Transformationsprozess, der uns und den nächsten zwei, drei Generationen, also unseren Kindern und Enkeln, unweigerlich bevorsteht und der mit Bedacht geplant werden muss. Wissenschaftler und Techniker sollten sich endlich Ziele setzen, die das Überleben der Menschheit gewährleisten! „Die Umgestaltung unserer Wirtschaft wird nur gelingen, wenn wir alle beteiligt werden. Demokratie und Bildung sind daher die vielleicht wichtigsten Ressourcen der Rohstoffwende.“ (sto)
Armin Reller und Heike Holdinghausen: Der geschenkte Planet. Nach dem Öl beginnt die Zukunft. Westend Verlag 2014, 224 Seiten, 15.99 Euro

Fukushima: Schicksal Atomunfall
Neureuter_Fukushima360Vor Kurzem ging die Nachricht durch die Medien, dass erwogen wird, bei einem Atomunfall in Deutschland den Evakuierungsraum der Zentralzone von zwei Kilometer auf fünf Kilometer innerhalb von sechs Stunden und in der Mittelzone von zehn auf 20 Kilometer innerhalb von 24 Stunden zu erweitern. Vermutlich rückt dann die Feuerwehr aus und der Bürgermeister fragt sich, ob genug Jodtabletten deponiert wurden und wie die Verteilung erfolgen soll.
Als Schüler habe ich Tausende „Zivilschutzfibeln“ in die Haushalte verteilt. Sie informierten über angemessenes Verhalten bei einem Atomschlag zur Zeit des Kalten Krieges: Im Bordstein kauern und sich die Aktentasche über den Kopf halten; im Haus unter einen Tisch kriechen…
Hiroshima hat uns nicht gelehrt, die Finger von der Atomkraft zu lassen. Auch die bisherigen Atomunfälle nicht: Tschernobyl hatte eine erstaunlich kurze „Halbwertzeit“ im Vergessen. Erst das Versagen von Höchsttechnologie in einem Land der Superlative, in Japan und seiner Verantwortlichen hat in Deutschland zur so genannten „Energiewende mit Atomausstieg“ geführt.
Weder jahrelange Aufklärung und Warnung von Fachleuten noch Vernunft haben das bewirkt. Die Natur hat ihre Gesetze und die gelten global. Brauchen wir nach den „Jahrhundertfluten“ noch eine „Jahrtausendflut“ um das zu kapieren? Wie viele Katastrophen können wir uns leisten um zu lernen, dass Risikotechnologien in einer Welt mit über sieben Milliarden Menschen nicht zu verantworten sind?
Das Buch FUKUSHIMA 360° ist ein Fanal und gehört in jede Schule! Es zeigt in 44 Fotoreportagen über einzelne Betroffene, dass die Risiken der Atomenergie gesellschaftlich, wirtschaftlich und ethisch untragbar sind.
Atommüll in blauen Müllsäcken – big packs -, sauber aufgereiht, kein Restmüll, sondern für die Ewigkeit, dem Sonnenlicht, Wind und Regen ausgesetzt. Es ist ein schlichtes Foto, das uns erkennen lässt, dass es keine sichere Endlagerung gibt, nie geben wird, da können wir noch so lange suchen: Es ist eine Hypothek für unsere Kinder und Kindeskinder und alle folgenden Generationen bis in die Ewigkeit!
Was es heute schon mit Betroffenen macht, zeigt das Buch von Alexander Neureuter. Er erzählt am Beispiel von 44 unterschiedlichen Personen und ihren Schicksalen, welch tiefgreifenden Veränderungen der Atomunfall mit sich gebracht hat. Ein Beispiel sei herausgegriffen:
Shinya Somemori, ein Krankenpfleger aus Tokio, hat für TEPCO ein Jahr in der Ambulanz auf dem Gelände Fukushima Daiichi als einer der „Wegwerfarbeiter“ gearbeitet. Beim Lesen und Betrachten der Fotos verschwindet die Distanz. Man spürt eine unmittelbare Solidarität mit den porträtierten Menschen, wie sie mir bisher kein anderer Bericht vermittelt hat. Hier wird der direkte Nachweis erbracht: Mit der Erweiterung des Radius bei einer Evakuierung, wie für deutsche Atomkraftwerke vorgeschlagen, ist nichts gewonnen. Es gibt nur eins: ABSCHALTEN, je eher desto besser!
Ein engagiertes Buch, das die Katastrophe von Fukushima ins rechte Licht rückt: in ein zutiefst menschliches. (sto)
Fukushima 360º – Das atomgespaltene Leben der Opfer vom 11. März 2011
44 Foto-Reportagen von Alexander Neureuter, 204 Seiten, 158 Farbfotografien, www.neureuters.de, 29,80 Euro

„Wir haben diesen Planeten nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen. Aber danach leben wir nicht. Stattdessen stehlen wir unseren Kindern die Zukunft“ Ergänzung eines indianischen Sprichwortes von Jane Goodall

Wie aus Betroffenen Beteiligte werden
Vorweg:Wagner Mitmachfalle Mitmachfalle Volksdorf. Für den Ortskern wurde seinerzeit ein Rahmenplan mit Bürgerbeteiligung erstellt. Er wurde veröffentlicht – und das war`s dann. Vor der Bürgerschaftswahl wurden von der SPD zusammen mit der IAO (Initiative zur Aufwertung des Ortskerns) vier Ortsbegehungen sowie eine große Veranstaltung durchgeführt, vorgeblich mit Interesse an den Vorschlägen der IAO. Nach gewonnener Wahl war dann alles vergessen, Anfragen auf Umsetzung der Ergebnisse waren nur noch lästig und Geld sei sowieso keins da, hieß es seitens der Politik: 12 Aktenordner mit Ausarbeitungen – alles Makulatur?
Zur Ökonomie und Bewertung derartiger Erlebnisse nicht parteigebundenem bürgerlichen Engagements ist das Buch „Die Mitmachfalle“ hilfreich. Einfaches Mitmachen, sich einbringen kann leicht einer Bürgerbewegung den Schneid abkaufen, um sie anschließend im Sande verlaufen zu lassen; das endet dann oftmals Resignation für die beteiligten Akteure.
Wie schafft es Machtpolitik auch ohne unpopuläre autokratische „Basta-Haltung“ dem Bürger weiß zu machen, er hätte was zu sagen, doch in Wirklichkeit oft Entscheidungen weiterhin am Bürger vorbei durch-zusetzen? Wer eine wirkliche Demokratisierung unserer Gesellschaft befürwortet, sollte sein Engagement mithilfe dieses Buches kritisch überprüfen. Denn aus Betroffenen Beteiligte zu machen, ist eine der neuen Strategien von Parteien, die repräsentative Demokratie mittels Lobbyismus in eine marktkonforme Demokratie mit viel Einfluss von Konzernen umzuwandeln. Da wird dann echte politische Gestaltung für den Bürger zunehmend schwieriger.
In dem Buch des Kultursoziologen Thomas Wagner geht es um Themen wie „Dialog als Herrschaftsstrategie“, Bürgerbeteiligung und die Modernisierung neoliberaler Politik, Befriedung statt Demokratie und Partizipationskunst als Marketingzirkus. Dabei zeigt er auch demokratische Alternativen auf und eröffnet als Ausblick eine europäische Dimension, ohne die heute keine Politik in der EU mehr machbar ist.
Das Buch ist eine deutliche Warnung, sich nicht „verwursten“ zu lassen, sondern in entscheidenden Augenblicken die richtigen Fragen zu stellen bzw. auch Nein sagen zu können! (sto)
Thomas Wagner: Die Mitmachfalle: Bürgerbeteiligung als Herrschaftsinstrument, Papyrossa Verlag 2013, 163 Seiten, 12,90 Euro

Nur Wachstum und Profit?
Vorweg: Abgewirtschaftet in Volksdorf? Wenn hier so ein ganz Großer reichlich Abgaben unserem Gemeinwesen vorenthält, aber einer notleidenden kulturellen Initiative gönnerhaft unter die Arme greift, indem er kostenlos aus seinem Buch vorliest; wenn dann die zukünftige kulturelle Heimstatt nur durch privatisierende Maßnahmen gerettet werden kann, weil unser Staat kein Geld für steuerfinanzierten öffentlichen Raum zur Verfügung hat – was haben wir dann? Abgewirtschaftet! Das Buch von Thomas Wieczorek ist eine Polemik zur augenblicklichen gesellschaftlichen Situation Deutschlands. „Warum unser Land verkommt und wer daran verdient“ wird in einer schonungslosen Tour durch verschiedene Bereiche unserer Gesellschaft aufgedeckt. Wer und was das Gemeinwesen zerstört und wie alles dem Wachstum und Profit untergeordnet wird, ist fundiert belegt zu lesen. Allerdings macht der Autor sich das eine oder andere durch Polemik zu leicht, dabei ist doch seine Kritik in vielerlei Hinsicht bedenkenswert und anregend, sich mit Fragen nach Menschenwürde, Arm und Reich und sog. Eliten z.B. zu beschäftigen. Wie der Bürger dem allerdings entgegentreten kann, bleibt unklar, ist aber ganz offensichtlich notwendig. (sto)
Thomas Wieczorek: Abgewirtschaftet – Warum unser Land verkommt und wer daran verdient: Knaur TB 2013, 352 Seiten, 9,99 Euro

Natur in Hamburg anschaulich gemacht
Hamburg Schmille_NSGs_HHkleinhat derzeit 32 Naturschutzgebiete (NSG) und zehn Naturdenkmale. Zeit für ein Buch, das die Gebiete auch für den Laien verständlich vorstellt. Autor Kai Schmille ist seit über 25 Jahren für die Gesellschaft für ökologische Planung (GÖP) tätig, die vor allem NSGs im Elberaum aber auch das Wittmoor und das Rodenbeker Quellental betreut.
Ausführlich schildert Schmille die Geschichte und Entwicklung der “grünen Juwelen” Hamburgs. Obwohl Hamburg eine Millionenstadt ist, leben hier Arten, die in Deutschland kaum noch zu finden sind. Doch diese Vielfalt ist bedroht. Denn die freien Flächen schrumpfen: Äcker und Wiesen verschwinden unter Baugebieten und Verkehrswegen.
In seinem Buch beschränkt sich Kai Schmille daher nicht darauf, die Einzigartigkeit der hamburgischen Naturschutzgebiete zu beschreiben, sondern weist auch auf naturschutzpolitisch Notwendiges hin: “Auch Naturschutzgebiete brauchen vielfältige Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, um Landschaftsbild und Artenvielfalt zu bewahren. Auch muss die Vernetzung der Gebiete gefördert werden, um ihren Wert nachhaltig bewahren zu können.”
„Nach Lektüre dieses äußerst sachkundigen und wunderschön gestalteten Buches zu Hamburgs Naturschutzgebieten möchte ich dem Autor zu dieser Arbeit gratulieren. Ein besseres Buchgeschenk für Hamburger Bürger zu einem erschwinglichen Preis dürfte es kaum geben. Das Buch ist auch eine wichtige Quelle für politisch engagierte Bürger und sollte dazu anregen, an vielen Stellen konkret Druck zu erzeugen und politische Entscheidungen zugunsten des Naturschutzes einzufordern“, sagt der Poppenbüttler Peter Lock, der in Bergstedt eine Streuobstwiese betreut. (du)
Kai Schmille, Die hamburgischen Naturschutzgebiete, Edition Temmen, 308 Seiten, 238 Fotos, 35 Karten, 19,90 Euro
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WUZ 81 November 2013:

Für eine Zukunft ohne Kernenergie
Welch TöpferYogeshwarUnsereZukunftfaszinierende Begegnung! Weit geöffnet sind die Türen dieses Gesprächs zwischen dem Physiker und Fernseh-Moderator R. Yogeshwar und dem ehemaligen Umwelt-Minister und jetzigem UNEP-Direktor (UN-Umweltprogramm) K. Töpfer, seit 2011 auch Co-Vorsitzender der Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung der Bundesregierung, was die Bandbreite der Themen des Gesprächs betrifft.
Egal welche Seite man in dem Buch aufschlägt: sofort ist man im Fluss dieses Gesprächs, dessen Freundlichkeit und Tiefgang den Leser gleich gefangen nimmt. Stündlich wächst die Wahrscheinlichkeit, dass es in Fukushima – Anlass und Ausgangspunkt dieses Gesprächs – noch schlimmer kommt als in Tschernobyl. Die Zusammenhänge und Folgen dieser Katastrophe in technischen und gesellschaftlichen Bereichen, die hier offen gelegt werden, sind vielschichtig. Angestellte Überlegungen, welche Lehren kommende Generationen daraus ziehen können, lenken eher davon ab, dass wir im Hier und Heute dafür verantwortlich sind. Auf jeder Seite spürt man, dass die beiden nach neuen Wegen in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen suchen.
Die Haltung Klaus Töpfers nach einem Besuch Tschernobyls: „Wir müssen eine Zukunft ohne Kernenergie erfinden!“ formuliert die Grundhaltung des Gesprächs. Jeder Fortschritt, der seinen Namen verdient, muss Nachhaltigkeit zur Voraussetzung haben. Danke Yogeshwar, Danke Töpfer!
Das Buch hilft auch im persönlichen Bereich, die richtigen Vorsätze fürs nächste Jahr zu finden, deshalb noch in diesem lesen!
Klaus Töpfer/Ranga Yogeshwar: Unsere Zukunft – Ein Gespräch über die Welt nach Fukushima, C.H.Beck 2011 (Spiegel Bestseller), 234 Seiten, 19,95 Euro

Der etwas andere Städteführer
Über 50 Prozent der Weltbevölkerung wird demnächspackshot cover lmd edition nr. 14t in Städten leben, Tendenz steigend. Die 14. Edition von „Le Monde diplomatique“ hat sich dem Thema Urbanität angenommen. Im Editorial werden Grundprobleme der heutigen Weltstädte und der europäischen Großstädte im 19. Jahrhundert angesprochen. In dreißig Einzelbeiträgen, die vier Themenbereichen zugeordnet sind, wird die moderne Urbanität beleuchtet:
1. Kapitel: Fliegen, Fahren, Flanieren. Wem gehört die Stadt? Der öffentliche Raum wird zunehmend besetzt durch Kommerz, Shopping, Touristen und Autos. Welche Lebensqualität findet der Bürger im fußläufigen Umfeld seiner Wohnung? Endstation Shoppen – ob Bahnhof, Postamt oder Flughafen, der öffentliche Raum verkommt zur Verkaufsfläche und Flanierzone für Touristen. „Das Fahrrad ist das einzige Verkehrsmittel, das … der Selbstaufhebung der Mobilität ein Schnippchen schlägt“
2. Kapitel: Ankommen, Arbeiten, Überleben. Wie verbindet sich Arbeit und Wohnen in den Städten? Da bietet sich rund um den Globus ein sehr vielfältiges Bild. In Ulan-Bator werden z.B. Hirtennomaden zu Arbeitspendlern; in den Metropolen von Bombay, Dhaka, Nepal und Paris schaffen Tradition und Moderne ein dynamisches Spannungsfeld…
3. Kapitel: Wohnen, Hausen, Residieren. Die Oberschicht von Rio de Janeiro zieht neuerdings in befriedete Favelas; Gated Communities für Wohlhabende schießen vielerorts wie Pilze aus dem Boden. Wohnen wird überall zunehmend von spekulativen Interessen bedroht.
4. Kapitel: Aufbauen, Umbauen Abbauen. Welches Leben können Menschen in den Städten der Welt in Zukunft führen? Wird den Einzelnen eine Identität zugestanden oder ist er eher wie der Wind zwischen den Häusern? Beiträge zur Stadtentwicklung und -planung, zum Städtebau geben u.a. Antwort auf Fragen zur Gestaltung von privatem und öffentlichem Raum in unseren Städten.
Diese Veröffentlichung über die Welt der Städte ist außerordentlich vielfältig, bildreich, informativ und zutiefst aufregend!
Edition Le Monde diplomatique: Moloch, Kiez & Boulevard – Die Welt der Städte, taz Verlag, Berlin 2013, 112 Seiten, 8,50 Euro

„Packen Sie es an Frau Merkel!“
Es klingt wie der “American Dream“: Von der Zwei-Mann-Bude zum RZ_FLYER.inddWeltunternehmen, vom Pfälzer Bauernsohn zum Chef von 1.800 Mitarbeitern. Doch der wahre Traum des M. Willenbacher ist ein anderer: Eine Welt ohne Atommüll und Kohlestaub. Sein Ziel: „Eine Entscheidung für 100 Prozent erneuerbare Energien – und zwar sofort.“ Eine Person kann die Weichen dafür stellen: Angela Merkel. Deshalb macht er ihr ein „unmoralisches Angebot“. Lässt die Kanzlerin sich darauf ein, dann wird er seine Firma mit Milliardenumsatz verschenken!
Mit diesem Buch lernen Sie den Gründer und Eigentümer des Energieunternehmens juwi näher kennen. Sie gehen mit ihm auf eine Zeitreise durch die Energiewende, über Kontinente, von Windrädern in Costa Rica zu Solaranlagen in Eritrea. Willenbacher schildert seine vielfältigen Erlebnisse mit Politikern rund um den Globus und er markiert in seinem „Masterplan“ die Eckpunkte eines neuen Energiesystems. M. Willenbacher liefert auf sehr persönliche Weise einen sehr fundierten Beitrag zur Aktion: So gelingt der Atomausstieg – Energie in Bürgerhand!“ Klarer Text, erfreulich lesbar.
Matthias Willenbacher: Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin: Denn die Energiewende darf nicht scheitern! Verlag Herder 2013, 154 Seiten, 9,99 Euro

Fundierte Fakten zum Klimawandel
WeitePloeger Klimafaktenr so geht nicht, sagen die Autoren dieses aktuellen Buches – aber wie dann? In diesem kompakten Leitfaden werden – oft überraschende – Antworten gegeben auf alle wichtigen Fragen der Klimaveränderung und darauf, was sich ändern muss. Das Buch bietet Orientierung im gegenwärtigen Stimmenwirrwarr und macht die Chancen sichtbar, die sich uns eröffnen.
Sven Plöger, Frank Böttcher: Klimafakten, Westend Verlag 2013, 176 Seiten, 12,99 Euro

Energiewende nicht ohne Verkehrswende
100 Prozent erneuerbare Energien bis 2050. Das bedeutet nicht Weert SchlaueNetzenur Photovoltaik oder Windräder fördern und Atomkraftwerke abschalten, sondern ein Umdenken auf ganzer Linie. Im Buch “Schlaue Netze“ beschreiben die Autoren einen völlig neuen Ansatz: Die Energiewende ist ohne Verkehrswende nicht zu haben, denn der Verkehr setzt immer noch auf fossile Antriebstechniken. Obwohl lange bekannt ist, dass das Erdöl endlich ist, sinkt der Verbrauch der modernen Autos kaum, im Gegenteil – die neuen großen Limousinen verbrauchen noch mehr davon.
Windräder und Photovoltaikanlagen produzieren in Zeiten von viel Wind oder Sonnenschein mehr Strom als gebraucht wird, so dass Windräder zum Stillstand verurteilt ist. Die Netze können das Überangebot nicht in unterversorgte Regionen weiterleiten. Das kann so nicht weiter gehen. Her muss ein intelligentes Stromnetz, das eine zuverlässige Bereitstellung regenerativer Energie gewährleistet. Dabei setzen die Autoren nicht auf Großkonzerne sondern auf so genannte Prosumer, Menschen, die Strom produzieren und konsumieren.
Zum anderen müssen gänzlich neue Verkehrskonzepte entwickelt werden, die auf postfossile Antriebstechniken setzen und das Auto in ein umfassendes öffentliches Verkehrsangebot integrieren. Kerngedanke ist die Formulierung eines Schlaue-Netze-Gesetzes das das längst nicht mehr zeitgemäße Erneuerbare Energien Gesetz ablöst. “Es braucht einen umfassenden Umbauplan, der den Übergang zu kleinen, dezentralen und ,smart’ miteinander kommunizierenden Versorgungsnetzen ermöglicht, der die Energie dort produziert, wo sie auch gebraucht wird, der die Verantwortung für Strom, Wärme und Mobilität wieder dorthin verlagert, wo die Zivilgesellschaft eigene Kompetenz entwickelt und wo Städte und Gemeinden eine neue Handlungs- und Gestaltungsmacht entwickeln können.” Ein Plädoyer für Stromnetze in öffentlicher Hand und für Hamburgs Rekommunalisierung des Netzes! (du)
Weert Canzler, Andreas Knie: Schlaue Netze, Oekom 2013, 131 Seiten, 9,95 Euro

Wer im Glashaus sitzt…
sollte Der Wald - ein Nachruf von Peter Wohllebennicht mit Steinen schmeißen. Vielerorts prangern Umweltgruppen an, dass in Übersee in Indonesien, Brasilien oder Kanada die Wälder ausgebeutet und vernichtet werden. Doch was ist mit unserem eigenen Wald? Ist der noch so, wie er sein sollte? Mitnichten, stellt Peter Wohlleben fest. Der Förster aus der Eifel hat schon mehrere Bücher zum Thema Wald geschrieben. In seinem neuesten dokumentiert er, wie Erntemaschinen – auch der hochgelobte Harvester – den empfindlichen Waldboden zerstören, dass die falschen Bäume dem Wald entnommen werden, dass viel zu viele Nadelbäume nachgepflanzt werden. Alles zum Wohl der Holzwirtschaft. Der Wald in Deutschland ist keinesfalls mehr der von Caspar David Friedrich gemalte und verklärte. Er ist zum Wirtschaftsobjekt geworden. Unter dem Deckmantel „Pflege“ wird nach wirtschaftlichen Aspekten gearbeitet nicht nach ökologischen. Wütend prangert Wohlleben den Klüngel zwischen Gemeinde, Jägern und Förstern an, die uns vorgaukeln, dass die konventionelle Forstwirtschaft richtig ist, dass der Wald ohne den Menschen nicht überleben kann. Vor allem geht er mit den Jägern ins Gericht, die die Wildbestände nicht in Grenzen halten, sondern nur darauf aus sind, möglichst viele Geweihträger vor die Flinte zu bekommen.
Wohlleben schildert aber auch das faszinierende Sozialgefüge zwischen alten und jungen Bäumen in Buchenwäldern und beschreibt wie es gehen könnte. Denn er weiß wovon er schreibt. Er hat Forstwirtschaft studiert und bewirtschaftet in der Eifel einen ökologischen Vorzeigewald.. Sein Nachruf ist ein Warnschuss, etwas zu unternehmen, damit der Wald eine Zukunft hat. (du)
Peter Wohlleben: Der Wald, Verlag Ludwig/Random House 2013, 256 Seiten, 19,99 Euro

„Die Erde gibt nach und der Himmel stürzt ein!“
So wurde zu Wikinger-Zeiten eine Katastrophe umschrieben. GenaElsberg_Blackoutu dieses Gefühl beschleicht den Leser bei der Lektüre der beiden Bücher von Marc Elsberg und Andreas Eschbach. Black Out: „An einem kalten Februartag brechen in Europa alle Stromnetze zusammen. Der totale Blackout. Der italienische Informatiker Piero Manzano vermutet einen Hackerangriff und versucht, die Behörden zu warnen – erfolglos – der Kampf ums Überleben beginnt. Von Bild der Wissenschaft zum spannendsten Wissensbuch des Jahres 2012 gekürt flicht Elsberg vier Handlungsstränge zu einem atemberaubenden Spannungsstrang zusammen.
Der Wissenschafts-Thriller „Ausgebrannt“ versetzt den Leser ebenfalls höchst dramatisch in die EnEschbach_Ausgebrannt_kleindzeit des Erdöl-Zeitalters: In Saudi-Arabien versiegt das größte Erdöl-Feld der Welt und es kommt weltweit zu Unruhen. Bahnt sich das Ende der Welt an, wie wir sie kennen?
Kann der alte Wikingerspruch auch heute noch Wirklichkeit werden? Nach der fesselnden Lektüre freut man sich einfach, dass der Lichtschalter tatsächlich funktioniert und man an der Tankstelle noch richtig tanken kann! (sto)
– Marc Elsberg, Black Out. Blanvalet 2013, 800 Seiten, 9,99 Euro
– Andreas Eschbach, Ausgebrannt. Bastei Lübbe 2008, 752 Seiten, 9,99 Euro

Das Zeitalter schwindender Ressourcen
Der Bericht an den Club of Rome von Ugo Bardi ist eine wichtige unBardi_Der geplünderte Planetd notwendige Fortschreibung der „Grenzen des Wachstums“ von 1972: „Ohne Öl keine grenzenlose Mobilität, ohne seltene Erden keine Handys, ohne Phosphat kein billiger Dünger. Wie ein Junkie von seiner Droge ist unsere Zivilisation abhängig von den Schätzen, die die Erde birgt. Doch die Anzeichen mehren sich, dass die Zeit billiger Rohstoffe bald vorbei sein wird…“
Ugo Bardi liefert eine faktenreiche Bestandsaufnahme der Rohstoffsituation unseres Planeten und zeigt, wie wir unsere Art zu wirtschaften ändern müssen, wollen wir unseren Lebensstandard bewahren. „Durch einen sparsamen Umgang mit dem, was übrig geblieben ist und mithilfe der erneuerbaren Energien kann die Zivilisation fortbestehen, sofern wir alle bereit sind, unsere verschwenderischen Gewohnheiten aufzugeben.“ schreibt Ugo Bardi. Die „Grenzen des Wachstums“ rücken näher und die Folgen, die sich daraus ergeben, werden detailliert und umfassend dargestellt. Wir sollten dem Club of Rome für seine Aufklärungsarbeit dankbar sein und erkennen: Wir haben nicht noch einmal 40 Jahre Zeit abzuwarten, denn die Grenzüberschreitungen finden bereits täglich statt. Am Ende stehen Taten – welche stehen in diesem Buch! (sto)
Ugo Bardi, Der geplünderte Planet. Oekom 2013, 360 Seiten, 22,95 Euro

Risiko Atommüll
Wer Holger Strohms Film „Friedlich in die Katastrophe“ oder das gleichnamige Buch gelesen hat, fragt sich sicher: Wie konnte es dazu kommen, dass wir in dieser „Atom-Falle“ sitzen?! 110 Tonnen Plutonium lagern jetzt z.B. in Sellafield und die privatwirtschaftliche Wiederaufbereitung hat sich verabschiedet. Motto: Gesellschaft – übernimm du!
Acht Tonnen kommen jetzt tatsächlich wieder nach Hause: Heimathafen Deutschland. Der Film „Into Eternity“, Atommüll-Lagerung auf finnisch, bestätigt, dass es eine wirklich sichere Atommüll-Endlagerung nicht gibt. Film und Buch lassen erkennen, dass bei einer realistischen Bewertung die untrennbare Beziehung der sog. friedlichen Nutzung zur militärischen berücksichtigen werden muss.
Der Ausstieg aus der Kernenergie macht auch deutlich: Das unlösbare Problem Atommüll („Alptraum Atommüll“-DVD) lässt sich nicht verschieben; kommende Generationen werden die Last der genutzten Atomkraft nicht nur finanziell, sondern womöglich auch gesundheitlich bezahlen müssen. Sie haben neben dem Müll nicht nur das „Ding am Deich“ (AKW Brokdorf), sondern auch die unabsehbaren Milliardenkosten des Rückbaus der stillgelegten Atomkraftwerke am Hals.
Die nachrückende Generation sollte aus dem naturwissenschaftlichen Unterricht gelernt haben, dass die Natur keine Kompromisse schließt; ihre Gesetze gelten (z.B. die Halbwertzeiten des strahlenden Mülls).
Die unverantwortlichen Verantwortlichen – Beispiel Asse – genießen gerade ihren Lebensabend. Lesen wir alle die historische Aufarbeitung von J.Radkau und L.Hahn „Aufstieg und Fall der Atomwirtschaft“, um sie alle noch rechtzeitig befragen zu können. Zum Beispiel warum die Einlagerung von Atommüll-Fässern nicht ausreichend dokumentiert wurde; jeder wirtschaftlich Tätige hat schließlich die Verpflichtung zur Dokumentation.
Und wie erfolgte über die Jahre die Kontrolle der Fässer? Tschernobyl und Fukushima waren nicht gestern, sondern sie können jederzeit morgen wieder stattfinden.
Dank an die Autoren und alle Atomkraft-Gegner, die die ökologische Frage zu einem Hauptanliegen künftiger Gesellschaften gemacht haben und Schlimmeres verhindert haben. (sto)
(Alle DVDs sind über den Buchhandel zu beziehen)
Joachim Radkau und Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft, oekom verlag, München 2013, 416 Seiten, 24,95 EURO

Neue Verkehrskonzepte
Nach eiTitelSharedSpacener Einführung zum Thema werden Konzept und Erfahrungen mit Shared-Space-Projekten ausführlich dargestellt. Für Hamburg ist insbesondere ein Beitrag von Michael Hoyer, Ltd. Baudirektor der BSU Hamburg, interessant: Die Hamburger Gemeinschaftsstraßen – Straßen für alle?
Gedacht und getan hat sich in Europa viel, vorbildlich und erfolgreich. Ein Blick über den Tellerrand und ein guter Anstoß für eine gemeinschaftliche Verkehrspraxis für Hamburg. Das Buch überzeugt. (sto)
Shared Space, Beispiele und Argumente für lebendige öffentliche Räume, Hrsg.: Cornelius Bechtler u.a., Alternative Kommunalpolitik in Zusammenarbeit mit der Heinrich Böll Stiftung u.a., Berlin 2010, 15 Euro

Ausstieg aus dem Hamsterrad
Niko Paech, Professor für Produktion und Umwelt in OldenPaech Niko Befreiung vom Überflussburg, legt mit diesem Buch eine aktuelle Streitschrift vor, die sich mit dem Ende der kapitalistischen Wachstumsökonomie auseinandersetzt. Er fordert, industrielle Wirtschaftsprozesse einzuschränken und an deren Stelle lokale Selbstversorgungsökonomien zu stärken. Dieser Gegen-Entwurf einer „Ökonomie der Nähe“ soll in einer stärker am Gemeinwesen orientierten Gesellschaft stattfinden, die ihre Qualitäten im Lokalen und Regionalen entfaltet: Unser ohne Wachstum nicht zu stabilisierender Wohlstand ist das Resultat einer umfassenden ökologischen Plünderung“, was wir uns angesichts Ressourcenverknappung und Klimawandels nicht mehr leisten können.
Kein Freund von Katastrophen-Szenarien analysiert N. Paech, worauf es jetzt ankommt. Er ruft dazu auf, das „Hamsterrad der materiellen Selbstverwirklichung“ zu verlassen, auch um letztlich am globalen Wohlergehen aller mitzuwirken. Ist eine andere Welt möglich? Eine fundierte Antwort findet sich hier: small kann so beautiful sein! (sto)
Niko Paech: Befreiung vom Überfluss. Oekom Verlag 2012, 14,95 Euro

Gebrauchen statt Verbrauchen
„Es gibNutzen_statt_Besitzent einen neuen Trend, der nicht nur in Deutschland, sondern weltweit Einzug hält: Gemeinschaftlicher Konsum heißt er und umfasst so unterschiedliche Praktiken wie Wohnungstausch, Flohmärkte, Kleidertauschparties, Autogemeinschaften, Gemeinschaftsgärten, Tauschringe für Werkzeuge, Drucker, DVDs und vieles andere mehr. Das Time Magazin hat diese neue Konsumform sogar zu einer der zehn großen Ideen erkoren, die die Welt (gegenwärtig) verändern. Denn wenn man Dinge gemeinsam nutzt und weiterverwendet, kann dadurch der Ressourcenverbrauch erheblich gesenkt werden.“
Die Studie – vom Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie durchgeführt – zeigt an vielen anschaulichen Beispielen den Weg zu einem nachhaltigen Lebensstil auf und was getan werden muss, um diesen Konsumstil zu fördern. Tauschen/Teilen/Mieten/Verschenken/Gebrauchen statt Verbrauchen: Das ist die Ökonomie der Nähe ganz praktisch, das ist „Nutzen statt Besitzen“. (sto)
Nutzen statt Besitzen. Band 27 der Reihe „Ökologie“ der Heinrich Böll Stiftung, 2012. Download: www.Boell.de

Was ist Nachhaltigkeit?
Grundlage für jede nachhaltige Entwicklung ist vernetztes Denken und Handeln. Der „Grundkurs Nachhaltigkeit“ versammelt dazu gut aufbereitetes Wissen und erläutert dabei z.B. die Kosten der Energiewende ebenso wie die weltweite Hungerproblematik. Das Buch hilft, den weltweiten Klimawandel und anderes Wichtiges wirklich zu verstehen und ökologische Zusammenhänge zu erfassen. Mit dem hier vermitteltem Wissen ist man bestens für eine lebensnahe Umsetzung von Nachhaltigkeit im Alltag gerüstet. Viele Verweise, besonders im Anhang, ermöglichen die weitergehende eigenständige Information und Vernetzung mit Gleichgesinnten. Das gut strukturierte Lehrbuch richtet sich an ein breites Publikum und ist zum Selbststudium hervorragend geeignet.
Die Anstrengung, einen solchen „Grundkurs“ zu absolvieren, wird reich belohnt: Man macht sich die Natur zum Freund und wird ein auf der Höhe der Zeit gebildeter Mensch. Cool – Friedrich Schiller würde sich im Grabe freuen. (sto)
Claus Peter Hutter u.a.: Grundkurs Nachhaltigkeit. Oekom Verlag 2012. 29,95 Euro

Universalgeschichte der Umwelt
Heutzutage findet vor unseren Augen in Echtzeit bei lauRadkau Naturfender Kamera globale Umweltzerstörung statt: in der Erdatmosphäre, auf der Erde in Grönland, Kanada, Indonesien, Brasilien und letztlich auch vor der Haustür in den Hamburger Walddörfern.
Wir sind informiert. Wir wissen Bescheid. In den Schulen werden die Grundlagen der Naturwissenschaft und der Ökologie vermittelt. Über alle Generationen hinweg kennen wir heute die Umweltprobleme, die wir Menschen geschaffen haben und weiterhin schaffen, und die Auswirkungen bekommen wir tagtäglich live in unsere Wohnzimmer geliefert und werden beklagt. Aber anstatt die Probleme mit Entschlossenheit anzupacken herrscht Konzeptionslosigkeit in der Politik, und man gönnt sich Luxus, den wir uns eigentlich gar nicht leisten können.
Es bedurfte erst einer Katastrophe wie Fukushima, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erneut auf die Brisanz der ungelösten Probleme rund um die Kernenergie zu lenken. Weiterhin wird, was Ressourcen- und Energie-Verbrauch betrifft, aufs Vollgas getreten.
Verlassen wir die Herde der Lemminge, gönnen wir uns eine längere Pause der Besinnung und schauen wir uns einmal genauer an, was in der Vergangenheit mit unserer Umwelt tatsächlich passiert ist: Der Blick in den Spiegel der Vergangenheit, den uns das Buch „Macht und Natur. Eine Weltgeschichte der Umwelt“ ermöglicht, liefert auf einzigartige Weise den Hintergrund, vor dem die heutigen Umweltprobleme diskutiert werden sollten.
Gut lesbar und immer wieder unterhaltsam zeigt Joachim Radkau, auf welche Weise die Menschen schon immer in Naturprozesse eingegriffen haben. Er liefert eine großartige, alle Epochen und Erdteile umgreifende Umweltgeschichte: eine Weltgeschichte nicht nur der Krisen und Katastrophen, sondern auch der menschlichen Naturverbundenheit und der stillen Regeneration der natürlichen Umwelt. Erstmals werden hier die vielgestaltigen Verflechtungen von Natur, Mensch und Zivilisation und ihr weitreichender Einfluss auf die Weltgeschichte nachgezeichnet.
Die „unberührte Natur“ entspringt dabei allerdings eher einem Wunschdenken und ist mehr ein ideologisches Konstrukt als Realität. Unsere Erfahrungen werden durch dieses Buch auf eine neue Grundlage gestellt, was wichtig ist für zukünftige Bewertungen von Umweltfragen. Jede Pause im Zwiegespräch mit diesem Buch lenkt den Blick in die Zukunft und schärft ihn. Die einzelnen Kapitel führen im Nachwort zum Aufruf weiter zu denken, und das, ja das gelingt mit diesem Buch auf jeden Fall. Lesen Sie wohl. (sto)
Joachim Radkau: Natur und Macht. C.H. Beck-Verlag, München 2012, 29,95 Euro

20 Jahre umfassend informiert
Greenpeace ist wichtig, was Greenpeace macht ist wichtig, die Jubiläums-Ausgabe des „greenpeace-magazins“ ist besonders wichtig: Atom, Tierschutz, Klima, Rohstoffe, Widerstand, Konsum, Meere Verschmutzung, Krieg und Frieden, Essen, Minen, Wälder, grünes Design, Zuflucht, Mobilität, Lebensart, Agrarindustrie, Menschenrechte, Grüner Strom, Artenvielfalt – diese Themen finden sich alle in einem Heft; supergut gestaltet, kompakte Information über das, was zusammen gehört wenn wir über Umwelt sprechen und zum Hinschauen. Ein gutes Geschenk für diejenigen, die es bisher fertig gebracht haben weg zu schauen. Erfrischend und informativ mit vielen neuen Erkenntnissen: am besten gleich mehrere zum Weitergeben bestellen, denn Aufklärung ist wichtig. (sto)
greenpeace magazin – 20 Jahre, Jubiläums-Ausgabe 1/2013, 6,20 Euro

Journalist, Filmemacher und Schriftsteller Horst Stern wurde 90
„Wir sind als Art biologisch unentrinnbarer Teil der Natur – lebend an ihr Leben, leidend an ihr Leiden, sterbend an ihr Sterben gebunden.“ (Leitmotiv der Zeitschrift Natur, Gründer Horst Stern 1981, Herausgeber bis 1984).
Themen von Natur sind u.a. Artenschutz, Evolution, Landschaftsverbrauch, Industrie, Ökologie, Bionik und Bürgerinitiativen. Die Zeitschrift wird bis heute weitergeführt – jedes Heft ist empfehlenswert. Als Natur-Filmemacher und Buchautor wurde Horst Stern vielfach ausgezeichnet und geehrt. Er stellte die Mensch-Tier-Beziehung im vollkommen neuen Licht der ökologischen Verantwortung des Menschen dar.
1972 gehörte er zusammen mit Konrad Lorenz, I. Eibl-Eibesfeldt, Bernhard Grzimek und Heinz Sielmann zu den Gründern der „Gruppe Ökologie“, 1975 war er einer der achtzehn Gründer des BUND. Danach folgten literarische Texte und journalistische Veröffentlichungen in verschiedenen Medien. Die Zeitschrift „Nationalparks – Wo Mensch und Tier sich begegnen“ hat ihrem Gründer ein spannendes Heft gewidmet. Angesichts der heutigen Massentierhaltung kann man das leidvolle Gefühl Horst Sterns nachvollziehen, nichts erreicht zu haben. Gesellschaft, Politik und Industrie versagen täglich gnadenlos in den Ställen der industrialisierten Fleischproduktion. Aktueller Höhepunkt ist da z.B. die Förderung von Hühnermast-Betrieben mit einer Stückzahl von 800.000 in der Ukraine durch den deutschen Staat – „we feed the world“ lässt grüßen.
Mit seiner Forderung nach „Mut zur Emotion“ im Naturschutz hat Horst Stern eine neue, aktivierende Grundlage geschaffen. Er holte 1972 vor der Bundestagswahl das Thema Umweltschutz in den Blickwinkel und die Mitte der Gesellschaft mit Texten wie „Das ökologische Manifest“ und „Die Umkehr vom Abgrund“, und da ist es bis heute fest verankert. Aus meiner Sicht ist die kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft daran zu messen, wie sie mit ihren natürlichen Grundlagen, insbesondere mit ihren Tieren, Pflanzen und letztlich der Erde umgeht. Horst Stern: Du hast die Messlatte dafür geliefert – Danke!
Nachbemerkung:
Keiner der deutschen Verlage hatte 1980 Interesse an der Verlegung einer Zeitschrift wie Natur – aus Angst vor dem Verlust von potenten Anzeigenkunden. Zum Glück fand sich ein Schweizer Verlag, der dazu bereit war. (sto)
Nationalpark Nr. 158, 4/2012, Oekom Verlag München, 46 Seiten, 7,90 Euro

Was die WUZ angeht, zeigt das magere Anzeigen-Aufkommen, dass diese Scheu von Anzeigenkunden offenbar auch hier greift. Dabei ist eine gute Wirtschaftlichkeit natürlich Voraussetzung dafür, dass es uns gelingt, für lokale Umwelt-Themen eine Öffentlichkeit herzustellen. Jede Anzeige unterstützt unseren Einsatz für die lokale Umwelt auch im Sinne von Horst Stern!
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WUZ 73 Januar 2013:
Beklemmende Prognose für das Jahr 2052

Der norRanders_2052_fb_Sigwegische Wirtschaftsexperte J. Randers hat schon vor 40 Jahren an der revolutionären Studie „Grenzen des Wachstums“ (1972) mitgewirkt. Die Kernaussage damals: Die wachsende Weltbevölkerung und der zunehmende Ressourcenverbrauch sorgen um das Jahr 2100 für einen globalen Kollaps. Umweltzerstörung, Kampf um Nahrung und Rohstoffe wie Erdöl führen zu weltweitem Chaos. Nur ein radikales Umsteuern könne dies verhindern. Diese Warnungen wurden später als überholt abgetan. Dabei haben sie erstmalig der Weltbevölkerung, besonders der Bevölkerung der Industriestaaten ihre Grenzen, nämlich die Grenzen des Wachstums aufgezeigt. Wachstum wurde seitdem nicht begrenzt, und so ist die Aussicht auf eine sanfte Landung im Rahmen eines nachhaltigen Gleichgewichtes weitgehend vertan.
Wie eine Crash-Landung oder sogar ein Absturz aussehen könnte, beschreibt die Studie 2052. 30 führende Wissenschaftler, u.a. Ökonomen und Zukunftsforscher haben an den Prognosen mitgearbeitet. Themen sind Nachhaltigkeitsrevolution und Systemwende, die Bereiche Energie und CO2, Ernährung und Fußabdruck, Bevölkerung und Konsum… bis 2052, regionale Zukünfte für die USA, China, OECD… werden analysiert.
Verglichen mit der Umweltzerstörung und dem Artensterben macht die Gesellschaft mit ihrer Wirtschaft schon jetzt keinerlei Gewinn mehr. Wir sollten daran arbeiten, die prognostizierte Zukunft zu verhindern und uns doch gleichzeitig auf die schlimmsten Auswirkungen vorbereiten. Bei den 20 „persönlichen Ratschlägen“ von Jorgen Randers wird nicht mehr nach dem Sinn, sondern nach dem Ernst des Lebens gefragt.
Eine aufgeklärte Debatte ist mit diesem Buch erneut eröffnet: Führen wir sie mit Bestimmtheit; lassen wir die Chance einer Zukunft nicht erneut verstreichen, indem wir die Ergebnisse dieser Studie ignorieren. Selbst die kleinste Insel liegt doch auf unserem einen kleinen Planeten Erde. (sto)
2052 – Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre. Der neue Bericht von Jorgen Randers an den Club of Rome, 2012, Oekom Verlag, 430 Seiten, 24,95 Euro

Der Wert unserer Lebensmittel
Warum hat das Essen für uns derart an Wert verloren, dass es ohne die geringste Scham verschwendet werden darf? Wie konnte es soweit kommen? Warum der Umgang mit Lebensmitteln eine politische Haltung ist – diese und viele weiter Fragen beantwortet das Buch „Die Essensvernichter“ von Kreutzberger/Thurn (Regisseur von „Taste the waste“)
Rund die Hälfte unserer Lebensmittel – bis zu 20 Millionen Tonnen allein in Deutschland –landet im Müll. Das meiste schon auf dem Weg vom Acker in den Laden, bevor es überhaupt unseren Esstisch erreicht: jeder zweite Kopfsalat, jede zweite Kartoffel und jedes fünfte Brot. Alles soll jederzeit verfügbar sein, Supermärkte bieten durchgehend die ganze Warenpalette an, bis spät in den Abend hat das Brot in den Regalen frisch zu sein… Die Zeche zahlt der Verbraucher. Der Wunsch des Konsumenten, über alles jederzeit verfügen zu können, verschärft auch den weltweiten Hunger. Würden wir weniger wegwerfen, fielen die Weltmarktpreise und es stünden genug für die Hungrigen der Welt zur Verfügung. Dem Skandal der Lebensmittelvernichtung, die in hohem Maße auch zum Klimawandel beiträgt, ist auf internationaler , aber auch individueller Ebene zu begegnen. Das Buch enthält viele Anregungen, wie jeder einzelne umsteuern und auch Druck auf Supermärkte ausüben kann. Fundamental – ein engagiertes Plädoyer, Ernährungsweise und Konsum sofort zu verändern. Verschwendung war gestern. (sto)
Stefan Kreutzberger/Valentin Thurn: Die Essensvernichter
Kiepenheuer und Witsch, 2012, 368 Seiten, 8,99 Euro

Wertschätzung für Hamburgs Backsteinbauten
Rund 100.000 Wohnungen in der typischen KliDeckel vornenkerbauweise umfasst der Bestand der 20er-Jahre-Siedlungen in Hamburg. Diese Wohnsiedlungen repräsentieren die Reform des Wohnungsbaus nach dem Ersten Weltkrieg. Die Fritz-Schumacher-Gesellschaft hat in einem Kolloquium die Zukunftsfähigkeit dieser Bauten und ihrer Wohnungen untersucht. Dabei wurde auch der aktuelle Zustand beleuchtet und die Absichten untersucht, welche Stadt und Eigentümer in naher Zukunft verfolgen. Außerdem werden die gesellschaftliche Gegenwart in den Siedlungen mit den Verhältnissen der 20er Jahre verglichen und zukünftige Bedürfnisse und Entwicklungspotentiale erörtert. Wichtiges Anliegen der Autoren ist der Erhalt dieser für Hamburg so typischen Architektur mit seinem vielfältigen Aussehen. Im Rahmen energetischer Sanierungsmaßnahmen wurden schon viele Fassaden verändert, so dass die ursprüngliche Architektur unter einem Einheitsklinker oder unter Putz verschwand. Doch es gibt Alternativen wie die Erneuerung der Haustechnik und der Fenster sowie die Dach- und Kellerdämmung. All das wurde 2010 in einem interessanten Buch zusammengefasst, in dem die Autoren vor einer schleichenden Veränderung von Hamburgs Stadtbild warnen und umfassende Maßnahmen zum Erhalt fordern. (du)
Hamburger Siedlungen der 20er Jahre noch zukunftsfähig? 164 bebilderte Seiten, 20 Euro. Zu beziehen über Fritz-Schumacher-Gesellschaft in der HfbK, Lerchenfeld 2, 22081 Hamburg

Endlich die Ärmel hoch krempeln

„Nur die Mittelmäßigkeit vermeidet jeden Streit“ sang Klaus Hoffmann vor Jahren. Claudia Langer, Unternehmerin und Gründerin der Internet-Plattform www.utopia.de, die über zwei Millionen Besuchern im Jahr Antworten auf Fragen des nachhaltigen Lebens gibt, sagt in ihrem Buch laut und deutlich: Es reicht! “Wie oft haben Sie im letzten Jahr ‘eigentlich müsste man mal…’ gesagt und sind dann doch bequem auf dem Sofa sitzen geblieben?“ fragt sie in ihrer Streitschrift. „Mit unserer Unentschlossenheit, uns den großen Themen wie Klimawandel, Hunger und Verschwendung energisch entgegen zu stellen, opfern wir die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder.“ Treffsicher formuliert sie ihre Kritik an gängigen Positionen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Und sie nimmt das Desinteresse und Phlegma der „Generation man müsste mal“ aufs Korn, nachdem sie ihren Standpunkt für ihre Anklage erläutert hat.
„Weil uns die Zeit oder die Energie fehlt, delegieren wir unsere Verantwortung an Organisationen wie Greenpeace, die Wirtschaft oder die Politik, die es richten sollen. Verdrängung bringt uns aber nicht weiter. Wir bestehlen unsere Kinder tagein, tagaus und bürden ihnen Lasten auf, gegen die sie sich nicht wehren können. Wir stehlen ihnen die Zukunft, weil wir nicht einmal genug für unsere eigene Altersvorsorge zurücklegen und ein Rentenproblem vor uns herschieben, unter dem sie zusammenbrechen werden… Wir rauben ihnen ihre natürlichen Lebensgrundlagen, indem wir die Natur zerstören.“
Sie formuliert eindringlich diejenigen Probleme, denen wir uns ohne Umschweife stellen können und fokussiert als „Generation man müsste mal“ gesondert und pointiert auf Eltern, Großeltern, Jugendliche, Konsumenten, Manager, Politiker und Wissenschaftler.
Im letzten Kapitel (Hoffnung – Was zu tun ist) macht sie Mut, die Mittelmäßigkeit zu überwinden. Sie gibt viele Hinweise zum „Weiterlesen, klicken, sehen“ in diesem graphisch schön gestaltetem Buch. Einiges von dem, was Claudia Langer vermittelt, ist zwar schon an anderer Stelle gesagt und geschrieben worden, aber sie gibt uns den Elan, Ernst zu machen mit unserem Wissen und unserer Verantwortung, praktisch und streitbar zu werden. Ihre Aufforderungen haben eine erfrischende, freudige Qualität, die ansteckend wirkt!
„Wenn jeder wartet, bis der andere anfängt, wird keiner anfangen!“ (Sophie Scholl/Weiße Rose; zitiert von C.Langer) (sto)
Claudia Langer: Die Generation man müsste mal – Eine Streitschrift, Droemer München 2012, 192 Seiten, 18 Euro

Im Kleinen die Welt verbessern
Plastikfreie Zone von Sandra KrautwaschlSandra Krautwaschl, Jg. 1971, ist Physiotherapeutin und lebt mit ihrem Mann und den drei Kindern in einem kleinen Ort in der Nähe von Graz – seit zwei Jahren so gut wie plastikfrei. Nach dem Besuch des Dokumentarfilms „Plastic Planet“ war für die Autorin Schluss mit bestimmten alten Gewohnheiten: Schluss mit der schönen Plastikwelt! Höchst unterhaltsam und motivierend wird beschrieben, wie sich eine ganz normale Familie undogmatisch, aber mit viel Elan in das Experiment stürzt und es meistert – mit vielen praktischen Hinweisen. (www.keinheimfuerplastik.at) (sto)
Sandra Krautwaschl: Plastik freie Zone – Wie meine Familie es schafft, fast ohne Kunststoff zu leben, Heyne Verlag 2012, 288 Seiten 8,99 Euro

Landwirtschaftlicher Aufbruch in der Stadt
„Tolle Tomaten!“ Wie freute sich mein Berliner Cousin RasperMartin_VomGaertnerInDerStadtund Stadtmensch vor dreißig Jahren über seine auf dem Balkon selbst gezogenen Tomaten und Kräuter. Wie verwandelt war der Kerl. Das kam mir bei der Lektüre „Vom Gärtnern in der Stadt“ wieder in den Sinn.
Hausgärten mit Gemüsebeeten und Obstbäumen, Kaninchenställe und Hühnerhäuser hat es hier in den Walddörfern gegeben. Sie ergänzten früher den Speiseplan. Heute wird die Stadt immer stärker versiegelt und Gärten fallen weg, wenn jetzt sogar die „Gartenstadt Berne“ und die Matthias-Strenge-Siedlung genossenschaftlich zugebaut werden. Auch die Walddörfer werden durch dichte Bebauung von Tag zu Tag unwirtlicher. „Bauerwartungsland“ (ein Unwort) ist alles, was noch nicht bis auf den letzten Zentimeter zugebaut ist. Ein unschönes Stadtklima wird uns wahrscheinlich bald lehren, eine andere Einstellung einzunehmen – zu spät?
Vom Gegenteil – dem „Gartenerwartungsland“ in den Städten – schreibt Martin Rasper als gärtnerisch erfahrener Journalist. Er berichtet über den landwirtschaftlichen Aufbruch in den Städten, gewissermaßen einer „grünen Rückeroberung“. „Dieses Buch ist ein kundiger und aktueller Führer durch die urbane Gartenszene und ihre vielfältigen Initiativen. Aber es erzählt auch von der tiefen Verwurzelung des Gartens in unserer Kultur, von der bedrohten Vielfalt der Obst- und Gemüsesorten, vom Garten als Ökosystem und seinem wichtigsten Bestandteil, einem lebendigen Boden. Viele Praxistipps und Adressen machen es zu einem unverzichtbaren Ratgeber für alle Stadtgärtner.“
Klar ist: Die hier beschriebene Gärtnerei kann und soll eine ökologisch betriebene Landwirtschaft nicht ersetzen. Es sind vielmehr erste Schritte zu einer neuen „Landlust zwischen Beton und Asphalt“; die Stadt soll von ihrer Unwirtlichkeit genesen. Im Lokalen können Kräfte gewonnen werden und die Gewissenlosigkeit in der industriell betriebenen Lebensmittel-Produktion unter Einbindung der Wochenmärkte als Drehscheibe für Lebensmittelqualität erfahrbar gemacht werden.
Die Kapitel in diesem Buch u.a.: „Unterm Pflaster liegt das Beet“, „Der politische Garten“, „Den Garten verstehen“, „Ideen für eine grüne Stadt“. „Zehn Thesen zur Zukunft der Stadt und des Gärtnerns“, Hintergründe sowie weiterführende Literaturhinweise vervollständigen dieses wichtige Buch. Blühende Stadtlandschaften und tolle Tomaten – lieber Martin Rasper, das hast Du gut gemacht! Zugreifen! (sto)
Martin Rasper: Vom Gärtnern in der Stadt – Die neue Landlust zwischen Beton und Asphalt, oekom Verlag München 2012, 208 Seiten, 19,95 Euro

Tipps rund um alte Apfelsorten
Sie haben nicht nur klangvolle Namen, sondern auch ein einmaliges Aroma: Alte Apfelsorten wie Finkenwerder Herbstprinz oder Gelber Richard. Zwei Sorten die Obstbauer Eckart Brandt besonders schätzt, wachsen sie doch in seinem Boomgarden an der Unterelbe. Brandt ist ein Liebhaber und Förderer alter Obstsorten. In dem Ratgeber gibt er Tipps um alte Apfelsorten, die vor allem im norddeutschen Raum vorkommen. Brandt stellt 36 Sorten vor, schreibt über Standortfragen, Baumformen, Schnitt bis hin zur Ernte und Weiterverarbeitung. Der kleine Ratgeber ist erhältlich beim BUND und bei den Norddeutschen Apfeltagen. (du)
Eckart Brandt: Ratgeber Alte Apfelsorten, Hrsg. BUND-Hamburg, Broschüre, 43 Seiten, Farbfotos, 2,50 Euro

Die Energiewelt der Zukunft
„Das UWinterhagen_Abgeschaltetnglück der Deepwater Horizon zeigt die Kosten einer Kultur der Selbstzufriedenheit. Diese Selbstzufriedenheit betraf Regierung und Industrie gleichermaßen.“ So steht es im Abschlussbericht der Untersuchungskommission des Bohrinsel-Unfalls im Golf von Mexiko.
Jeder zehnte Liter Rohöl kommt mittlerweile aus der Tiefsee – gefördert bis zu 3.000 Meter unter dem Meeresspiegel. Die Ölförderung wird weltweit immer schwieriger und zunehmend risikoreicher. Die Sicherheitsvorkehrungen sind dabei oft mangelhaft. Die angeprangerte „Kultur der Selbstzufriedenheit“ führt in allen Energieförderbereichen zu gefährlichem Fehlverhalten.
Um diese Haltung nicht noch skrupelloser werden zu lassen, muss es Ziel für Techniker, Politiker und Wissenschaftler sein, vorrangig mit weniger Energieverbrauch aus zu kommen.
Besonders die Entwicklung von Energieautonomie könnte doch jede Gesellschaft beflügeln. Kommunale Selbstversorgung als Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort schafft lokale Identität. Ist sie der Weg um die Energiewende in Deutschland zu meistern?
Johannes Winterhagen hat sich aufgemacht, die Machbarkeit des Mammutprojektes der beschlossenen Energiewende zu erkunden: Er besuchte Offshore-Windparks und amerikanische Solarthermie-Werke, traf sich mit Managern und Ökonomen verschiedener Länder sowie mit Forschern, die an der Abscheidung von Kohlendioxid, dem Elektroauto, der Energiespeicherung, dem Ausbau des europäischen Stromnetzes oder der Kernfusion arbeiten. Denn die Energiewende ist mehr als der Ausstieg aus der Kernkraft. Sie bedeutet den Umstieg auf eine klimaneutrale Energiewirtschaft.
Kohle, Öl, Erdgas und Kernenergie sind die Themen, die er sachkundig auf ihre Potentiale für die Zukunft überprüft und dem Leser in Form von Reportagen nahe bringt.
„Experten und Politiker verstecken sich oft hinter generellen Aussagen. Unklar bleibt dem Nicht-Experten, sprich den meisten Bürgern…, welche Vor- und Nachteile einzelne Technologien haben.“  Um am politischen Diskurs teilnehmen zu können, muss man verstanden haben, wie z.B. das Stromnetz oder die Kohlendioxid-Abscheidung funktionieren. Dieses Verständnis zu schaffen ist die Leistung dieses Buches. Der Autor versetzt den Leser mit der für sich selber geforderten Neutralität in die Lage, einen eigenen fundierten Standpunkt zur Energiewende zu entwickeln und lädt zu einer „Reise in die Zukunft der Energie“ ein. (sisu)
Johannes Winterhagen: Abgeschaltet – Was mit der Energiewende auf uns zukommt, Hanser Verlag, 2012, 256 Seiten, 17,90 Euro

Hamburg: verkehrsgerechte Stadt
Noch bis zum 23. September zeigt das Museum der Arbeit in Barmbek die sehenswerte Ausstellung „Die Stadt und das Auto – Wie der Verkehr Hamburg veränderte“. Zur Ausstellung gibt es einen gleichnamigen opulenten Bildband. „Ohne Auto geht es nicht – und mit Auto läuft gar nichts“, so lässt sich die Erfahrung die Hamburg mit dem Autoverkehr gemacht hat kurz zusammenfassen. Das Buch zeigt auf, wie sich die zerstörte Stadt seit 1945 durch das Auto verändert hat. Der Straßenraum für alle wurde zugunsten des Autos aufgelöst. Verkehrs- und Stadtplaner mussten den Wünschen der Autofahrer nachkommen. Es entstanden vierspurige Straßen, Ampeln, Parkhäuser, Tunnel, Brücken und Radwege. Im Gegenzug mussten Kinder lernen nicht auf der Straße zu spielen, Fußgänger wurden durch Gitter und Poller geschützt. Mitte der 1950er Jahre beschloss der Senat die Straßenbahn aufzugeben und mehr U-Bahnlinien zu bauen. Doch dazu fehlte das Geld. Das Buch beleuchtet aber auch nicht verwirklichte Utopien wie Klein-Manhatten in St. Georg. Anhand von alten Plänen und Grafiken kann sich der Leser ein Bild von den Ideen der 50er bis 70er Jahre machen. Auch das anschließende Umdenken wird in dem Buch geschildert. Fußgängerzonen entstanden, denen später die Einkaufszentren mit vielen Parkplätzen folgten. (du)
Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2012, 208 Seiten, 210 Fotos/Abbildungen, 29,90 Euro

„Es geht auf keinen Fall so weiter, wenn es so weitergeht“
Das Ende der Wachstumsepoche
Über fünf Millionen Menschen sind in Deutschland sind Mitglied in den rund 100 Naturschutzorganisationen – mehr Mitglieder als die Parteien Deutschlands aufzuweisen haben. Der Deutsche Naturschutzring (DNR) ist ihr Dachverband. Er hat den hier vorgestellten Reader – in außerordentlich klarer Sprache – veröffentlicht. Sein Inhalt behandelt „das Megathema unserer Zeit“: die Grenzen des Wachstums.
Der Begriff KRISE reicht nach Auffassung des DNR nicht aus, um die Herausforderung zu erfassen, die sich daraus ergeben. Es geht um nichts weniger als die „Große Transformation“ und um einen Wendepunkt in der Geschichte unserer Zivilisation, eine grundlegende Neuordnung der Welt. Der DNR versteht sich dabei als Vorreiter einer ökologischen Modernisierung der Gesellschaften: Zusammen mit seinen Mitgliederorganisationen will er den Umbau in eine nachhaltige Entwicklung sozial verträglich und ökonomisch vernünftig gestalten.
Die Veröffentlichung im A-4-Format beinhaltet die grundlegenden Thesen sowie die exzellenten Schlüsseltexte zum Verständnis dieser Epochenwende. Es ist eine entschiedene Positionsbestimmung, die im Arbeitskreis Wachstum des DNR erreicht wurde. Das Ergebnis sind unbequeme, aber dringend notwendige Wahrheiten und Wege zu einem Fortschritt, der von nachhaltiger, zukunftsfähiger Entwicklung in Deutschland bestimmt ist. Das wird schon im Vorwort deutlich: „Nachhaltigkeit muss gegen egoistische Interessen, harte Widerstände und altes Denken durchgesetzt werden. Dummheit, Machtkonzentration und Finanzgier erschweren den Umbau. Doch es geht nicht um eine „Sowohl-als-auch“, sondern um ein „Entweder-oder“. Das erfordert politisch die Abkehr von alten Strukturen – nicht nur eine Ergänzung der herkömmlichen.
Eröffnet wird die Wachstumsdebatte mit einer Abhandlung zu den geschichtlichen Wurzeln des Wachstumsbegriffs als Fortschrittsidee, seiner falschen Gleichsetzung und der Fixierung der herrschenden Ökonomie auf die Kategorie des „Wachstums“. Der letzte Ausweg aus der Wachstumsfalle hin zu einer Neuordnung der Welt heißt Nachhaltigkeit und lässt sich nur mithilfe von Ideen für einen neuen Fortschritt finden.
Die nun folgenden 15 Thesen „Nachhaltigkeit statt Wachstum“ zur Zukunft einer europäischen Moderne fordern zur Auseinandersetzung heraus. Sie sind äußerst prägnant formuliert und bieten eine klare Orientierung. Eine Vertiefung dieser Erkenntnisse ermöglichen die sich daran anschließende Dokumentation der Ergebnisse von fünf Gesprächsrunden, die es dem Leser ermöglichen, der Diskussion im DNR zu folgen; u.a. zu den Themen: Grundzüge einer ökologischen Ökonomie; postfossile Mobilität; Regulierung der Finanzmärkte; die Politik der Suffizienz.
Wir leben am Anfang vom Ende des fossilen Zeitalters und die Zeit für ein Umsteuern wird knapp. Ein Lesebuch zur Standortbestimmung als Voraussetzung für aktives Handeln ist dem DNR mit diesem Reader gelungen: Anfordern, weitergeben, darüber im eigenen Umfeld reden, die richtigen Fragen stellen und `was in Gang setzen und bei sich selber anfangen mit den notwendigen Lebensstil-Änderungen – wir haben keine Zeit mehr zu verschwenden! (sto)
Die Grenzen des Wachstums. Die Große Transformation. Ein READER für Vor- und Nachdenker. Berlin 2012, 133 Seiten. Bezug gegen Rückporto oder Spende beim DNR, Marienstr. 19-20, 10117 Berlin, Tel. 030/6781775-70; Fax -80; Mail: info(ät)dnr.de; Download: www.dnr.de/aktuell/die-grenzen-des-wachstums.html

Die ökologische Krise meistern
Achtzehn Autoren aus Afrika, Asien, Australien, Europa und den beiden Amerikas erzählen vom Überleben des Einzelnen in einer Welt, die ins Wanken geraten ist. Das Wissen um die Notwendigkeit einer ökologisch-kulturellen Revolution ist immer noch nicht zum Handeln gelangt. Sie folgen der Bitte der Herausgeberinnen K. Narbutovic und S. Stemmler um einen persönlich gehaltenen literarisch-philosophischen Essay über das “gute Leben” unter den Bedingungen der ökologischen Krise in ihrem Land. Wo naturwissenschaftliche Evidenz und politisches Handeln enden, setzt die Fiktion der Kunst an: Imagination, Sinnlichkeit und eindringliche Subjektivität räumen Denkbarrieren weg! „Ohne Mitgefühl für den anderen wird es kein gemeinsames Überleben geben in einem “Welt-Körper” (Malek Alloula). Und John Berger: “Wenn man angesichts dessen, was der Welt angetan wird, tatenlos bleibt, negiert man seine eigene Humanität und kündigt sein Verbundensein mit den Toten, den Lebendigen und den Ungeborenen auf.” “Welthistorisch steht erstmalig nichts Geringeres als die Zukunftsfähigkeit unserer Zivilisation auf dem Spiel” (Zitat der Herausgeberinnen).
Innerhalb von wenigen Tagen “gut Freund” mit Menschen aus der ganzen Welt zu werden – das gelingt den beiden engagierten Herausgeberinnen mit diesem Buch. Nach dieser literarischen Reise von Kontinent zu Kontinent kommt der Leser zur eigenen Überraschung beflügelt mit mehr globalem Realitätssinn und inspiriert nach Hause ins Lokale zurück. Die Darstellung von ÜberLebenskunst als Projekt verlangt nach einer Fortführung durch andere Formen der Kunst (“Weltkunst”; “sustainable art”…). Ich kann mir z.Z. kein besseres Buch vorstellen für eine Lese- und Gesprächsreihe. Mit diesem Buch kann man gut “die Köpfe ineinander stecken”! (sto)
Über Lebenskunst Utopien nach der Krise. Ein Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt. Herausgegeben von Katharina Narbutovic und Susanne Stemmler. Suhrkamp Taschenbuch 2011, 389 Seiten, 11,95 Euro

Autogerechte Stadt
Hamburg gehörte zu den Städten, die das Ziel eineAuto_Umschlag_19mmRücken_gk.inddr autogerechten Stadt früh und intensiv verfolgten: mit einer Schneise durch die Innenstadt (Ost-West-Straße), verkehrsfördernder Auflockerung der Wohnsiedlungen, der Verbannung der Straßenbahn und der Trennung der Verkehrswege aller Verkehrsteilnehmer. Ampeln, Zebrastreifen, Radwege, Brücken und Tunnel sollten Fußgänger, Radfahrer und öffentliche Verkehrsmittel aus dem Raum für das Auto fernhalten. Um dem anbrandenden Verkehr etwas entgegenzusetzen, entstanden in den Geschäftsstraßen Fußgängerzonen und Parkhäuser.
Wie sich Hamburg durch bauliche Maßnahmen, Verkehrsführung und -erziehung veränderte, wie die Kommunikation auf der Straße durch Verkehrsbauten zerstört und in einer Gegenbewegung der Straßenraum als öffentlicher Ort wiedererobert wurden, schildert das Buch „Die Stadt und das Auto“.
Der Journalist Sven Bardua ist auch Autor der Bücher „Brückenmetropole Hamburg“ und „Unter Elbe, Alster und Stadt. Die Geschichte des Tunnelbaus in Hamburg“. Gert Kähler ist Architekturhistoriker und Publizist. Er befasst sich seit vielen Jahren kritisch mit der Entwicklung der Stadt. Zum Erscheinungstermin des Buches in nächsten Monat gibt es im Museum der Arbeit vom 1. Juni bis 23. September eine gleichnamige Ausstellung. Auch der 7. Hamburger Architektursommers widmet sich der Durchsetzung des Automobils als dominierendes Fortbewegungsmittel in der Stadt. (du)
Die Stadt und das Auto – Wie der Verkehr Hamburg veränderte. Schriftenreihe des Hamburgischen Architekturarchivs, Bd. 27. Dölling und Galitz Verlag 2012. 192 Seiten mit 220 Farbabbildungen. 29.90 Euro

Von Menschen, die anders wirtschaften und besser leben
Im Himalaya-Staat Bhutan wird das “Wohlergehen” der Bürger und ihre Zufriedenheit mit ihrem Gemeinschaftsleben bewertet. Davon sollen politische Entscheidungen – nach Abwägung der unterschiedlichen Interessen – abgeleitet werden, die dem Allgemeinwohl am meisten dienen. Das “Bruttosozialglück” der knapp 700.000 Bürger ist ein Staatsziel. Im Gegensatz dazu gilt bei uns das Bruttoinlandsprodukt (BIP)als der Maßstab des Wohlstandes. Es nimmt zu, sobald jemand einem anderen eine Rechnung schreibt und derjenige bezahlt – ganz egal, was dafür über den Ladentisch geht oder welche Dienstleistung abgerechnet wird: Auch die Behandlung von Sondermüll, die Beseitigung einer Bauruine oder die Kosten infolge eines Verkehrsunfalls gehen ins BIP ein.
Für Politiker aller Couleur ist die Steigerung des Wirtschaftswachstum immer noch der zentrale Schlüssel für die Prosperität ihres Landes und die Zufriedenheit seiner Bürger. Das ist er aber nicht mehr. Als Wohlstandsindikator für einen fortschrittlichen, seine Bürger ernst nehmenden Staat ist er ungeeignet, denn im Zentrum stehen dabei nicht die Bedürfnisse seiner Bürger. Immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft teilen obendrein das Gefühl, das eine auf Wachstum, Beschleunigung und Konsumorientierung gegründete Gesellschaft angesichts schwindender Ressourcen nicht zukunftsfähig ist. Annette Jensen hat sich auf die Suche nach Alternativen und Vorbildern begeben und ist erstaunlich fündig geworden. Sie hat beeindruckende Menschen getroffen, die Alternativen leben und vielfältigste Anregungen geben:  Menschen und Kommunen, die selbst etwas aufgebaut haben, vor Ort Neues entwickeln, das überschaubar, verantwortbar, sinnvoll und letztlich nachhaltig ist. Sie machten dabei die beglückende Erfahrung von Solidarität, Spaß und Gemeinschaftserlebnissen – steigerten also das “Bruttosozialglück”.
Die Autorin lässt den Leser teilhaben an diversen erfolgreichen Beispielen aus den folgenden Lebens- und Wirtschaftsbereichen (mit zahlreichen Angaben zu weiterführenden Seiten im Internet): Energie(autonomie): Wie z.B. “David Goliath besiegt” oder “Viele kleine gegen die großen Vier”. Verkehr: Wie weitsichtig eine “Stadt der kurzen Wege” ist. Produktion: Wie aus einer grünen Wiese eine Computermaus kommt. Landwirtschaft: Wie man anders ackert oder “Rein in die Kartoffeln – raus aus dem Kapitalismus”. Banken: Wie man das Geld im Dorf lassen kann anstatt Heuschrecken zu füttern.
Die Vielfalt der Ansätze und Akteure, die ihre selbst gewählte Sache nach bestem Wissen und Gewissen tun wollen, um “ihr Ding” zu machen, überrascht. Ihr Erfolg im Kleinen ist mehr “Nettosozialglück” im Brutto des Wachstumswahns. In ihnen steckt  eine enorme Sprengkraft, wenn beherzigt wird, womit die Autorin ihren Bericht beginnt: Wir fangen einfach schon mal an. (sto)
Annette Jensen: Wir steigern das Bruttosozialglück. Herder Verlag 2011, 240 Seiten, 16,95 Euro

Ökologische Buchführung
WennWackernagel_DerEcoFootprint alle Menschen so leben würden, wie wir heute in Deutschland, dann bräuchten wir die Erde zweieinhalb Mal. Der deutsche „ökologische Fußabdruck“ liegt bei etwa fünf Hektar, ein verträglicher, die Erde erhaltender Fußabdruck liegt bei zwei Hektar. Er zeigt auf, wie viel Fläche benötigt wird, um alle Energie und Rohstoffe zur Verfügung zu stellen, die ein Mensch mit einer bestimmten Lebensweise benötigt.
Der Ecological Footprint ist eine anerkannte Methode, die Angebot und Nachfrage des Naturkapitals nach wissenschaftlichen Grundsätzen beschreibt: Sie erfasst die Biokapazität der Erde, was von ihren Ressourcen nutzbar ist und wie viel tatsächlich davon genutzt wird. Es handelt sich dabei um ein Instrument ökologischer Forschung zur Berechnung des Naturbedarfs und Naturverbrauchs, mit dem man eine nachhaltige Entwicklung mit einem ausgeglichenen Gebrauch erkennen und steuern kann. Dieser Footprint wird mittlerweile für mehr als 150 Länder berechnet, und zwar auf der Grundlage von 5.400 Daten pro Nation. Ergebnis dieser Forschung ist die Erkenntnis einer gegenwärtigen Übernutzung („overshoot“) der Ressourcen der Erde durch die Menschheit um etwa fünfzig Prozent.
Das Buch vermittelt anhand von Beispielen, Erfahrungsberichten, Statistiken, Schaubildern und Grafiken eine umfassende Bestandsaufnahme des Vorrats an Biokapazität und deren Grenzen. Die von M. Wackernagel, Präsident des Global Footprint Network in Oakland/Kalifornien, maßgeblich entwickelte Methode der ökologischen Buchführung ist für die Zukunft jedes Landes, jeder Region, von Städten und Unternehmen unverzichtbar. Denn was man messen kann, kann man auch managen. Das „Raumschiff Erde“ braucht Instrumente zum Steuern, denn es gibt keinen Notausgang. (sto)
Mathis Wackernagel und Bert Beyers: Der Ecological Footprint. Die Welt neu vermessen, EVA 2010, 244 Seiten, 19,90 Euro

Kreislaufsystem statt Abfall
„Cradle to Cradle“ – Von der Wiege zur Wiege. Das heißt:Braungart_Die-nächste-ind.Revolution Produkte werden so konzipiert, dass sie nach Gebrauch nicht zu Abfall werden, sondern wieder zu möglichst 100 Prozent einsatzfähig sind. Die Produkte bleiben als Nähr- und Rohstoffe Teil eines intelligenten, höchst effektiven Recyclingsystems aus technischen und biologischen Kreisläufen – positiv für Umwelt, Gesundheit und Ökonomie. Der Abfallbegriff wird damit faktisch abgeschafft.
Dieses innovative Konzept, an denen sich bereits heute kleine, mittlere und weltweit bekannte Firmen orientieren, wird von den Autoren vorgestellt: „Kein Sparen, kein Verzichten, kein Vermeiden, kein Schuldmanagement. Es geht um intelligente Verschwendung und damit um einen Ansatz, der den Menschen nicht als potenziellen Zerstörer dieses Planeten betrachtet. Die Idee der Öko-Effektivität schlägt die Umwandlung von Produkten und der damit zusammenhängenden Materialströme vor.“
Nach einer Abhandlung zum Thema „Das Richtige Tun“, nach „Cradle to Cradle in der Praxis“ geht die Reise in Länder (u.a. in die Niederlande) und Regionen (z.B. in die Steiermark), die mit der praktischen Umsetzung dieses Prinzips befasst sind und zu Unternehmen, die das Konzept erfolgreich umsetzen (z.B. Trigema GmbH oder Triumph International AG). (Bereiche: Design, Bekleidung und Textilien, Haushalt und täglicher Bedarf, Chemie, Abfall- und Nährstoff-Management, Rohstoff-Verarbeitung, Beratung). Das Buch gibt wertvolle Anregungen für eine wirklich nachhaltige, ökologisch durchdachte Ökonomie der Zukunft. (sto)
Michael Braungart, William McDonough (Hg.): Die nächste industrielle Revolution. Die Cradle to Cradle-Community, EVA 2011, 245 Seiten, 25 Euro

Die beiden vorgestellten Bücher liefern konkrete Handlungsansätze für umweltgerechtes Verhalten. Wer heute ökologisch mit diskutieren und handeln will, wird um ihre Lektüre bzw. eine Auseinandersetzung mit diesen Ideen nicht herum kommen. Dabei findet die fachliche Diskussion global auf Englisch statt und bei den zentralen Begriffen handelt es sich entsprechend um englische Termini. Man sollte endlich absehen von der nach meiner Erfahrung weit verbreiteten Ablehnung der (englischen) Fachbegriffe, wenn man sich auf unserem Globus auch im Lokalen angemessen verständigen will.
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WUZ 64 Januar 2012:
Wie die Generation Facebook den Planeten rettet

VornewBoese_Wir-sind-jung-und-brauchen-dieWelteg eine persönliche Bemerkung: Im letzten Jahr haben wir von der IAO (Initiative zur Aufwertung des Ortskerns Volksdorf) eine aufwendige Informationsveranstaltung durchgeführt. Die Anwesenden waren meist über 50. Wir stellten mithilfe von Fachleuten unsere Vorstellungen zum „Kommunikativen Raum Volksdorf“ dar, ausgehend vom WSV (Sportverein) bis zur „Kunstkate“ in der Eulenkrugstraße. Anschließend ging es ins nahe gelegene „Louisiana“ –  und da saßen sie bei Salat und Bier: die 20 bis 40jährigen. Gerne hätten wir sie bei unserer Veranstaltung dabei gehabt. Wir fragten uns, was sie wohl von unseren Vorschlägen halten und ob sie sich wohl auch engagieren würden? Vielleicht finden wir eine Antwort ja demnächst im Internet:
Das Buch „Wir sind jung und brauchen die Welt“ macht Hoffnung. Der Autor Daniel Boese berichtet viel Spannendes und Ermutigendes von der Jugend der Welt: Sie nutzt die Macht der neuen Medien, ist weltweit aktiv und kennt in ihrem Enthusiasmus keine Grenzen. Sie will ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen, den Klimawandel stoppen und gegen Verschwendung und Zerstörung global und konkret vor Ort vorgehen. Diese neue Jugendbewegung mobilisiert als Klimakämpfer mit Facebook, Twitter & Co weit mehr Menschen, übt weit mehr Druck auf Politik und Wirtschaft aus als dies jede Partei, jede Umweltschutzorganisation vermag. „Die Klimabewegung ist das Herz einer Generation, die als unpolitisch, chatsüchtig und konsumorientiert abgeschrieben wird, die in Wahrheit jedoch gerade dabei ist, Weltpolitik neu zu definieren.“ (Daniel Boese) Ein faszinierender Bericht über Klimawandel und neue Medien, über Protest, Zivilcourage und Engagement, der mit einer „Klimakampf-Chronik“ und einer Liste der 50 wichtigsten weltweiten Jugendkampagnen und 25 Websites abschließt. Er lässt nur einen Schluss zu: Wir dürfen hoffen. (sto)
Daniel Boese: Wir sind jung und brauchen die Welt. Oekom Verlag 2011, 256 Seiten, 14,95 Euro

Die Welt neu denken
Hans Peter Dürr gilt als einer der bedeutendsten QuerDuerr_DasLebende-lebendiger-werden-lassendenker und Impulsgeber der internationalen Umwelt- und Friedensbewegung. Er ist ein international anerkannter Physiker und Träger des alternativen Nobelpreises. In seinem Buch über die Anwendung des neuen Denkens in der heutigen Physik formuliert er die Überwindung des materialistischen Weltbildes: Das Primäre ist die Beziehung, das Stoffliche das Sekundäre. Alles ist mit allem verbunden, nichts existiert in der Natur isoliert. Die Wirklichkeit wird in jedem Augenblick neu geschaffen. Und so bereichert auch jeder kreative Beitrag von uns diese Wirklichkeit und damit die Zukunft. Das bedeutet auch: Nichts ist umsonst und nichts ist vergeblich, wenn alles mit allem zusammenhängt (im Guten wie im Bösen) und jeder ist verantwortlich für sein Tun.
Neben den Kapiteln „Neues Denken für eine Welt von morgen“ und „Nachhaltigkeit und das Paradigma des Lebendigen“ gibt es ein „Wörterbuch des Wandels“ von A wie Arbeit, Atomkraft über Frieden, Poesie, Transzendenz, Wirtschaft, Wissen bis Z wie Zivilgesellschaft und Zukunft. Die Zeit ist reif für einen gesellschaftlichen Wandel. „Nachhaltigkeit“ ist zu einer Chiffre geworden für jene andere Welt, die sich viele ersehnen.
Die Erkenntnisse der neuen Physik verändern unser Weltbild grundlegend. Der Autor lässt uns zum Glück nicht verstört oder ratlos zurück, sondern ermöglicht uns, den veränderten Blickwinkel im Alltag anzuwenden. Er gibt uns mit seinem Buch jede Menge Anhaltspunkte für neues Denken und beherztes Tun. (sto)
Hans Peter Dürr: Das Lebende lebendiger werden lassen. Oekom Verlag 2011, 168 Seiten, 17,95 Euro

Dokumentation der Umweltbewegung
ÖkoloRadkau_DieÄra-derÖkologiegie, Umweltschutz und Nachhaltigkeit – diese Begriffe sind heute in aller Munde. Das war vor gut vierzig Jahren nicht so. Wie es dazu kam, erfährt man in dem jüngst veröffentlichten Buch von J. Radkau; eine für die zukünftige Bestimmung der Umweltbewegung wichtige Dokumentation, die besonders das Selbstbewusstsein auf diesem Feld engagierter Menschen stärken kann. Zu viele Streiter der Umweltbewegung blieben von der vorherrschenden Ignoranz ausgelaugt auf der Strecke. Dabei haben sie alle zu einer neuen „wahren Aufklärung“ beigetragen, die aber immer wieder in Gefahr gerät, sich zu verstricken und an Kraft zu verlieren, je mehr sie an Einfluss gewinnt.
Der Autor, geb. 1943, habilitierte mit einer Studie über Aufstieg und Krise der deutschen Atomwirtschaft; er setzte sich persönlich immer wieder für den Naturschutz ein. Die Verbindung von wissenschaftlichem Arbeiten und persönlichem Engagement ermöglichte ihm, eine umfassende, gut lesbare Geschichte der Lernprozesse der Umweltbewegung zu verfassen. Bedeutende Initiativen wie „Friends of the Earth“ oder „Greenpeace“ sowie charismatische Vorkämpferinnen wie Rachel Carson, Petra Kelly und die Chinesin Dai Qing werden porträtiert. Ausschlaggebende Ereignisse und Erfahrungen werden in ihren Auswirkungen auf politische und kulturelle Strömungen in der Bundesrepublik und darüber hinaus dargestellt und analysiert.
Die Kapitel im einzelnen: Spurensuche im Öko-Dschungel – Umweltschutz denken / Umweltbewegungen vor der Umweltbewegung / Die „ökologische Revolution“ um 1970 / Die großen Dramen der Umweltbewegung.
Eins wird dabei klar: Die Umweltbewegung existiert und passiert jeden Tag auf unserem „Heimatplaneten“. „Ihre wirkliche mitunter auch heimliche Geschichte entsteht aus dem Lokalen und nicht über spektakuläre Gipfel-Konferenzen.“ Diesem Buch sollte eine große Aufmerksamkeit zu kommen, denn es ist wahrlich eine Meisterleistung. (sto)
Radkau, Joachim: Die Ära der Ökologie – Eine Weltgeschichte, C. H.Beck Verlag 2011, 782 Seiten mit 21 Abbildungen im Text, 29,95 Euro

Globaler Blick auf das letzte Jahrhundert
Der preiswerte Atlas der Globalisierung ist das Standardwatlas_globalisierung_spezial2011erk zur Globalisierung, der alle drei Jahre erscheint. Mit seiner einprägsamen Kartografie fasziniert und informiert dieses grundlegende Werk, wo und wie es auf unserer Welt „lang geht“.
Zu diesem Werk haben sich zwei „specials“ gesellt: Zum einen der Atlas „Klima“ mit den Themen Klimawandel, Umweltverschmutzung und ökologische Alternativen und nun aktuell der Atlas zur Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Der globale Blick wird mit einer unglaublichen Dichte an Ereignissen auf das vergangene Jahrhundert gerichtet. „Bei aller Unvollständigkeit will der Atlas Einspruch erheben gegen die weit verbreitete Überzeugung, dass mit dem Ende des 20. Jahrhunderts der globalisierte, marktradikale Kapitalismus als alternativlos angesehen wird.
Er will sich und seine Leser einladen, gewisse Fakten und vergessene Kapitel der Geschichte neu zu entdecken und sich mit diesem Wissen einzumischen.“ (sto)
Le Monde diplomatique: Atlas der Globalisierung Spezial: Das 20. Jahrhundert. Der Geschichtsatlas mit über 130 Karten und Schaubildern, 102 Seiten, 12 Euro

Die teuerste Lüge der Menschheit
Adamek_DieAtomlügeAbschalten?! Atomare Restrisiken sind lebensbedrohend; für sie gibt es weder Versicherungen noch privatwirtschaftliche Haftungen in ausreichender Form. Restrisiko klingt harmlos – was aber sind verstrahlte Pflanzen, Tiere, Menschen wert? Dieses „Restrisiko“ kann unser ganzes Leben von einem Tag auf den anderen infrage stellen. Wir haben uns darauf eingelassen, sind dafür verantwortlich.
Komfortabel ist es im „atomaren Gefängnis“ (K. Jaspers) – sicher ist es nicht. Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima lehrten uns da viel – doch was haben wir wirklich daraus gelernt? Die Alternative einer lokalen Energieautonomie ohne bedrohliche Restrisiken ist auch ab 1986 (Tschernobyl) nicht wirklich in Angriff genommen worden, im Gegenteil: Die Energiewende wurde verhindert. Wie das möglich war, erfahren wir in dem Buch „Die Atomlüge“ von Sascha Adamek.
Es ist eine Geschichte von Macht, Lobbyismus und Manipulation, die die „teuerste Lüge der Menschheit“ anprangert. Ein Beispiel für die ungeheuren Kosten der Atomenergie: „Der Abriss des Kraftwerks in Rheinsberg dauert noch immer an – erst in 30 Jahren kann das Gebäude wegen der Verstrahlung vollends abgerissen werden. Bereits 420 Millionen Euro sind für den Rückbau aus Steuergeldern verbraucht worden.“
Wenn heute über Demokratie und Bürgerbeteiligung geredet wird, so ist die erzeugte und dann beklagte Politikverdrossenheit nicht nur eine Folge von Lügen, sondern auch eine Folge von dem, was dem Bürger verschwiegen wird. Adamek zieht mit jedem Kapitel einen Vorhang der Täuschung des Bürgers beiseite und stellt damit zunehmend ein politisches System infrage, das die Erhaltung und Sicherung der ökologischen Grundlagen seiner Gesellschaft und seines Wirtschaftens missachtet.
Hier also das Lernstück „Atomlüge und Verschweigen“ in sieben Akten: 1. Wie der Glaube an das Restrisiko zur Lüge wurde, 2. Wie Konzerne und Behörden Störfälle verschwiegen, 3. Wie Gerhard Schröder und die Energiekonzerne die Grünen über den Tisch zogen (zum rot-grünen Atomausstieg), 4. Ein Geheimvertrag und das Milliardengeschenk für die    Atomkonzerne (zur schwarz-gelben Laufzeitverlängerung), 5. Korruption, Atomwaffen und Merkels Milliardenbürgschaft, 6. Wie Lobbyisten und Politiker die Öffentlichkeit manipulieren, 7. Das Merkel-Moratorium und das auffällige Schweigen der Konzerne (zu Fukushima).
Dank dem Autor dafür, dass wir endlich lernen, dass abgeschaltet werden muss! Wenn man den Erkenntnissen aus dem Buch folgt: am besten sofort! (sto)
Die Atomlüge. Getäuscht, vertuscht, verschwiegen: Wie Politiker und Konzerne die Gefahren der Atomkraft herunterspielen. Sascha Adamek, Strohm_FriedlichKatastropheHeyne-Verlag 2011, 224 Seiten, 8,99 Euro

Ergänzend zum Thema noch folgendes Buch: Holger Strohm: Friedlich in die Katastrophe. Eine Dokumentation über Atomkraftwerke, „Die Bibel der Atomgegner“ (Stern), Neuauflage 2011 mit einem aktuellen Vorwort von Michael Müller, edition nautilus, 1360 Seiten, 19,90 Euro

Nachhaltiger Umgang mit dem Geld
Wie können wir mit unserem Geld im 21. Jahrhundert verantwortungsvoll umgehen? Wie können wir erreichen, dass unser Geld „sauber“ angelegt wird, d.h. ohne die Umwelt zu schädigen oder damit Investitionen getätigt werden, die z.B. Kinderarbeit befördern oder an der Produktion von Waffen beteiligt sind? Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten für private Geldanleger, Investitionen in den Umbau unserer Wirtschaft – weg von der rücksichtslosen Ausbeutung von Ressourcen hin zu einem die natürliche Umwelt schonenden und Sozialstandards sichernde Wirtschaften – zu tätigen.
„Grünes Denken und Handeln“ muss an die Wurzeln unserer Gesellschaft gehen. Dazu gehört die Frage, welche Geldwirtschaft mit welchen Zielen wir eigentlich brauchen, welchem Finanzinstitut und welcher Geldanlage können wir vertrauen? Lässt sich eine gute Rendite mit einem guten Gewissen vereinbaren?
Wer in die Welt der „Grünen Geldanlagen“ aufbrechen will und an einem „Grünen Finanzhaus“, das auch wirklich hält, mitbauen will, braucht einen kompetenten Wegweiser. Empfohlen sei hier das Buch von Anno Fricke/Stiftung Warentest. Übersichtlich nimmt es die diversen Geldanlagen zum Thema unter die Lupe. „Saubere Geldanlage setzt auf Nachhaltigkeit“ – diesem Leitgedanken ist der Ratgeber verpflichtet. Die Themen des Buches u.a.: Banken mit Anspruch; saubere Fonds; Vermögensaufbau ganz in grün; grüne Rendite für Hausbesitzer.
Viel ausgeben muss man nicht für diesen wertvollen Ratgeber und gut angelegtes Geld obendrein, liefert er doch nützliche Informationen und den Schwung für einen bewussten Einstieg in eine ethisch-ökölogisch verträgliche Handhabung des eigenen Geldes. (sto)
Grüne Geldanlagen. Verantwortungsvoll investieren. Anno Fricke, Stiftung Warentest 2010, 208 Seiten, 16,90 Euro

Leidenschaft Natur
Loki ScSchmidt-Das Naturbuch_HK.inddhmidt hat sich schon als Kind für die Tiere und vor allem Pflanzen in ihrer Umgebung interessiert. In ihrem Naturbuch für Neugierige nimmt sie die Leser mit auf eine hochinteressante Reise in einen unbekannten Kosmos. Obwohl man von sich selbst glaubt, schon vieles zu wissen, erfährt man Faszinierendes von bekannten Pflanzen und interessantes von weniger bekannten. Loki Schmidt nimmt den Leser gemeinsam mit dem Journalisten und Biologen Lothar Frenz mit, Pflanzen und Tiere in einer ganz normalen Großstadt neu zu entdecken. Denn das hat sie schon als kleines Mädchen getan und sich bis ins hohe Alter bewahrt: Die Neugier auf Unbekanntes und Unterschiedliches. Anhand vieler Geschichten und Erlebnisse lässt uns die am 21. Oktober 2010 verstorbene Ehefrau von Altkanzler Helmut Schmidt teilhaben an ihrer Leidenschaft. Sie schildert, wie sie als Arbeiterkind die Natur lieben lernte und wie sie als First Lady für ihren Schutz eintrat, sie berichtet von kühnen Forschungsreisen in ferne Länder und von den Pflanzen in ihrer Küche. Da sie als Kind aus einfachen Verhältnissen nicht das Geld hatte, Biologie zu studieren, wurde sie Lehrerin. Die Kinder, die sie unterrichtete, müssen mit ihr eine fantastische Lehrerin gehabt haben, die ihre Phantasie immer wieder aufs neue weckte. Das letzte Buch von Loki Schmidt ist eine unterhaltsame, unverkrampfte und trotzdem lehrreiche Entdeckungsreise an der Seite der engagierten Naturforscherin und -schützerin. Sehr lesenswert. (du)
Das Naturbuch für Neugierige. Loki Schmidt, Rowohlt, Berlin 2010, 235 Seiten, 19,95 Euro

Gärtnern und ackern in der Stadt
Vorbemerkung: Was soll man von „beerdeten mobilenMüller_Urban_Gardening Gemeinschaftsbeeten in ehemaligen Reissäcken auf Garagendächern“ halten, die Gärten in die Stadt zurück bringen sollen?! Sollte nicht vielmehr seit der Veröffentlichung von „Der Naturgarten“ von Urs Schwarz (1980, WWF) beim Errichten von Bauten vermehrt an die Natur gedacht werden? Die proklamierte grüne Rückeroberung des städtischen Lebensraumes ist erst dann eine gute Nachricht, wenn sie die Pflanzen und Tiere, die jetzt schon den Lebensraum Stadt bevölkern, mit einschließt.
Wenn man daran geht, die fein säuberliche Trennung Naturschutzgebiete hier – Nachverdichtung und Versiegelung da auszubauen, ist das nicht in Ordnung. Wild, bedürfnislos und ungepflegt kämpfen viele Pflanzen unermüdlich gegen „Betonhausen“, sie sind die Pioniere der „grünen Bewegung“ in unseren Städten. Jetzt werden Verkehrsinseln mit Stein, Baum und Blumen bepflanzt und vermehren doch nur künstliche Schein-Natur. Von Gelassenheit, Stadtgrün in seiner Wildheit leben zu lassen und Pflanzen und Tieren Raum zu geben, zeugt das nicht. Es zeugt auch hier eher von einer technophilen Lebenshaltung.
Bei der geplanten Wohnungsbauoffensive in Hamburg hat die Politik bisher nicht erklärt, wie sie mit Natur umgehen will. Eine Trennung von Bauen und Naturschutz ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß und von einer Nachhaltigkeitsstrategie für die Umsetzung dieses Vorhabens war bisher nichts zu hören. Welche Hoffnung darf sich die Natur machen im Hamburger Bauerwartungsjahr 2012? Die Einbeziehung von urbanen Gärtnern könnte z.B. familienfreundliches Bauen gut begleiten.
Das Buch „Urban Gardening“ liefert einen umfassenden Überblick über Theorie und Praxis dieser von Chicago ausgehenden Bewegung: „Die Motivationen für das Gärtnern sind vielschichtig und vielfältig. Sie reichen vom Wunsch, sich gesund zu ernähren, einen Naturraum mitten in der Stadt zu gestalten, der Nachbarschaft zu begegnen, praktische Beispiele gegen die Abholzung von Urwald für die Nahrungsmittelversorgung zu leisten bis hin zur Diskussion der Frage, für welche Zwecke die Kommune ihre Flächen zur Verfügung stellen soll.“
Die einzelnen Beiträge der 22 Autoren sind den folgenden Kapiteln zugeordnet: Die Gesellschaft und ihr Garten; Gärten und Urbanität; Die Lebendigkeit des Gartens; Eine andere Weltpflanzung. Es geht dabei u.a. um die Verbindung von Stadt und Ernährung, um urbane Gärten als Orte spiritueller Erfahrung, um „guerilla gardening“ und andere politische Gartenbewegungen; um Ernährungssouveränität und urbane Landwirtschaft als postfossile Strategie.
Bei der Vielseitigkeit der Darstellung liefert der Anspruch des sozial-verträglichen Wirtschaftens auf ökologischer Grundlage den roten Faden. „Es heißt den Garten zu bestellen“ (Voltaire: Candide) Wie dieses urban geschehen kann, dafür liefert dieses Buch einen wesentlichen grundlegenden Beitrag. Es ist mit Photos bebildert und mit einem Verzeichnis „Urbane Gärten im Web“ versehen. (sto)
Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt. Christa Müller; oekom Verlag München 2011, 352 Seiten, 19,95 Euro

Naturschutz in der Sackgasse?
„Noch nie war die Sehnsucht nach Natur so groß wie heute. Natur als Wildnis, Natur als Landschaft und Natur als Heimat sind drei wirkungsmächtige Metaphern für das gewachsene Bedürfnis der  Menschen nach intensivem Naturerleben.“
Menschen in unserer Bevölkerung pflegen einen schönen Garten oder die Geranien auf dem Balkon – sie lieben diese Art von Naturnähe. Andere möchten in die letzten Winkel der Natur vordringen – z.B. die Off-Roader, diese PS-starken, schwergewichtigen „Naturburschen“ (300.000 Neuzulassungen 2010) oder die armierten Mountainbiker, die das dann mit weniger technischem Aufwand auch schaffen.
Sie alle mögen Naturschützer in der Regel eher nicht, halten diese für „Fortschrittsverhinderer“.  Die Wahrnehmung des Naturschutzes ist bei uns oftmals getrübt durch Unwissen und Vorurteile. Da kann Reinhard Piechocki mit seinem neuen Buch Abhilfe schaffen. Er führt uns aus dem Tal dumpfer Meinungen und diffuser Empfindungen dem Naturschutz gegenüber heraus auf einen „Gipfel der Kenntnis“ und sorgt in den folgenden Kapiteln für klare Sicht auf die heutige Bedeutung des Naturschutzes: Natur und Mensch; Natur als Wissenschaftsobjekt; Natur als Sinnbild; Natur als Moralobjekt und einem Epilog zum Naturschutz als Kulturaufgabe, abgerundet durch einen Super-Literaturanhang mit Lese-Empfehlungen.
Fundamentalismus in der Naturschutz-Debatte ist fehl am Platze. Der Autor stellt die Voraussetzungen für einen vernünftigen Weg dar und zeigt auf, auf welchem Niveau er begangen werden muss. Umwelt- und Naturschutz ist zwar längs in der Mitte der Gesellschaft angekommen – wie wir ihn sinnvoll betreiben können, haben die meisten von uns aber nicht gelernt.
Hier ist er endlich: der erforderliche anspruchsvolle „Grundkurs“ zur Verständigung zwischen Bevölkerung und Naturschützern. Das Buch als Anstiftung für eine „späte Liebe“? Nicht aussichtslos. Lesen! (sto)
Landschaft – Heimat – Wildnis / Schutz der Natur – aber welcher?
Reinhard Piechocki, München 2010, 266 Seiten mit 15 Abbildungen, 14,95 Euro

Der Wechsel ist machbar
ScheerEnergetischerImperativWer Hermann Scheer auf den beiden Klimakonferenzen des BUND in Hamburg erlebt hat, dem kommen sogleich seine souveräne Persönlichkeit und seine exzellenten Ausführungen zur „Energieautonomie“ in Erinnerung. Als SPD-Politiker ist er der „Renaissance der Atomenergie“ in seiner Partei und im Bundestag entgegengetreten. „Energieautonomie“ ist nur mit erneuerbaren Energien realisierbar und kann überall ins Werk gesetzt werden: dezentral, lokal, individuell und C02-frei.
Hermann Scheer ist vor einem halben Jahr gestorben. Seine Mission lebt weiter in dem Film „Die 4. Revolution – Energy Autonomy“ (von C.-A. Fechner; auch als DVD erhältlich; www.energyautonomy.org) sowie in dem hier besprochenem Buch.
Hermann Scheer, geb. 1944, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, w4.Revolutionar seit 1980 Mitglied des deutschen Bundestages, seit 1988 Präsident von Eurosolar, der europäischen Vereinigung für erneuerbare Energie und seit 2001 Vorsitzender des Weltrates für Erneuerbare Energien; er erhielt 1998 den Weltsolarpreis, 1999 den Alternativen Nobelpreis, 2000 den Weltpreis für Bioenergie, 2002 den „Hero for the Green Century“ des TIME-Magazine und 2004 den Weltpreis für Windenergie.
Die Energiewende wurde von ihm immer auch als eine grundsätzliche ethische Frage herausgestellt. Einer Katastrophe wie in Fukushima hätte es in Deutschland nicht bedurft, um die Lüge vom „billigen, umweltfreundlichen Atomstrom“ vom Tisch zu fegen. Der Umgang mit dem Atommüll in Deutschland (Asse u.a.) hat längst gezeigt, wie verantwortungslos wir hier gegenüber kommenden Generationen vorgegangen sind. Das Einsetzen eines Nachhaltigkeitsrates (G. Schröder) und jetzt eines Ethikrates (A. Merkel) reicht nicht aus. Verantwortung für den „Dreck von gestern“ hat bis heute keiner übernommen. Umweltschutz (nach Naturzerstörung) ist dann interessant, wenn er durch den Einsatz von Großtechnologien in die Gewinnzone geschoben wird. Man darf gespannt sein, wann der Abbau von Atomkraftwerken hierzulande und Lagerstätten für Atommüll europaweit ausgeschrieben werden. Eins ist dabei klar: billig wird uns alle noch teuer zu stehen kommen – mögliche Katastrophen nicht eingerechnet.
Zurück zum Buch: Eine vollständige Umstellung auf 100% erneuerbare Energie ist nach H. Scheer möglich und sollte unverzüglich in Angriff genommen werden. Wir stehen vor einer Werte-Entscheidung: Gesellschaftsethik oder Energie-Ökonomismus. Die Entwicklung einer Welt, die wir verantworten können, wird im ersten Teil des Buches mit einer Bestandsaufnahme vorbereitet und im zweiten Teil („Menschen, Gestaltungsräume und Technologien für Hundert Prozent erneuerbare Energie“) spannend ausgeführt.
„Es bedarf keines mit den Energiekonzernen abgestimmten energiepolitischen Gesamtkonzeptes mit Atom- und Kohlekraftwerkskompromissen, sondern politischer Entscheidungen, die Freiräume für zahllose Energiewechselinvestitionen schaffen. Auf der politischen Ebene entscheidet sich, ob der Energiewechsel, den die Gesellschaft vollzieht, beschleunigt (oder behindert Anm. des Verf.) wird. Der energethische Imperativ bedeutet: ultimative Beschleunigung.“ Hier hat der exzellente Fachmann und Kenner der politischen Szene sein Vermächtnis übermittelt, das uns als Bürger fachmännisch und politisch werden lässt. Anschalten! (sto)
Herrmann Scheer: Der Energethische Imperativ – 100% jetzt: Wie der vollständige Wechsel zu erneuerbaren Energien zu realisieren ist, München 2010, 240 Seiten, 19,90 Euro

Die Stadt von morgen
„Nur dBuch_PostOilCityiejenigen Städte haben eine Zukunft, die trotz dichter Bebauung sparsam mit Ressourcen umgehen, ihre Energieversorgung autark organisieren, Verkehrsströme zähmen und der Natur wieder Platz in ihrer Mitte einräumen. Es gilt, das System Stadt unter regenerativen Vorzeichen neu zu erfinden.“ Die Veröffentlichung aus der Reihe „politische ökologie“ des oekom Verlages nimmt den Leser mit auf einen spannenden Spaziergang in die Stadt von morgen, die „Post-Oil City“. Hier einige Stationen: Visionen einer nachhaltigen Stadt, Engagement fürs Klima trotz finanzieller Fesseln, Stadt und Wachstumsökonomie, Stadtpflanzen und Refugien des Selbermachens, Städteumbau und Gentrifizierung, eine Stadt für Menschen und nicht für Autos, Demokratie 21 u.a.
Wenn der Verlag das Format der Schriftenreihe verkleinert hat, so gilt das Gegenteil für ihre Qualität. Die Schrift liefert Information und Schwung: „Vergesst Cancun (Klimakonferenz), legt einfach los!“ heißt es da. Und wie oft wünscht man sich, dass auch die Entscheider für Hamburgs Zukunft erkennen, dass sie ohne die hier formulierten „Strategien der Nachhaltigkeit“ – d.h. sozialverträgliches Wirtschaften auf ökologischer Grundlage – keinen Blumentopf für zukunftsfähiges Handeln mehr gewinnen können.
Hierzu Mike Davis, amerikanischer Soziologe und Historiker: „Die Grundlage für eine umweltfreundliche Stadt (liegt) nicht unbedingt in einem besonders umweltfreundlichem Städtebau oder neuartigen Technologien (…), sondern viel eher darin, dem allgemeinem Wohlstand eine Priorität gegenüber persönlichem Reichtum einzuräumen. Wie wir alle wissen, bräuchten wir eine ganze Reihe von Planeten, um die ganze Menschheit in Vorstadthäusern mit zwei Autos und Vorgarten unterzubringen, und diese offenkundige Beschränkung wird gelegentlich herangezogen, um die Unvereinbarkeit endlicher Ressourcen mit steigendem Lebensstandard zu verdeutlichen. In den meisten Städten, gleichgültig, ob in reichen oder armen Ländern, wird die potenzielle Umwelteffizienz, die sich aus einer dichten Besiedlung ergibt, völlig außer Acht gelassen. Städte bieten enorme ökologische Möglichkeiten, die bislang noch völlig verkannt und ungenutzt sind.“ (Zitat aus dem Buch) (sto)
Politische oekologie Band 124: Post-Oil-City. München 2011, 144 Seiten, 16,90 Euro

Vom Öl abgekoppelt
„Weltweite Ölreserven reichen für mindestens zwei Jahre!“ titelte das Hamburger Abendblatt am 7.3. dieses Jahres. Eigentlich nicht besonders beruhigend, und so sind auch die Zusammenhänge, die der kanadische Autor dem Leser verdeutlicht – alles andere als ein Schlafmittel: „Zwischen 2000 und 2008 ist der Ölpreis auf dem Weltmarkt um mehr als das Siebenfache gestiegen, von 20 Dollar auf 150 Dollar pro Barrel.“ Die Ölkrise wird als die eigentliche Ursache der Finanzmarktkrise 2008 demaskiert. Was noch auf uns zukommt, wird in diesem Buch detailliert analysiert. Billiges Erdöl hat uns den Zugriff auf eine ziemlich große Welt ermöglicht, das wird sich mit dem Rückgang der Reserven und mit der Erhöhung der Preise vollkommen ändern, meint der Autor. „Stellt Euch darauf ein“, sagt Rubin, „es wird eh so kommen.“ Nicht erst übermorgen, sondern schon morgen früh!
Jahrelang haben viele Unternehmen und ganze Volkswirtschaften die Globalisierung massiv vorangetrieben – sie produzieren, wo immer sie die besten Preise bekamen, nutzten billige Arbeitskräfte in anderen Ländern, verschicken Waren günstig in alle Welt. Doch steigende Energiepreise machen damit Schluss: Denn es ist sinnlos, ein T-Shirt billig in Fernost zu produzieren, wenn immense Transportkosten den Kostenvorteil zunichtemachen. Das wird unsere gesamte Wirtschaft fundamental verändern: Das weitgespannte logistische Netz vieler westlicher Industrien wird zusammenschnurren, der Stellenwert vom Import und Export wird sich völlig neu definieren. Eine neue Blüte der heimischen Wirtschaft steht uns bevor, lokale Produkte werden stärker unsere Märkte prägen, viele Dienstleistungen, die hier vor Ort erbracht werden, werden wieder konkurrenzfähig, der Tourismus im eigenen Land und in der Region wird zunehmen.“ Umfangreich, überraschend argumentiert der Autor und rät: „Wir sollten nicht nur unsere Wirtschaft vom Öl abkoppeln, sondern auch unseren Lebensstil ändern, um ihn an eine Welt zunehmender Energieknappheit anzupassen. Das bedeutet, dass wir lernen müssen, weniger Energie zu verbrauchen. … Und es wäre nicht überraschend, wenn die sich abzeichnende neue kleinere Welt viel lebenswerter und erfreulicher wäre als die, die wir im Begriff sind, hinter uns zu lassen.“ (sto)
Jeff Rubin: Warum die Welt immer kleiner wird. München 2010, 282 Seiten, 19,90 Euro

Ökologisch verträgliches Wirtschaften
Das Standardwerk des Australiers Bill Mollison, dem Mitbegründer der Permakulturbewegung und Träger des alternativen Nobelpreises von 1981, ist endlich auch auf Deutsch erschienen. (Erstausgabe “Permaculture: A Designers Manual“ 1988). Es handelt sich um ein umfassendes und ansehnliches Werk im Großformat – wahrlich ein großartiges Buch zur Gestaltung landwirtschaftlicher und anderer Systeme nach permakulturellen Prinzipien:
Ein Permakultursystem (Permakultur=permanente/fortwährende Kultur) ist ein komplettes landwirtschaftliches Ökosystem, das so gestaltet wird, dass die zugeführte Energie minimiert und der Ertrag maximiert wird. Das Zusammenleben von Menschen, Pflanzen und Tieren soll so organisiert werden, dass die Bedürfnisse aller erfüllt werden und sie sich gegenseitig unterstützen und ergänzen. Angestrebt wird ein dynamisches Gleichgewicht. Zerstörerische Eingriffe in die Natur sollen vermieden werden.
Bill Mollison will sich die Erde nicht als „Naturgesetzloser“ untertan machen, er fordert von der Landwirtschaft vielmehr einen Systemwandel: Permakultur als Handeln auf erdwissenschaftlicher Grundlage im Einklang mit den natürlichen Gegebenheiten.
Faszinierend an diesem Buch ist sein konsequent praktischer Anspruch mit Hilfe einer entschiedenen Denkungsweise: die Anwendung ethisch basierter Leitsätze und Prinzipien zur Planung, Gestaltung und Erhaltung zukunftsfähiger Lebensräume. Grundgedanke ist ein Wirtschaften mit erneuerbaren Energien und naturnahen Stoffkreisläufen im Sinne einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Nutzung aller Ressourcen.“ Nach einer theoretischen Einführung zur „Gestaltung“ und zum „Verstehen von Mustern“ folgen Kapitel mit unzähligen praktischen Anleitungen zu folgenden Themen:
Klimafaktoren, Bäume, Energieaustausch, Wasser, Böden und Erd-Ressourcen für die verschiedenen Klimazonen der Welt. Im Schlusskapitel wird der Blick dann auf Gesellschaftssysteme aus permakultureller Sicht gelenkt. Es werden gegenwärtige erfolgreiche Modelle vorgestellt, die es einer Gruppe oder Region ermöglichen Probleme vor Ort zu erkennen und zu lösen. Realität ist, dass Machtträger kaum zukunftsfähige Systeme entwickeln oder umsetzen aus einem einfachen Grund: Menschen zu ermöglichen, selbst für ihre Nahrung, Energieversorgung und Unterkunft zu sorgen, bedeutet die wirtschaftliche oder politische Kontrolle über sie zu verlieren.
Wir sollten aufhören, von Machtstrukturen, hierarchischen Systemen oder Regierungen Unterstützung zu erwarten und stattdessen Methoden der Selbsthilfe entwickeln. Daher sind die zuerst benötigten  Maßnahmen: Unsere eigenen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen und selbst Verantwortung zu übernehmen für unser und unser Kinder Wohl in der eigenen Region.
Bill Mollison ist kein „Schnacker“. Wer praktisch sein Leben verändern will, hat hier nicht nur eine Werkzeugkiste für alternatives Leben vor sich, sondern eine voll ausgerüstete Werkstatt mit fachkundigen Anleitungen und tausend Ideen – käuflich zu erwerben, aber vom Wert her unbezahlbar!
Vielen Dank an die „Permakultur im Alpenraum“, die uns die deutschsprachige Ausgabe zugänglich gemacht hat. Wir danken für die großzügige Bereitstellung dieses Handbuches! (Details und Lehrgänge zur Permakultur unter www.permakultur-akademie.com) (sto)
B. Mollison: Handbuch der Permakultur-Gestaltung. Permakultur-Akademie im Alpenraum, Stainz  2010, 668 Seiten, 128 Euro

Politik leicht gemacht
Worüber berät ein Staatsrat? Wann findet die nächste Bürgerschaftssitzung statt? Wie kann ich mich an den Eingabenausschuss wenden? Und wer wählt eigentlich den Senat? All diese und mehr Fragen beantwortet das neue Buch „Einblicke. Hamburgs Verfassung und politischer Alltag leicht gemacht“ der Landeszentrale für politische Bildung. Die sechste aktualisierte Auflage beinhaltet auch das neue Wahlrecht für die Bürgerschaftswahlen. Das Buch eröffnet einen Blick auf Hamburgs politischen Alltag und seine Basis, die Hamburger Verfassung. Fundiertes Hintergrundwissen für Einsteiger und Tipps zum Mit- und Einmischen. Mit einem facettenreichen Rundgang durch Bürgerschaft und Senatsgehege. Einen schnellen Überblick erhält man im Glossar. Die Publikation ist im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung, Dammtorwall 1 erhältlich. Öffnungszeiten: Mo bis Do 13.30 Uhr bis 18 Uhr, Fr, 13.30 Uhr bis 16.30 Uhr. Oder Download unter: www.hamburg.de/politische-bildung. (WUZ)
Einblicke. Hamburgs Verfassung und politischer Alltag leicht gemacht von Rita Bake, Birgit Kiupel und Lars Hennings, Hamburg 2010, 96 Seiten, kostenlos
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WUZ 55 Februar 2011:
Mit Gift und Genen
Der amRobinMitGiftGenenerikanische Chemie- und Biotech-Konzern Monsanto hat sich zum weltweiten Marktführer bei genmanipuliertem Saatgut vorgekämpft. Schädlingsresistente Monsanto-Pflanzen werden jedoch vielerorts, auch bei uns, als gesundheitliche, biologische und wirtschaftliche Bedrohung angesehen. Andere Produkte sind nicht weniger umstritten: Mit sogenanntem Hybridsaatgut geraten Bauern nach Ansicht vieler Beobachter in ruinöse Abhängigkeit. Der Multi ist berüchtigt für seine rücksichtslose Geschäftspolitik, die Einschüchterung von Kritikern und den Eingriff in demokratische Prozesse. Er betreibt aggressive Lobbyarbeit auch in Deutschland. Marie-Monique Robin hat bei ihrer langjährigen Recherche Fakten, Aussagen und Untersuchungen zusammengetragen, die erstmals umfassend das Geschäftsgebaren und die Ziele von Monsanto darlegen. Robins Report liest sich dabei wie ein Krimi: „Es ist eines dieser Sachbücher, die man kaum lesen kann, ohne kalte Wut über das Versagen der Politik oder vielmehr ihre Willfährigkeit gegenüber massiver Wirtschaftsmacht zu empfinden“ (Zitat Deutschlandradio). (sto)
Marie-Monique Robin: Mit Gift und Genen, 508 Seiten, jetzt preiswert als Taschenbuch im Goldmann-Verlag für 9,95 Euro

Innovative Handlungsansätze für Hamburgs Zukunft
VorwZukunftsfähiges_HHort zur Lage: In Deutschland sind mehr Menschen in Umweltorganisationen Mitglied als in Parteien. In vielen Umweltfragen, z.B. im Arten- und Biotopschutz wird in der von der Wirtschaft dominierten Welt von den Umweltverbänden eine wichtige Lobbyarbeit für den Naturerhalt gemacht, die mehr Einfluss nehmen möchte. Der BUND Hamburg hat in den letzten Jahren mit hervorragenden Referenten besetzte öffentliche Klimakonferenzen abgehalten und jetzt gerade eine Veranstaltung mit Ernst Ulrich von Weizsäcker zum Thema „Nachhaltiges Wachstum, Faktor Fünf“ durchgeführt. An diesem Abend zeigte sich wieder einmal, dass hier ein in Hamburg oft ausgebremster Umweltverband (z.B. Engagement für den Wohldorfer Wald) seine gesellschaftliche Aufgabe auf hohem Niveau verantwortlich wahrnimmt. Selbst der auf dem Podium anwesende Präses der Handelskammer zeigte sich erstaunlich zugänglich. Senatorin Anja Hajduk propagierte zwar den Aufbruch zur Europäischen Umwelthauptstadt Hamburg 2011, wie und wo lokale Strukturen das befördern sollen, ließ sie offen. Da fährt dann ein PR-Zug durch Europa – toll? Die nachgebesserte Umstrukturierung des Umweltzentrums Karlshöhe lässt für uns hier in Wandsbek hoffen. Die für 2012 geplante Abschaffung der Umweltberatung in den Bezirken ist allerdings nicht hinnehmbar und kann nicht durch Aufklärung per Hochglanzbroschüren ersetzt werden. Die Prozesse die zu nachhaltiger Entwicklung in Hamburg führen, müssen in unseren 104 Stadtteilen direkt ansetzen und sie sollten auf jeden Fall ein menschliches Gesicht haben (keine PR-Auftragsarbeiten).
Junge qualifizierte „Zukunftspiloten“ sollten gut ausgestattet in den Bezirken den Bezirksamtsleitern beim Nachhaltigkeitsmanagement zur Seite stehen. Die Verfolgung von bloßen Umweltanliegen beinhalten doch meist nur, dass in Hamburg „der Beton grün angestrichen wird“. Den Sprung zur grundlegenden nachhaltigen Entwicklung haben 16 Oberbürgermeister in Zusammenarbeit mit dem Nachhaltigkeitsrat des Bundes (www.Nachhaltigkeitsrat.de) in ihrer Erklärung“Strategische Eckpunkte für eine nachhaltige Entwicklung in Kommunen“ gemacht. Diese Absichtserklärungen sind richtig und wichtig. Solche Bürgermeister lobe ich mir. Das Leben wie wir es heute kennen ist ein Auslaufmodell. Wir müssen heraus finden, wie wir z.B. mit weniger Öl in Hamburg klar kommen.
Einige Risse in Hamburger Betonköpfen könnte die vom Hamburger BUND, Diakonie und  Zukunftsrat beim Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie in Auftrag gegebene Studie „Zukunftsfähiges Hamburg – Zeit zum Handeln“ doch verursachen. „Die Autoren verlassen die Pfade bekannter politischer Debatten, provozieren mit innovativen Ideen und Denken das Unvorstellbare. Das Buch bietet in den Kapiteln „Verwalten, Versorgen, Wachsen, Wertschöpfen, Leben und Arbeiten“ eine fundierte Analyse der Situation in der Hansestadt sowie Antworten auf die Herausforderungen nachhaltiger Stadtpolitik in den nächsten Jahren. Sie zeigt sowohl politische als auch individuelle Alternativen auf und macht Mut zum Handeln“ Es werden Handlungsansätze gezeigt, die Hamburg konkret voranbringen können. Das verdient größte Beachtung und den Dank unserer Stadt für solch eine anspruchsvolle Leistung. Als besonderes Geschenk zum Neuen Jahr ist dieses preiswerte Buch besonders geeignet, dessen Verbreitung man nur dringend wünschen kann. (sto)
Zukunftsfähiges Hamburg, Zeit zum Handeln; Dölling und Galitz Verlag, 256 Seiten, 9,90 Euro

Unproduktive Zeiten sind auch ein Gewinn
Jeder kennt es: Das Gefühl, wieder nicht genug geschafft zu haben; schon wieder um: der Tag, die Woche… Und die Zeit hat wieder nicht ausgereicht, um alles zu erledigen, was man sich vorgenommen hatte. Und Zeit genommen für Augenblicke der Muße hat man sich schon gar nicht: einen Spaziergang am Sonntag, ein Gespräch mit einem Freund, einen Leseabend: „Keine Zeit gehabt“ muss als Ausrede herhalten. Unser Alltagsleben beinhaltet allenthalben ruheloses, überhastetes Zeit-Handeln; es gilt – im Berufs- wie im Privatleben – der Imperativ der Beschleunigung, des Zeitsparens. Wir nutzen, wenn möglich, die aktuellsten elektronischen Medien, mit denen sich alles vermeintlich noch schneller erledigen lässt, machen mit Vorliebe mehrere Dinge gleichzeitig, um mehr Zeit „danach“ zu haben – und stellen erstaunt fest, dass uns die Zeit doch nur unentwegt davonläuft.
Zurück bleibt allzu oft ein Gefühl der Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, des Stresses, ein vages Gefühl des Mangels an Lebensqualität. Karlheinz A. Geißler – einer der bekanntesten Zeitforscher Deutschlands – setzt dagegen: Die Zeit ist reif für ein Innehalten in diesem Leben des immer schneller, immer mehr…, denn Zeit ist eben NICHT Geld, sondern „Zeit = Leben“: die EIGENE LEBENSZEIT. Bei allen Vorgaben durch Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wie diversen Regelungen der Arbeitszeit, der Schulzeiten, der Ladenöffnungszeiten usw. hat der einzelne doch die Möglichkeit eines bewussten Umgangs mit seiner Zeit. Es gilt, die Zeitgewohnheiten infrage zu stellen, denen wir in unserem Alltag blind folgen und die wir für „natürlich“ halten. Es gilt, der fortschreitenden Ökonomisierung unserer (Lebens)Zeit Grenzen zu setzen und Freiräume zu nutzen und zu schaffen. Der Zeitexperte liefert eine Fülle von Denkanstößen hierzu und weist uns viele Wege, wie wir wieder Herr unserer Zeit und damit unseres eigenen Lebens werden. Er erklärt, warum wir Langsamkeit, Wiederholung und Warten wieder wertschätzen sollten und warum Pausen wichtig sind: als„Reservoir“ unserer Produktivität sind sie eine wunderbare Zwischen-Zeit fürs Nachdenken, Vordenken, zum Abschalten und Verarbeiten. Neben dem aktiven Tun immer wieder auch dem bewussten Nichts-Tun Raum und Zeit geben. Eine bewusste Zeitkultur pflegen heißt das eigene Leben frei und vielfältig gestalten. Denn das gute Leben braucht Zeit. Und Zeit ist die „Freundin fürs Leben“.
Augen öffnend und anregend kommt Geißler den Zeiträubern auf die Spur und bietet Möglichkeiten, sich den Apologeten und Werkzeugen des vermeintlichen Zeitsparens zu widersetzen, indem wir bewusster mit der eigenen Zeit umgehen und damit Leben gewinnen.
Es lohnt sich für diesen kleinen Band aus der Reihe „quergedacht“ (Die kleine Reihe für die großen Themen der Zukunft) Zeit zu nehmen. (sto)
Karlheinz A. Geißler, Lob der Pause. Oekom München 2010, 108 S., 8,95 Euro

Effizienz und Genügsamkeit
Basierend auf dem Mitte der Neunzigerjahre entwickeltem Konzept „Faktor Vier“, mit dem Wohlstandsmehrung und Umwelt- und Ressourcenschutz in Einklang gebracht werden kann (vereinfacht dargestellt: doppelten Wohlstand bei halbiertem Naturverbrauch durch effizientere Technologie zu erreichen), entstand die Idee des „Faktor Fünf“: eines umfassenden Konzepts für ein globales zukunftssicheres und umweltverträgliches Wirtschaften mit fünffacher Erhöhung der Ressourcenproduktivität.
Im ersten Teil des Buches wird von den drei Autoren der ganzheitliche Ansatz „Faktor Fünf quer durch die Wirtschaft“ vorgestellt. Unter Effizienzaspekt analysiert werden dabei insbesondere die Branchen mit dem höchsten Energie-, Wasser- und Materialverbrauch (Gebäude, Stahl und Zement, Landwirtschaft und Verkehr) sowie die Schlüsseltechnologien zur Reduzierung von Treibhausgasen, und zwar für Industrie- und Entwicklungsländer.
Im zweiten Teil des Buches untersucht E. U. v. Weizsäcker dann die Probleme der Umsetzung des Konzeptes sowie Steuerungsinstrumente für Wirtschaft und Politik. Dabei plädiert er für eine neue Balance zwischen Staat und Markt mit weniger Marktüberschätzung. Bedenkenswert sind seine Überlegungen zu einer neuen Genügsamkeit, die zu „viel Glück mit wenig Verbrauch von Waren“ führen soll. Die Vision für nachhaltiges Wachstum in der Welt lautet also: Effizienz und Genügsamkeit. (sto)
Ernst Ulrich von Weizsäcker, Karlson Hargroves, Michael Smith: Faktor Fünf. Droemer München 2010, 432 S., 19,95 Euro

Geld kann man nicht essen
Täglich erscheinen Ratgeber für ein glückliches und erfolgreiches Leben – meistens auf dem Niveau von Fernsehfilmen, die sich mit den individuellen Problemen der oberen Mittelschicht abgeben. Der kritische Blick auf unsere Gesellschaft ist dabei oft verstellt. Arbeit für das Lebensnotwendige erscheint nur, wenn überhaupt am Rande. Über Geld spricht man nicht, es ist einfach vorhanden. Dabei ist Geld in unserer Gesellschaft das alles bestimmende Maß.
Veronika Bennholdt-Thomsen lehrt als Professorin an der Universität für Bodenkultur in Wien und leitet das Institut für Theorie und Praxis der Subsistenz in Bielefeld. Sie stellt in ihrem Essay „Geld oder Leben“ grundsätzliche Überlegungen zu einem gelungenen individuellen wie gesellschaftlichen Leben an: „Über Jahrzehnte hinweg haben wir geglaubt, nichts sei wichtiger, als viel Geld zu machen. Und die Erfahrung des Wirtschaftswunders und der prosperierenden Jahrzehnte schienen uns recht zu geben. Und lange schien es kein Problem, das Geld jederzeit in konkrete Dinge zurückzuverwandeln, in Essen, Kleidung und das Dach über dem Kopf… Was aber, wenn diese Verwandlung nicht mehr funktioniert? Dann wird uns bewusst, dass Geld zwar die Eigenschaft hat, sich in Luft aufzulösen, wie es seit Beginn der Finanzkrise massenweise geschieht, aber nicht, uns satt zu machen – kurzum, dass man Geld nicht essen kann… Um den konkreten, stofflichen, lebenserhaltenden Wert von Dingen und Diensten statt nur den Geldwert wahrnehmen zu können, brauchen wir einen gesonderten Begriff: „Subsistenproduktion“ oder Lebensproduktion… Bei der Subsistenzwirtschaft ist das Ziel „Leben“. Bei der Warenproduktion ist das Ziel Geld, das immer Geld produziert, oder die Akkumulation des Kapitals. Leben fällt gewissermaßen als Nebenprodukt an.“
Die Autorin möchte eine Debatte anstoßen, wie wir zu einer souveränen Politik des Alltags kommen, bei der wir in Zukunft das Lebensnotwendige erwirtschaften und die gegenwärtigen Mechanismen der Zerstörung (des Planeten) und Verarmung (des Großteils der Weltbevölkerung) aufhalten. Und dabei darf Geld nicht allein das maßgebliche Entscheidungskriterium unseres Handelns sein. Es ist höchste Zeit, unser Finanz- und Wirtschaftssystem grundlegend zu hinterfragen. Die Autorin plädiert für ein selbstbestimmtes regionales Wirtschaften jenseits von Wachstumszwang und Gelddiktat – und dafür, handwerkliches Tun wieder wertzuschätzen. Eine mutige und wichtige Schrift, die in ihrer Kürze und Übersichtlichkeit besonders als Diskussionsgrundlage geeignet ist. Klein, aber gut „quergedacht“. (sto)
Veronika Bennholdt-Thomsen: Geld oder Leben, Oekom Verlag, 8,95 Euro

Die Grenzen des Denkens
Vorweg: Auf Platz zwei meiner Umweltbibliothek – Nr. 1 häMeadowsGrenzen_des_Denkenslt Rachel Carsons „Stummer Frühling“ – steht ein von Donella H. Meadows persönlich gewidmetes Exemplar des berühmten Buches „Grenzen des Wachstums“. Als wir als Studenten 1972 eine Umweltgruppe am Fachbereich Biologie gründeten, wurde mit diesem Werk der „Zeitgeist“ formuliert: Die Ressourcen auf der Welt sind endlich und wir haben nur diese eine Erde. Geht vernünftig damit um und tut was für sie!
Dem Oekom Verlag sei Dank, hat er ein Vermächtnis von D.H. Meadows posthum verlegt: „Die Grenzen des Denkens – Wie wir sie mit System erkennen und überwinden können.“ Meadows erklärt in diesem Buch, wie komplexe Systeme funktionieren und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. In ihrer Arbeit hat sie die ZusammMeadowsGrenzenWachstumenhänge ergründet, die hinter den Problemen unserer Zeit stehen – ob Überbevölkerung, Klimawandel oder die Ausbeutung der letzten Ölreserven. Die Ursachen, weiß Meadows, sind nie eindimensional: Verschiedenen Faktoren überlagern oder verstärken sich. Sie zeigt, wie wir diese Abhängigkeiten erkennen und uns zunutze machen können. Ihr Fazit: „Wir können Systeme weder beherrschen noch sie enträtseln. Aber wir können mit ihnen tanzen.“
Das Besondere ihrer Arbeit ist, dass sie das Alltagsgeschehen immer mit einbezieht – als äußerlich sichtbares Zeichen komplexer Systeme. Diese macht sie verständlich, indem sie sie mit klarer Sprache und praxisnahen Beispielen erklärt. Auch liefert sie das Handwerkszeug, um für das Wohl des Ganzen zu arbeiten und die Qualität der Güteziele nicht zu verwässern. So leicht war es noch nie, die Welt zu durchschauen! (sto)
Donella H. Meadows: Die Grenzen des Denkens; Oekom Verlag 2010, 19,90 Euro

Der Tanz um das goldene Kalb
Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko durch die Deepwater Horizon ist eine der größten Umweltkatastrophen der USA und doch schon wieder im Begriff, in ihrer Bedeutung in Vergessenheit zu geraten. Dabei gibt es eine lange „Blutspur“ durch das Schwarze Gold, um das Kriege geführt werden und das Menschen, die in der Nähe der Ölquellen leben, einer sicheren ökologischen Katastrophe ausliefert.
Peter Maass, Journalist des New Yorker Time Magazine, zeigt, wie der begehrte Rohstoff die Länder bestraft, die ihn besitzen; wie er jene korrumpiert, die mit ihm handeln und die Welt verwüstet, die nach ihm dürstet. Wer über den Ölhahn bestimmt, führt ein blutiges Geschäft: Vier Jahre lang hat Maass weltweit recherchiert und ein fundiertes, dem investigativem Journalismus verpflichtetes Buch geschrieben, das unter die Haut geht. Mensch und Umwelt in den Förderländern zahlen einen hohen, der Forderung nach grenzenloser ölfressender Mobilität in den Industrieländern geschuldeten Preis. Die dadurch verursachten in diesem Buch aufgedeckten Ungerechtigkeiten werden von den großen Verbraucherländern billigend in Kauf genommen, um sich ihren Anteil an den Fördermengen zu sichern. Vor diesem Hintergrund stellt sich der – gerade in Hamburg immer wieder bejubelte – Kreuzfahrtboom als eine Perversion sozialen Handelns dar, schlucken die Giganten doch riesige Mengen des schwarzen Goldes. Der „Tanz um das Goldene Kalb“, ölgestützt, läuft auf vollen Touren, bis der Tank leer ist. Der „Reservekanister“ Ölsandgewinnung, die aktuell im großen Maßstab im Nordwesten Kanadas angelaufen ist, vernichtet große Waldflächen und vergiftet wertvolle Trinkwasserreserven. „Die Ölsandförderung ist gleichsam die in Zeitlupe ablaufende Landversion der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko.“ (Canada`s Oil Sands. Shrinking Window of Opportunity; www.ceres.org). „Dieses Buch ist ein Muss für alle, die über das internationale Ölbusiness und seinen Einfluss auf unser Leben Bescheid wissen wollen“ formuliert der San Francisco Chronicle. Recht hat er. Und liefert weitere starke Argumente für eine wirkliche Energiewende jetzt. (sto)
Peter Maass: Öl. Das blutige Geschäft, Droemer 2010, 352 Seiten, 19,95 Euro

Risikotechnologie Atom
In der Reihe quergedacht präsentiert der Münchner oekRosenkranz_Mythenom-Verlag unterhaltsame Denkanstöße zu den Fragen der Zeit. Der neueste Band befasst sich mit den Lügen, die die Atomlobby benutzt, um die Stromerzeugung durch Kernspaltung als probates Mittel gegen die Erderwärmung zu preisen. Hier das marode Atomlager Asse, dort das störungsanfällige AKW Krümmel, neuerdings das Feuer in Russland, das radioaktives Material vom Tschernobyl-Gau wieder aufwirbelt: Die Schlagzeilen um die Nutzung der Atomkraft wollen nicht enden. Zeitgleich stellt die neue Bundesregierung Laufzeitverlängerungen in Aussicht, werden Lobbyisten nicht müde, die umstrittene Technologie als sicher darzustellen. Wer soll das verstehen? Der Band „Mythen der Atomkraft“ liefert das überfällige, atomkritische Know-how zur Debatte, zeigt Alternativen auf und entlarvt die Atomenergie als das, was sie ist: eine unverantwortliche und teure Risikotechnologie, die auch nicht als Übergangsstrategie ins Solarzeitalter taugt und ebenso wenig aus Gründen der Versorgungssicherheit benötigt wird. Die Heinrich-Böll-Stiftung wird weitere Schriften zum Thema Atomenergie herausgeben: www.boell.de. (WUZ)
Gerd Rosenkranz: Mythen der Atomkraft. Hrsg. Heinrich-Böll-Stiftung, Oekom 2010, 109 Seiten, 8,95 Euro

Lasst uns Bäume pflanzen
Mit einem Schulreferat fing alles an. 2007 erklärte der damals neunjährige Felix Finkbeiner seinen Mitschülern, wie der Treibhauseffekt funktioniert und welche schlimmen Folgen der weltweite Temperaturanstieg hat. Aber er hatte auch gelesen, dass Bäume die gefährlichen Treibhausgase binden können. So beendete er sein Referat mit den Worten „Lasst uns Bäume pflanzen“. Das war der Beginn der Initiative „Plant for the planet“ (zu Deutsch: Pflanzen für den Planeten), die er zusammen mit seinen Schwestern und Schulfreunden ins Leben gerufen hat. Ehrgeiziges Ziel: in jedem Land der Welt eine Million Bäume zu pflanzen. Die inzwischen in 72 Ländern aktive Schülerinitiative hat bis heute weltweit über 1.000 Klimabotschafter ausgebildet und in drei Jahren fast eine Million Bäume gepflanzt und damit schon mehr bewegt als manches Gipfeltreffen. Für sein Engagement hat Felix prominente Unterstützer gefunden, vom ehemaligen Umweltminister Sigmar Gabriel über den Friedensnobelpreisträger Al Gore bis zu den Vereinten Nationen.
In dem im Mai erschienenen Buch „Baum für Baum. Jetzt retten wir Kinder die Welt“, zeigen Felix und seine Freunde, wie sie sich tatkräftig und erfolgreich für eine lebenswerte Zukunft einsetzen. Sie wollen für ihre Ziele und Ideen begeistern, um noch viele andere Kinder zu eigenen Aktionen zu ermutigen. Dabei beschreiben sie nicht nur ihre Arbeit, sondern geben auch Tipps zum Nachmachen. Das Buch erklärt – auf ganz einfache Weise – den Klimawandel und zeigt an vielen Beispielen, wie Kinder und Erwachsene in ihrem eigenen Alltag und mit kleinen Taten selbst aktiv werden können – bis hin zum Engagement bei Plant-for-the-Planet. „Baum für Baum“ ist ein Mut- und Mitmacher-Buch für alle Generationen, denn mit Reden allein ist die Klimakatastrophe nicht aufzuhalten. Weitere Informationen unter: www.plant-for-the-planet.de. (WUZ)
Felix & Freunde: Baum für Baum, Oekom-Verlag 2010, 12,90 Euro

Geld kann man nicht essen
Wachstum=Wohlstand. So lautet seit Jahrzehnten der oberste Glaubenssatz unserer Gesellschaft. Wer ihn infrage stellt, gilt als weltfremd. Aber stimmt er wirklich noch? Sind nicht längst diejenigen weltfremd, die unbeirrt an ihm festhalten? In seinem wegweisenden Buch zeigt Meinhard. Miegel, dass heutiges Wachstum unseren Wohlstand nicht mehrt, sondern auf dramatische Weise verzehrt. „In ihrem Wachstumswahn haben sich zunächst die Völker der früh industrialisierten Länder und mittlerweile große Teile der Menschheit heillos übernommen. Nicht nur verbrauchen sie unersetzliche Rohstoffe, Natur und Umwelt in rasender Geschwindigkeit, auch die nachwachsenden Ressourcen reichen nicht mehr aus, um die Gier zu befriedigen.“ Bis Mitte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts bestand noch ein Gleichgewicht zwischen dem Verbrauch solcher Ressourcen und globaler Erneuerungsfähigkeit. Jetzt ist bereits im September aufgezehrt, was bis Silvester hätte reichen müssen: The Overshoot Day ist der Tag im Jahr, an dem verbraucht ist, was eine sich selbst erhaltene Natur binnen zwölf Monaten liefern kann. Und dieser Tag liegt in jedem Jahr früher (2008 war es der 23.September). Was ab diesem Datum geschieht, ist Raubbau, bei dem die Erde von Jahr zu Jahr ärmer wird. Was heute als Wohlstandsgewinne ausgegeben wird, sind in Wahrheit immer häufiger Hypotheken auf die Zukunft.
Ursache für diesen Raubbau ist der Wachstumswahn, den Meinhard Miegel in seinem Buch kritisiert. Die vermeintliche Koppelung von Wohlstand und Wachstum wird demaskiert, Wohlstand ohne (quantitatives) Wachstum ist möglich. Gibt es schon für die finanziellen Verschuldungen der Gesellschaften keine Tilgungspläne (oder nur unzureichende), so ist der verschwenderische Umgang mit den Schätzen der Natur und ihre Übernutzung ein Desaster – so z.B. das Artensterben. Wer sich mit der Frage, ob unsere Wirtschaft ewig wachsen und wie Wohlstand langfristig gesichert werden kann, auseinandersetzen will, kommt um EXIT nicht herum – ein außerordentlich „gefährliches“ Buch für alle, die einfach so weitermachen wollen wie bisher; sie könnten auf bessere Gedanken kommen, denn Geld werden wir nicht essen können… Miegel regt an, er will nicht Recht haben, sondern lässt dem Leser Raum für eigene Gedanken, für eine eigene Meinung. (sto)
Meinhard Miegel: EXIT. Wohlstand ohne Wachstum; Propyläen Verlag, Berlin 2010, 22,95 Euro

Was ist Nachhaltigkeit?
Wer sich eine Zukunft wünscht, die nachhaltig sein soll, kann sich jetzt mit Ulrich Grober auf eine spannende Reise zu den Wurzeln dieses Begriffs und seine interessante „Evolution“ begeben: „Nachhaltig ist heutzutage alles, von der Diät bis zum Ausbau der Kapitalkraft. Nachhaltigkeit ist aber unser ursprünglichstes Weltkulturerbe, ein Begriff, der tief in unserer Kultur verwurzelt ist und den es vor seinem inflationären Gebrauch zu retten gilt… In diesem anschaulich erzählten Buch wird der Begriff „Nachhaltigkeit“ neu vermessen. Vor fast 250 Jahren avancierte er zum Leitbegriff des deutschen Forstwesens und bezeichnet seitdem die Verpflichtung, Reserven für künftige Generationen nachzuhalten. Das von Hans Carl von Carlowitz 1713 erstmals beschriebene Dreieck der Nachhaltigkeit – ökologisches Gleichgewicht, ökonomische Sicherheit und soziale Gerechtigkeit – ist heute als „sustainable development“ in aller Munde.“ (Klappentext) Grober zeigt auf, dass die Nachhaltigkeitsidee ein Kind der Krise ist, aber auch die Entstehung eines neuen Bewusstseins markiert: Diese Lektüre ist wahrlich ein Genuss und man kann nur hoffen, dass „Nachhaltigkeit“ ein Begriff für „alle Welt“ wird – schon jetzt das beste Buch des Jahres! (sto)
Ulrich Grober: Die Entdeckung der Nachhaltigkeit. Kulturgeschichte eines Begriffs, Antje Kunstmann Verlag 2010.

Nachhaltige Entwicklung vor Ort
VorbemKnox_Kleinstädte_und_Nachherkung aus persönlicher Erfahrung: Die Stadt Hamburg hat sich in eine Gegensätzlichkeit von Rathaus („Zentrale“) und Stadtteilen begeben, die eine nachhaltige Entwicklung vor Ort immer schwerer macht. Der „Konzern Freie und Hansestadt Hamburg“ entkernt seine Stadtteile sozial, ökologisch und kulturell am eigentlichen Eigentümer – den Bürgern – vorbei. „Viel-Harmonie“ in den Stadtteilen ist nicht angesagt, sondern „happy hour“ auf Umwelt verpestenden Kreuzfahrtschiffen an der Waterkant. Nicht steuerfinanzierte Schaffung von Strukturen für nachhaltige Alltagskultur vor Ort mit Bürgerbeteiligung ist erwünscht, sondern es drohen Gebührenstaat, Entmündigung des Bürgers als „Kunde“, Missbrauch ehrenamtlicher Tätigkeit und die Übernahme von öffentlichem Leben durch privatwirtschaftliche Stiftungen, deren Tätigkeit sich einer demokratischen Kontrolle vollkommen entziehen kann. Für die Bürger Hamburgs lebt ihre Stadt durch lebendige Kultur in den 104 Stadtteilen, und nicht in erster Linie durch Prestigeobjekte wie die Hafencity!
Und jetzt zum Buch: Dass es auch anders geht, zeigt die Studie über „Kleinstädte und Nachhaltigkeit“. Die Autoren nehmen den Leser mit auf eine Weltreise zu Orten, deren Bürger sich den Herausforderungen einer schnelllebigen globalisierten Welt mit Erfolg gestellt haben. Dabei ist die Lage von Kleinstädten in der Welt meist nicht rosig; auch sie sind in ihrer kulturellen Vitalität angesichts knapper Kassen bedroht. Aber es gibt Beispiele, von denen wir wirklich lernen können, wie sich städtische Zukunft erfolgreich nachhaltig gestalten lässt und worauf es dabei ankommt: Eine Auswahl der behandelten Themen: Mobilisierung für den Wandel; nachhaltige Wirtschaftsformen; Geselligkeit, Gastlichkeit, regionale Produkte, Kunst und Kultur; die institutionelle Infrastruktur: Bündnisse, lokales Kapital und bürgerliches Engagement. Die vielen Fotos unterstützen den Eindruck: Es geht – wir müssen es nur wollen. Wie schön wäre es, wenn viele Hamburger mit diesem Bewusstsein und dieser Fundgrube von Anregungen eine neue Entwicklung von Nachhaltigkeit in den Stadtteilen betreiben könnten und würden. Dieses Buch für Kopf- und Stadtentwicklung hat Qualitäten für Einsteiger und Fortgeschrittene. (sto)
Paul L. Knox, Heike Mayer: Kleinstädte und Nachhaltigkeit. Konzepte für Wirtschaft, Umwelt und soziales Leben, Birkhäuser Verlag 2009

Al Gore legt nach: „Wir haben die Wahl“
Alle müssen sich anstrengen, eine nachhaltige LebensweiseAlgore zu schaffen. Dazu bedarf es nicht nur einer anderen Einstellung, sondern auch einer anderen Kultur und eines anderen Verhaltens. Das ist mehr als unbequem. Al Gore lässt nicht locker: Er gibt einen gekonnt fundierten Überblick über die effektivsten uns heute zur Verfügung stehenden Lösungen, die zusammen genommen die Klimakrise entscheidend beeinflussen können. Die umfangreiche, gut illustrierte Darstellung ist vielleicht zu optimistisch geraten, liefert für einen Aufbruch unter persönlicher Beteiligung am Epochenwechsel aber genau die richtige Schubkraft. (sto)
Al Gore: Wir haben die Wahl. Ein Plan zur Lösung der Klimakrise. 416 Seiten, durchgehend farbig illustriert, 21,95 Euro

Wechselvolle Geschichte
Hamburgs Geschichte ist vom Handel beeinflusst. Traditionsreiche Kaufmannsfamilien prägen und prägten das Leben in der Hansestadt. So auch die Familie Ohlendorff, die durch den Guano-Handel vor dem Ersten Weltkrieg zu den wohlhabendsten Bürgern der Stadt wurden. Karin von Behr erzählt in ihrem Buch „Die Ohlendorffs – Aufstieg und Untergang einer Hamburger Familie“ auf 176 Seiten, illustriert mit vielen Fotos, die Geschichte, die im Botanischen Garten am Dammtor begann und in Volksdorf endet. Die Brüder Heinrich und Albertus ließen viele herrschaftliche Villen und Kontorhäuser bauen, von denen nur noch die Villa in Volksdorf existiert. Häuser und Gartenanlagen werden in dem Buch genauso beschrieben wie die weitläufigen Familienbande und Ereignisse, sowie das Leben der Familie in Hamm, an der Alster, in der Innenstadt und in Volksdorf. Das Vorwort schrieb Bürgermeister Ole von Beust, der die Kapitel über die Walddörfer im Buch besonders hervorhebt. (WUZ)
Edition Temmen, 14.90 Euro.

Das Alstertal von A bis Z
Wer weiß schon, dass Sasel bis 1972 ein Kino hatte, dass es in Alstertal LexikonPoppenbüttel einen Güterbahnhof gab oder dass die Ohlstedter Feuerwehr 1925 Hamburgs erste Motorspritze bekam? Ein umfassendes Nachschlagewerk über das Alstertal hat die Sozialhistorikerin Dr. Angelika Rosenfeld jetzt zusammengestellt. Die über 500 Stichworte beziehen sich auf die Stadtteile entlang der Alster von Duvenstedt bis Klein Borstel. Der Leser erfährt Interessantes über die Geschichte, alte Flurnamen, bedeutende Personen, Vereine, Straßennamen, Gebäude, die Natur entlang der Alster und vieles mehr. Von „Aalort“ (Flurname in Sasel) bis „Zur Quelle, Gasthof“ (ehemalige Gaststätte in Mellingstedt) gibt das „Alstertal-Lexikon“ auf über 200 Seiten einen Überblick über die historische Kulturlandschaft des Alstertals. 375 Abbildungen und Karten, viele davon in Farbe (u.a. auf Seite 74 ein Foto aus der WUZ), bereichern die Darstellung und liefern zusätzliche Informationen. Niederdeutsche Begriffe werden übersetzt und örtliche Bezüge erläutert. (WUZ)
DOBU-Verlag, 24,90 Euro.

Ausverkauft. Wie das Gemeinwohl zur Privatsache wirdEdition_le_monde_diplomatique_06_ausverkauft
Ob Gesundheitswesen oder Bildung, Schienennetze oder Internet, Luftraum, Weltmeere oder Polregionen – die öffentlichen Güter wecken private Interessen. Der Staat wird als Vollzugsgehilfe für einen schleichenden Privatisierungsprozess eingesetzt. „Ausverkauft“ aus der Reihe Edition Le Monde diplomatique ist ein „Augenöffner“ für die vielfältige Problematik dieser Entwicklung. Der Bürger steht dabei hilflos vor der politisch gewollten und behördlich vollzogenen gesellschaftlichen Enteignung. Das öffentliche Eigentum schwindet und damit auch der öffentliche Raum (wie z.B. beim Bürgerhaus in Wandsbek). Jeder muss letztlich selbst sehen, wo er bleibt. Aber – und auch das macht diese Schrift klar – soweit muss es nicht kommen: Eine lebendige Bürgergesellschaft kann sich den öffentlichen Raum erhalten, zurückgewinnen oder den „Ausverkauf“ verhindern, wenn sie wachsam ist. Wer sich mit dieser Veröffentlichung befasst, erfährt, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Die Themenbereiche sind u.a.: Die Privatisierung des Wissens in der marktwirtschaftlichen Universität; Privater Reichtum – öffentliche Armut; Wem gehören die Gene? Private Altersversorgung oder staatliche Rente? Das Kräfteverhältnis zwischen einer lebendigen Bürgergesellschaft, dem Markt und dem Staat muss neu bestimmt werden. Die Verfügungsrechte über die gesellschaftlichen Reichtümer dürfen nicht preisgegeben werden. Darum geht es auch in dem Sammelband. (sto)
Ausverkauft. Wie das Gemeinwohl zur Privatsache wird. Robert Darnton, Edition Le Monde diplomatique, 8,50 Euro
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WUZ 47 Januar 2010:
Wem gehört die Welt? Zur Wiederentdeckung der Gemeingüter

„Gemeingüter sind allgegenwärtig. Sie machen einen Gutteil unseres Reichtums aus… Menschen kämpfen in ganz unterschiedlichen Organisationsformen lokal und global für faire Zugangsrechte zu sauberem Trinkwasser, für den Erhalt der Saatgutvielfalt, für freie Software und freien Austausch von wissenschaftlichem Wissen und für vitale öffentlich Räume… Das ist alltagsrelevant und aufregend.“ Aufregend und anspruchsvoll ist diese Aufsatzsammlung, die in dem Aufruf „Schützt die Gemeingüter“ von Vandana Shiva gipfelt. Sie befördert die öffentliche Diskussion um das Verhältnis von öffentlichem Eigentum und privater Aneignung auf hervorragende Weise. (sto)
Wem gehört die Welt? Zur Wiederentdeckung der Gemeingüter, Silke Helfrich und Heinrich Böll-Stiftung (Hrsg.), 24,90 Euro

INFO
Aus dem Glossar zu Commons/Gemeingüter
„Commons sind von der…Gemeinschaft geteilte Werte oder Interessengegenstände. Sie sind ein gemeinsames Erbe, das, was einer Gemeinschaft überliefert wurde oder was im Ergebnis kollektiver Produktion entstand…: Biodiversität, Land, Wasser, Handlungswissen, (Transport-)Netzwerke, Sprache oder kulturelle Rituale. Ohne diese Gemeingüter gibt es keinen sozialen Zusammenhalt, keine Gemeinschaft… Den Menschen die Gemeingüter zu nehmen zerstört die Gemeinschaft, und die Zerstörung der Sozialbeziehungen würde wiederum die Zerstörung der Gemeingüter zur Folge haben. Die sogenannte „Tragik der Allmende“(Hardin) ist also keine Tragik der Gemeingüter, sondern eine Tragik der menschlichen Gemeinschaft.“

Ein Atlas bringts: Globalisierung konkret!
Den KoAtlas der Globalisierungpf in den Sand stecken? Ziemlich dunkel da, kein Durchblick, keine Idee – Weltbürger? Fehlanzeige! Besser ist es, den Kopf in den „Atlas der Globalisierung“ von Le Monde diplomatique zu stecken – man wird garantiert klüger. So viel anschauliche und präzise dargestellte Information zur Lage unserer Welt gab es noch nie, und das für jeden erschwinglich. Was soll da der Kopf im Sand – werden wir Weltbürger mit diesem Atlas mit dem Untertitel „Sehen und verstehen, was die Welt bewegt“.
Der politische Reiseführer ist doppelt so umfangreich wie sein Vorgänger 2006 und mit 300 Karten und Schaubildern in sechs Kapitel unterteilt. Die Karten sind überraschend: Sie liegen irgendwo in der „Mitte zwischen Realität und geistigem Bild“ (Kartograph Philippe Rekacewics): Diese visuelle Interpretation der Globalisierung mittels Buntstift soll die Gefühlsdimension wiederherstellen, die der gedruckten „kalten“ wissenschaftlichen Karte fehlt. Das 1.Kapitel „Neue Weltkunde“ beschreibt jeweils auf einer Doppelseite Themen wie Wasser, Rohstoffe und religiösen Fundamentalismus. Die fünf weiteren Artikel lauten „Kapitalismus in der Krise“, „Zukunft der Energie“, „Viele Hauptstädte, viele Ansichten“,  „Kompliziertes Afrika“ und „Ungelöste Konflikte“.
Der neue „Atlas der Globalisierung“ verbreitet anschaulich aktuelle Erkenntnisse, die für vernünftiges Handeln lebenswichtig sind – ein gutes Geschenk besonders für junge Menschen, speziell die gebundene Ausgabe mit CD und großer Karte. (sto)
Le Monde diplomatique (Hrsg.): Atlas der Globalisierung, 214 S., 13 Euro – gebundene Ausgabe 23 Euro

Epochenwechsel – Plädoyer für einen grünen New Deal
Michael Müller und Kai Niebert treten dem unheilvollen neoliberalem Experiment mit einem Sofortprogramm energisch entgegen: mit Effizienzrevolutionen, „Leitplankenkonzepten“ und vielen Umwelt-Tipps für den Alltag – sachkundig, voller Elan und alles auf den neuesten Stand gebracht. Müller – ein über Parteigrenzen hinweg renommierter Nachhaltigkeitsexperte im Bundesumweltministerium – zieht schonungslos Bilanz, Niebert steht ihm als Wissenschaftsdidaktiker bei der Vermittlung zur Seite. Im ersten Teil werden bei der Analyse der Lage (An einem Wendepunkt) die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeitsdiskussion  übersichtlich dargestellt, dabei in die Begriffswelt der Nachhaltigkeit knapp und präzise eingeführt; im zweiten Teil werden Ziele benannt und Perspektiven aufgezeigt (Leitidee Nachhaltigkeit) und schließlich als „grüner New Deal“ konkrete Wege aus der Klima-, Rohstoff- und Finanzkrise beschrieben.
Im Fokus stehen dabei Ingenieure und Techniker, die die Effizienzrevolution verwirklichen können, und Politiker, die den Mut haben, Klartext zu reden bei der Beendigung überholter  ökonomischer, politischer und sozialer Vorstellungen, um eine nachhaltige Gesellschaft zu verwirklichen.
Durch dieses Buch bestens informiert wird dem Leser klar: Jeder einzelne kann zu einem grünen New Deal beitragen – kein Buch für die einsame Insel, sondern für direktes gesellschaftliches Engagement! (sto)
Michael Müller, Kai Niebert: Epochenwechsel; Oekom, München 2009, 279 S., 25 Euro

Mensch, was nun? – Wie wir der ökologischen Krise begegnen können
Meissner-mensch-was-nunMenschen, die sich der ökologischen Krise stellen, geraten oftmals in eine schwierige persönliche Krise; man möchte verantwortlich handeln und doch nicht von seinen Mitmenschen als Besserwisser oder gar Apokalyptiker angesehen werden.
Dabei kommen wir mit altem Denken nicht mehr weiter; wir sägen am eigenen Ast, wenn wir nicht umdenken und Vorsorge betreiben – wer darauf in Gesellschaft oder im Freundeskreis aufmerksam macht, macht sich nicht unbedingt beliebt. Ständige Meldungen zu ökologischen Problemen wie dem Klimawandel, Nahrungsmangel oder der Ölverknappung führen zu Frust und Lähmung. Da helfen Überlegungen, wie man die gefühlte Ohnmacht überwinden kann.
Angesichts der Meadows-Studie haben wir schon 30 kostbare Jahre verloren. Der Autor Andreas Meißner nimmt den Leser als Psychiater und Therapeut an die Hand, wenn er die Auswirkungen der gegenwärtige Lage auf den einzelnen diagnostiziert. Er bezieht seine persönlichen Erfahrungen mit ein, so dass sich beim Lesen ein partnerschaftliches Verhältnis aufbaut.
Die drei Kapitel: Lange Wege in die Krise/Fragliche Wege aus der Krise/Eigene Wege in der Krise sind die Meilensteine dieser Wanderung mit einem Therapeuten, die man gestärkt und selbstbewusst beendet, um sich wieder selbst auf den Weg zu machen ohne dabei die Lebensfreude aus dem Blick zu verlieren… Andreas Meißner ist einer, der einem beisteht – trotz alledem! (sto)
Andreas Meißner: Mensch, was nun? – Wie wir der ökologischen Krise begegnen können; Edition Octopus 2009, 305 S., 17,50 Euro

Wer steckt dahinter?
Neu erschienen bei der Landeszentrale für politische Bildung ist das Buch von Rita Bake „Wer steckt dahinter? Nach Frauen benannte Straßen, Plätze und Brücken in Hamburg“. Die fünfte aktualisierte Auflage bietet eine Auflistung aller nach Frauen benannten Straßen, Plätzen und Brücken. Von den gegenwärtig 9322 benannten Straßen sind 324 nach Frauen und rund 2.000 nach Männern benannt. Die Publikation ist kostenlos im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung, Altstädter Straße 11 erhältlich. Öffnungszeiten: Mo-Do: 13.30-18, Fr: 13.30-16.30 Uhr. (WUZ)

Das Handbuch der Aktiven
PolitiNGO-Handbuchk von unten findet in Deutschland tatsächlich statt – und das täglich! Mehr als 10 Millionen Menschen engagieren sich allein im deutschsprachigen Raum! Das geschieht in unzähligen Initiativen vor Ort als auch in den „etablierten“ Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs). In einem von greenpeace herausgegebenen NGO-Handbuch sind über 400 NGOs angeführt; was sich hinter den Abkürzungen der einzelnen Organisationen verbirgt, wer sich dabei um was kümmert, ist detailliert und mit den entsprechenden Kontakthinweisen angegeben. Die Herausgabe eines solchen kompakten Führers ist ein dringend notwendiges Projekt, wenn man bedenkt, dass schon mehr Bürger allein in den Umweltschutzorganisationen Mitglied sind als in den Parteien. Greenpeace vermittelt mit dieser Veröffentlichung: „Wir sind viele!“ Ein hervorragender Überblick: Danke – greenpeace! Gut gemacht! (sto)
Das NGO-Handbuch. Hrsg.: greenpeace magazin, 24,50 Euro. www.greenpeace-magazin.de

HOME, das Buch zum Film
„Was die Erde braucht, ist eine Menschheit, die sie nicht länger als Supermarkt, sondern als Heimat betrachtet… Ich habe den Film HOME gedreht, um Veränderungen herbei zu führen. Mit diesem Buch gehen mein Team und ich noch einen Schritt weiter: Es soll aufzeigen, wo und wie ökologische und soziale Bewegungen auf der ganzen Welt der globalen Krise entgegen treten.“ Diese Worte schickt der Fotograph und Umweltaktivist Yann Arthus-Bertrand seiner handlichen und beachtenswerten Veröffentlichung voran. Wenn Aufklärung mit den künstlerischen Mitteln eines Fotographen und Information in dieser Weise unermüdlich betrieben wird, dann stellt sich eine tiefe Faszination ein! In dieser „Umweltfibel“ für Erwachsene auf höchstem Niveau wird in knappster Form kompaktes Wissen vermittelt, was den Leser zu fundierter ökologischer und sozialer Bildung in Herz und Kopf gleichermaßen gereicht. HOME ist ein Projekt, dass uns mit nimmt auf eine fantastische Reise zu unserer globalen Heimat, die sich im Lokalen gründet. Für Kinder gibt es eine spezielle Ausgabe. (sto)
Yann Arthus-Bertrand: HOME. Erkennen, sich informieren, verstehen, handeln. 192 Seiten mit 84 Abbildungen, 19,95 Euro. Kinderbuch: Yann Arthus-Bertrand: HOME – Wir retten unsere Erde. Für Kinder ab 9 Jahren. 72 Seiten mit 100 Abbildungen, 12 Euro

Von Asche zum Leben
Die 84-jährige Holocaust-Überlebende Lucille EichengreeVon Asche...n kommt am Montag, 15. Juni um 20 Uhr zu einer Lesung mit Gespräch in das Gemeindehaus der Vicelinkirche am Saseler Markt. Die seit 1945 in Kalifornien lebende Hamburgerin liest aus ihrem lange vergriffenen und jetzt im Konkret Literatur Verlag wieder aufgelegten autobiografischen Buch „Von Asche zum Leben“ (15 Euro).
Cecilie Landau ist 16 Jahre alt, als sie 1941 erfährt, dass die Nazis ihren Vater ermordet haben. Die Zigarrenkiste mit der Asche ihres Vaters aus Dachau, die ein Gestapomann auf den Küchentisch wirft, traumatisiert sie. Noch im selben Jahr wird sie mit Ihrer Mutter und jüngeren Schwester nach Lodz deportiert. Die Mutter verhungert im Ghetto, die Schwester wird in Chelmno ermordet. Cecilie kommt nach Auschwitz. 1944 wird sie nach Hamburg transportiert, wo sie im Außenlager des KZ Neuengamme in Sasel unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten muss. Ihr Leidensweg endet in Bergen-Belsen. Nach der Befreiung des Lagers arbeitet sie für die britische Besatzungsmacht und hilft, untergetauchte SS-Wachmannschaften ausfindig zu machen. „Ihr Buch, ihre traurigen wie erschütternden Erinnerungen sind ehrlich und an keiner Stelle beschönigend. Ihre Beobachtungen beeindrucken mich durch ihre Offenheit und Direktheit. Ihr Schicksal kann jeden mitfühlenden und denkenden Menschen nicht unberührt lassen“, schreibt Ralf Giordano im Vorwort. (WUZ)

Atlas der Globalisierung – spezial Klima
Zeit zu handeln meint Prof. Dr. Andreas Toge, Präsident des Atlas der Globalisierung_KlimaUmweltbundesamtes im Vorwort des „Atlas der Globalisierung – spezial Klima“. Hrsg: Le monde diplomatique. Wer diese hochaktuelle brisante Veröffentlichung in die Hand nimmt, erfährt sehr schnell, warum! Klartext und übersichtliche Grafiken erübrigen das „Geschwätz im Treibhaus“ (M. Hänggi). „Davon haben wir nichts gewusst“ gilt nach dem Studium dieses preiswerten Heftes nicht mehr, Handeln ist angesagt für Politiker, Wirtschaft und Verwaltung, Lehrer, Eltern, Schüler…, für alle, spätestens morgen früh und das vor Ort, wo wir wieder etwas zu sagen haben müssen und verantwortlich handeln können. (sto)
Preis: 10 Euro (ISBN 978-3-937683-16-4).

Empfehlenswerte Zeitschriften, die der Idee der Nachhaltigkeit als Handlungskonzept in unterschiedlicher Weise auf die Sprünge helfen:
natur und kosmos. das Magazin für Natur, Umwelt, nachhaltiges Leben
Jedes Heft dieser Zeitung für alle Generationen spricht Sinne und Verstand des Lesers gleichermaßen an. Es ist als „Familienzeitung“ ein all monatlicher Gewinn an Informationen, erfrischend konsequent und bietet immer aktuellen Gesprächsstoff. Inhalt: Themen aus Biologie, Wirtschaft und Politik, Natur und Wissen, Kunst und Kultur, Verbraucher und Gesundheit. Infos im Internet unter www.Natur.de.
Einzelheft 5,40 Euro, Jahresabo 43,80 Euro (leserservice(ät)natur.de
).

Umwelt aktuell
Informationen für Deutschland und Europa
Hrsg: Deutscher Naturschutzring
Ob in Brüssel neue Gesetze gemacht werden, was in Berlin beschlossen wird oder welche Brisanz eine neue Verbandsstudie hat – Umwelt aktuell hält stets auf dem Laufenden. Alles, was man als Profi oder als Aktiver im Bereich Naturschutz, Umwelt, Nachhaltigkeit wissen muss, findet man hier – kompakt und übersichtlich, Monat für Monat. Die Zeitschrift ist trotz ihrer nüchternen, sachbezogenen Aufmachung faszinierend, denn sie bietet bestes „Werkzeug“ für den lokal engagierten Laien, der sich fit machen will für Auseinandersetzungen mit Parteien und Verwaltung für die Entwicklung von Nachhaltigkeit vor Ort! Rubriken: Themen – Aktuell – Verbände – Service – ökopad News.
Jahresabo 59,90 Euro (oekom@de.rhenus.com).

politische ökologie
Die Zeitschrift für Querdenker und Vordenkerinnen
Hrsg: Verein für ökologische Kommunikation
Jede Ausgabe dieser Fachzeitschrift beginnt mit kurzen, unterhaltsamen Einstiegen in das jeweilige Schwerpunktthema. Dieses beleuchtet jeweils ein zentrales Thema der Nachhaltigkeitsdebatte aus unterschiedlichen Perspektiven. In der Rubrik „Impulse“ werden neue Konzepte und Projekte dazu vorgestellt; eine umfangreiche Medienschau rundet den Schwerpunkt ab. Das „Spektrum Nachhaltigkeit“ liefert Fachbeiträge zu aktuellen Themen der Nachhaltigkeitsdebatte –für den anspruchsvollen Leser ein Vergnügen!
Einzelheft 14,90 Euro, Jahresabo (5 Ausgaben) 59 Euro (oekom(ät)de.rhenus.com).

greenpeace magazin. politik. wirtschaft. umwelt
Diese Zeitschrift ist packend! Ob in den Nachrichten oder Rubriken: Hier wird global und lokal nachhaltiges Betrachten aktueller Themen praktiziert – das ist richtungsweisend! Naturschutz, Konsumverhalten, Rüstungsexporte…, besonders beeindruckend das erste Heft in diesem Jahr „Zur Lage der Menschenrechte“. Sensibilität zu wecken für die Bedeutung der Natur ist zentrales Anliegen der Berichterstattung. Sie ist geeignet, tiefe Betroffenheit beim Leser zu erzeugen und zu Engagement anstatt zu Resignation zu führen! (sto)
Einzelheft 5,30 Euro, ab 3 Ausgaben 3,50 Euro pro Stück, Jahresabo (6 Ausgaben) 26,50 Euro (www.greenpeace-magazin.de).

Wir Schwätzer im Treibhaus
Der Klimawandel ist kein isoliertes Phänomen, sondern Ausdruck einer Lebens- und Arbeitsweise, die ihre eigenen Grundlagen tagtäglich zerstört. Marcel Hänggi analysiert die Grundlagen der Klimapolitik messerscharf und überzeugend. Er diskutiert Sinn und Unsinn der Strategien: vom Emissionshandel über Agrartreibstoffe bis zur Umwelttechnik. Viele hoch gehandelte Konzepte sind Kosmetik und Selbstbetrug! Kosmetik z.B. im Fall der Forderung nach alternativen Antrieben, wenn nicht unser Verkehrssystem dabei grundsätzlich infrage gestellt wird; Selbstbetrug im Fall „CO2-neutraler“ Flüge, die man sich gegen Aufpreis sichert – ein gekauftes gutes Gewissen.
„Wir benehmen uns wie Übergewichtige, die zuviel Fett essen und nun, einsichtig, dass es so nicht weitergeht, statt weniger Fett zusätzlich zu jeder Mahlzeit noch einen Mager-Joghurt verspeisen. Wir brauchen, was schlecht in unsere Zeit passt: eine Kultur, eine Wirtschaft des Weniger.“(Hänggi)
Alle Erkenntnisse über den Klimawandel weisen darauf hin, dass die Situation heute tatsächlich noch schwieriger ist als vor wenigen Jahren befürchtet. Viele Worst-Case-Szenarien werden mittlerweile von der Wirklichkeit übertroffen!
Das Buch ist eine breit angelegte Zusammenstellung der Fakten zur Lage unseres Planeten Erde. Es liefert auch Ansätze für eine intelligente, stringente Klimapolitik, die diesen Namen verdient – nebenbei auch ein Appell an die Kultur- und Sozialwissenschaften, das Feld nicht allein den Naturwissenschaften zu überlassen, aber vor allem eine Orientierung für einen klimavernünftigen Alltag! Ein wichtiges Buch also, dass Schluss macht mit der Verharmlosung des Klimaproblems. (sto)
Wir Schwätzer im Treibhaus. Warum die Klimapolitik versagt. Marcel Hänggi, Rotpunktverlag 2008, Zürich, 21,50 Euro

Braunkehlchen kehrt zurück. Ein Dutzend und sieben Umweltgeschichten für Kinder und Erwachsene
Warum können Alfons Madonnenlilie, das Waldvöglein und die Akelei nicht mehr in seinem Stadtgarten bleiben? Was kann Kim tun, wenn die Kastanie im Hof gefällt wird? Die Naturjugend (NAJU) und die NABU-Gruppe Marbach (Baden-Württemberg) haben 19 Geschichten zum Natur- und Umweltschutz gesammelt. Sie behandeln so unterschiedliche Themen wie die Ehrfurcht vor dem Leben, den Schutz von Lebensräumen, dem Fremden begegnen und einfache Dinge schätzen lernen. Das Buch richtet sich an Kinder, Eltern, Erzieher und Lehrer. Ohne erhobenen Zeigefinger sollen die spannenden und unterhaltsamen Geschichten Kindern die Augen öffnen für die Schönheit und den Wert der Natur. Das Buch ist die ideale Vorlese-Lektüre u.a. auch auf Reisen. Bezug im Buchhandel oder bei der NAJU, Charitéstraße 3, 10117 Berlin. (sto)
J. Rabe, NABU (Hrsg.) 5,80 Euro.

Amerika von oben
Aus einigen hundert Metern Höhe und mit den Augen des Fotografen Alex MacLean gesehen, erweist sich Amerika einmal mehr als Vorreiter – auf dem Weg in die ökologische Katastrophe: Da werden Golfplätze, Reihenhaussiedlungen und ganze Städte mitten in die Wüste gebaut, immer neue Ferien-Hochburgen entstehen unmittelbar an ansteigenden und orkangefährdeten Meeresküsten, Kohle- und Kernkraftwerke gewaltigen Ausmaßes beziehen ihr Kühlwasser aus natürlichen Gewässern und schicken es auch dorthin wieder zurück… Seit über 30 Jahren verfolgt MacLean von seiner Cessna aus, wie sich die Landschaft unter ihm verändert, wie sie mit Straßen zubetoniert und mit wuchernden Vorstädten verbaut wird, was die häufiger und heftiger werdenden Wirbelstürme anrichten und welche fatalen Folgen Bodenspekulation, bedenkenloses Freizeit- und Konsumverhalten und der ebenso unbedachte Umgang mit Energie und natürlichen Ressourcen für die Umwelt haben.
Mit seinen eindrucksvollen Bildern führt uns MacLean die Ursachen und Wirkungen des globalen Klimawandels am Beispiel der USA vor Augen. Sein Appell, den er auch mit ausführlichen Kommentaren untermauert, richtet sich nicht nur an seine Landsleute. Wenn es darum geht, den Planeten Erde zu retten, ist die gesamte Weltgemeinschaft angesprochen – und jeder einzelne von uns! Erhältlich im Buchhandel. (sto)
Alex MacLean: Over. Der American Way of Life oder Das Ende der Landschaft. Luftaufnahmen mit Texten des Fotografen; 58 Euro.
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WUZ 38/2009
Kurswechsel Nachhaltigkeit. Informieren und handeln, hier und heute!

Klimawandel und Erdölverknappung – Wie können wir diese große wirtschaftliche und soziale Herausforderung bewältigen? „Nicht mit Atom, Kohle, Wasserstoff oder Biodiesel“, sagt Rob Hopkins, „sondern mit Kopf, Herz und Händen!“ So benennt der Autor die drei Hauptteile seiner Anleitung für zukunftsfähige Lebensweisen. Er plädiert für eine aktive Umgestaltung unserer Städte und Kommunen, die von den Einwohnern selbst ausgeht und deren wichtigstes Ziel die „Re-Lokalisierung von Nahrungsmittelproduktion, Wirtschaft und Energieversorgung“ ist. Rob Hopkins Buch ist eine wissenschaftlich fundierte engagierte Aufforderung an den Leser, hier und heute mit der Energiewende zu beginnen! (sto)
Rob Hopkins, Energiewende, das Handbuch 2008. Nur bei www.Zweitausendeins.de, 22 Euro.

Zukunftsfähiges Dtl.Die vom Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie erarbeitete Studie ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem nachhaltigen Lebensstil in Deutschland. Es wird umfassend und anschaulich dargestellt und empirisch untermauert, dass der Weg Deutschlands in eine nachhaltige Zukunft im Geist der Agenda 21 nicht nur wünschbar, sondern machbar ist! (sto)
BUND, EED, Brot für die Welt (Hrsg.): Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt. Ein Anstoß zur gesellschaftlichen Debatte. Fischer, Frankfurt/Main 2008, 14,95 Euro.

WUZ 37/2008
König Kunde ruiniert sein Land – Bücher zum Konsumverhalten

Jeder Konsument hat durch seine Kaufentscheidungen Einfluss auf die Warenwelt und seine Produktionsbedingungen und trägt damit auch globale Verantwortung. Zwei persönliche Berichte geben hierzu Informationen und bedenkenswerte Anstöße: Judith Levine: „No Shopping! Ein Selbstversuch“. Die Autorin berichtet von ihrem Jahr ohne “Shopping” mit Witz und Selbstironie – ein Versuch zum Nachahmen, vielleicht nicht nur für Frauen? (19,95 Euro).
„Woher kommen die Dinge meines Haushalts?“ fragte sich der Londoner Journalist Fred Pearce. Ein Jahr später liegt sein faszinierender Bericht vor, wobei er überall die Einheimischen vor Ort zu Wort kommen lässt. Man lernt das Leben der Menschen auf der Welt, die für unsere Warenwelt arbeiten, kennPearce_Viermal_um_die_Welten und sieht nach der Lektüre die Gegenstände des Alltags mit gänzlich anderen Augen. Fred Pearce: „Viermal um die ganze Welt – Bekenntnisse eines Ökosünders“ (19.95 Euro).
Zwei weitere Titel zum Thema von grundlegender Art: Bernd Pötter: „König Kunde ruiniert sein Land“. Der Autor erzählt die Geschichte des „Konsums“ und stellt die Verantwortung des Einzelnen heraus (14,80 Euro).
John de Graaf: „Affluenza – Zeitkrankheit Konsum“. In einer brillant kritischen Studie wird die globale Konsumepidemie analysiert, Ursachen werden aufgedeckt und eine „Kur“ verordnet – ein informativer und dabei witziger unterhaltsamer Begleiter auf dem Weg zu einem nachhaltigen Lebensstil! (22,90 Euro). (sto)

WUZ 34
„Stolpersteine in Hamburg-Wandsbek mit den Walddörfern. Biographische Spurensuche“ von Astrid Louven und Ursula Pietsch
Stolpersteine WandsbekWalddörfer
Ca. 2.300 Stolpersteine erinnern inzwischen in Hamburg an Menschen, die während der NS-Zeit ermordet worden sind: an Juden, Sinti, Homosexuelle, politisch Verfolgte, „Euthanasie-Ermordete“, Zeugen Jehovas oder andere.
Die Landeszentrale für politische Bildung und das Institut für die Geschichte der deutschen Juden geben nunmehr den dritten Band der gemeinsamen Reihe „Stolpersteine in Hamburg – Biographische Spurensuche“ heraus. Er trägt den Titel „Stolpersteine in Hamburg-Wandsbek mit den Walddörfern“. Die Verfasserinnen Astrid Louven und Ursula Pietsch wie ihre Mitautoren haben die Biographien von 64 Personen aus Wandsbek, (ehem.) Hinschenfelde, Bramfeld, Marienthal, Rahlstedt, Volksdorf und Wohldorf-Ohlstedt recherchiert, für die Stolpersteine verlegt wurden. Ihre Lebens- und Leidensgeschichten, illustriert durch Fotos, Dokumente und das Tagebuch eines Betroffenen, sind in dieser Publikation nachzulesen. Ein Fahrrad-Rundweg durch Volksdorf lädt dazu ein, die konkreten Orte kennen zu lernen, an denen die Porträtierten gewohnt oder gewirkt haben.
Das Buch ist gegen eine Bereitstellungsgebühr von 2 Euro im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung, Altstädter Straße 11, erhältlich. Öffnungszeiten Mo-Do: 13.30 bis 18 Uhr, Fr. 13.30 bis 16.30 Uhr. Weitere Infos: www.politische-bildung.hamburg.de. (wuz)

WUZ 29/2007
„Die Zukunft unserer Erde“
Glob
ale Zusammenhänge sehen und verstehen
Dieses Buch lArthus-BertrandDieZukunftegt man nicht mehr aus der Hand! Neben den Schönheiten dieser Welt zeigt uns „…der Fotograf Yann Arthus-Bertrand in seinen beeindruckenden Aufnahmen von der Erde von oben immer wieder Orte, an denen deutlich wird, wie tief Eingriffe des Menschen in seine Umwelt sind. Der Philosoph und Humanist Albert Jacquard traf eine Auswahl bewegender Bilder, an denen er uns exemplarisch die dringendsten ökologischen, sozialen und klimatischen Probleme vor Augen führt. Seine Reflexionen stellen liebgewordene Denkweisen in Frage. Begleitet werden diese von den aufrüttelnden Texten der Wissenschaftlerin und Spezialistin für Umweltfragen Isabelle Delannoy, die uns mit den Fakten konfrontiert. Diesem Band gelingt es, durch Anschaulichkeit an die Beschäftigung mit den globalen Problemen heranzuführen.“
Unser Planet Erde sei klein, begrenzt, und die Menschen behandelten ihn wie einen Supermarkt mit der Aufschrift „Räumungsverkauf“, schreiben die Autoren und fordern dazu auf, einen Weg des Einklangs zwischen Mensch und Erde einzuschlagen. Fotos und Texte sind von einer sensiblen Aufmerksamkeit, die den Leser nicht deprimiert, sondern ihn motiviert, sich für den Erhalt unserer Erde zu engagieren. (sto)
Arthus-Betrand, Jacquard und Delannoy. Die Zukunft unserer Erde; ISBN: 978-3-89660-494-1. Verlag: Knesebeck; Preis: 29,95 Euro

WUZ 25
Angriff auf die City –
Kritisches Buch über Shopping-Center wird von der ECE attackiert
angriff auf die cityDer Ausbau des Alstertal Einkaufszentrums ist im Nordosten Hamburgs nicht überall auf  Zustimmung gestoßen. Vor allem die Anwohner fürchten um ihre Wohnqualität. Die GAL kritisiert als einzige Partei die Zentralisierung des Einzelhandels am Heegbarg und befürchtet die Verarmung der umliegenden Stadtteilzentren sowie die Überbelastung der benachbarten Straßen.
Doch nicht nur im Poppenbüttel steht ein überdimensioniertes Einkaufszentrum in der Kritik. Immer öfter gehen Meldungen über neue innerstädtische Einkaufszentren durch die Medien. Wurden bisher vor allem die negativen Auswirkungen der Einkaufszentren auf der grünen Wiese kritisiert, so ist mit dem aktuellen Boom innerstädtischer Malls ein neuer Trend wirksam geworden.
Was derzeit in vielen deutschen Städten zu beobachten ist, stimmt nicht gerade optimistisch. So werden u.a. bedenkenlos historische Stadtgrundrisse zerstört, Baudenkmale beiseite geräumt und die Verödung traditioneller Einkaufszonen in Kauf genommen, um neuen Einkaufszentren Platz zu machen. Obwohl seit Jahren kein Wachstum im Einzelhandel zu verzeichnen ist, werden weitere Verkaufsflächen geschaffen. Es scheint, dass der Wandel unserer Gesellschaft – und mit ihr der unserer Städte – von so großer epochaler Kraft ist, dass diese Umformungen um jeden Preis verwirklicht werden sollen; auch wenn damit der Verlust einer über Jahrhunderte gewachsenen Stadtkultur und ihrer räumlichen Gestalt verbunden ist.
Diesem Phänomen widmen sich in dem Aufsatzband „Angriff auf die City“gleichermaßen Architekturkritiker, Stadtsoziologen, Stadtplaner, Geografen, Makler und Betreiber von Einkaufszentren aus unterschiedlichsten Blickwinkeln.
Doch das scheint dem Hamburger Einkaufscenterentwickler ECE nicht zu passen. Nachdem das Buch auf der Frankfurter Buchmesse Anfang Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, stellte die ECE am 7. November einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Auslieferung des Buches. In einer Presseerklärung des Drostes-Verlages heißt es dazu: „Hierfür erschienen am 17. November fast in Mannschaftsstärke Anwälte und Vertreter von ECE vor dem Hamburger Landgericht. Dieses lehnte den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Wesentlichen ab. Es konnte der Argumentation der ECE, dass der Droste Verlag mit der Publikation gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen habe, nicht folgen. Ebenso lehnte das Gericht in 80 Prozent aller Fälle das von ECE beantragte Verbot einzelner Passagen in dem Buch ab. Nur im Bereich einzelner, für den Gesamtinhalt des Buches unbedeutender Zahlen und Fakten waren Änderungen notwendig.“ Das Buch erscheint seitdem mit geweißten Textstellen und voraussichtlich Ende Januar in neuer Auflage. Weiter heißt es in der Presseerklärung: „Das Management der ECE hat die kulturelle Dimension des Themas nicht begriffen. Dies ist umso bedauerlicher, da dieses Unternehmen eine Stiftung gegründet hat, die dem Erhalt der Lebendigkeit unserer Innenstädte dienen soll.“ (du)
Walter Brune/Rolf Junker/Holger Pump-Uhlmann (Hrsg.): Angriff auf die City. Kritische Texte zur Konzeption, Planung und Wirkung von integrierten und nicht integrierten Shopping Centern in zentralen Lagen. Droste-Verlag 2006. 288 Seiten. 16 Euro. Infos unter: www.drosteverlag.de

Zukunftsrat zieht ernüchternde Bilanz: Hamburg nicht zukunftsfähig
Heinz2006Mit „HEINZ 2006“ legt der Zukunftsrat Hamburg zum dritten Mal die aktuelle Auswertung des statistischen Materials zu 32 „Hamburger Entwicklungs-Indikatoren Zukunftsfähigkeit“ vor. Fazit: Trotz einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts haben sich die sozialen Probleme der Stadt 2005 weiter verschärft. Die Umweltbelastung nimmt zu. Hamburgs Entwicklung mangelt es an der notwendigen Qualität. Hamburg steuert einen unsozialen Kurs. Die Unterschiede zwischen den reichen und armen Stadtteilen werden noch größer. Auch Hamburgs Wirtschaftsentwicklung ist weit entfernt von Nachhaltigkeit.
Und: Hamburg vernachlässigt den Umweltschutz: Das Abfallaufkommen steigt 2005 erstmals seit langem wieder an (+1,7 %) – und ist bundesweit besonders hoch. Immer größere Bereiche sind stark von Fluglärm belastet (Fläche mit Fluglärm > 62 Dezibel: +8,9 % gegenüber 2004). Der Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr steigt sprunghaft an – seit 2001 um 10,18  Quadratkilometer. Nach europäischem Maßstab ist die Gewässerqualität stark verbesserungsbedürftig. Die Klimaschutzziele verfehlt Hamburg bei weitem (CO2-Werte sind seit 1990 nur um 8,5 % anstelle der geforderten 25 % zurückgegangen).
Der Zukunftsrat Hamburg formuliert für seine 32 Nachhaltigkeits-Indikatoren konkrete Ziele für das Jahr 2020. Diese sind aus einem Konzept abgeleitet, nachdem bis 2050 das international anerkannte Leitbild der Nachhaltigkeit erreicht werden soll. Nur so kann sichergestellt werden, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Entwicklungsoptionen erhalten. Angesichts der gegenwärtigen Wachstums- und Event-Politik des Senats mögen diese Ziele utopisch erscheinen. (wuz)
„HEINZ2006“ ist als 70-seitige, übersichtlich gegliederte Broschüre mit 27 Grafiken beim Zukunftsrat Hamburg gegen eine Schutzgebühr von 2 Euro erhältlich oder im Internet abrufbar: www.zukunftsrat.de.