BUND deckt auf: Bürgermeister will noch vor der Wahl Tatsachen zu Gunsten der Industrie schaffen

Im Rahmen einer Pressekonferen hat der BUND Hamburg heute (12.11.) eine bislang geheime „Gesprächsmitschrift“ zwischen Bürgermeister Peter Tschentscher und dem Vorstandsvorsitzenden des Industrieverbands Hamburg, Matthias Boxberger, veröffentlicht. In dem brisanten Papier räumt der Bürgermeister der Industrie Sonderrechte bei Planungsabläufen ein, will spezielle Zugänge zur Verwaltung schaffen und die gesetzlich geltenden Beteiligungs- und Klagerechte von Bürger*innen und Umweltverbänden einschränken.

 

Dazu Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg: „Diese inakzeptable und einseitige Begünstigung des Lobbyverbandes der Hamburger Industrie durch den Ersten Bürgermeister muss umgehend zurückgenommen werden. Wenn dieses Papier umgesetzt wird, diktiert die Industrielobby dem Senat für sie günstige gesetzliche Regelungen in die Feder, erhält erleichterten Zugriff auf Gewerbeflächen und braucht sich vor einer gerichtlichen Überprüfung zweifelhafter Planungen nicht mehr zu fürchten. Damit outet sich der Sozialdemokrat Tschentscher als Feind von Transparenz und Bürgerbeteiligung“, so Manfred Braasch.

Im Einzelnen will der Bürgermeister dem Industrieverband Hamburg (IVH) folgende Zugeständnisse machen:

Genehmigungen beispielsweise beim Immissionsschutz werden nicht eingeschränkt, solange keine „einvernehmliche“ Lösung mit den betroffenen Unternehmen gefunden wurde. Damit schwächt der Senatschef die unabhängige und die gesetzliche Aufsichtspflicht der Verwaltung.
Die Stadt sichert zu, sich auf Bundesratsebene für eine Novellierung des Verbandsklagerechts einzusetzen. Damit würde das rot-grün regierte Hamburg der aktuellen und höchstwahrscheinlich europarechts- und verfassungswidrigen politischen Linie von CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer folgen.
Bevor die Stadt Hamburg neue Regelungen der EU oder des Bundes in Landesrecht umsetzt, soll der „gemeinsame Umgang“ mit diesen Änderungen mit dem IHV beraten werden. Damit bekommt der IVH vor allen anderen Beteiligten und Betroffenen das Recht und die Möglichkeit, an Verordnungen und gesetzlichen Regelungen mitzuschreiben.
Hamburg soll dem IVH 300.000 Euro für eine Imagekampagne zahlen und zusätzlich die „Drittkosten“ bei gemeinsamen Veranstaltungen übernehmen. Damit will der Bürgermeister mit Steuergeldern die PR-Arbeit eines Wirtschaftszweigs fördern, der selbst Milliardenumsätze vorweisen kann.
Der Bürgermeister will einen „Anwalt der Industrie“ mit Mitarbeiterstab in der Wirtschaftsbehörde installieren. Diese Funktion soll der Staatsrat für Hafen, Innovation und Wirtschaft, Dr. Torsten Sevecke, zusätzlich übernehmen. Damit würde ein auf Staatskosten bezahlter Behördenchef zum verlängerten Arm von einseitigen Industrieinteressen.
Bislang nicht genutzte Gewerbeflächen sollen „vorrangig“ für die Industrie vorgehalten und auf Kosten der Stadt erschlossen werden. Damit wird die Möglichkeit, solche Brachflächen für das Grüne Netz Hamburg, eine verantwortungsbewusste Nachverdichtung im Wohnungsbau oder für die Naherholung zu nutzen, faktisch unmöglich.

Aus Sicht des BUND Hamburg ist es gerade jetzt vor dem Hintergrund der Klimakrise und dem grassierenden Aussterben von Tier- und Pflanzenarten wichtig, dass die Politik das Heft des Handelns in der Hand behält.

„Stattdessen gibt Hamburgs Bürgermeister dem jahrelangen Druck des Industrieverbandes nach Deregulierung und der Einschränkung von Umweltauflagen kurz vor den Bürgerschaftswahlen nach. Mit diesem Vorgehen will er offenbar noch schnell die jetzigen politischen Mehrheitsverhältnisse für seine Zwecke nutzen“, so Manfred Braasch.

Pressemitteilung BUND Hamburg

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Natur veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.