… im Gebäudesektor nicht auf EU-Ebene fortsetzen
Anlässlich der morgigen Trilogverhandlungen zur Revision der Europäischen Gebäuderichtlinie appelliert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) an die Bundesregierung, die geplanten Mindesteffizienzstandards nicht zu blockieren. Trotz breiter Unterstützung durch Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Sozialverbände bedroht der klimapolitische Crashkurs der Ampelregierung diesen zentralen Baustein für Klimaschutz, Energieunabhängigkeit und Verbraucherschutz.
Mindestenergieeffizienzstandards (MEPS) geben gesetzlich vor, dass die Gebäude im schlechtesten energetischen Zustand bis zu einem gewissen Zeitpunkt modernisiert werden müssen. Um diese zu erfüllen, sind in der Regel nur einzelne energetische Sanierungsmaßnahmen nötig. Die DUH fordert von der Bundesregierung, ihre eigenen Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zu respektieren und Klimaschutz im Gebäudesektor nicht endgültig auf das Abstellgleis zu verbannen. Die vielfältigen Vorteile und klimapolitische Bedeutung der Mindesteffizienzstandards für Gebäude beschreibt die DUH in einem neuen Faktenpapier.
Dazu Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Seit Monaten ignoriert die Bundesregierung die Forderungen von Sozial- und Umweltverbänden sowie der Wirtschaft nach Mindesteffizienzstandards für Gebäude. Mehr als zwei Drittel der Haushalte in Deutschland mussten in der vergangenen Heizperiode ein ganzes Monatsgehalt für ihre Heizkosten aufwenden. Enorme Ausgaben für Heizkosten lassen sich durch gut gedämmte und sanierte Gebäude verhindern. Hinzu kommt, dass Klimaneutralität im Gebäudesektor ohne eine Steigerung der Sanierungsrate schlichtweg unmöglich ist. Zudem könnte eine Sanierung der klimaschädlichsten Gebäude auf die Effizienzklasse E fast ein Drittel des Öl- und Gasverbrauchs in Europa einsparen. Wir brauchen ambitionierte Mindesteffizienzstandards für bezahlbare Nebenkostenabrechnungen, den Klimaschutz, die Versorgungssicherheit und die Planungssicherheit in der Wohnungswirtschaft. Hier noch länger zu zögern und in Brüssel wieder als unzuverlässiger Verhandlungspartner dazustehen, wäre ein fatales Signal.“
Sollte Deutschland seinen gebäudepolitischen Sabotagekurs auf EU-Ebene fortsetzen, drohen innerhalb weniger Jahre potenzielle Strafzahlungen an die EU im dreistelligen Millionenbereich.
Hintergrund:
Die morgigen Trilogverhandlungen sind entscheidend dafür, ob die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in dieser europäischen Legislaturperiode noch novelliert wird. Sollten das EU-Parlament, die Kommission und der Rat morgen nicht zu einer Einigung kommen, gilt die Gebäuderichtlinie nicht mehr als Priorität der spanischen Ratspräsidentschaft. In diesem Fall wäre vor den nächsten EU-Wahlen im Juni 2024 nicht mehr genug Zeit, die neugefasste Richtlinie zu verabschieden.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
BUND und Paritätischer Wohlfahrtsverband zur Gebäudesanierung: Kehrtwende der Ampel ist sozial und ökologisch inakzeptabel
Bundesregierung muss sich in Brüssel für gesetzliche Mindeststandards für Gebäude einsetzen
Am morgigen Donnerstag verhandelt die Bundesregierung im europäischen Trilog über die Novelle der EU-Gebäuderichtlinie und droht durch ihre klimapolitische Kehrtwende im Gebäudebereich zentrale Maßnahmen weiter abzuschwächen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Paritätische Wohlfahrtsverband fordern die Bundesregierung dazu auf, sich an ihre Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zu halten und sich für wirksame Mindeststandards für die Effizienz von Gebäuden einzusetzen, statt den Klimaschutz im Gebäudebereich weiter auszubremsen. Parallel muss in Deutschland eine sozialverträgliche Sanierungsoffensive in die Wege geleitet werden, erklären die beiden Organisationen übereinstimmend. Dazu gehören neben den gesetzlichen Vorgaben unter anderem die Einführung sozial gestaffelter Förderprogramme und die deutliche Absenkung der Modernisierungsumlage, um warmmietenneutrale Modernisierungen zu gewährleisten.
Die Verbände verfolgen mit großer Sorge, wie die Ampelparteien ihre Ambitionen beim Klimaschutz in Gebäuden immer weiter abschwächen. Die Voraussetzung für den sozialen Frieden und für das Gelingen der Wärmewende ist, dass alle Menschen unabhängig von ihrer ökonomischen oder sozialen Situation am ökologischen Fortschritt teilhaben können.
Tina Löffelsend, Abteilungsleiterin Klimaschutz beim BUND: „Es ist skandalös, dass die Ampel bei der Gebäudesanierung in Europa und Deutschland auf die Bremse tritt. Die Klimaziele werden jedes Jahr aufs Neue gerissen und in Gebäuden wird jede Menge Energie verschwendet. Effiziente Gebäude sind der Schlüssel im Kampf gegen Klimakrise und Energiearmut. Gerade in Zeiten in denen immer mehr Menschen nicht wissen, wie sie ihre nächste Heizkostenrechnung bezahlen sollen, steht insbesondere Bauministerin und Sozialdemokratin Klara Geywitz in der Pflicht Klimaschutz und Soziales bei der Gebäudesanierung zusammen zu bringen.“
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands: „Wer wenig Geld hat, wohnt häufig in schlecht sanierten Wohnungen und leidet bereits heute unter hohen Heizkosten. Wir brauchen deshalb eine ökologisch anspruchsvolle und sozial gerechte Sanierungsstrategie. Wenn die Bundesregierung sich nun vor ambitionierten sozial-ökologischen Sanierungsstandards drückt, verschiebt sie die Probleme nur in die Zukunft – und besonders zulasten einkommensarmer Menschen und des Klimas.“
Der BUND und der Paritätische Wohlfahrtsverband erwarten von der Bundesregierung eine starke Haltung in Europa zu Mindeststandards für die Effizienz von Gebäuden und eine schnelle Umsetzung in Deutschland. Die Menschen brauchen einen verlässlichen Fahrplan und eine zielgerichtete Unterstützung, um selbst genutzte und vermietete Gebäude sozialverträglich klimafit zu machen, so die Organisationen.
Hintergrund: Aktuell verhandeln das EU-Parlament, die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten über neue Vorgaben im Rahmen der EU-Gebäuderichtlinie. Eine zentrale Maßnahme darin sollten Mindeststandards für die Effizienz von Gebäuden sein („Minimum Energy Performance Standards“, MEPS).
Eigentümer*innen der Gebäude der schlechtesten Effizienzklassen müssten dem Vorschlag nach bis zu einem festgelegten Zeitpunkt, zum Beispiel 2030, wenige Maßnahmen durchführen, um eine bessere Effizienzklasse zu erreichen. Eine Vollsanierung wäre nicht verpflichtend, die Art der Maßnahmen wäre frei wählbar, der Umstieg auf erneuerbare Wärme würde darauf angerechnet und Ausnahmen zum Beispiel für Härtefälle wären vorgesehen.
Deutschland hatte sich in der Vergangenheit im Ministerrat für die Standards stark gemacht und sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, das Fit-for-55-Paket der EU-Kommission, in Rahmen dessen die MEPS vorgeschlagen wurden, zu unterstützen.
Im Rahmen ihres Maßnahmenpakets zum „Baugipfel“ am 25.09.2023 hat die Bundesregierung formuliert, sie wolle verpflichtende Sanierungen einzelner Gebäude ausschließen. Bauministerin Klara Geywitz wurde bereits im Vorfeld in den Medien damit zitiert, dass sie sich gegen Sanierungspflichten ausspreche und sich bei der energetischen Modernisierung auf öffentliche Gebäude fokussieren wolle. Die aktuell zur Verhandlung stehende Ausgestaltung der MEPS wurden durch die Mitgliedsstaaten bereits deutlich abgeschwächt.
Pressemitteilung BUND