BUND fordert Ausweitung der Verbotszonen und eindeutige Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen mit hohem Stickoxid-Ausstoß
Ein Jahr, nachdem Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan Deutschlands erste Dieselfahrverbote auf den Weg brachte, zieht der BUND eine weitgehend positive Bilanz: Die Stickoxid-Werte (NO2) in der Stresemannstraße sind im Jahresmittel von 47 auf 41 µg/m3 Luft, also um fast 13 Prozent gesunken. In der Max-Brauer-Allee sanken die Werte allerdings nur um 2 auf 44 µg und sind zudem aufgrund von Sondereffekten wie Straßensperrungen nicht eindeutig zu interpretieren. Alle vier Messstationen liegen damit weiterhin über den gesetzlichen Grenzwerten.
„Das seit einem Jahr gültige Fahrverbot für LKW in der Stresemannstraße zeigt, dass die Maßnahme richtig ist und für eine deutliche Entlastung der Menschen sorgt, die an dieser Straße wohnen. Die Auswertung zeigt aber auch, dass die derzeitigen Fahr-verbote nicht ausreichend sind, um die Grenzwerte einzuhalten und vor allem, dass sie nicht wieder aufgehoben werden dürfen“, so Manfred Braasch Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. In diesem Fall würden die Schadstoffwerte insbesondere an der Stresemannstraße von heute auf morgen wieder nach oben schnellen.
Dass die Messwerte in der Max-Brauer-Allee nicht merklich zurückgegangen sind, liegt aus Sicht des BUND auch daran, dass der Anteil von Fahrzeugen mit zu hohem Stickoxid-Ausstoß dort kaum zurückgegangen ist. Dies liege zum einen an den zu laxen Kontrollen, insbesondere aber an dem hohen Anteil von Euro-6-Fahrzeugen in der Verbotszone, die die Immissionsgrenzwerte zwar auf dem Prüfstand, nicht aber im Realbetrieb einhalten. Außerdem führe die kleinräumige Durchfahrtsbeschränkung zu einem höheren Verkehrsaufkommen an den Ausweichstrecken und würde dort bereits heute zu Grenzwertüberschreitungen führen, wie der BUND mit Einzelmessungen im vergangenen Sommer nachweisen konnte.
„Leider lassen viele ihren Wagen erst stehen, wenn die Umwege zu groß und die öffentlichen Verkehrsmittel deutlich schneller werden als das Auto“, so Manfred Braasch. Der BUND hat deshalb im vergangenen Jahr eine Klage beim Hamburger Verwaltungsgericht eingereicht, um großflächige Durchfahrverbotszonen für Dieselfahrzeuge durchzusetzen, vor allem auch an der besonders schadstoffbelasteten Habichtstraße, wo es derzeit noch gar keine Beschränkungen gibt. Gleichzeitig hält der BUND an der Forderung nach einer „Blauen Plakette“ fest, also an einer klaren Kennzeichnung aller Dieselfahrzeuge, die die zulässigen Grenzwerte beim Ausstoß von Stickoxiden im Fahrbetrieb nicht einhalten.
„Trotz aller Unkenrufe haben die Hamburger Fahrverbote gezeigt, dass sie bei richtiger Anwendung wirken. Und solange die Stadt die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt, brauchen wir nicht weniger, sondern mehr davon“, so der BUND.
Pressemitteilung BUND HH
Der Trend stimmt, die Luft wird sauberer – Aufhebung der ersten Durchfahrtbeschränkung für 2021 möglich
Vor genau einem Jahr wurden an der Max-Brauer-Allee und an der Stresemannstraße die zwei bundesweit ersten Durchfahrtbeschränkungen für Dieselfahrzeuge in Kraft gesetzt. Nach einem Jahr kann eine erste vorsichtige Bilanz gezogen werden. Demnach ist die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) an beiden Orten zurückgegangen – im Mehrjahresvergleich sogar sehr deutlich.
Grundlage ist der Luftreinhalteplan, der durch zahlreiche gesamtstädtisch und lokal wirkende Maßnahmen die Einhaltung des NO2-Jahresmittelwertes schnellstmöglich sicherstellen wird. Teil dieses Plans sind auch die zwei Durchfahrtbeschränkungen. Im Zeitraum von Juni 2016 bis Mai 2019* ging die Stickstoffdioxid-Belastung an der Max-Brauer-Allee von 54 auf 44 Mikrogramm (µg) pro Kubikmeter (m³) Luft zurück – das entspricht 19 Prozent. Im Vergleich der Monatsmittelwerte Mai 2018 (vor Einführung der Maßnahme) zum Mai 2019* sank die Belastung um 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Der vorläufige Monatswert für Mai lag einschließlich gestern bei 41 Mikrogramm – wirklich aussagekräftig sind allerdings aufgrund von Schwankungen nur Jahresdurchschnittswerte. An der Max-Brauer-Allee muss zudem berücksichtigt werden, dass 2017/18 über neun Monate der Lessingtunnel gesperrt und das Verkehrsaufkommen damit deutlich geringer als im langjährigen Durchschnitt war – deshalb ist hier vor allem der Mehrjahres-Wert aussagekräftig. Nach Aufhebung der Sperrung nahm die Luftbelastung trotz des Hitzesommers 2018 mit überdurchschnittlich vielen warmen, trockenen und windstillen Tagen (die eine höhere NO2-Belastung auslösen) nicht wieder zu. Das ist ein deutlicher Beleg für die Wirksamkeit der Durchfahrtbeschränkung.
An der Stresemannstraße (wo die Durchfahrtbeschränkung nur für LKW ab der Schadstoffklasse Euro V und schlechter gilt) lag die Belastung im Mai 2018 bei 52 und im Mai 2019 bei 38 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft und damit in diesem Monat sogar unter dem EU-Grenzwert von 40 µg/m³. Im Zwei-Jahres-Vergleich ging die Immission hier um 11 Mikrogramm zurück. Ein offizieller Jahreswert lässt sich aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erst nach einem ganzen Kalenderjahr von Januar bis Dezember als verbindlicher Jahresdurchschnitt ausweisen – also erst im Januar 2020 für das Gesamtjahr 2019. Im Jahr 2018 hatten die Jahresmittelwerte (nach 39. BImSchV maßgeblich) an der Max-Brauer-Allee bei 46 µg/m³ und an der Stresemannstraße bei 45 µg/m³ gelegen.
Die Umweltbehörde hat berechnen lassen, welcher Puffer bei einer Unterschreitung der 40-Mikrogramm-Grenze bei den NO2-Werten nötig wäre, um an Max-Brauer-Allee und Stresemannstraße auch ohne die Durchfahrtsbeschränkungen die Werte dauerhaft einzuhalten – was also die Voraussetzung für die Aufhebung der Regelung wäre. Wenn sich die gutachterlichen Prognosen einstellen, könnte zu Beginn des Jahres 2021 die Durchfahrtbeschränkung an der Stresemannstraße aufgehoben werden. Zwei Jahre später könnte die Aufhebung an der Max-Brauer-Allee folgen.
Jens Kerstan, Umweltsenator, erklärt: „Bei der Luftreinhaltung sind wir noch nicht am Ziel, aber auf einem guten Weg. Das zeigen die lang- und mittelfristigen Werte an unseren Messstationen. Bei den Durchfahrtsbeschränkungen ist möglich, dass die erste Maßnahme in gut eineinhalb Jahren aufgehoben werden kann, wenn sich der jetzige Trend fortsetzt.“
Derzeit überprüft der TÜV im Auftrag des Bundesumweltministeriums bundesweit verkehrsnahe Luftmessstationen mit Überschreitung des EU-Grenzwerts. In Hamburg gab es im April und Mai eine Vor-Ort-Inaugenscheinnahme durch die TÜV-Gutachter. Der Gesamtbericht des TÜV wird für Ende Juni erwartet.
Pressemitteilung der Behörde für Umwelt und Energie