Die heute (2.8.) von Verkehrsminister Dobrindt vorgestellten Ergebnisse des „Dieselgipfels“ sind aus Sicht des BUND ein Affront gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die in Gebieten wohnen, in denen die Stickoxidkonzentration in der Luft als gesundheitsschädlich gilt.
„Softwarelösungen für schmutzige Diesel reichen nicht“, sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Der BUND fordert für Hamburg kurzfristig Fahrverbote für alle Dieselfahrzeuge, die die Emissionswerte nicht einhalten, so wie sie auch das Verwaltungsgericht Stuttgart für die baden-württembergische Landeshauptstadt vor wenigen Tagen angeordnet hat. „Mittelfristig muss Hamburg eine großflächige Umweltzone ausweisen mit einer neu einzuführenden Blauen Plakette, die alle Fahrzeuge mit zu hohem Stickstoffdioxidausstoß aus den Innenstadtbereichen fernhält“, so der BUND-Geschäftsführer.
Die Belastungssituation in Hamburg ist weiterhin angespannt. Auch im ersten Halbjahr 2017 liegen die Messwerte für Stickstoffdioxid (NO2) deutlich über den Grenzwerten. An der Stresemannstraße sind die Werte sogar gestiegen.
„Für Hamburg bleibt die Einführung von Fahrverboten das Mittel der Wahl, Bürgermeister Scholz muss endlich seine Blockladehaltung aufgeben. Auch der neue Luftreinhalteplan sorgt nicht dafür, dass die Grenzwerte schnellstmöglich eingehalten werden, wie vom Hamburger Verwaltungsgericht gefordert“, ergänzt Braasch.
Im neuen Hamburger Luftreinhalteplan seien zudem zu optimistische Annahmen bezüglich der Stickoxidreduktion durch die laufende Flottenerneuerung bei PKW getroffen worden. Dabei werde selbst unter diesen Annahmen erst für das Jahr 2025 die Einhaltung der Grenzwerte in ganz Hamburg in Aussicht gestellt. Vor wenigen Tagen hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart (Az: 13 K 5412/15) festgestellt, dass für eine schnellstmögliche Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben ab 2018 Fahrverbote in der Landeshauptstadt erlassen werden müssen.
Für den 12. September 2017 ist vor dem Umwelt- und Verkehrsausschuss der Hamburger Bürgerschaft eine Expertenanhörung geplant. „Wir sind sehr gespannt, wie sich die Bürgerschaft ihrer Verantwortung stellt – schließlich geht es um die Gesundheit zigtausender Bürgerinnen und Bürger in Hamburg“, sagt der BUND-Geschäftsführer.
Pressemitteilung BUND HH
Greenpeace-Kommentar zum Dieselgipfel
Berlin, 2. 8. 2017 – Freiwillige Softwareupdates für 5,3 Millionen Dieselautos sollen deren Stickoxid-Ausstoß laut VDA um 25 bis 30 Prozent senken und so die Luftprobleme der Städte lösen. Dies hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) heute mit Ministerpräsidenten und Vertretern der Autoindustrie auf dem Dieselgipfel beschlossen. Es kommentiert Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan:
„Die Mär von 5 Millionen Software-Updates ist so falsch wie die Abgaswerte deutscher Autos. Sie sorgen kaum für bessere Luft, und der Großteil der Rückrufe ist lange vor dem Gipfel in die Werkstätten beordert worden. Statt Millionen Menschen vor Dieselabgasen zu schützen, legt die Bundesregierung heute einen sterbenden Motor unters Sauerstoffzelt. Saubere Diesel sind den Konzernen zu teuer, und die Politik lässt es ihnen durchgehen. Wenn Dieselautos mit neuer Software den Grenzwert fünffach statt siebenfach überschreiten, macht sie das längst nicht sauber. Das reicht nicht, um Hunderttausende Stadtbewohner vor giftigen Stickoxiden zu schützen, die uns Hersteller mit manipulierten Autos eingebrockt haben.
Der Verkehrsminister und die Hersteller haben heute versagt, drohende Fahrverbote abzuwenden. Nun muss Kanzlerin Merkel den Scherbenhaufen zusammenfegen, den Dobrindt ihr hinterlässt. Nur eine blaue Plakette kann einen verkehrspolitischen Flickenteppich aus Fahrverboten verhindern. Damit die Stadtluft dauerhaft besser wird und der Verkehr endlich einen Beitrag zum Klimaschutz liefert, muss die Bundesregierung jetzt den mittelfristigen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor einleiten.“
Greenpeace-Aktivisten projizieren „Aktenzeichen NOx ungelöst“ auf Kanzleramt
Nach Diesel-Gipfel: Fahrverbote werden wahrscheinlicher
Berlin, 3. 8. 2017 – Für mehr Engagement von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im weiter schwelenden Abgasskandal protestieren Greenpeace-Aktivisten heute vor Tagesanbruch am Bundeskanzleramt. „Aktenzeichen NOx ungelöst“ projizieren die Umweltschützer in großen Leuchtzeichen zusammen mit der Silhouette der Kanzlerin auf die Fassade. In Anlehnung an eine TV-Serie über unaufgeklärte Verbrechen kritisieren sie das enttäuschende Ergebnis des Dieselgipfels am Vortag. „Der Gipfel hat kein einziges Problem gelöst. Er hat die drohenden Fahrverbote nicht abgewendet, er schützt niemanden vor giftigen Abgasen und bringt die Hersteller nicht dazu, endlich saubere Autos zu bauen“, sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan. „Angela Merkel muss den Dieselskandal in all seinen Konsequenzen nach ihrem Urlaub zur Chefsache machen.“
Beim ihrem Treffen gestern beschlossen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), mehrere Ministerpräsidenten und Vertretern der Autoindustrie freiwillige Software-Updates für 5,3 Millionen Diesel-Pkw. Ein Großteil der Autos war jedoch schon vor dem Gipfel in die Werkstätten beordert worden. Die Updates sollen den viel zu hohen Ausstoß an gesundheitsschädlichen Stickoxiden (NOx) der Autos um 25 bis 30 Prozent senken. Da selbst moderne Euro-6-Diesel die Stickoxid-Grenzwerte auf der Straße laut Umweltbundesamt (UBA) im Schnitt um das sechsfache überschreiten, ändern die Updates kaum etwas an der Luftbelastung der Städte. „Spätestens mit den nächsten Luftmessdaten werden weitere Betroffene klagen und bereits laufende Verfahren mehr Gewicht bekommen“, so Stephan. „Nachdem die Autoindustrie über Jahre manipuliert und die Bundesregierung ebenso lange wegschaut hat, sind Fahrverbote nunmehr unausweichlich. Ohne eine bundesweite blaue Plakette droht Deutschland ein verkehrspolitischer Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen.“
Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehr stagniert seit einem Vierteljahrhundert
Seit 1990 hat der Verkehr nichts zum Klimaschutz beigetragen. Im Jahr 2016 lagen seine CO2-Emissionen laut UBA sogar 2 Millionen Tonnen über dem Wert von 1990. Um die mit dem Pariser Klimaschutzabkommen festgelegten Ziele zu erreichen, müssen sich vor allem die Autohersteller deutlich mehr anstrengen. Bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen aus dem Verkehr um 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990 sinken. So hat es das Kabinett Ende 2016 mit dem Klimaschutzplan 2050 beschlossen. Gelingen kann das nur, wenn die Zahl von gut 45 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotor in Deutschland schnell und deutlich sinkt. „Deutschland braucht eine Verkehrswende weg vom klimaschädlichen Verbrennungsmotor, hin zu nachhaltigen Verkehrsformen wie gemeinschaftlich genutzten E-Autos, einem leistungsfähigen ÖPNV und einer gut ausgebauten Rad-Infrastruktur“, so Stephan. „Diesen Wandel muss die Kanzlerin schon heute steuern, mit einem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis zum Jahr 2025.“
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