Zum Start des Deutschlandtickets: 15 schnelle Maßnahmen für Bus und Bahn
Zum Start des Deutschlandtickets legt Greenpeace heute 15 Sofortmaßnahmen vor, die das Angebot von Bus und Bahn verbessern können. Neben der Anpassung von Gesetzen und einem neuen finanziellen Rahmen nennt das Sofortprogramm direkt spürbare Maßnahmen für einen benutzerfreundlichen ÖPNV, die ohne zusätzliche Infrastruktur, Bahnen und Busse auskommen. ÖPNV-Nutzer:innen in Städten und im ländlichen Raum würden beispielsweise von ausgeweiteten Betriebszeiten und dichterem Takt außerhalb der Hauptverkehrszeiten profitieren.
“Die meisten Fahrzeuge stehen am Wochenende und abends ungenutzt auf den Höfen”, sagt Marissa Reiserer, Verkehrsexpertin von Greenpeace. “Damit die Freude am neuen Fahrschein anhält, sollten diese Busse und Bahnen schnellstmöglich auf Straße und Schiene. Unser Sofortprogramm zeigt, dass es mehr Handlungsspielräume für schnelle Verbesserungen gibt, als bisher angenommen.”
Der bundesweite 49-Euro-Pauschaltarif ist nach jüngsten Umfragen vor allem für Pendler, deren Monatstickets bisher deutlich teurer waren, ein attraktives Angebot. Um mehr Menschen zum Verzicht auf ein eigenes Auto zu bewegen, müssten Busse und Bahnen konsequent ausgebaut werden – 40 Prozent der Menschen im ländlichen Raum haben keinen fußläufig erreichbaren Anschluss. Eine Ursache für verwaiste Haltestellen und lange Wartezeiten ist, dass der Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel lediglich zu den freiwilligen Aufgaben der Kommunen zählt. “Guter ÖPNV muss Pflicht werden”, sagt Reiserer: “Im Nahverkehr geht nichts ohne die Kommunen, aber bei knappen Kassen wird zuerst am freiwilligen ÖPNV gespart. Der Bund muss sich angemessen an der Finanzierung beteiligen, denn die Verkehrswende zu fördern ist auf allen Ebenen Pflicht.” Rheinland-Pfalz verabschiedete als erstes Bundesland 2021 ein Nahverkehrsgesetz, das die Kommunen zu einem ÖPNV nach Mindeststandards verpflichtet.
Verkehrswende braucht bessere Bedingungen für ÖPNV-Personal
Die Greenpeace-Studie nennt einen zusätzlichen Finanzbedarf von jährlich bis zu 25 Milliarden bis 2030, um das ÖPNV-Angebot hochzufahren und so die Klimaziele zu erreichen. Das Geld könnte aus dem Abbau klimaschädlicher Subventionen und neuen kommunalen Instrumenten – wie einem Arbeitgeberbeitrag für den ÖPNV, einer Pkw-Maut und höheren Parkgebühren – fließen. Gleichzeitig warnt die Studie vor einem zunehmenden Personalmangel im ÖPNV: Schlechte Arbeitsbedingungen führen zu einem seit Jahren steigenden Krankenstand und Kündigungen. Der Ausbau des ÖPNV kann jedoch nur gelingen, wenn die Arbeitsbedingungen des zuständigen Personals verbessert werden, dazu zählen humanere Arbeitszeiten und eine höhere Entlohnung.
Pressemitteilung Greenpeace
Deutsche Umwelthilfe fordert zum Start des Deutschlandtickets massiven Ausbau von Bus und Bahninfrastruktur gerade im ländlichen Raum sowie ein 29-Euro-Ticket
Zum Start des bundesweit gültigen Deutschlandtickets am Montag, den 1. Mai, fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine Ausbauoffensive für den Bus- und Bahnverkehr mit dem Schwerpunkt ländlicher Raum sowie ein auf 29 Euro pro Monat reduziertes Ticket für bestimmte Personengruppen.
Dass dieses überfällig ist, zeigt sich in dem bereits auswuchernden Tarifdschungel diverser Vergünstigungen auf örtlicher und landesweiter Ebene. Bund und Länder müssten laut dem Umwelt- und Verbraucherschutzverband mit einem zusätzlichen bundeseinheitlichen Tarif gegensteuern.
Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer, kommentiert: „Vier Jahre nach dem Start unserer Kampagne für ein bundesweit geltendes 365-Euro-Ticket für Bahn, Bus und Tram feiern wir einen Teilerfolg unserer Kampagne. Das Deutschlandticket für 49 Euro pro Monat muss allerdings noch in diesem Jahr um ein 29-Euro-Ticket ergänzt werden. Für viele Menschen mit geringem Einkommen ist der Preis von 49 Euro deutlich zu hoch. Zahlreiche Kommunen und Länder bieten bereits zusätzliche Rabatte oder Sondertickets an und ein neuer Tarifdschungel entsteht. Daher fordern wir weiterhin ein 29-Euro-Ticket für Pendlerinnen, Rentner, Schülerinnen und Studenten sowie Menschen mit geringem Einkommen. Gleichzeitig benötigen wir massive zusätzliche Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr – vor allem im ländlichen Raum. Die Verbesserung und der Ausbau des Angebots sind hier extrem wichtig. Denn nach wie vor ist gut die Hälfte der Menschen in Deutschland schlecht oder gar nicht an öffentliche Verkehrsmittel angebunden. Die dafür notwendigen Haushaltsmittel kann Porsche-Bundesminister Wissing kostenneutral bereitstellen: Durch die Beendigung der klimaschädlichen Subventionen für Klimakiller-Dienstwagen, für die Steuerberater mit Slogans wie „Wie das Finanzamt Ihren Porsche finanziert“ werben. Statt Porsche-Kaufförderung von bis zu 57 Prozent des Preises sollte die Bundesregierung auch jenseits der Metropolen eine moderne Bahn und verbesserte Busanbindungen gewährleisten.“
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende: „Das Deutschlandticket bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück.“
Bund und Länder müssen umgehend und langfristig in den öffentlichen Nahverkehr investieren, um ein hochwertiges Angebot sicherzustellen. „Die notwendigen Mittel für einen zukunftsfähigen ÖPNV sowie ein flächendeckendes Sozialticket sind Voraussetzung für Klimaschutz und soziale Teilhabe“, erklärt das Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende. Das Deutschlandticket könne nur der Anfang sein.
In der jetzigen Form erfüllt das Deutschlandticket nicht den Anspruch eines für alle zugänglichen ÖPNVs. Mit einem Standardpreis von 49 Euro ist das Ticket speziell für Familien, Kinder und Jugendliche sowie für Menschen mit geringem oder keinem Einkommen zu teuer. Obwohl einige Bundesländer bereits die Einführung eines bundesweit gültigen Sozialtickets zugesagt haben, fehlt es an einer flächendeckenden, einheitlichen Regelung. Wichtig, so das Bündnis, sei zudem eine Mitnahmeregelung wie im Fernverkehr für Kinder bis 14 Jahre sowie günstige Schüler- und Azubitickets mit deutschlandweiter Gültigkeit. „Bezahlbare und nachhaltige Mobilität gehört zur Daseinsvorsorge. Diese darf nicht an Stadt-, Kreis- oder Ländergrenzen enden“, so die Bündnismitglieder. Dazu gehört auch, dass das Ticket auf sämtlichen Vertriebswegen und ohne Bonitätsauskunft erworben werden kann.
Die Ampel hat sich in ihrem Koalitionsvertrag klar zu einem leistungsfähigen, stärker genutzten ÖPNV bekannt. Das geht nicht ohne massive Investitionen in ein flächendeckendes und barrierefreies Angebot im ländlichen Raum und in den Städten. Dazu gehört neben dem Ausbau und der Instandhaltung von Fahrzeugen und Infrastruktur auch die umfassende Verbesserung für die Situation der Beschäftigten – dann kann der Sektor auch für Nachwuchskräfte attraktiver werden. „Nur mit ausreichend Personal und einem Ausbau des Angebots kann der ÖPNV auch bei steigenden Fahrgastzahlen zuverlässig und in hoher Qualität zur Verfügung stehen. Die langfristige Verfügbarkeit und der Ausbau des Angebots sind jedoch noch fraglich“, kritisiert das Bündnis die fehlende Finanzierung.
Das Bündnis drängt auf ein ganzheitliches Konzept: „Das Deutschlandticket allein ist nicht genug.“ Neben umfassenden Finanzierungszusagen von Bund und Ländern brauche es die Zusammenarbeit von Politik, Verkehrsgesellschaften und Verbänden: „Um die Potenziale des ÖPNV voll zu nutzen, müssen die aktuellen Debatten sowie die Erarbeitung des Ausbau- und Modernisierungspakts im engen Dialog mit der Zivilgesellschaft geführt werden.“
Das Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende bündelt die Expertise aus Gewerkschaften (IG Metall, ver.di, DGB), Sozial-, Wohlfahrts- und Umweltverbänden (VdK, SoVD, AWO, VCD, BUND, NABU) sowie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), um zusammen die Transformation der Mobilität in Deutschland zu unterstützen. Gemeinsam vertritt das Bündnis viele Millionen Mitglieder und bietet eine Plattform für die Fragestellungen rund um eine soziale und ökologische Mobilitätswende. Das Bündnis wird gefördert und unterstützt durch die Stiftung Mercator.
Pressemitteilung NABU