… und treibt Menschen in die Kostenfalle – DUH warnt vor Rechtsbruch durch neues Heizungsgesetz
Anlässlich der heutigen Anhörung im Bundestag zum überarbeiteten Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) schlägt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Alarm und warnt vor einem Rechtsbruch der Bundesregierung. Das neue Heizungsgesetz macht die Einhaltung der Ziele des völkerrechtlich verbindlichen Pariser Klimaschutzabkommens unmöglich. Der Entwurf sieht vor, dass fossile Öl- und Gasheizungen langfristig weiter betrieben werden können, was auf Jahrzehnte hohe Emissionen im Gebäudesektor bedeutet.
Ein späterer Umstieg auf klimaneutralen Wasserstoff oder Biomethan ist lediglich eine Scheinlösung, da diese Gase nur in äußerst begrenzten Mengen zur Verfügung stehen werden und zudem drastische Energiekostensteigerungen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern zur Folge haben. Die DUH fordert den Bundestag auf, dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.
Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin kommentiert: „Mit ihrem neuen Gebäudeenergiegesetz geben die Ampelfraktionen die Klimaziele im Wärmesektor auf. Mit diesem Gesetz werden fossile Strukturen auf die nächsten Jahrzehnte gefestigt. Die Gaslobby hat sich mit ihren Interessen brutal durchgesetzt und lässt jetzt die Champangnerkorken knallen. Das ist ein massiver Rechtsbruch der Bundesregierung, der uns alle schwer treffen wird. Diese Regierung ist mit dem Versprechen angetreten und dafür gewählt worden, für mehr Klimaschutz zu sorgen. Damit ist sie im Gebäudebereich krachend gescheitert. Bezeichnend ist, dass unter den geladenen Vertreterinnen und Vertretern zur Ausschussanhörung keine Expertinnen oder Experten der Umweltverbände sind. Klimaschutzargumente sind im politischen Diskurs anscheinend unerwünscht. Das Gesetz darf so nicht verabschiedet werden und muss nachgebessert werden.“
Die DUH kritisiert außerdem, dass der Gesetzentwurf eine Ausweitung der Nutzung von Biomethan und Holz zum Heizen vorsieht. Wärme aus Bioenergie kann nur sehr eingeschränkt nachhaltig erzeugt werden und sollte nur ausgewählten Anwendungsbereichen zugutekommen, in denen andere Heizoptionen nicht möglich sind. Zudem droht Mieterinnen und Mieter eine Explosion ihrer Betriebskosten. Denn wenn sich die Vermieterin oder der Vermieter für eine Öl- oder Gasheizung entscheidet, die dann wie vorgesehen mit Wasserstoff, Biomethan oder daraus hergestellten Derivaten wie E-Fuels betrieben werden soll, müssen die Mietenden die späteren hohen Brennstoffkosten übernehmen. Das Analyse- und Beratungsunternehmen Prognos hat im Auftrag der DUH berechnet, dass die Kosten für Gasheizungen mit steigenden Biomethananteilen bereits 2030 bei Mieterinnen und Mietern deutlich höhere Betriebskosten als eine Luftwärmepumpe verursachen – mit den steigenden Beimischungsanteilen steigen die Betriebskosten hier schnell fast auf das Doppelte als die erneuerbare Alternative. Abgesehen davon bedeutet eine anteilige Beimischung von angeblich klimafreundlichen Gasen einen konstant hohen Verbrauch von fossilem Brennstoff – und dies quasi uneingeschränkt bis 2045.
Paula Brandmeyer, Stellvertretende Leiterin Energie und Klimaschutz dazu: „Bei Biomethan und Wasserstoff geht die Bundesregierung der fossilen Öl- und Gaslobby auf den Leim und schreibt klimaschädliche und verbraucherfeindliche Scheinlösungen ins Gesetz. Es ist ein riesen Skandal, dass Mieterinnen und Mieter durch die Streichung der Schutzklausel in Paragraph 71o mit den astronomischen Betriebskosten allein gelassen werden. Nach den uns vorliegenden Berechnungen müssten Mieterinnen und Mieter allein im Jahr 2030 bei einem Biomethananteil von 15 Prozent mit Mehrkosten von etwa 50 Cent pro Quadratmeter gegenüber einer Wärmepumpe rechnen. Auch hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit werden Verbraucherinnen und Verbraucher getäuscht: ‚Bio‘-Methan ist alles andere als umweltverträglich, denn Hauptgrundlage sind Energiepflanzen wie Mais aus intensiver Landwirtschaft. Es ist außerdem völlig utopisch, dass in Deutschland erzeugte Mengen fossiles Gas in nennenswertem Umfang eins zu eins ersetzen können. Vielmehr werden mit dem Gesetz Tür und Tor für undurchsichtige Importe und einen Zertifikatehandel mit dem Ausland geöffnet. Die Ausweitung der Biomassenutzung muss gestoppt werden.“
Die DUH warnt davor, dass die Fehlanreize durch die vorgesehene Förderung noch verstärkt werden. Die Förderfähigkeit muss unbedingt an einen erneuerbaren und effizienten Betrieb von Heizungen gekoppelt sein. Es ist vollkommen widersinnig, Geld aus dem Klima- und Transformationsfond für fossil betriebene Heizungen zu verschwenden – dieses Fördergeld fehlt am Ende für echte CO2-Minderungsmaßnahmen wie die Umstellung auf Wärmepumpen. Die Förderung von Gasheizungen erschwert zudem den gewünschten Ausbau der Wärmenetze. Je mehr neue Gasheizungen aufgrund staatlicher Förderung installiert werden, desto schwieriger wird es für Kommunen und Stadtwerke, die notwendige hohe Anschlussdichte für den Ausbau von Wärmenetzen zu erreichen.
Hintergrund:
Das Analyse- und Beratungsunternehmen Prognos hat im Auftrag der DUH berechnet, welche Kosten bei fossilen Gasheizungen in Kombination mit Biomethan auf Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft zukommen könnten und diese mit den Kosten von anderen Energieträgern verglichen. Die Annahmen und Berechnungsgrundlagen können dem Faktenpapier „H2-Ready: Die Kostenfalle im Gebäude“ entnommen werden.
In einem durchschnittlichen Einfamilienhaus liegen die jährlichen Energiekosten im Jahr 2030 bei einem Anteil von 15 Prozent Biomethan bei 4.155 Euro im Jahr. Im Jahr 2040 belaufen sich die Kosten bei 60 Prozent Biomethan auf 5.401 Euro im Jahr.
Eine Luft-Wärmepumpe würde für das Jahr 2030 im Einfamilienhaus Gesamtkosten von 3.060 Euro im Jahr verursachen. Im Jahr 2040 würden sich die Kosten auf 3.065 Euro im Jahr belaufen.
Im Mehrfamilienhaus liegen die Energiekosten für Mieterinnen und Mieter im Jahr 2030 bei einem Anteil von 15 Prozent Biomethan bei 1,83 Euro/m²/Monat. Im Jahr 2040 belaufen sich die Kosten bei 60 Prozent Biomethan auf 2,52 Euro/m²/Monat.
Eine Luft-Wärmepumpe würde für das Jahr 2030 für Mieterinnen und Mieter eines Mehrfamilienhauses Gesamtkosten von 1,35 Euro/m²/Monat verursachen. Im Jahr 2040 würden sich die Kosten auf 1,34 Euro/m²/Monat belaufen.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe (3.7.)
Heizungsgesetz: Mangelnder Schutz vor Kostenfallen
Eine klima- und sozialgerechte Wärmewende sieht anders aus
Anlässlich der Expert*innenanhörung im Bundestag zum finalen Entwurf der Novelle des Gebäude-Energie-Gesetzes, dem sogenannten Heizungsgesetz, erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Beim Heizungsgesetz hat die Ampel auf den letzten Metern noch nachgebessert. Gut ist, dass nun die Bundesnetzagentur einbezogen wird, um die Wasserstoffpläne zu bewerten. Ein sozialer Bonus bei der Förderung und zinsgünstigen Kreditprogrammen ist zudem ein wichtiger Schritt für die soziale Umsetzung der Wärmewende. Mit der Kappungsgrenze von 50 Cent pro Quadratmeter und Härtefallregeln haben die Fraktionen außerdem beim Anstieg von Kaltmieten Schlimmstes verhindert. Das sind kleine wichtige Erfolge, allerdings noch nicht der große Wurf. Unterm Strich steht: eine klima- und sozialgerechte Wärmewende sieht anders aus.
Kommunen und Verbraucher*innen tappen weiter im Dunkeln, wenn es um eine schnelle Umstellung auf erneuerbare Wärme geht. Der Einsatz von fossilen Heizungen bleibt viel zu lange erlaubt. Die verpflichtende Beratung wird nicht sauber von möglichen Geschäftsinteressen getrennt. Bis zur fertigen kommunalen Wärmeplanung besteht zudem die Gefahr, dass viele in die klimaschädliche und kostenexplosive Öl- und Gasfalle gehen.
Die gesetzlich festgelegten Klimaziele werden wir weiter verfehlen, weil das Heizungsgesetz zu sehr auf eine falsch verstandene Technologieoffenheit wie etwa bei der Scheinlösung „Wasserstoff-Ready Heizungen“ und der Müllverbrennung setzt. Dazu gesellen sich noch der bedingungslos erlaubte Einsatz von Holz als Brennstoff in allen Gebäuden und der drohende Hochlauf von Biogas. Auch Effizienzvorgaben wurden geschwächt statt gestärkt. Diese Einigungen sind ökologisch fahrlässig. Vor allem Mietenden droht dabei eine Kostenfalle. Vermietende haben keinen eigenen finanziellen Anreiz, für einen effizienten Betrieb der Heizungsanlage zu sorgen. Mietende dürfen bei der Wahl ihrer zukünftigen Heizungsvariante gar nicht mitreden. Der Paragraf, der sie vor hohen Betriebskosten beim Einsatz von Brennstoffheizungen schützen sollte, wurde gestrichen.“
Hintergrund:
Bei der aktuellen Novelle des Gebäudeenergiegesetzes sollte festgelegt werden, dass ab 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben wird. Die Fristen wurden nun für einen großen Teil der Gebäude verschoben, indem die Vorgaben an das Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung geknüpft wurden und Übergangsfristen pauschal verlängert wurden. Für fossile Heizungen, die vor Vorliegen einer Wärmeplanung eingebaut wurden, gelten ab 2029 Beimischungsquoten u.a. für Wasserstoff und Biomethan. Im Sofortprogramm, das das Klima- und Bauministerium am 13.7.2022 vorgelegt hatten, wird der 65-Prozent Vorgabe zum 1.1.2024 gemeinsam mit einer Anpassung der Neubaustandards der größte Teil der prognostizierten Emissionsminderung zugeschrieben (44 Mio. Tonnen CO2 bis 2030). Schon damit war das Erreichen der gesetzlich festgelegten Ziele nicht gesichert. Die nun zur Verabschiedung vorgelegte Ausgestaltung des Gebäude-Energie-Gesetzes wird die Lücke enorm vergrößern.
Mehr Informationen: Kostencheck von BUND, DUH und WWF zu „h2-ready“ und Biogasheizungen: https://www.bund.net/themen/aktuelles/detail-aktuelles/news/h2-ready-die-kostenfalle-im-gebaeude/
Pressemitteilung BUND (3.7.)
Deutsche Umwelthilfe warnt vor zusätzlicher Luftbelastung durch Heizungsgesetz
„Verzicht auf Filterpflicht für Holzheizungen verheerend für Umwelt und Gesundheit“
Im überarbeiteten Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz wurden gegenüber der Vorfassung sämtliche Zusatzanforderungen für Holzheizungen gestrichen – darunter auch die ursprünglich vorgesehene Filterpflicht. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert diese nochmalige Verschlechterung des Gesetzes scharf und warnt vor massiven Belastungen für die Luftqualität.
Dazu sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch:
„Schon jetzt verpesten in Deutschland rund 12 Millionen Öfen und Zentralheizungskessel, die ohne Filter mit Scheitholz, Pellets oder anderen Holzbrennstoffen betrieben werden, unsere Atemluft. Mit jeder zusätzlich installierten Holzheizung steigt die Partikelbelastung nicht nur in typischen Wohngebieten, sondern gerade auch im ländlichen Raum. Von allen Luftschadstoffen sind die Feinstpartikel aus Verbrennungsprozessen wie Motoren und Heizungsanlagen am problematischsten. Nach Berechnungen der Europäischen Umweltagentur sterben in Deutschland jedes Jahr 63.000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Feinstaub. Ich fordere die Abgeordneten des Deutschen Bundestags dazu auf, das Heizungsgesetz so nachzubessern, dass für Holzheizungen ein Feinstaubfilter vorgeschrieben wird. Ohne eine konsequente Abgasreinigung bei Holzheizungen wird es nicht möglich sein, die Luftqualitätsstandards der Weltgesundheitsorganisation einzuhalten.“
Pressemitteilung DUH 4.7.
WUZ-Tipp:Heizungsverbot, und jetzt? Wärmepumpen und Wasserstoff im Check! von Harald Lesch: https://www.youtube.com/watch?v=pDl9mE73fb0