Deutsche Umwelthilfe: „Werden wirksamen Klimaschutz vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen“
Das entkernte Klimaschutzgesetz wird in Kraft treten – gegen massiven zivilgesellschaftlichen Widerstand und Warnungen von Klimaexperten wie Juristen. Nach der Zustimmung durch Bundestag und Bundesrat hat nun auch Bundespräsident Steinmeier seine Unterschrift geleistet. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigt an, dies nicht hinnehmen zu wollen.
Dazu DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Bis zur allerletzten Sekunde hat der Bundespräsident seine Unterschrift für das entkernte Klimaschutzgesetz hinausgezögert. An dem Tag, an dem neue Klimaschutz-Sofortprogramme für die Sektoren Verkehr und Gebäude fällig gewesen wären, hilft der Bundespräsident nun der Regierung dabei, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Er spielt dabei den willigen Erfüllungsgehilfen von Verkehrsminister Wissing, der einen Freifahrtschein für die Klimaschutzlücke von 180 Millionen Tonnen im Verkehrsbereich erhalten soll. Auch seine Kolleginnen und Kollegen wollen sich zurücklehnen, denn sie müssen laut neuem Gesetz in dieser Legislatur keine einzige weitere Klimaschutzmaßnahme auf den Weg bringen. Wir werden diese verfassungswidrige Politik nicht hinnehmen, sondern wirksamen Klimaschutz gemeinsam mit elf jungen Menschen vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen – wie schon damals beim historischen Klimaurteil 2021. Unsere 200 Seiten Klageschrift sind fertig und werden eingereicht, sobald das Gesetz in Kraft tritt.“
Pressemitteilung DUH
Greenpeace zum neuen Klimaschutzgesetz
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat heute die seit Wochen zur Prüfung im Bundespräsidialamt liegende Novelle des Klimaschutzgesetzes unterzeichnet. Damit tritt das von Umweltverbänden und Expert:innen als zu schwach kritisierte Gesetz in Kraft und enthebt etwa Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) der bisherigen Pflicht, ein Sofortprogramm vorzulegen, um die wiederholt überschrittenen Klimaziele in diesem Bereich künftig einzuhalten. Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer hält das neue Gesetz für verantwortungslos und verfassungswidrig:
„Der Bundespräsident übergeht mit seiner Unterschrift die schwerwiegende Kritik an diesem geschwächten Klimaschutzgesetz. Das ist eine kurzsichtige Entscheidung und läuft in die falsche Richtung. Erst im Juni hat der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung bestätigt, nicht auf Klimakurs zu sein. Nun stellt sich die Bundesregierung mit diesem Gesetz einen Blankoscheck für Untätigkeit beim Klimaschutz aus. Das passt nicht zusammen! Vor allem im Verkehr, wo Klimaziele in Serie gerissen werden, muss sofort etwas passieren. Die viel zu hohen Emissionen gerade im Straßenverkehr können nicht weiter von anderen Bereichen ausgeglichen werden. Dieses zahnlose Klimaschutzgesetz deckt die Untätigkeit des Verkehrsministers und verletzt in der Folge unser aller Grundrechte. Dagegen wird Greenpeace zusammen mit Germanwatch und tausenden Menschen klagen.“
Pressemitteilung Greenpeace
Neues Klimaschutzgesetz: Bundespräsident legitimiert Rechtsbruch – BUND legt Verfassungsbeschwerde ein
Zur Unterschrift von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unter das novellierte Klimaschutzgesetz (KSG) erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Mit seiner Unterschrift legitimiert der Bundespräsident gewissermaßen rückwirkend den Rechtsbruch der Bundesregierung beim Klimaschutz. Deutschland vertagt den Klimaschutz damit weiter in die Zukunft. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2021 ein klares Urteil gesprochen. Doch die Ampel-Koalition verweigert die Umsetzung.
Mit dem abgeschwächten Klimaschutzgesetz kann Deutschland seinen Beitrag zum Einhalten der rechtsverbindlichen 1,5 Grad-Grenze nicht leisten. Nach wissenschaftlichen Maßstäben erschweren die zu schwachen deutschen Klimaziele diese Aufgabe zusätzlich.
Die Klimapolitik dieser Regierung ist eine Enttäuschung. Die verpassten Chancen von heute sind die Krisen von morgen. Der BUND nimmt diesen Rechtsbruch nicht einfach hin. Wir werden vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde zusammen mit dem Solarenergie-Förderverein Deutschland und vier Einzelkläger*innen gegen das Klimaschutzgesetz einlegen: Klimaschutz ist Menschenrecht.“
Hintergrund:
Die Verfassungsbeschwerde ist eine von drei, die fünf deutsche Umweltverbände gemeinsam mit Kläger:innen aus allen Teilen der Gesellschaft gegen die unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung sowie insbesondere die Entkernung des Klimaschutzgesetzes (KSG) angekündigt haben. Neben dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) führen die Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie auch Greenpeace und Germanwatch jeweils eine Beschwerde. Bereits 2021 hatten BUND/ SFV und einige weitere der Klagenden ein wegweisendes Urteil erstritten, mit dem das Bundesverfassungsgericht dem Recht auf Klimaschutz Verfassungsrang einräumt.
Weitere Informationen und juristische Erläuterungen zur Klage finden Sie in unserem Faktenpapier: Klimaklage: Klimaschutz ist Menschenrecht.
Ende 2023 hatte der BUND zudem vor dem OVG Berlin-Brandenburg Recht bekommen, dass die Bundesregierung rasch wirksame Sofortprogramme für Gebäude und Verkehr vorlegen muss. Die Bundesregierung ist dagegen in Revision gegangen. Der verpflichtende politische Auftrag zu handeln, ist indessen weiterhin gegeben, wie auch der Expertenrat für Klimafragen jüngst wieder unterstrichen hat. Obwohl mit der Gesetzesnovelle, die jährlichen Sektorziele entkräftet wurden, ist Deutschland nach der EU-Lastenteilungsverordnung weiterhin verpflichtet, auch sektorale Ziele bis 2030 zu erfüllen.
Mehr: https://www.bund.net/klimawandel/klimaklage-klimaschutz-ist-menschenrecht/
Pressemitteilung BUND