Entwarnung für weite Teile des Gebiets / Fische, Beeren und Pilze nicht auffällig / Teilsanierung unerlässlich / Fläche bleibt zunächst gesperrt
Der erste Verdacht hat sich nicht erhärtet: In der Boberger Niederung gibt es keine großflächige Dioxin-Problematik. Seit Ende Oktober wurden rund 900 einzelne Bodenproben genommen und im Labor ausgewertet. Ergebnis: Für die Umgebung der Fundstelle kann Entwarnung gegeben werden.
In den Wohngebieten von Mümmelmannsberg und Boberg, in den Angelteichen, im Grundwasser sowie im angrenzenden Badesee konnte keine Kontamination mit Dioxin festgestellt werden. In Proben von Beeren, Pilzen und Fischen aus dem Gebiet wurden keine erhöhten Dioxin-Werte entdeckt. Auch der Oberboden der unweit gelegenen Altdeponie Havighorster Moor wies keine Belastungen auf.
Der Wert von 700 Mikrogramm Dioxin pro Kilogramm, der am Hang nahe des Bahndamms im vergangenen Jahr gefunden worden war und Anlass für die großflächige Nachuntersuchung war, hat sich bei den jetzt abgeschlossenen Bodenproben bis zu einer Tiefe von 60 Zentimetern kein weiteres Mal ergeben. Der höchste gemessene Wert lag bei 24 Mikrogramm pro Kilogramm. Da dieser Wert die gesetzliche Schwelle für Dioxinbelastungen auf Wohn- und Freizeitflächen von 1 Mikrogramm pro Kilogramm* deutlich übersteigt, liegt weiterhin ein Handlungsbedarf vor. Eine Sanierung der betroffenen Fläche ist unvermeidbar. Der genaue Flächenumfang, der Aufwand und die Kosten werden derzeit ermittelt.
Umweltsenator Jens Kerstan erklärt dazu: „Der Schadensfund bleibt auf den abgesperrten Hang am Bahndamm begrenzt. Glücklicherweise wurden in der Umgebung keine neuen Extrem-Belastungen gefunden. Das ist erst einmal eine entlastende Nachricht. Die jetzt gefundenen immer noch sehr hohen Werte ändern aber nichts an unserer Beurteilung, dass es sich hier um ein schweres Umweltvergehen handelt. Die betroffene Fläche muss in jedem Fall saniert werden. Wir prüfen jetzt, wie die Sanierung ablaufen kann und werden die Anwohnerinnen und Anwohner frühzeitig darüber informieren. Bei der Frage nach einer notwendigen Sanierung setze ich darauf, dass auch der mutmaßliche Verursacher seine gesellschaftspolitische Verantwortung anerkennt und seinen Beitrag leistet.“
Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks: „Die Dioxin-Funde haben bei den Anwohnern zu Recht Besorgnis ausgelöst und auch den Senat alarmiert. Umso erleichterter sind wir, nach umfangreichen Untersuchungen hinsichtlich möglicher Belastungen der Menschen in Boberg und den angrenzenden Stadtteilen weitestgehend Entwarnung geben zu können. In Beeren, Pilzen und Fischen, über die das Dioxin hätte aufgenommen werden können, wurden keine erhöhten Werte festgestellt. Eine Sonderauswertung des Krebsregisters hat für die angrenzenden Stadtteile keinerlei Auffälligkeiten gezeigt.“
Gesundheitliche Aspekte
Die Krebshäufigkeit in den zur Boberger Niederung nahegelegenen Stadtgebieten Billstedt und Lohbrügge ist nach Untersuchung durch das Krebsregister im Vergleich zu jeweils vier anderen vergleichbaren Stadtgebieten nicht erhöht. Dabei wurden die Krebsneuerkrankungen und die Krebssterbefälle im Zeitraum von 20 Jahren (1996 bis 2015) miteinander verglichen.
Für den Fall, dass Kinder und Erwachsene über die belasteten Wegstrecken gegangen oder gelaufen sind, kann eine gesundheitsgefährdende Schadstoff-Aufnahme über den Atemtrakt ausgeschlossen werden. Für im Laub oder direkt im kontaminierten Waldboden-Bereich spielende Kleinkinder oder den Fall, dass Kleinkinder Sand aus dem betroffenen Gebiet mit dem Mund aufgenommen haben, kann eine Zusatzbelastung im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden und bedarf einer Einzelprüfung. Die Gesundheitsbehörde hat hierfür im Gesundheitsamt des Bezirksamtes Bergedorf eine ärztliche Beratungsstelle eingerichtet. Hier können sich im Einzelfall Eltern ärztlich beraten lassen. Diese Einzelprüfung sollte anhand möglichst genauer Angaben zum Standort, Dauer und Häufigkeit des Spielens in der Boberger Niederung durch Eltern oder Erzieherinnen erfolgen.
Herkunft des Dioxins
Die Zusammensetzung der gefundenen Stoffe hat die anfängliche Vermutung bestärkt, dass die gefundenen Dioxine aus der damaligen Produktion von Pflanzenschutzmitteln der Firma Boehringer Ingelheim (Werk Andreas-Meyer-Straße) stammen müssten.
Eine Erklärung, wie die gefundenen Abfälle dort hingekommen sind, gibt es noch nicht. Die Recherchen dazu sind noch nicht abgeschlossen. Die Umweltbehörde hat der Firma Boehringer Ingelheim die bislang erhobenen Daten zur Verfügung gestellt und Gespräche mit dem Unternehmen aufgenommen.
Die nächsten Schritte
Eine Sanierung der betroffenen Teilflächen ist zwingend erforderlich. Als nächstes werden weitere Bodenproben in Bodenschichten unterhalb von 60 Zentimetern genommen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird in der zweiten Jahreshälfte ein Sanierungskonzept erarbeitet. Sobald das vorliegt, wird es eine weitere Anwohnerinformation geben.
Die belasteten Teilflächen bleiben bis zur Sanierung abgesperrt. Eine Teil-Abdeckung der freien Wegflächen wird geprüft. Das Angeln kann wieder erlaubt werden. Allerdings muss zusammen mit den beiden Angelvereinen eine neue Zuwegung zum Angelteich entwickelt werden, da die Wege zu den belasteten Flächen zählen.
Weitere Informationen und FAQs finden sich unter www.hamburg.de/altlasten und werden dort laufend aktualisiert.
Grafiken der Bodenproben und historische Luftaufnahmen zum Download unter t.hh.de/12117926
Pressemitteilung der Behörde für Umwelt und Energie und der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz