Die UN-Meereskonferenz endet mit klarem Bekenntnis

… zu globalem Meeresschutz – Wichtige Weichenstellungen müssen jetzt politisch umgesetzt werden
Meeresschutz: Deutschland hat viel versprochen, nun zählen die Taten / Gefahr Tiefseebergbau: Präsentes Thema, die Allianz der Staaten gegen Tiefseebergbau ist stark aufgetreten, wenig gewachsen / Ernährungssicherung und Fischerei: Perspektiven zur Überwindung der Klimawirkungen auf Ernährung und menschenwürdiges Leben im globalen Süden fehlen weiterhin

Am heutigen Freitag endet die 3. UN-Meereskonferenz in Nizza. Angesichts des schwierigen geopolitischen Umfelds ist es bereits als Erfolg zu werten, dass sich fast alle UN-Mitgliedsstaaten erneut zur Diskussion und zu Verhandlungen über globale Meerespolitik getroffen haben. Auf der Konferenz war ein ehrliches Bekenntnis der Staaten zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Meere zu erkennen. Gleichzeitig muss sich das Ergebnis der Konferenz nun daran messen lassen, wie ambitioniert die Mitgliedstaaten die Beschlüsse in nationale Politik umsetzen.

Meeresschutz

Ein besonderes Momentum konnte die Konferenz bei der Ratifizierung des UN-Hochseeschutzabkommens (Agreement on Biodiversity beyond National Jurisdictions, kurz BBNJ) entfalten. Zwar wurde die notwendige Anzahl von 60 Ratifizierungen vorerst nicht erreicht, es gilt aber als sicher, dass dieses Ziel bis zur UN-Generalversammlung im September 2025 erfüllt wird. Damit wäre für den seit Jahrzehnten angestrebten Schutz der Hohen See ein wichtiger politischer Durchbruch erreicht.

Franziska Saalmann von Greenpeace merkt an: „Umweltminister Carsten Schneider hat für den Meeresschutz viel versprochen. Nun kann er zeigen, dass es ihm ernst ist. Deutschland sollte das BBNJ-Abkommen so schnell wie möglich ratifizieren und auf eine rasche Umsetzung drängen: Mit klaren Finanzierungszusagen, Vorschlägen für Schutzgebiete und enger internationaler Zusammenarbeit. Wenn die große Bühne in Nizza abgebaut ist, zählt was in Berlin passiert.”

„Gleichzeitig ist es bitter nötig, auch in den nationalen Meeresschutzgebieten nachzubessern. Vor allem die Grundschleppnetzfischerei muss endlich aus diesen verbannt werden. Die schweren Netze zerstören den Meeresboden, fangen eine Vielzahl ungewollter Lebewesen als Beifang und verursachen sehr viel Unterwasserlärm. Da Deutschland der auf der Konferenz von Kanada und Panama gegründeten Koalition für leisere Meere (High Ambition Coalition for a Quiet Ocean) beigetreten ist, erwarten wir ambitioniertes Voranschreiten der deutschen Regierung um den zunehmenden Unterwasserlärm zu reduzieren”, sagt Bettina Taylor vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Tiefseebergbau

Die Kontroverse um einen zukünftig möglichen Tiefseebergbau bestimmte als zweites großes Thema die Diskussionen in Nizza. Obwohl zahlreiche Staaten ihre ernsten Bedenken zur Ausbeutung der Tiefsee zum Ausdruck brachten, schlossen sich nur vier weitere Länder der Forderung nach einem Moratorium an. Derzeit lehnen damit insgesamt 37 Staaten den Beginn von Tiefseebergbau zum jetzigen Zeitpunkt ab.

Klaus Schilder von Misereor macht deutlich: „Die im Juli stattfindenden Verhandlungen der Internationalen Meeresbodenbehörde zielen weiterhin auf den Start des industriellen Tiefseebergbaus ab, der Lebensräume und Nahrungsquellen von Menschen gefährdet. Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen in den betroffenen Ländern fordern zivilgesellschaftliche Organisationen aus Deutschland die Bundesregierung auf, Tiefseebergbau deutlich abzulehnen, sowie Abbau-Tests und millionenschwere Technologieförderung zu beenden.”

„Tiefseebergbau ist eine maximal umweltzerstörerische, neue industrielle Ausbeutung der Meere, die die Menschen und unsere Umwelt im Pazifik bedroht. Eine neuer blauer Kolonialismus findet in der Region statt. Wir fordern mehr in den globalen Meeresschutz zu investieren und die Achtung der Rechte der Menschen im Pazifik wie in anderen Regionen zu unterstützen”, sagt Jan Pingel vom Ozeanien-Dialog.

Ernährungssicherung und Fischerei

Die Meereskonferenz hat die Sorgen und Nöte hinsichtlich des Beitrags der Meere für Ernährungssicherung und Einkommen in der Kleinfischerei aufgegriffen. Es fehlen aber konkrete Schritte zur Eindämmung illegaler Fischerei und für den Schutz gegen steigende Meeresspiegel.

Francisco Marí von Brot für die Welt sagt: „Küstenländern und Inselstaaten im Globalen Süden steht das Wasser bis zum Hals. Ihre Fischgründe und die Küsten, von denen sie leben und sich ernähren, verschwinden.”

„Die Unverbindlichkeit der Abschlusserklärung enttäuscht uns, denn es fehlen Perspektiven zur Überwindung der Klimawirkungen auf Ernährung und menschenwürdiges Leben”, sagt Gaoussou Gueye vom afrikanischen Verband der Kleinfischerei.

„Staaten und Wirtschaftsunternehmen fordern, dass man mit einer ‘Blauen Wirtschaft’ noch mehr Geld und Gewinne aus den Meeren einstreichen kann, obwohl die Ozeane am Rande unumkehrbarer Kipppunkte stehen”, kritisiert Kai Kaschinski von Fair Oceans.

Gemeinsame Pressemitteilung von Brot für die Welt, BUND, BUNDjugend, DEEPWAVE, Greenpeace, fair oceans, Forum Umwelt und Entwicklung, MISEREOR, Ozeanien-Dialog


Ozeankonferenz ohne Durchbruch:
Deutsche Umwelthilfe fordert Ende fossiler Projekte und verbindliche Schutzmaßnahmen von Umweltminister Schneider

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die Abschlusserklärung zur UN-Ozeankonferenz als unzureichend. Das UN-Hochseeschutzabkommen könnte mit 50 Ratifizierungen und 17 weiteren angekündigten Beitritten zwar zu einem Meilenstein für den globalen Meeresschutz werden – verbindliche Maßnahmen bleibt die Konferenz in Nizza aber schuldig. Bundesumweltminister Schneider steht nun in der Pflicht, konkrete Maßnahmen zum Schutz unserer Meere vorzulegen.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH:

„Die UN-Ozeankonferenz hätte ein Wendepunkt für den Schutz mariner Biodiversität und die Bekämpfung der Klimakrise sein können – doch stattdessen wurde der Schutz nur behauptet, nicht beschlossen. Grundschleppnetzfischerei bleibt weiterhin erlaubt in sensiblen Lebensräumen, selbst in Meeresschutzgebieten. Offshore-Öl- und Gasförderungen laufen ungebremst weiter, obwohl sie im Widerspruch zu internationalen Klimazielen stehen. Deutschland muss jetzt vorangehen: Angesichts des katastrophalen Zustands von Nord- und Ostsee mit kaum einem Fleck, der nicht zur Nutzung freigegeben wird, braucht es endlich klare Fristen und verbindliche Schutzregeln. Das Ziel, mindestens zehn Prozent der Meere unter strengen Schutz zu stellen, bleibt sonst in weiter Ferne. Wir fordern Umweltminister Schneider auf, fossile Projekte zu beenden und den naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien voranzubringen. Ein Verbot umweltschädlicher Aktivitäten in Schutzgebieten sowie die schnelle Ratifizierung und Umsetzung des UN-Hochseeschutzabkommens sind dringend nötig für wirksamen Klima- und Biodiversitätsschutz. Ohne echten politischen Willen bleibt Nizza ein diplomatisches Planspiel.“

Pressemitteilung DUH

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