Deutsche Umwelthilfe fordert Tempolimit und Sanierungs-Turbo und wird dies notfalls vor Gericht am 16. Mai durchsetzen
Der Expertenrat der Bundesregierung für Klimafragen hat heute seinen Prüfbericht zu den klimarelevanten Emissionsdaten des Jahres 2023 vorgelegt und kritisiert darin die unzureichende Klimaschutzpolitik des Bundes – insbesondere in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Diese haben im letzten Jahr zum dritten beziehungsweise vierten Mal in Folge die gesetzlich festgelegten Emissionsobergrenzen gerissen.
Dazu sagt die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Barbara Metz:
„Der von der Bundesregierung selbst berufene Expertenrat bescheinigt ihr, dass sie beim Klimaschutz versagt – vor allem bei Verkehr und Gebäuden. Wie groß die Panik in der Regierung deswegen ist, zeigt sich an den durchschaubaren Fahrverbots-Manövern der FDP-Minister Wissing und Lindner am vergangenen Wochenende. Sie fürchten zu Recht, dass sie nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts, des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nun am 16. Mai durch unsere nächsten Klimaklagen zu mehr Klimaschutz verurteilt werden. Sie wollen ihre Koalitionspartner erpressen, das Klimaschutzgesetz zu entkernen, um so ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen und ihren jahrelangen Bruch des Gesetzes zu vertuschen.
Und Wissing und Lindner lügen: Denn es gibt natürlich sofort wirksame Klimaschutzmaßnahmen, die viel weniger einschneidend sind, die überall auf der Welt bereits laufen und die durch eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung gewollt sind. Wir fordern SPD und Grüne auf, sich nicht erpressen zu lassen, sondern stattdessen jetzt sofort ein Tempolimit 100/80/30 einzuführen, das mehr als 11 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen würde. Zusammen mit der Abschaffung klimaschädlicher Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg wäre das ein großer Schritt in die richtige Richtung für den Verkehrssektor. Und wir fordern die Ampel auf, sofort einen Sanierungs-Turbo zu beschließen, um insbesondere die schlechtesten Gebäude schnellstmöglich zu dämmen und enorme Mengen unnötiger Treibhausgase einzusparen.
Falls die Regierung dies nicht tut, werden wir sie auf dem Rechtsweg dazu zwingen!“
Pressemitteilung DUH
Tempolimit statt Fahrverbote – VCD fordert Klima-Offensive im Verkehr
Der Expertenrat für Klimafragen hat heute seinen jährlichen Prüfbericht zu den Emissionsdaten 2023 veröffentlicht. Ergebnis: Der Verkehrssektor hat genau wie in den Vorjahren die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes gerissen. Nun ist Verkehrsminister Volker Wissing gefordert, innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorzulegen. Der verkehrspolitische Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD, Michael Müller-Görnert, kommentiert.
„Es ist wie befürchtet: Was Minister Wissing bisher unternommen hat, um den Verkehr auf Klimakurs zu bringen, erweist sich als weitgehend wirkungslos. Dass er nun mit Fahrverboten droht, um die Vorgaben einzuhalten, hat nichts mit einem Kurswechsel zu tun – es ist eine Finte, um politischen Druck für die Abschaffung der Sektorziele aufzubauen und weiterzumachen wie gehabt.
Was wir statt solcher Aktionen aus dem Verkehrsministerium brauchen, ist ein klarer Kurs Richtung nachhaltige Mobilität. Und welche Schritte dafür nötig sind, liegt längst auf dem Tisch:
Einführung eines Tempolimit von 120 auf Autobahnen. Allein das würde laut Umweltbundesamt knapp sieben Millionen Tonnen CO2 im Jahr einsparen, und es gibt dafür eine Mehrheit in der Bevölkerung. Außerdem brauchen wir Tempo 80 auf Landstraßen, das bringt eine weitere Million; innerorts sollte Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit werden.
Vorrang für den Angebots- und Infrastrukturausbau bei Bus, Bahn und Rad. Geld für die Straße sollte dem Erhalt der Fahrbahnen und der Sanierung von Brücken dienen – keinen Neu- und Ausbaubauprojekten, die den Autoverkehr noch verstärken.
Klimaschädliche Steuerprivilegien gehören schrittweise abgebaut, denn sie zementieren eine fossile Autowelt, die ihre Zukunft hinter sich hat. Dienstwagen- und Dieselsteuerprivileg sind nicht mehr zeitgemäß. Mit dem Geld sollte der Bund besser nachhaltige Mobilität für alle fördern, statt Gutverdienenden ihre SUVs zu subventionieren.
Die Zukunft des Autos ist vollelektrisch. Statt ständig das Verbrenner-Aus infrage zu stellen und am Luftschloss E-Fuels zu bauen, muss das Verkehrsministerium die Nachfrage für Stromer in Gang bringen und der Industrie Planungssicherheit geben für ihre Investitionen in die E-Mobilität. Ein Bonus-Malus-System bei der Kfz-Steuer ist überfällig.
Ob mit oder ohne Sofortprogramm: Minister Wissing muss die Emissionen drücken. Nichtstun lässt Spielräume schrumpfen und macht Klimaschutz immer teurer. Zusätzlich zu den sozialen und ökologischen Kosten drohen Strafen in Milliardenhöhe, wenn Deutschland die EU-Vorgaben dauernd ignoriert.
Nicht zuletzt urteilen immer mehr Gerichte, dass unterlassener Klimaschutz Menschen- und Grundrechte verletzt. Kürzlich verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz, nicht genug für den Klimaschutz getan und damit Menschrechte verletzt zu haben.
Wie wäre es, wenn Volker Wissing Deutschland so ein Debakel erspart und nächstes Jahr eine Verkehrsbilanz vorlegt, die endlich auf Klimakurs ist?
Pressemitteilung VCD
Expertenrat für Klimafragen: BUND fordert Kurskorrektur im Klimaschutz
Anlässlich der Veröffentlichung des Prüfberichts des Expertenrats für Klimafragen erklärt Tina Löffelsend, Abteilungsleiterin Klimaschutz des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Der Expertenrat bestätigt das klimapolitische Versagen der Bundesregierung. Wir sehen bei der Ampel das Schönreden der klimapolitischen Lage bei zugleich ausbleibendem Handeln. Deutschland ist mitnichten auf Klimakurs und die Klimaziele bis 2030 sind so nicht einzuhalten. Die Lage hat sich sogar noch zugespitzt, weil durch den Sparkurs der Regierung wichtige Mittel für den Klimaschutz gestrichen wurden.
Es ist ein klimapolitisches Armutszeugnis, ausgerechnet jetzt die Abschwächung des Klimaschutzgesetzes voranzutreiben. Verkehrsminister Wissing schürt fahrlässig falsche Ängste, anstatt endlich wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz im Verkehr zu präsentieren. Zum dritten Mal in Folge wurde in seinem Sektor das Ziel gerissen und damit ein Sofortprogramm fällig.
Die aktuell erzielten Erfolge im Gebäudebereich beruhen vor allem auf dem Verhalten der Bürger*innen und einem milden Winter. Das ist keine erfolgreiche Klimapolitik. Die Klima-Lücke im Gebäudebereich kann nur noch mit einer klaren Kurskorrektur und einem Sofortprogramm geschlossen werden. Ministerin Geywitz und Minister Habeck können sich ebenso wenig ausruhen wie ihr Amtskollege Wissing.“
Pressemitteilung BUND
Teufelskreis beim Verfehlen der Klimaziele durchbrechen
Krüger: Wissing und Geywitz müssen endlich liefern
Den heute vorlegten Bericht des Expertenrats für Klimafragen kommentiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger wie folgt:
„Seit Jahren lässt sich die Bundesregierung sowohl von ihren eigenen Gutachtern als auch heute wieder vom Klimarat bestätigen, dass die bisherigen Maßnahmen vor allem in den Bereichen Verkehr und Gebäude nicht zum Erreichen der Klimaziele ausreichen. Trotzdem passiert seit Jahren viel zu wenig, um das zu ändern. Statt das Klimaschutzgesetz zu schleifen, ist es an der Zeit, dass dieser Teufelskreis der Verfehlungen durchbrochen wird. Vor allem Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bundesbauministerin Klara Geywitz sind jetzt gefordert, nach der immer noch geltenden Rechtslage umgehend Sofortprogramme zum Schließen der Klimaziellücke vorzulegen.“
Der NABU fordert als kurzfristige Maßnahmen für den Verkehrssektor:
Abbau von klimaschädlichen Subventionen, gerade der Dienstwagenbesteuerung, von der tendenziell Menschen mit hohen Einkommen überproportional profitieren, Reform der Entfernungspauschale sowie die Einführung einer Kerosin- und Marinedieselsteuer
Umsetzung des Tempolimits von 120 km/h auf Autobahnen, welches mehr als 60 Prozent der Deutschen befürworten
Investitionsmaßnahmen in die Schiene statt Neubau von Autobahnen
Fokus auf die Elektrifizierung des Straßenverkehrs und weg von Schein-Alternativen wie Biokraftstoffe oder E-Fuels, die das Verbrenner-Aus verschleppen
Maßnahmen im Gebäudesektor: Der NABU hat heute gemeinsam mit der Gebäude-Allianz ein Gutachten vorgestellt, wie sich die Lücke zum Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor schließen lässt. www.nabu.de/kurzgutachten-klimazielluecke-gebaeudesektor
Pressemitteilung NABU
Greenpeace zum heutigen Bericht des Expertenrats für Klimafragen
Der Verkehr hat die gesetzlichen CO2-Ziele auch im vergangenen Jahr mit 13 Millionen Tonnen deutlich verfehlt, bestätigte der Expertenrat Klimafragen in seinem heute vorgestellten Prüfbericht. Die weit geringere Zielverfehlung bei Gebäuden (1. Mio Tonnen) könne angesichts unterschiedlicher Berechnungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit bestätigt werden. Nach geltendem Klimaschutzgesetz seien entsprechend bis Mitte Juni Sofortprogramme vorzulegen. Diese müssten die CO2-Lücke jedoch nicht, wie von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) in der Diskussion über drohende Fahrverbote zuletzt behauptet, zwangsläufig im Folgejahr schließen, sondern könne dies auch kummulativ bis zum Jahr 2030 tun. Greenpeace-Mobilitätsexperte Benjamin Stephan sieht den Bericht als neuerliche Aufforderung an den Verkehrsminister, Klimaschutz im Straßenverkehr nicht länger zu blockieren:
„Der Expertenrat kontert Volker Wissings billig inszenierte Fahrverbots-Debatte mit dringend nötigem Realismus. Auch das geltende Klimaschutzgesetz bietet Möglichkeiten, Klimaschutz mit milderen Maßnahmen wie einem Tempolimit voranzubringen. Ganz gleich wie der politische Streit über ein künftiges Klimaschutzgesetz ausgeht, der Verkehrsminister kann nicht länger jede Maßnahme ablehnen, die auf der Straße CO2 einspart. Andernfalls wird Deutschland wegen des Problemfalls Verkehr seine langfristigen Klimaziele verfehlen.
Strukturelle Veränderungen im Verkehr, etwa durch eine klar auf die Bahn ausgerichtete Infrastruktur oder eine ökologische Kfz-Besteuerung, werden erst nach und nach wirken. Der Verkehrsminister muss sie heute anschieben, auch um sich an die von Deutschland mitbeschlossenen europäischen Regeln zu halten. Sonst drohen Deutschland morgen milliardenschwere EU-Strafen und übermorgen tatsächlich empfindliche Einschränkungen.“
Pressemitteilung Greenpeace