COVID-19: Fahrradclub fordert mehr Platz für Menschen

In einem Offenen Brief an Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks sowie Verkehrssenator Westhagemann und Innensenator Grote fordert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) die Stadt Hamburg auf, kurzfristig vier Corona-Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, damit auch Fußgänger*innen und Radfahrer*innen auf Hamburgs Straßen den in der Corona-Pandemie empfohlenen Sicherheitsabstand einhalten können.

 

Pop-up Bike Lane in Berlin / Foto: ADFC

1. #EineSpurFürsRad: temporäre Fahrradwege auf mehrspurigen Straßen!
Sogenannte Pop-up-Bikelanes – also temporär eingerichtete Fahrradstreifen auf einer Fahrspur an mehrspurigen Straßen –, wie sie Berlin und viele andere Metropolen weltweit bereits in der Corona-Pandemie eingerichtet haben, müssen an Straßen wie An der Alster und weiteren Straßen mit hohem Fuß- oder Radverkehrsaufkommen Radfahrer*innen die Einhaltung des Sicherheitsabstands ermöglichen.

2. #QuartierefürMenschen: Wohnstraßen für Fußgänger*innen freigeben!
Insbesondere in den dicht besiedelten Wohnquartieren Hamburgs sind die Gehwege zu schmal, um den erforderlichen Abstand von mindestens 1,5 Metern einzuhalten, wenn viele Menschen unterwegs sind. Durch das kurzfristige Einrichten von verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen, Tempo-10-Zonen oder Spielstraßen muss Fußgänger*innen daher ein Ausweichen auf die Fahrbahn ermöglicht werden. Die Stadt muss umgehend prüfen, welche Straßen für den Kfz-Durchgangsverkehr komplett gesperrt und durch das Einrichten oder die Ausweitung von Fußgängerzonen wie in Ottensen den Corona-Abstandsregeln angepasst werden können.

3. #Tempo30fürHamburg: Tempo 30 für mehr Sicherheit und bessere Luft
Um allen Hamburger*innen jetzt die Möglichkeit zu geben, unkompliziert und angstfrei aufs Rad umzusteigen, sollte in der ganzen Stadt Tempo 30 gelten, zumindest überall dort, wo Radfahrer*innen im Mischverkehr unterwegs sind oder die Radverkehrsanlagen nicht den Mindestmaßen der Hamburger Regelwerke für Planung und Entwurf von Stadtstraßen (ReStra) entsprechen.

4. #Bettelampeln: Druckampeln abschalten, Vorrang für Rad- und Fußverkehr
Die sogenannten Bettelampeln, bei denen Radfahrer*innen oder zu Fuß Gehende um Grün »betteln« müssen, während der parallel fahrende Kfz-Verkehr immer Grün hat, sind schon in Vor-Corona-Zeiten mit minutenlangen Wartezeiten und viel zu kurzen Grünphasen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen ein Ärgernis. In der Corona-Pandemie ist es unhygienisch und somit gefährlich, wenn viele unterschiedliche Personen den gleichen Knopf drücken müssen. Außerdem kann die auf Grün wartende Gruppe kaum den notwendigen Sicherheitsabstand untereinander einhalten. Alle Druckampeln müssen daher auf automatisches und vorrangiges Grün für Rad- und Fußverkehr umgestellt werden.

„Diese vier Maßnahmen sind wichtige Schritte, um eine Verkehrswende zugunsten des Rad- und Fußverkehrs zu erproben und gegebenenfalls auch nach der Corona-Pandemie beizubehalten”, sagt Jens Deye vom Fahrradclub. „Wir erwarten, dass der Senat endlich aktiv die Gesundheit der Menschen im Straßenverkehr schützt.”

Der offene Brief im Wortlaut:

Hamburg den, 29.04.2020
Offener Brief an den Senat der Stadt Hamburg
»COVID-19: Fahrradclub fordert mehr Platz für Menschen auf Straßen und Wegen«

Sehr geehrte Frau Senatorin Prüfer-Storcks,
sehr geehrter Herr Senator Westhagemann,
sehr geehrter Herr Senator Grote,

die Corona-Pandemie und die Kontaktbeschränkungen stellen neue Herausforderungen an die Mobilität der Menschen. Die jetzige Raumaufteilung auf der Straße ist jedoch nicht darauf ausgelegt, dass Fußgänger*innen und Radfahrer*innen den empfohlenen Sicherheitsabstand einhalten können. Diese beiden Gruppen brauchen jetzt dringend mehr Platz.

Das Tragen von Masken hebt den Bedarf für den Sicherheitsabstand nicht auf und ist während erhöhter körperlicher Aktivität wie etwa beim Radfahren schwer möglich. Der erhöhte Platzbedarf verschärft sich zudem, wenn jetzt auch die Schüler*innen nach und nach wieder zur Schule mit dem Rad fahren oder zu Fuß gehen.

Bislang gibt es weder von der Bundes- noch von der Landesregierung eine Empfehlung für eine einheitliche Vorgehensweise hinsichtlich pandemietauglicher Mobilität. Wer öffentliche Verkehrsmittel meiden will, für den ist in der Stadt das Fahrrad die beste Wahl. Mehr Autos tragen nur wieder zu schlechterer Luftqualität und mehr Lärm bei.

Der ADFC Hamburg fordert Sie daher auf, kurzfristig vier Corona-Sicherheitsmaßnahmen auf Hamburgs Straßen einzuführen. Diese sind:

#EineSpurFürsRad: temporäre Fahrradwege auf mehrspurigen Straßen

#QuartierefürMenschen: Wohnstraßen für Fußgänger*innen freigeben

#Tempo30fürHamburg: Tempo 30 für mehr Sicherheit und bessere Luft

#Bettelampeln: Druckampeln abschalten, Vorrang für Rad- und Fußverkehr

#EineSpurFürsRad: Mit sogenannten Pop-up-Bikelanes – also temporär eingerichteten Fahrradstreifen auf einer Fahrspur an vielspurigen Straßen – soll der Sicherheitsabstand in der Corona-Pandemie gewährleistet werden. Die Autos schaffen Platz fürs Rad, und die Radfahrer*innen schaffen Platz für Fußgänger*innen. Vorbild sind Berlin und viele andere Metropolen weltweit. In Hamburg sind Pop-up-Bikelanes wie beispielsweise An der Alster und weiteren Straßen mit hohem Fuß- oder Radverkehrsaufkommen dringend geboten. Hierbei kann auch erprobt werden, ob diese Fahrradstreifen in der ohnehin geplanten Verkehrswende dauerhaft umgesetzt werden können.

#QuartierefürMenschen: Insbesondere in den dicht besiedelten Wohnquartieren Hamburgs zeigt sich deutlich, dass die Gehwege der Stadt zu schmal sind, um den erforderlichen Abstand von mindestens 1,5 Meter einzuhalten, wenn viele Menschen unterwegs sind. Hier kann durch das kurzfristige Einrichten von verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen, Tempo-10-Zonen wie in Berlin oder Spielstraßen ein Ausweichen auf die Fahrbahn ermöglicht werden. Auch sollte geprüft werden, ob Straßen für den Kfz-Durchgangsverkehr vollständig gesperrt werden können. Maßnahmen wie das Einrichten oder die Ausweitung einer Fußgängerzone wie in Ottensen sollten umgehend ergriffen werden.

#Tempo30fürHamburg: Tempo 30 erhöht die tatsächliche und die gefühlte Sicherheit der Radfahrer*innen. Um den Hamburger*innen jetzt die Möglichkeit zu geben, unkompliziert und angstfrei auf das Fahrrad umzusteigen, sollte in der ganzen Stadt Tempo 30 gelten. Tempo 30 muss wenigstens auf allen Wohn- und Erschließungsstraßen und überall dort eingeführt werden, wo Radfahrer*innen im Mischverkehr unterwegs sind oder die Radverkehrsanlagen nicht mindestens den Standardmaßen der Hamburger Regelwerke für Planung und Entwurf von Stadtstraßen (ReStra) entsprechen.

#Bettelampeln: Die sogenannten Bettelampeln, bei denen Radfahrer*innen oder zu Fuß Gehende um Grün »betteln« müssen, während der parallel fahrende Kfz-Verkehr immer Grün hat, sind schon in Vor-Corona-Zeiten mit minutenlangen Wartezeiten und viel zu kurzen Grünphasen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen ein Ärgernis. In der jetzigen Pandemie kommt hinzu, dass es unhygienisch und somit gefährlich sein kann, wenn viele unterschiedliche Personen den gleichen Knopf drücken müssen. Außerdem kann die auf Grün wartende Gruppe kaum den notwendigen Sicherheitsabstand untereinander einhalten. Wir fordern Sie daher auf, alle Druckampeln automatisch und vorrangig auf Grün für Rad- und Fußverkehr zu stellen.

Der ADFC sieht die vorgestellten Maßnahmen als wichtige Schritte, um eine Verkehrswende zugunsten des Rad- und Fußverkehrs zu erproben und gegebenenfalls auch nach der Corona-Pandemie beizubehalten. Die Veränderungen im Mobilitätsverhalten und Verkehrsfluss sollten daher gut beobachtet werden.

Pressemitteilung ADFC HH

Foto: der Times Square in New York wurde 2009 von dem dänischen Stadtplaner Jan Gehl zum autofreien Platz mit Café umgestaltet

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