Nach vier Jahren Alleinregierung der SPD in Hamburg stellt der BUND der Umweltpolitik des Senats ein schlechtes Zeugnis aus. Die Umweltpolitik habe unter Verantwortung von Bürgermeister Olaf Scholz und der zuständigen Senatorin Jutta Blankau erheblich an Bedeutung verloren, selbst die Einhaltung von geltendem Umweltrecht sei in Hamburg nicht mehr gewährleistet und müsse eingeklagt werden.
„’Gutes Regieren’ heißt beim Bürgermeister ausschließlich Wirtschaftswachstum ohne Rücksicht auf die negativen Auswirkungen im Umwelt- und Naturschutz und damit auf die Menschen in der Hansestadt“, sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. „Olaf Scholz legt ein Politikverständnis der 70er-Jahre an den Tag, das komplett ignoriert, dass sich die Ansprüche der Bevölkerung an ihre Umwelt, aber auch die Rechtslage im Umweltschutz seither grundlegend geändert haben.“ Am deutlichsten werde dies beim Thema Luftreinhaltung.
In Hamburg werden die seit 2010 europaweit zum Schutz der Menschen eingeführten Grenzwerte für den Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2) um über 50 Prozent überschritten. Das Hamburger Verwaltungsgericht hat die Stadt deshalb vor kurzem dazu verurteilt, schärfere Luftreinhaltemaßnahmen an den betroffenen Straßen zu ergreifen. Die zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) aber schaltet auf stur und kündigte sofort Rechtsmittel gegen den Gerichtsbeschluss an – und nimmt damit weiterhin die Gesundheitsgefährdung von über 200.000 Menschen in Hamburg in Kauf.
Ähnlich verhalte es sich beim Klimaschutz. Die Stadt Hamburg wird das selbst gesteckte Ziel, 40 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) bis 2020 zu produzieren, nachweisbar bei weitem nicht erreichen. Dennoch habe die SPD-Regierung die finanzielle Grundlage für den neuen Masterplan Klimaschutz drastisch gekürzt.
Wie bei der Luftreinhaltung verfehlt Hamburg laut BUND auch beim Gewässerschutz europäische Vorgaben. Bis zum Jahr 2015 sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, ihre Gewässer in einem 4-stufigen Güteklassensystem mindestens in die Kategorie »gutes ökologisches Potenzial« zu bringen. Trotz einiger sinnvoller Maßnahmen befinden sich jedoch alle 32 Hamburger Oberflächengewässer nach wie vor in einem „mäßigen“ oder „schlechten“ Zustand. Ursache für diese Situation ist, dass der Senat für die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) lediglich etwa 20 Prozent der notwendigen Finanzmittel bereitgestellt hat. Der Rechnungshof hat diese Situation und auch die Weigerung der BSU, eine Fachanweisung zur Umsetzung der WRRL für die Bezirke zu erlassen, in seinem Jahresbericht 2014 deutlich kritisiert.
Auch bei der Mülltrennung kann Hamburg nur marginale Erfolge vorzeigen. Obwohl die sogenannte Recyclingoffensive sogar zu den erklärten Schwerpunkten der SPDUmweltpolitik zählt, wurden die Zielzahlen bei der Hamburger Wertstofftonne und bei der Altpapiersammelmenge deutlich verfehlt.
Auf der Positivseite der umweltpolitischen Bilanz kann der Senat einige neue bzw. erweiterte Naturschutzgebiete verbuchen sowie im Wilhelmsburger Osten ein großes neues Landschaftsschutzgebiet – letzteres nicht zuletzt auf Druck des BUND. Im Umweltprogramm 2012–2015 des Senats war jedoch deutlich mehr angekündigt: Bis 2015 sollte eine Neuausweisung des NSG Neuland (214 ha), des NSG Allermöhe (120 ha) und eine Erweiterung des NSG Billebogen (75 ha) erfolgen. Diese Pläne werden in der Fachbehörde derzeit nicht einmal bearbeitet.
Als uneingeschränkt positives Signal sieht der BUND die erst vor kurzem erfolgte Unterschrift der Stadt zur „Charta von Florenz“, also den Beitritt Hamburgs zum Bündnis der europäischen gentechnikfreien Regionen.
Neben einer ambitionierten Luftreinhalte- und Gewässerschutzpolitik erwartet der BUND in der nächsten Legislaturperiode insbesondere bei der Energiepolitik und dem Klimaschutz deutliche Fortschritte. So müsse eine intensive Kooperation mit Schleswig-Holstein aufgebaut werden, um die dortige Windstromproduktion mit dem Hamburger Stromverbrauch intelligent zu verbinden. Auch in dem für den Klimaschutz wichtigsten Feld, der Gebäudesanierung, müsse die Stadt durch wirksame Förderprogramme und ggf. ordnungspolitische Vorgaben deutlich an Tempo zulegen. Dazu käme die zügige Erstellung des längst überfälligen Wärmekonzepts in Verbindung mit einem innovativen Ersatz für das alte Kohlekraftwerk Wedel.
Zusätzlich fordert der BUND, die Netto-Versiegelung für Baumaßnahmen bis 2020 auf Null zu reduzieren. Dafür muss der Senat einen neuen Flächennutzungsplan und ein neues Landschaftsprogramm als verbindliche Vorgabe für die Bauleitplanung verabschieden. Flächen, die für den Biotopverbund ausgewiesen sind, die „Grünen Ringe“ in Hamburg und die Landschaftsschutzgebiete dürfen grundsätzlich nicht mehr für die Siedlungsentwicklung zur Verfügung stehen.
„Der SPD-Senat hat die Regierungsverantwortung im Jahr der Umwelthauptstadt übernommen. Der Bürgermeister und die zuständige Senatorin haben dann aber den Umwelt- und Naturschutz eklatant vernachlässigt. Wenn die neue Regierung – egal welcher Couleur – nicht umsteuert, wird sie sich weiter mit Bürgerinitiativen und Gerichten auseinandersetzen müssen, die in diesem Bereich fortschrittlicher denken“, verspricht der BUND-Landesgeschäftsführer. „Klimaschutz finanziell ausgetrocknet, gesetzliche Vorgaben bei der Luftreinhaltung missachtet, Versprechen im Gewässer- und Naturschutz gebrochen. Gutes Regieren wird so zur Floskel“, so das Fazit von Braasch.
Mehr Infos: http://www.bund.net/hamburg
Pressemitteilung BUND HH vom 6.2.2015