Einigung mit Volksinitiative „Tschüss Kohle“:

Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen haben sich (21.5.) nach monatelangen Verhandlungen mit der Volksinitiative „Tschüss Kohle“ auf das Hamburgische Kohleausstiegsgesetz geeinigt. Spätestens 2030 wird durch Hamburgs Fernwärmeleitungen keine Kohlewärme mehr fließen. Eine Kombination aus erneuerbaren Energien, Abwärme und Erdgas soll dann die Heizkraftwerke Wedel und Tiefstack ablösen, in denen in Hamburg noch Fernwärme aus Kohle erzeugt wird.

 

Zeigt sich in den kommenden Jahren, dass sogar ein früherer Ausstieg möglich ist, verpflichtet sich die Stadt, diesen umzusetzen. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der Wahrung der Sozialverträglichkeit und Versorgungssicherheit. Ein Expertengremium soll den Hamburger Kohleausstieg begleiten und ein hohes Maß an Transparenz sicherstellen.

Dazu Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Wir machen uns für das grüne, klimafreundliche Hamburg stark und können mit dieser Einigung nun einen weiteren Schritt auf dem Weg dorthin präsentieren. Nach sehr konstruktiven Verhandlungen mit der Initiative ‚Tschüss Kohle‘ legen wir nun einen verbindlichen und ambitionierten Zeitplan für den Kohleausstieg in Hamburg fest. Damit ziehen wir das bundesweite Ausstiegsziel der Kohlekommission um etliche Jahre vor. Während auf Bundesebene der Kohleausstieg bis 2038 umgesetzt sein soll und eine Revisionsklausel für das Jahr 2032 vorgesehen ist, haben wir uns das Ziel 2030 gesteckt und wollen spätestens 2025 prüfen, ob wir den Ausstieg sogar noch schneller schaffen können.

Das geplante Hamburgische Kohleausstiegsgesetz ermöglicht uns, diejenigen Kraftwerke, die im Einflussbereich der Stadt stehen, komplett aus der Kohleverbrennung aussteigen zu lassen. Für uns Grüne ist dies ein hervorragendes Ergebnis, denn der Klimaschutz verträgt kein weiteres Zaudern. Mit unserer Zielvorgabe sparen wir 600.000 Tonnen CO2 im Jahr. Auch mit der Nachfolgeregelung für das Kraftwerk Tiefstack sind wir sehr zufrieden. Wir wollen das Kraftwerk nicht einfach auf Gas umrüsten, sondern einen Teil der Wärme aus alternativen Quellen wie Industrieabwärme und der Verbrennung von Abfällen beziehen. Wir werden beim gesamten Kohleausstiegs-Prozess die Zivilgesellschaft einbinden.

Der Hamburger Kohleausstieg geht dabei Hand in Hand mit dem Volksentscheid ‚Unser Hamburg – unser Netz‘ und damit mit der Rekommunalisierung des Fernwärmenetzes. Eines der Ziele bleibt weiterhin, eine sozial gerechte Fernwärmegestaltung. Das bedeutet, dass wir für Preisstabilität im Rahmen der allgemeinen Entwicklung im Wärmemarkt sorgen. Auch das erreichen wir, indem wir bei der Umrüstung des Kohlekraftwerks Tiefstack nicht ausschließlich auf den verhältnismäßig teuren Brennstoff Gas setzen, sondern vermehrt Industrieabwärme nutzen und die Wärme aus der Müllverbrennung Borsigstraße stärker einbinden. Damit machen wir uns nicht nur von den schwankenden Gaspreisen unabhängiger, sondern sind auch für künftig steigende CO2-Preise gewappnet.“

Dazu Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Die nun erzielte Verständigung steht für den verlässlichen Kohleausstieg mit maximaler Versorgungssicherheit und sozial verantwortungsvollen Energiepreisen. Sie ist für Hamburg ein ganz wichtiger Schritt und ganz im Sinne einer nachhaltigen Klimaschutzpolitik. Es war von Beginn an klar, dass wir hinsichtlich des Kohleausstiegs viele Ziele der Initiative teilen. Die Herausforderung bestand darin, einen gemeinsamen Weg für die nächsten Jahre zu finden. Das ist uns in sehr fairen Verhandlungen optimal gelungen. Mit dem vorgelegten Konzept wird die Fernwärme trotz aller Anpassungen bezahlbar bleiben. Gleichzeitig werden wir die Wettbewerbsfähigkeit wichtiger energieintensiver Industrieunternehmen erhalten. Hamburg sendet mit dieser Einigung ein deutliches Signal an den Bund und zeigt, was alles möglich ist, wenn das Projekt ‚Klimaschutz‘ gesamtgesellschaftlich angegangen wird. Wir werden den Kohleausstieg in Hamburg unter Beteiligung von Expertinnen und Experten zivilgesellschaftlicher Organisationen, von Gewerkschaften, Unternehmensverbänden und aus der Wissenschaft vorantreiben. Sie alle werden über das Beteiligungsgremium Tiefstack den Prozess zum Ausstieg aus der Kohle begleiten. Das sichert höchste Transparenz bei der Abschaltung des Kraftwerks Wedel und beim Umbau des Kraftwerks Tiefstack. Durch die Transformation der Fernwärme können wir bis 2030 bis zu 600.000 Tonnen CO2 pro Jahr im Vergleich zu 2019 einsparen – das ist ein gewaltiger Beitrag zum Klimaschutz. Dank des Rückkaufs der Energienetze sind wir in einer sehr guten Position, um das verbindliche Ausstiegsdatum 2030 zu erreichen. Parallel werden wir spätestens ab 2025 prüfen, inwiefern die Ziele bereits vor 2030 realisiert werden können. Für uns als SPD ist bei diesem Prozess die oberste Leitlinie, dass wir allen Hamburgerinnen und Hamburgern die Möglichkeit geben müssen, mit den Veränderungen Schritt zu halten. Hals-über-Kopf-Aktionen verbieten sich, denn wir müssen in der Klimafrage immer auch die soziale Komponente mitdenken. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir uns auf einen vorausschauenden Fahrplan einigen konnten, mit dem sich effektiver Klimaschutz betreiben lässt. Die Tage von Stein- und Braunkohle in Hamburg sind gezählt.“

Pressemitteilung der rot-grünen Koalition im Hamburger Rathaus


Statement BUND Hamburg zur Einigung VI Tschüss Kohle und Rot-Grün

Die heutige (21.5.) Einigung zwischen der Volksinitiative Tschüss Kohle und den Fraktionen der SPD und der Grünen kommentiert BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch wie folgt:

“Das Verhandlungsergebnis zwischen der Volksinitative Tschüss Kohle und der rot-grünen Koalition ist ein gangbarer Kompromiss. Hamburg bekommt per Gesetz ein verbindliches Enddatum für den Kohleausstieg in der Fernwärme und das Kraftwerk Moorburg wird nicht in das Hamburger Netz einspeisen. Die jetzt festgelegten Eckpunkte bedeuten aber auch, dass noch viel Arbeit auf den Senat und die Fachbehörden warten, um die Wärmewende tatsächlich auf den Weg zu bringen. Jede Chance muss ab jetzt genutzt werden, um früher als 2030 aus der Kohle auszusteigen.

Die Warnsignale des Klimawandels sind in Hamburg mittlerweile unübersehbar und wir laufen Gefahr, die Klimaziele trotz dieser Einigung für Hamburg nicht zu erreichen. Gerade in der Industrie und im Verkehr wird weiterhin zu viel CO2 ausgestoßen.”

Pressemitteilung BUND HH


Volksinitiative Tschüss Kohle setzt Gesetz zum Kohleausstieg in Hamburg durch
Das künftig städtische Fernwärmeunternehmen wird auf schnellstmögliche Vermeidung von Kohle verpflichtet / Die Volksinitiative Tschüss Kohle hat sich dazu entschieden, das Ergebnis der Verhandlungen mit der rotgrünen Koalition um ein Gesetz zum Kohleausstieg in Hamburg anzunehmen.

Als ein Erfolg der Volksinitiative verpflichtet sich die Stadt gesetzlich, den Einsatz von Kohle in der bald städtischen Fernwärme so früh und so weitgehend wie möglich zu vermeiden. Die konzeptionellen Arbeiten, insbesondere für den Ersatz des Kohlekraftwerks Tiefstack, sollen unverzüglich, und nicht erst wie bisher avisiert 2022, beginnen und verstärkt auf erneuerbare Wärme an Stelle von fossilem Gas setzen. Aktive Mitgestaltung, Transparenz und Kontrolle sollen durch ein zivilgesellschaftliches Begleitgremium und häufige öffentliche Berichterstattung sichergestellt werden. Allerdings muss die Fernwärme erst spätestens 2030, und nicht wie von der Initiative angestrebt 2025, komplett kohlefrei sein. Damit erhält Hamburg als erstes Bundesland ein gesetzlich verpflichtendes Datum für den Kohleausstieg in der Wärmeversorgung.

Als Erfolg wertet die Volksinitiative auch die zweifache gesetzliche Absicherung gegen die Einspeisung von Wärme aus dem Kohlekraftwerk Moorburg in das Fernwärmenetz. So ist es dem städtischen Wärmeunternehmen ab dem 1.1.2020 verboten, Kohlewärme von Vattenfall oder anderen Erzeugern einzukaufen. Außerdem wird der Bau einer Wärmeleitung vom Kohlekraftwerk Moorburg zum Fernwärmenetz verhindert, weil die Stadt ab sofort keine öffentlichen Flächen mehr für die Verlegung von Wärmeleitungen für Kohlewärme zur Verfügung stellen darf. Aus Sicht der Volksinitiative unbefriedigend ist, dass Ausnahmen erlaubt sein sollen, wenn eine solche Leitung direkt und ausschließlich Industriestandorte
versorgt und keine Verbindung zu anderen Wärmenetzen besteht.

Mit dem Hamburgischen Kohleausstiegsgesetz führt Hamburg den Schutz des Klimas und die Unterstützung der Pariser Klimaziele als Staatsziel ein. Hamburg verpflichtet alle ihre Dienststellen, den bundesdeutschen Kohleausstieg nach Möglichkeit zu beschleunigen.

Mit diesem Ergebnis enden die monatelangen intensiven Verhandlungen zwischen Vertreter*innen der SPD und der Grünen-Fraktionen und den Vertrauenspersonen der Volksinitiative, Wiebke Hansen, Ulrike Eder und Dr. Ulf Skirke.

Wiebke Hansen, Vertrauensperson und Sprecherin von „Tschüss Kohle“:
„Wir haben viel mehr erreicht als nur ein Enddatum für Kohlewärme. Für mich ist das wichtigste Ergebnis: Sobald die Fernwärme in öffentlicher Hand ist, hat die Stadt den gesetzlichen Auftrag, die Kohleverbrennung so schnell und so weit wie möglich zu vermeiden. Dies kann dem Klimaschutz sogar mehr bringen als unser erster Gesetzentwurf.“

Dr. Ulf Skirke, Zukunftsrat Hamburg, Vertrauensperson von „Tschüss Kohle“:
„Wir forderten zu Beginn ein deutlich früheres Datum zum Ausstieg aus der Kohle im Wärmebereich. Bei intensiven Verhandlungen stellte sich heraus: aus heutiger Sicht ist nicht alles so umsetzbar wie gedacht. Stattdessen wurden gegenüber dem bisherigen Vorgehen neue, positive Vorschläge zur beschleunigten Umsetzung vereinbart. Erst haben wir den Kohleausstieg nur gefordert, jetzt werden wir den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kohlenutzung auch in einem Begleitprozess aktiv mitgestalten und kontrollieren.“

Ulrike Eder, Zentrum für Mission und Ökumene in der Nordkirche, Vertrauensperson von „Tschüss Kohle“:
„Angesichts der Dringlichkeit der globalen Klimakrise haben wir gegenüber einem Volksentscheid im September 2021 einen echten Zeitgewinn erreicht. Wir haben vereinbart, dass die Stadt sofort mit den Arbeiten für den kompletten Kohleausstieg in der Fernwärme beginnt. Hamburg übernimmt damit ein Stück Verantwortung für mehr Klimagerechtigkeit.“

Hintergrund:
Am 8. Juni 2018 haben wir 22.495 Unterschriften für den Gesetzentwurf der Volksinitiative Tschüss Kohle eingereicht.

Seit Anfang Dezember haben wir uns sieben mal mit rotgrün in der großen Runde zu Verhandlungen getroffen. Dazwischen gab es mehrere Treffen in kleinerer Runde zu speziellen Themen wie dem Planungsstand zum Kohleausstieg in der Fernwärme, der Beteiligung, Formulierungen am Gesetzentwurf oder zum weiteren Vorgehen. Als Volksinitiative haben wir uns wöchentlich im Strategiekreis getroffen, mehrmals mit unseren Anwälten, mehrfach im Bündnisplenum, wir haben mehrere Änderungsvorschläge für den Gesetzentwurf, um doch noch ein engeres Ziel für den Kohleausstieg zu erreichen, ausgearbeitet und eingereicht, die Vorschläge der Koalition analysiert, beraten und rückgemeldet.

Bei den Verhandlungen anwesend: Die Fraktionsvorsitzenden, energiepolitischen Sprecherinnen und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen der SPD- und Grünen Fraktionen, Vertreter*innen der Behörde für Umwelt und Energie und der Senatskanzlei sowie die Vertrauenspersonen, eine Beisitzerin und die beiden Anwälte von Tschüss Kohle.

Nach dem Volksentscheid UNSER HAMBURG-UNSER NETZ vom September 2013 übernimmt Hamburg im Sommer 2019 die zentrale Fernwärmeversorgung von Vattenfall, inklusive der zwei Kohlekraftwerke Wedel und Tiefstack, die jeweils ungefähr 1,3 Mio t CO2 jährlich ausstoßen. Ein Konzept für den Ersatz des Kohlekraftwerks Wedel bis 2024 liegt von der BUE vor. Aktuell gibt es kein belastbares Konzept für den Ersatz des Kohlekraftwerks Tiefstack. Der zu Beginn der Volksinitiative geltende Plan, das Kohlekraftwerk Tiefstack 2025 auf Gas umzurüsten, hat sich zwischenzeitlich überholt. Jetzt bietet sich der Einstieg in erneuerbare Wärme.

Vattenfall hat in der Vergangenheit zwei Anträge für den Bau von Wärmeleitungen vom Kohlekraftwerk Moorburg zum Hamburger Fernwärmenetz gestellt, die derzeit beide ruhen. Die Volksinitiative Tschüss Kohle ist eine gemeinsame Initiative von 45 Bündnispartner*innen und Unterstützerorganisationen.

Homepage und mehr Infos: www.tschuess-kohle.de

Pressemitteilung Volksinitiative Tschüss Kohle


Tschüss Kohle! Wir setzen das beste Gesetz zum Kohleausstieg in Hamburg durch!
Der Zukunftsrat Hamburg begrüßt die heutige Einigung zwischen der Volksinitiative „Tschüss Kohle“ und den Fraktionen von SPD und Grünen.

Dr. Ulf Skirke, Zukunftsrat Hamburg, Vertrauensperson von „Tschüss Kohle“:
„Wir forderten zu Beginn ein deutlich früheres Datum zum Ausstieg aus der Kohle im Wärmebereich. Bei intensiven Verhandlungen stellte sich heraus: aus heutiger Sicht ist nicht alles so umsetzbar wie gedacht. Stattdessen wurden gegenüber dem bisherigen Vorgehen neue, positive Vorschläge zur beschleunigten Umsetzung vereinbart. Erst haben wir den Kohleausstieg nur gefordert, jetzt werden wir den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kohlenutzung auch in einem Begleitprozess aktiv mitgestalten und kontrollieren.“

Pressemitteilung Zukunftsrat HH

Foto: Kraftwerk Moorburg/pixabay

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