Heute hat das Europäische Parlament für das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) gestimmt – ein wichtiger Schritt für die Wiederherstellung von zerstörten Ökosystemen. Der NABU bewertet das Abstimmungsergebnis als wichtigen Erfolg einer beispiellosen öffentlichen Mobilisierung von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Dennoch wurde dieser Erfolg zu einem hohen Preis errungen.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: “Heute wurde in Straßburg Geschichte geschrieben: Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur hat im Europäischen Parlament die entscheidende Hürde genommen. Aus zwei Gründen ist das historisch: Erstens, weil uns das Nature Restoration Law vor Hitze, Flut und Missernten schützen kann, indem es Ökosysteme wie Flüsse, Wälder und Moore wiederstandfähig macht. Und zweitens, weil sich im Europäischen Parlament das Verantwortungsbewusstsein für künftige Generationen durchgesetzt hat, gegen Angstmache und Populismus. Die Argumentationen vieler Unionsabgeordneter und Liberaler in den vergangenen Wochen erfüllen uns mit Blick auf den bevorstehenden Wahlkampf zur Europawahl aber mit Sorge.”
Raphael Weyland, NABU-Büroleiter in Brüssel: “Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur geht als Sieger hervor: Mehr als 6000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und unzählige Unternehmen haben die Desinformationskampagne der EVP unter Manfred Weber entlarvt. Gleichwohl haben die Abgeordneten in ihrem Kompromiss viele wichtige Verpflichtungen geopfert und die Ambitionen für die Wiederherstellung unserer Natur weiter heruntergeschraubt. So wurde etwa die Renaturierung landwirtschaftlicher Flächen oder die Agrarflächen und Wiedervernässung von Mooren im Gesetzesentwurf gänzlich gestrichen. Am Ende hat der heutige Erfolg die EU zwar vor einer großen internationalen Blamage bewahrt, bleibt aber weit entfernt von dem, was aus wissenschaftlicher Sicht für den Natur- und Klimaschutz notwendig wäre. Im bevorstehenden Trilog zwischen Parlament, Kommission und Rat gilt es hier dringend nachzubessern.”
Pressemitteilung NABU
Etappensieg für europäischen Naturschutz
EU Parlament ebnet Weg für EU-Renaturierungsgesetz – mit massiven Abstrichen
Anlässlich der Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments zum EU-Renaturierungsgesetz kommentiert Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Das Abstimmungsergebnis im EU-Parlament ist ein Schritt nach vorn für den Natur- und Klimaschutz in Europa. Zwar wurde der Gesetzesentwurf der EU-Kommission an entscheidender Stelle massiv abgeschwächt. Dennoch hat das Parlament ein Signal für den Schutz von Wäldern, Mooren, Meeren und viele weitere natürliche Lebensräume gesetzt. Angesichts der Desinformations- und Angstkampagne insbesondere von CDU und CSU im Vorfeld ist das durchaus ein Erfolg. Es ist gut, dass sich Fraktionschef Manfred Weber und seine EVP-Fraktionskolleg*innen nicht gegen die Daseinsvorsorge durchgesetzt haben.
Gesunde Ökosysteme sind unsere Lebensversicherung in Zeiten des Klimawandels. Sie helfen etwa die Nahrungsmittelversorgung langfristig zu sichern. Bestäuber wie Bienen und Hummeln erhöhen die Produktivität, Landschaftselemente helfen beim Schutz vor Erosion, natürliche Regulierungsmechanismen können vor Schädlingen schützen.
Der Erfolg ist dennoch getrübt, auch weil das Parlament für eine massive Verwässerung des Vorschlages der EU-Kommission gestimmt hat und etwa wichtige Ziele im Agrarbereich oder zur Wiedervernässung von Mooren abgelehnt hat. Der anstehende Trilog muss nun möglichst schnell über die Bühne gehen und gefährliche Lücken schließen. Wichtig wird auch die nationale Umsetzung sein. Hier sind die Bundesregierung und die Länder in der Pflicht. Es darf nicht wieder zu jahrelangen Verzögerungen kommen. Alle Ressorts sind nun aufgerufen, ihren Beitrag zur Wiederherstellung intakter Natur zu leisten. Dazu gehört etwa die Generationenaufgabe Moorrenaturierung energisch und großflächig anzuschieben, auch wenn das Parlament die entsprechenden Ziele heute abgelehnt hat.“
Hintergrund:
Das EU-Renaturierungsgesetz ist eine der großen Säulen des „European Green Deals“ von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Es stellt die größte Initiative im europäischen Naturschutz seit mehr als 30 Jahren dar. Der Abstimmung im EU-Parlament war eine beispiellose Desinformationskampagne der EVP-Fraktion vorausgegangen. Diese war gestützt auf höchst fragwürdigen oder falschen Behauptungen rund um den Gesetzesvorschlag, die wissenschaftlich nicht haltbar sind.
Mehr Informationen:
https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/renaturierung-von-oekosystemen-gewinn-fuer-natur-klima-und-mensch/
Pressemitteilung BUND
Deutsche Umwelthilfe feiert Erfolg für Renaturierungsgesetz: „Heutige Abstimmung wichtiger Sieg für Natur- und Klimaschutz“
Das Europäische Parlament hat heute mit knapper Mehrheit für das EU-Renaturierungsgesetz gestimmt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bewertet dies als Erfolg für den Natur- und Klimaschutz, trotz mangelnder Ambitionen und schmerzhafter Abschwächungen des Gesetzes.
Dazu DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner:
„Die heutige Abstimmung ist ein wichtiger Sieg für den Natur- und Klimaschutz und den demokratischen Gesetzgebungsprozess. Der dritte zentrale Baustein des Green Deal von Parlamentspräsidentin Ursula von der Leyen kann nun in den Trilog gehen und damit umgesetzt werden. Der Weg dorthin wurde begleitet von einer beispiellosen Desinformationskampagne konservativer und rechter Kräfte, die einzig die Interessen der Agrar- und Forst-Lobby im Sinne hatten. Es ist traurig zu sehen, mit welcher Polemik sich die Parteikolleginnen und -kollegen von Ursula von der Leyen bereits seit Monaten an der europäischen Umwelt- und Klimapolitik und dem von ihnen mitverhandelten Green Deal abarbeiten. Mit dieser kurzsichtigen und populistischen Wahlkampfpolitik schadet die Europäische Volkspartei vor allem den europäischen Bürgerinnen und Bürgern, die die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen der Klimakrise ausbaden müssen. Denn genau dafür brauchen wir das Nature Restoration Law: Zur Bekämpfung des Artensterbens und der Klimakrise. Das heutige Ergebnis ist dafür nun eine Grundlage. Wir fordern die europäischen Umweltministerinnen und -minister auf, das Gesetz im Trilog nachzubessern und es nicht zu einem zahnlosen Tiger verkommen zu lassen.“
Mehr Informationen zum Nature Restoration Law unter: https://www.duh.de/projekte/restorenature/
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
EU-Parlament beschließt Verhandlungs-Position und Rückkehr zur Sachpolitik
Das Europäische Parlament hat heute (Mittwoch, 12. Juli) die Position des Europäischen Parlaments für die Verhandlungen über das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) angenommen. Der Antrag der Christdemokraten auf komplette Ablehnung des Vorschlags der Europäischen Kommission fand keine Mehrheit, die Desinformationskampagne hat nicht verfangen. Die Verhandlungen des Europäischen Parlaments mit dem Rat und der Europäischen Kommission über die Wiederherstellung der Natur und zentralen Baustein des Green Deal für den Schutz von Klima, Artenvielfalt, Lebensgrundlagen und Ernährungssicherheit können in Kürze beginnen.
Terry Reintke, Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, kommentiert:
„Das ist ein großer Erfolg für die Natur und für das Klima. Ein Gesetz zur Rettung der Natur ist gut für Klima, Artenvielfalt und Ernährungssicherheit und gut für die Wirtschaft. Wir Grünen/EFA begrüßen, dass sich die Mehrheit der Abgeordneten für eine konstruktive Haltung ausgesprochen hat.
Die Desinformationskampagne und Blockadehaltung Manfred Webers und von Rechtsaußen haben nicht verfangen. Jetzt ist der Moment, die Ärmel hochzukrempeln und zur Sachpolitik zurückzukehren. Bei der Rettung der Natur ist keine Zeit zu verlieren. Wir Grünen/EFA bieten allen demokratischen Fraktionen und den Verhandlerinnen und Verhandlern der europäischen Institutionen eine konstruktive Zusammenarbeit an, um das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen.
Die größte Bedrohung für unsere Landwirtschaft und unsere Lebensgrundlagen sind der Klimawandel, das dramatische Artensterben und die Zerstörung der Natur. Das haben auch über 100 Großunternehmen begriffen, die in einem dramatischen Appell das Gesetz zur Rettung der Natur und dessen Umsetzung fordern.”
Vertreterinnen und Vertreter führender Unternehmen, darunter Ikea, Nestlé und Coca-Cola, fordern in einem offenen Brief, das Renaturierungsgesetz so schnell wie möglich zu verabschieden.
Pressemitteilung Grüne im EU-Parlament
“CDU/CSU-Pakt mit Rechtsaußen gescheitert”
Europäisches Parlament stimmt für Renaturierungsgesetz
Die Mehrheit der Abgeordneten im Europäische Parlament hat soeben für ein EU-Gesetz zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme votiert (Nature Restoration Law, NRL). Eine Mehrheit aus Sozialdemokrat*innen, Liberalen, Grünen und Linken stimmte für das Gesetz.
Die konservative EVP-Fraktion hatte unter ihrer Verhandlungsführerin Christine Schneider (CDU) Ende Mai den Verhandlungstisch verlassen, jedes Angebot zu einer Kompromissfindung mit den pro-europäischen Fraktionen ausgeschlossen und angekündigt, gegen das Gesetz zu stimmen. Gemeinsam mit rechtsnationalen Abgeordneten der EKR-Fraktion (u.a. polnische Regierungspartei PiS), der rechtsradikalen ID-Fraktion (u.a. AfD) sowie einzelnen liberalen Abgeordneten wollte die EVP eine Mehrheit zur Ablehnung des Gesetzes zu Stande bekommen. Damit ist die EVP gescheitert.
Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:
„Wir haben den konservativen Blockadeversuch abgewehrt. Eine Mehrheit des Europäischen Parlaments hat gezeigt, dass sie den Ernst der Klima- und Artenvielfaltskrise erkannt hat und für das EU-Gesetz zur Wiederherstellung geschädigter Natur gestimmt.
Diese Abstimmung ist ein Dämpfer für Manfred Weber, denn sie war auch eine Abstimmung über die strategische Ausrichtung der EVP und den Führungsstil ihres Vorsitzenden. Die Vorgänge zeigen, wie zerrissen und orientierungslos die konservative EVP unter Manfred Weber geworden ist. Aber auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geht geschädigt aus Manfred Webers Kamikaze-Kurs hervor. Immerhin hat ein Großteil ihrer eigenen Fraktion gegen dieses für ihren Green Deal so wichtige Gesetz gestimmt. Im Umweltausschuss hatte die EVP-Fraktionsführung ihre Linie nur unter Androhung von Sanktionen und dem Austausch stimmberechtigter Abgeordneter intern durchdrücken können. Im Plenum ist ihr das nicht gelungen. Zahlreiche EVP-Abgeordnete stimmten zusammen mit dem progressiven Bündnis aus Sozialdemokrat*innen, Liberalen, Grünen und Linken für das Gesetz zur Naturwiederherstellung. Manfred Webers Strategie, mit einer Desinformationskampagne und gemeinsam mit Rechtsaußen Politik zu machen, ist gescheitert.
Dass das Europäische Parlament nun mit dem Rat der EU-Umweltminister*innen in die Verhandlungen treten kann, sind gute Nachrichten, nicht nur für die Umwelt, sondern auch für Europas Landwirt*innen. Denn ohne intakte Natur gibt es keine Landwirtschaft. Das EU-Gesetz zur Naturwiederherstellung wird Landwirt*innen besser vor Bodenerosion, Fluten und dem Aussterben von Bestäubern schützen. Und auch beim natürlichen Klimaschutz können wir mit dem Gesetz einen großen Schritt nach vorne machen. Denn nur als intakte Ökosysteme werden Europas Wälder, Moore und Wiesen ihre vollen Potentiale als CO2-Speicher im Kampf gegen die Klimakrise ausschöpfen können.“
Das Europäische Parlament kann nun mit dem Rat in Verhandlungen treten. Da das Gesetz eine der Prioritäten der spanischen Ratspräsidentschaft ist und die Positionen der beiden Institutionen in weiten Teilen nicht weit auseinanderliegen, könnten die Verhandlungen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Pressemitteilung SPD im EU-Parlament
Foto: Die Feldlerche war vor etwa 50 Jahren noch über vielen Feldern zu hören und zu sehen. Seit den 1970er Jahren geht der Bestand aufgrund der starken Intensivierung der Landwirtschaft auf bis zu 90 Prozent zurück (https://de.wikipedia.org/wiki/Feldlerche)