Der Wald ist krank

BUND fordert: Klima schützen, Luftschadstoffe reduzieren und schonende Waldwirtschaft vorschreiben
Angesichts alarmierender Zahlen im aktuellen Waldzustandsbericht und immer mehr Dürrejahre warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zum Tag des Waldes vor einer Verschlimmerung der Waldkrise.

 

„Den Bäumen in den Wäldern Deutschlands geht es so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht“, warnt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. „Das liegt nicht nur an der Erderhitzung. Der Wald ist durch Dürre, intensive Forstwirtschaft und Stickstoffeinträge im Dauerstress. Gerade bei den Stickoxiden ist das seit Jahren bekannt. Deshalb muss die Bundesregierung jetzt wirksame Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und gleichzeitig Schadstoffemissionen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft reduzieren. Nur so hat der Wald eine Chance, endlich wieder aufatmen zu können.“

Der neue Waldzustandsbericht zeigt, wie sehr die Wälder in Deutschland unter dem Trockenstress und der Hitze der vergangenen Jahre gelitten haben. Hohe Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft und dem Verkehr über Jahrzehnte schwächen den Wald zusätzlich.

Seit Beginn der Erhebungen des Waldzustandes im Jahr 1984 war der durchschnittliche Kronenzustand unserer Waldbäume noch nie so schlecht wie die letzten zwei Jahre. Vier von fünf Bäumen (79 Prozent) sind geschädigt, bei mehr als einem Drittel (35 Prozent) sind die Kronen sogar deutlich aufgelichtet. Bei der Fichte ist die Zahl toter Bäume erneut gestiegen.

Bandt: „Die Klimakrise setzt unseren geschwächten Wäldern weiter zu. Dürreperioden, Waldbrände und Stürme nehmen zu.“ Umso wichtiger ist es, alles zu tun, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen und den Wald nicht zusätzlich zu stressen. „Wir brauchen einen wirksamen Waldschutz durch effektiven Klimaschutz. Wir brauchen Maßnahmen zur absoluten Energieeinsparung, einen schnellen Ausstieg aus fossilen Energien, allen voran der Kohle- und Gasverstromung und eine schnellstmögliche Umstellung des Energiesystems auf 100 Prozent erneuerbare Energien.“

Um die Stickoxide aus dem Verkehr wirksam zu reduzieren, müssen aus Sicht des BUND insbesondere die Stickstoffdioxid-Emissionen der Diesel-Pkw schnell verringert werden. Ein umfassender Umbau des Mobilitätssektors ist überfällig. So müssen der Autoverkehr verringert und der Bau von Autobahnen und Bundesstraßen gestoppt werden. „Umweltschädliche Subventionen wie die Steuervorteile für Dieselkraftstoff müssen abgeschafft werden“, so der BUND-Vorsitzende.

Darüber hinaus hält es der BUND für unvermeidbar, dass es angesichts des schlechten Zustandes des Waldes auch zu einem Umbau der Landwirtschaft und Nutztierhaltung kommen muss und es einer Reduktion der Nutztierbestände bedarf. Zudem müssen weitere Anreize geschaffen werden, um den Bäuerinnen und Bauern Anreize zu geben, den Eintrag von Stickstoff aus der Landwirtschaft weiter zu reduzieren.

Um die Wälder zu schonen, sind verbindliche Vorgaben für eine behutsame Waldwirtschaft im neuen Bundeswaldgesetz überfällig. Dazu gehören ein Kahlschlagsverbot, eine Mindestmenge an Biotopbäumen und Totholz pro Hektar sowie ein Verbot, Nadelbäume in Reinkultur anzubauen. Der BUND fordert zudem, verpflichtende Vegetationsgutachten auf Revierebene gesetzlich zu verankern, um eine natürliche Verjüngung der Wälder durch ein angepasstes Wildtiermanagement zu ermöglichen und zu stärken. Diese Maßnahme soll helfen, den Umbau der naturfernen und instabilen Nadelforste in naturnahe und stabile Laubmischwälder voranzubringen. Der Waldumbau weg von naturfernen, anfälligen Nadelforsten hin zu vielfältigen Laubwäldern muss endlich vorantrieben werden. Damit mehr Feuchtigkeit in den Wäldern verbleibt und diese sich besser selber stabilisieren können, gilt es, die Entwässerung von Wäldern zu stoppen, die Eingriffe bei der Holzernte drastisch zu reduzieren und die Verdichtung von Waldböden durch Befahrung zu vermeiden. Der Anteil der Naturwälder ohne forstliche Eingriffe ist deutlich zu erhöhen.

Pressemitteilung BUND


NABU: Nie ging es unseren Wäldern schlechter

Krüger: Mehr Fokus auf den Wasserkreislauf gefordert, um Klimaextreme künftig abzupuffern

Berlin – Heute stellt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir den Waldzustandsbericht 2022 vor. Demnach hat der Wald auch im vergangenen Jahr unter enormer Hitze und Trockenheit gelitten: Vier von fünf Bäumen sind krank. Der NABU betont vor diesem Hintergrund die wichtige Bedeutung des Wasserkreislaufs der Wälder.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: “Das Ergebnis des Waldzustandsberichts ist leider wenig überraschend: Nie ging es unseren Wäldern schlechter. Regionale Extremhitze, maximale Sonnenstunden, ausgetrocknete Böden mit wenig pflanzenverfügbarem Wasser und immer tiefer fallende Grundwasserspiegel machen den Bäumen in ganz Deutschland zu schaffen. Besonders erschreckend ist dabei auch die extreme Dynamik der Waldbrände: 2022 ist mehr als 10-mal so viel Wald als üblich verbrannt.

Der Waldzustandsbericht macht deutlich: Wer den Wald in der Klimakrise stabilisieren und erhalten möchte, muss seinen Wasserkreislauf stärken. Denn die Böden gesunder Wälder speichern große Mengen Wasser und verhindern Waldbrände und Hochwasser gleichermaßen. Gleichzeitig verdunsten sie das Wasser bei Hitze und tragen so zu mehr Niederschlägen und kühlerer Luft bei. Wir müssen daher dringend die Speicherfähigkeit unserer Wälder stärken.”

Damit die Wälder in Deutschland wieder mehr Wasser speichern können, fordert der NABU, mehr Waldflächen und -moore zu renaturieren und die Entwicklung zu naturnahen Laubmischwäldern zu unterstützen. Um ein schattig-feuchtes Waldinnenklima zu bewahren, muss das von Cem Özdemir angekündigte neue Bundeswaldgesetz schwer waldschädigende Praktiken wie Kahlschläge und flächige Hiebe gesetzlich beenden und dazu beitragen, mehr gesundes Grün und feuchtes Totholz in unsere Wälder zu bekommen – das hemmt auch Waldbrände. “Über die Fördermittel Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur (GAK) wurden 2021 fast 200 Millionen Euro potentiell waldschädigende Ausgaben der Forstwirtschaft subventioniert. Das gehört sofort auf den Prüfstand”, so Krüger.

Sven Selbert, Referent für Waldnaturschutz und Nachhaltige Waldnutzung: “Trocknet der Wald aus, leidet nicht nur die Natur in den Wäldern, sondern auch die Forstwirtschaft und die Menschen, die den Wald als Erholungsort nutzen. Das vergangene Jahr zeigte, dass durch den instabilen Wasserkreislauf der Wälder ganze Wirtschaftszweige wie Landwirtschaft, Binnenschifffahrt, Energiewirtschaft, Fischerei und der Tourismus in Not geraten können – mit jeweils gravierenden Folgeauswirkungen. Der Wasserhaushalt unserer Wälder ist systemrelevant und muss daher wieder zur Toppriorität gemacht werden.”

Pressemitteilung NABU

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