Der deutsche Wald an der Belastungsgrenze

Laut Waldzustandsbericht 2023 geht es den Wäldern in Deutschland auch weiterhin schlecht. Ein überwiegender Teil der Bäume ist krank. Neben der Klimakrise ist die intensive Forstwirtschaft ein Haupttreiber des Waldsterbens. Der NABU fordert daher ein ambitioniertes Bundeswaldgesetz.

 

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Dürren, Borkenkäfer, Waldbrände – es wird zur traurigen Tradition, dass der Waldzustandsbericht jedes Jahr aufs Neue aufzeigt, was längst schon klar ist: Der deutsche Wald steht an der Belastungsgrenze. Während wir dabei zuschauen müssen, wie unsere Wälder weiter sterben, tun einige Lobbyverbände so, als könne alles so bleiben, wie es ist. Doch auch sie können nicht länger die Augen davor verschließen, dass der Wald naturverträglich bewirtschaftet werden muss, damit es ihn morgen noch gibt. Ein Schlüssel ist die Reform des aktuellen Bundeswaldgesetzes. Es muss zu einem Gesetz werden, das unsere Wälder schützt und widerstandsfähig macht.”

Konkret fordert der NABU zeitgemäße gesetzliche Vorgaben für ein Kahlschlagverbot, ein Entwässerungsverbot, mehr Schutz für den Waldboden sowie einen zügigen Waldumbau weg von naturfernen Nadelforsten hin zu stabileren und widerstandsfähigeren Laubmischwäldern. Für den Schutz der Artenvielfalt, den natürlichen Klimaschutz und den Wasserrückhalt muss das neue Waldgesetz verbindliche ökologische Mindeststandards unter anderem für Biotopbäume und Totholz vorgeben.

Hintergrund
Gesunde Wälder sorgen für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt, saubere Luft, Erosionsschutz sowie Biodiversität- und Klimaschutz und sind als Wirtschafts- und Erholungsraum unverzichtbar. Das aktuelle Bundeswaldgesetz adressiert jedoch weder die Biodiversitäts- noch die Klimakrise und schafft bisher keinen verlässlichen Rahmen, um diesen großen Herausforderungen wirksam zu begegnen. Aktuell versuchen einige Lobbyverbände aus Industrie und Forstwirtschaft die dringend nötige Novelle des Bundeswaldgesetzes zu verzögern. Dieses Vorgehen ist laut NABU unverantwortlich und eine Missachtung der Not unserer Wälder. Die Gesetzesnovelle eröffnet die große Chance, das Fundament für einen neuen Gesellschaftsvertrag zu legen, der dem Erhalt des Waldes als unsere natürliche Lebensgrundlage dient und langfristig auch neue Einkommensquellen sowie einen attraktiven Erholungsraum sichert.

Pressemitteilung NABU


Greenpeace-Stellungnahme zur Waldzustandserhebung

Nur noch jeder fünfte Baum in Deutschland ist gesund, zeigt die heute von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) vorgestellte Waldzustandserhebung für das Jahr 2023. Der seit den 1980er Jahren jährlich erscheinende Bericht dokumentiert, wie sich der Wald in Deutschland unter den Bedingungen der Klimakrise verändert. Er zeigt, dass andauernde Trockenheit und hohe Temperaturen den Wäldern stark zusetzen. Ursache dafür ist die Klimakrise – aber auch die intensive Forstwirtschaft und das geltende Bundeswaldgesetz. Letzteres schafft einen schwachen gesetzlichen Rahmen für die Forstwirtschaft, der den Wald hauptsächlich als Holzlieferanten definiert, nicht aber als schützenswertes und schützendes Ökosystem. In diesem Jahr wird das Bundeswaldgesetz nach 50 Jahren erneuert. Greenpeace-Waldexpertin Dorothea Epperlein sieht den Bericht als Aufforderung an den Landwirtschaftsminister, das Bundeswaldgesetz grundlegend zu reformieren und im Sinne des Klima- und Naturschutzes zu stärken:

“Landwirtschaftsminister Cem Özdemir schiebt den schlechten Zustand der Wälder vor allem auf die Klimakrise und unterschlägt damit die Verantwortung der von ihm regulierten Forstwirtschaft. Das laxe Waldgesetz hat der industriellen Forst- und Holzwirtschaft 50 Jahre lang einen Freifahrtschein ausgestellt, um wertvolle Wälder rücksichtslos auszubeuten – auf Kosten von Umwelt und Klima.

Minister Özdemir hat jetzt die historische Chance, das bestehende ‘Abholz-Gesetz’ in ein ‘Waldschutz-Gesetz’ umzuwandeln. Das neue Waldgesetz kann eine ökologische Waldwirtschaft starten. Es sollte die anfälligen Nadelbaumforste ökologisch umwandeln und artenreiche Laub- und Laubmischwälder schonender bewirtschaften und stärker schützen. Für einen grünen Minister sollte selbstverständlich sein, dass Kahlschläge und die industrielle, intensive Forstwirtschaft der Vergangenheit angehören.”

Pressemitteilung Greenpeace

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