„Deutschland muss jetzt sein Ausschreibungsverfahren für Offshore Wind nachbessern“
Anlässlich des heute (24.10.) veröffentlichten EU Wind Power Action Plans der Europäischen Kommission fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine Anpassung des deutschen Ausschreibungsverfahrens von Flächen für Offshore Wind an die neuen europäischen Standards.
Dies kommentiert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH:
„Ein Großteil des deutschen Ausschreibungssystems basiert aktuell auf rein preisgetriebenen Kriterien, ohne jegliche Berücksichtigung von Umweltstandards – und das weder bei der Auswahl der Projekte noch bei der Ausschreibung der Flächen selbst. In der deutschen Offshore Ausschreibung vom Juni 2023 beispielsweise konnten sich die großen Ölfirmen bp und TotalEnergies allein durch gewaltige Zahlungen in Milliardenhöhe in das deutsche Offshore Windsystem einkaufen – ganz ohne Naturschutz- und Nachhaltigkeitskriterien ihrer Bauprojekte oder einer staatlichen Voruntersuchung der versteigerten Flächen. Aus Meeresschutzsicht ist das völlig inakzeptabel. Deutschland wurde indirekt von der Europäischen Kommission verwarnt und muss seine Offshore Ausschreibungsverfahren nachbessern. Die auf europäischer Ebene diskutierten Mindeststandards und Nachhaltigkeitskriterien müssen hierzulande zur Norm bei allen Ausschreibungen werden.“
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
Windkraftpaket der EU-Kommission: Zwei Schritte vor, einer zurück
Die Europäische Kommission hat heute ihren neuen Aktionsplan für Windenergie, den „Wind Power Action Plan“, vorgestellt. Er sieht verschiedene Maßnahmen vor, um der europäischen Windindustrie zu einem schnelleren Ausbau zu verhelfen. So werden einerseits Hindernisse für den Ausbau der Windenergie angegangen. Gleichzeitig wird eine Verlängerung der EU-Notverordnung über Juni 2024 hinaus erwogen. Damit würde der Naturschutz weiter ins Hintertreffen geraten und ökologische Standards würden abgebaut, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:
“Das sind überfällige Schritte in die richtige Richtung: Mehr Fachpersonal in gut ausgestatteten Behörden für einen naturverträglichen Ausbau der Windenergie. Auch die Digitalisierung voranzutreiben ist sinnvoll. Doch wo Licht ist, ist leider auch Schatten: Europa muss aufpassen, Natur- und Klimaschutz nicht endgültig zu Gegnern zu machen. Auf Druck der deutschen Bundesregierung sieht der Plan auch vor, die EU-Notverordnung zu verlängern. Das wollen selbst Teile der Windenergiebranche nicht, sie befürchten insbesondere auf dem Meer Rechtsunsicherheiten durch den Verzicht auf Umweltverträglichkeitsprüfungen. Den Ausbau der Windenergie auf Kosten von Arten und Lebensräumen voranzutreiben, führt zu nichts anderem, als dass sich Klimakrise und Artensterben wechselseitig verstärken.”
Weiteren Nachbesserungsbedarf sieht der NABU auch bei den Mindestanforderungen von nicht-preisliche Kriterien bei Windkraftauktionen. Diese sind entscheidend, um den sozialen und ökologischen Nutzen von Windenergieprojekten zu maximieren. Genau das ist auch für den Naturschutz notwendig. Bevorzugt werden sollten Projekte mit kluger Standortwahl, guten Vermeidungskonzepten und geringstem ökologischen Fußabdruck. Nur dann kann die Transformation des europäischen Energiesystems gelingen.
Neben dem “Wind Power Action Plan” hat die Kommission auch ein Papier mit Maßnahmen zu beschleunigten Ausbau der Offshore-Windenergie veröffentlicht. Der NABU begrüßt die stärkere europäische Zusammenarbeit beim Netzausbau und fordert eben diese ganz grundsätzlich bei der Entwicklung der Windenergie auf See. “Mehr Tempo bei zu hohen nationalen Ausbauzielen in der kleinen Nordsee in schlechtem Zustand führen zur ökologischen Katastrophe. Es geht nicht allein um Schnelligkeit, sondern um eine kluge Standortwahl in einem lernenden europäischen System. Hier muss die Strategie der Kommission besser werden”, so Krüger weiter.
Pressemitteilung NABU
EU-Windkraftstrategie: Richtige Richtung – aber zu vage
Jetzt müssen die Mitgliedstaaten bestehende Möglichkeiten nutzen
Zum heute von der EU-Kommission veröffentlichten European Wind Power Action Plan erklärt Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Der EU-Windkraft-Aktionsplan ist ein Schritt in die richtige Richtung, bleibt aber zu luftig und vage. Immerhin präsentiert die EU-Kommission diesmal den Naturschutz nicht als den großen Sündenbock für verschleppte Planungen und den hinkenden Ausbau der erneuerbaren Energien. Stattdessen will sie echte Probleme angehen, wie etwa den Mangel an Fachpersonal in den Genehmigungsbehörden und fehlende Finanzierungsmöglichkeiten. Aber viele der genannten Maßnahmen sind bereits bekannt.
Jetzt sind die Mitgliedstaaten gefordert, die bestehenden Möglichkeiten endlich zu nutzen. Sie müssen eine naturverträgliche Planungsbeschleunigung vorantreiben. Statt pauschalen Ausnahmen von bewährten Umweltschutzvorgaben brauchen wir einen umfassenden Ansatz. Wir brauchen einen beschleunigten Ausbau, bei dem der Naturschutz und die biologische Vielfalt mitgedacht werden. Die Beteiligung der Zivilgesellschaft ist der Schlüssel zu einer europaweit naturverträglichen und bürgernahen Energiewende. Dabei kommt es auf Umweltverträglichkeitsprüfungen als wesentliche Stellschraube an.“
Pressemitteilung BUND