Klägerin Deutsche Umwelthilfe: „Unverantwortlich und skandalös: Ampel-Koalition verteidigt Rechtsbruch und versagt Klimaschutz“
In drei Klageverfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg die Bundesregierung im November 2023 zu sofort wirksamen Klimaschutzprogrammen in den Sektoren Verkehr und Gebäude verurteilt. Gegen diese wegweisenden Klimaschutzurteile hat die Bundesregierung nun Revision eingelegt.
Die DUH verurteilt diesen Schritt scharf als „unverantwortliches und skandalöses Verhalten“, mit dem die Ampel-Koalition ihre Wahlversprechen bricht, weiterhin geltendes Recht missachtet und die Klimakrise anheizt.
Gleichzeitig blickt die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation optimistisch auf die weiteren Verfahren. Man werde diese Regierung auch vor dem Bundesverwaltungsgericht zu effektivem Klimaschutz zwingen, so die DUH. Im Mai stehen drei neue Klimaklagen auf ausreichende Klimaschutzmaßnahmen bis 2030 vor dem OVG Berlin-Brandenburg zur Verhandlung an. Zudem schützt die Revision die Bundesregierung nicht vor ihren aktuellen Pflichten: Wenn im März die Emissionsdaten für das vergangene Jahr bekanntgegeben werden, muss die Regierung neue Klimaschutzsofortprogramme verabschieden und umsetzen für alle Sektoren, die ihre gesetzlich festgelegten Grenzen nicht einhalten. Aufgrund bislang ermittelter Daten ist davon auszugehen, dass dies erneut für Verkehr und Gebäude geschehen muss.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Die Revision gegen die glasklaren Klimaschutzurteile ist unverantwortlich und skandalös. Die Minister Geywitz, Habeck und Wissing wollen sich ihrer Pflicht entziehen. Das ist ein Schlag in die Magengrube derjenigen, die den Wahlversprechen des selbsternannten Klimakanzlers und der Grünen geglaubt haben. Doch wir werden die Ampel damit nicht durchkommen lassen. So oder so werden wir sie mit unseren Klimaklagen dazu zwingen, endlich ausreichende und gleichzeitig soziale Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg zu bringen: Unterstützung für die Menschen in Deutschland, damit sie ihre Bestandsgebäude werterhaltend und klimasicher sanieren können, eine Sanierungsoffensive für Kitas und Schulen und Vorgaben für einen klimazielkompatiblen Neubau, so wie es im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.“
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Bundesregierung brüskiert hunderttausende Kinder und junge Menschen, die unter der letzten Merkel-Kanzlerschaft das Klimaschutzgesetz erstritten haben. Insbesondere die Weigerung von Porsche-Minister Volker Wissing, die ihm vom Umweltbundesamt und der Deutschen Umwelthilfe aufgezeigten Maßnahmen zur Einsparung von 200 Millionen Tonnen CO2 umzusetzen und nun im dritten Jahr Recht und Gesetz zu brechen, bringt ihm maximal ein Jahr Aufschub. Die nun eingelegte Revision ist nichts anderes als ein Spiel auf Zeit, in der Hoffnung, dass der Bundestag das Klimaschutzgesetz noch rechtzeitig entkernt und den Autominister aus der Verantwortung zieht. Ich bin hoffnungsfroh, dass diese nachträgliche Schleifung des Klimaschutzgesetzes im Bundestag scheitert und die Sektorziele auch weiter scharfgestellt bleiben. Ich erwarte nun eine Zurückweisung der Revision durch das Bundesverwaltungsgericht noch vor der Bundestagswahl. Damit bliebe Wissing als wichtigste Maßnahme nur ein Tempolimit 100/80/30, mit dem allein pro Jahr über 11 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden können.“
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
Klimaklage: Ampel duckt sich weiter weg
Revision entbindet Bundesregierung nicht von sofortigen Klimaschutznmaßnahmen
Zur heute von der Bundesregierung eingelegten Revision gegen das vom BUND erfolgreich erstrittene Klimaurteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen 11 A 1/23) von Ende letzten Jahres erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Die Bundesregierung gibt in Sachen Klimaschutz erneut ein fatales Bild ab. Sie ist klar gesetzlich verpflichtet und gerichtlich dazu verurteilt, bei Verkehr und Gebäuden unverzüglich mit Klimaschutzmaßnahmen nachzulegen. Aber die Ampel verweigert die für den Klimaschutz notwendigen Maßnahmen und spielt weiter auf Zeit. Der Handlungsdruck wird dadurch nicht geringer, er steigt. Denn auch im vergangenen Jahr wurden die Klimaziele in beiden Bereichen sehr wahrscheinlich wieder gerissen*. Die Bundesregierung hat offensichtlich kein gemeinsames Konzept, wie sie die Klimaziele einhalten will. Aber im Kampf gegen die Klimakrise funktioniert Wegducken nicht.
In den vergangenen Jahren hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing den notwendigen Klimaschutz ignoriert und lediglich mit unwirksamen Maßnahmenbündeln versucht, den gesetzlichen Anforderungen Genüge zu tun. Auch im Gebäudesektor fehlen weiter wirksame Maßnahmen, um auf Zielpfad zu kommen. Das Gebäudeenergiegesetz wurde weichgespült, bei der energetischen Modernisierung lassen die Minister Robert Habeck und Klara Geywitz jeden Ehrgeiz vermissen. Den Preis für dieses politische Versagen zahlen wir alle. Besonders fatal sind die Folgen für jene, die schon heute nicht wissen, wie sie die nächste Heizkostenrechnung begleichen sollen, sich im Sommer nicht in eine kühle Wohnung zurückziehen können oder unter schlechter ÖPNV-Anbindung leiden. Damit muss jetzt Schluss sein.“
*Emissionszahlen des UBA werden am 15. März 2024 für das Jahr 2023 erwartet
Hintergrund:
Ende November 2023 hat das OVG Berlin-Brandenburg einer Klage des BUND und einer weiteren der DUH vollumfänglich stattgegeben und die Bundesregierung zum Erlass von Klimaschutz-Sofortprogrammen nach § 8 des Klimaschutzgesetzes für die Sektoren Gebäude und Verkehr verurteilt. Beide Sektoren haben inzwischen mehrfach ihre spezifischen Klimaziele verfehlt, die Bundesregierung aber hat keine vorgeschriebenen Programme erlassen, um diese Verfehlung zu korrigieren. Nach BUND-Auffassung wäre selbst die Einhaltung der deutschen Klimaziele unzureichend gemessen an den verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben des 1,5-Grad-Klimaziels. Umso dringlicher ist es, dass wenigstens die Sofortprogramme rasch kommen.
Pressemitteilung BUND