Eine Mehrheit der Deutschen unterstützt Fahrverbote für schmutzige Autos, um die schlechte Luftqualität in Städten zu verbessern. In einer repräsentativen Umfrage bejahen 59 Prozent die Frage „Sind Sie der Meinung, dass Dieselfahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß im Straßenbetrieb nicht mehr in Stadtteile mit besonders schlechter Luftqualität fahren sollten?“
Viele deutsche Städte leiden seit Jahren unter gefährlich hohen Stickoxidwerten. Der giftige Luftschadstoff stammt größtenteils aus Dieselmotoren und verstärkt Asthmafälle sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Stickoxide führen alleine in Deutschland zu 10.000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr. „Schmutzige Diesel haben keinen Platz in modernen Städten. Statt vor der Autolobby zu kuschen, muss Verkehrsminister Dobrindt den Weg frei machen für eine wirksame Blaue Plakette, damit Städte die schlimmsten Dieselstinker aus den Innenstädten halten können“, sagt Greenpeace-Energieexperte Niklas Schinerl. Die vollständige Umfrage finden Sie hier: http://gpurl.de/MefA9
Der Skandal um millionenfach manipulierte Abgaswerte bei Dieselwagen setzt die Antriebsart zunehmend unter Druck. Zuvor war ihr Anteil an Neuzulassungen in Europa durch staatliche Förderung in Milliardenhöhe auf mehr als die 50 Prozent gestiegen. Seit jüngste Messungen zeigen, dass auch viele moderne Dieselmodelle im Straßenbetrieb ein Vielfaches der erlaubten Stickoxidwerte ausstoßen, dreht der Trend. Im ersten Halbjahr 2016 ist der Marktanteil von Dieselautos deutlich gesunken. Städte wie Paris und London planen mittelfristig Fahrverbote für Diesel. Verkehrsminister Dobrindt hingegen lehnt die Einführung einer Blauen Plakette ab, mit der Städte die Möglichkeit hätten, besonders schmutzige Autos aus der Stadt zu verbannen.
„Der Aufklärungswille des Verkehrsministers grenzt an Arbeitsverweigerung“
Ein Jahr nach Enthüllung eines der größten Umweltskandale der vergangenen Jahre ist die Unzufriedenheit mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hoch. Auf die Frage wie sie die Aufklärungsarbeit von Dobrindt seit Bekanntwerden des Skandals im September 2015 bewerten, antworten 62 Prozent mit „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“. Lediglich drei Prozent der Befragten bewerten die Arbeit des Verkehrsministers mit „sehr gut“. Bis heute hat Dobrindt nicht alle Werte der schon im vergangenen Jahr vom Kraftfahrbundesamt durchgeführten Nachmessungen bei anderen Herstellern veröffentlicht. Dabei öffentlich gewordene überhöhte Schadstoffwerte, sollen die Konzerne nach Ansicht Dobrindts freiwillig beheben. Realistischere EU-Abgastests auf der Straße werden auch auf Drängen Deutschlands später und mit großen Ausnahmen eingeführt. „Der Aufklärungswille des Verkehrsministers grenzt an Arbeitsverweigerung. Leidtragende sind die Menschen in den Innenstädten“, so Schinerl.
Dobrindts industriefreundliche Politik wird auch von vielen Bundesbürgern bemängelt. Auf die Frage „In welchem Maße nimmt die Bundesregierung Ihrer Meinung nach bei der Einführung und Überprüfung von Abgas-Grenzwerten Rücksicht auf die Interessen der Autoindustrie?“ antworteten 52 Prozent „zu viel Rücksicht“. Das Meinungsforschungsinstitut TNS-Emnid hat zwischen dem 24. und 25. August mehr als 1000 Menschen im Auftrag von Greenpeace befragt.
Pressemitteilung Greenpeace
Greenpeace-Plakataktion: Verkehrsminister Dobrindt muss gegen Abgasskandal vorgehen
Umweltschützer prangern Gesundheitsschäden durch untätigen Minister an
Berlin, 12. 9. 2016 – Mit einer Plakataktion vor dem Bundesverkehrsministerium und an Berliner Werbetafeln demonstrieren zwölf Greenpeace-Aktivisten heute gegen die Untätigkeit von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Abgasskandal. Ein Jahr nachdem bekannt wurde, dass der VW-Konzern die Abgasreinigung in Millionen seiner Dieselwagen manipulierte, hat der zuständige Verkehrsminister Dobrindt noch immer keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen. Dieselmotoren sind die Hauptquelle für giftige Stickoxide. Der Luftschadstoff verursacht jährlich 10.000 vorzeitige Todesfälle in Deutschland, hat die Europäische Umweltagentur errechnet.
Das Plakat zeigt eine Fotomontage mit Dobrindt am Steuer eines vollbesetzten Autos. In Anspielung an Sicherheitsaufrufe entlang von Autobahnen lautet der Spruch „Einer schaut weg – viele sterben!“ „Mit seiner Untätigkeit schadet Dobrindt der Gesundheit der Menschen in den Städten. Statt nach einem Jahr Dieselgate endlich wirksame Maßnahmen wie die Blaue Plakette zu beschließen, versucht der Minister die Verantwortung auf die Kommunen abzuwälzen“, so Greenpeace-Energieexperte Niklas Schinerl. Am Wochenende berichtete der Spiegel, Dobrindt wolle die Entscheidung über mögliche Fahrverbote für besonders schmutzige Dieselautos an die Kommunen weiterreichen, statt ein bundespolitisches Instrument wie die Blaue Plakette zu beschließen.
Alibi-Reparaturen und zurückgehaltene Messwerte
Kurz vor dem Jahrestag des Abgasskandals fällt die Bilanz für Dobrindt verheerend aus. Vom Verkehrsministerium veranlasste weitere Abgasmessungen haben bereits vor Monaten gezeigt, dass auch andere Hersteller ihre Dieselmodelle Abgase ungefiltert in die Luft blasen lassen. Dennoch akzeptiert Dobrindt die von Experten scharf kritisierte Erklärung, dies geschehe aus Gründen des Motorschutzes. Der Minister genehmigt Alibi-Reparaturen der betroffenen VW-Modelle, die danach im Straßenbetrieb weiterhin ein Vielfaches des offiziellen Grenzwerts ausstoßen. Zudem sind die Ergebnisse der von Dobrindt beauftragten Nachmessungen bis heute nicht vollständig veröffentlicht. „Dobrindt tut alles, um der Autoindustrie zu helfen, aber kaum etwas, um die Menschen zu schützen,“ so Schinerl.
Pressemitteilung Greenpeace