Regierungskoalition aus SPD und Grünen verlässt den Saal / Beschlussunfähigkeit der Versammlung herbeigeführt
Die Wandsbeker Fraktionen von CDU und die FDP verurteilen das Demokratieverständnis der Regierungskoalition aus SPD und Grünen deutlich. In der gestrigen Bezirksversammlung Wandsbek war die rot-grüne Koalition ohne eigene Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Nachdem allein in den letzten Tagen gleich zwei Abgeordnete die Fraktion der Grünen verlassen haben ◊, ist die rechnerische Mehrheit von SPD und Grünen in der Bezirksversammlung auf nur noch eine Stimme geschrumpft.
Im Zuge der Beratung eines CDU-Antrags zur gewünschten öffentlichen Ausschreibung der Stelle des Bezirksamtsleiters, die Mitte des kommenden Jahres neu besetzt wird, hatte sich angedeutet, dass die Oppositionsfraktionen geschlossen für eine öffentliche Ausschreibung votieren würden, daraufhin hatte die CDU-Fraktion eine geheime Abstimmung beantragt. Nach einer kurzen Sitzung des spontan einberufenen Ältestenrates, bei der keine Verständigung zum Abstimmungsverhalten erreicht werden konnte, verließen SPD und Grüne den Saal.∗ Die anschließend beantragte Überprüfung der Beschlussfähigkeit zeigte, dass die dafür notwendige Anzahl der anwesenden Abgeordneten ohne die Mitglieder der Regierungskoalition nicht gegeben war. Daraufhin beendete der Vorsitzende die Sitzung der Bezirksversammlung während der dritten von sieben geplanten Debatten. Alle nicht behandelten und verabschiedeten Tagesordnungspunkte wurden damit vertagt.
Dazu erklärt Dr. Natalie Hochheim, Vorsitzende der CDU-Fraktion: „Das Demokratieverständnis von SPD und Grünen in Wandsbek ist bemerkenswert. Demokratie geht für rot-grün in Sachen „Ausschreibung der Bezirksamtsleiterstelle“ nur soweit wie es taktisch in das politische Konzept passt. Die gestrige Mehrheit in der Bezirksversammlung Wandsbek hat sich in der Debatte eindeutig für die Ausschreibung der Stelle des Bezirksamtsleiters ausgesprochen. Selbst unter der dezimierten Grünen-Fraktion hätte es möglicherweise insgeheim Zustimmung gegeben, weswegen die CDU- Fraktion eine geheime Abstimmung beantragt hat. Dass SPD und Grünen dazu nichts anderes mehr einfällt, als den Saal zu räumen und damit die Beschlussunfähigkeit der Bezirksversammlung herbeizuführen, ist unter demokratischen Gesichtspunkten vollkommen inakzeptabel.“
Birgit Wolff, Vorsitzende der FDP-Fraktion, unterstützt die Haltung der Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion: „Das ist das erste Mal seit der Legislaturperiode der amtierenden Bezirksversammlung, dass diese an der Beschlussfassung für viele Entscheidungen, die Bürgerinteressen vertreten hätten, gehindert wurde. In Fach- und Unterausschüssen waren zuvor Entscheidungen getroffen worden, die in ihrer Umsetzung nun aufgeschoben wurden – und zwar letztlich aus Pöstchen-Gründen. Die rotgrüne Regierungskoalition sieht, anders als alle Oppositionsfraktionen, die Aufgabe des Bezirksamtsleiters als eine vor allem politische an und betonte, dass die Bezirksamtsleitung auf der politischen Linie der Regierungskoalition liegen müsse. Wir als Teil der demokratischen Opposition sehen hier eher eine hohe fachliche Management- Kompetenz und den Blick auf die Gesamtheit der Bürgerinnen und Bürger unseres einwohnerstärksten Bezirkes als Priorität an und würden es insofern begrüßen, nach einer öffentlichen Ausschreibung den fähigsten Bezirksamtsleiter oder die fähigste Bezirksamtsleiterin wählen zu dürfen und nicht jemanden hinnehmen zu müssen, dessen Pension gesichert werden soll. Dass sich die Regierungskoalition der weiteren Diskussion und einer öffentlichen Ausschreibung verweigert, ist undemokratisch und inakzeptabel.“
Gemeinsame Pressemitteilung der Fraktionen von CDU und FDP in der Bezirksversammlung Wandsbek
Foto: leere Bänke bei den Grünen in der Bezirksversammlung Wandsbek am 6. Oktober. Foto: CDU/FDP Fraktionen
WUZ-Info: ∗ Die Mitglieder der rot-grünen Koalition verließen nicht nur vorübergehend den Saal, sondern haben sich aus der Sitzung verabschiedet. Wie man auf dem Foto erkennen kann, waren die Bänke der Grünen leergeräumt. Als einziger blieb der parlamentarische Geschäftsführer der SPD Patrick Martens, der dann die Überprüfung der Beschlussfähigkeit der Bezirksversammlung beantragte. Nach dem Durchzählen (nur noch 25 Anwesende) wurde die Sitzung abrupt für beendet erklärt.
Die nächste Bezirksversammlung findet am 17. November statt.
◊ Die Grüne Fraktion in der Krise?
Nachdem im letzten Monat der grüne Haushaltssprecher und ehemalige Fraktionsvorsitzende Oliver Schweim die Grüne Fraktion und Partei verlassen hat und bereits vor zwei Jahren sowohl die grüne Regionalsprecherin für das Alstertal Frauke Häger und Christof Hertel – der erst 2020 nach der Bürgerschaftswahl nachgerückt war – ist gestern der grüne Mobilitätssprecher Jan Otto Witt von seinem Mandat zurückgetreten. Siehe auch: /2022/09/da-waren-es-nur-noch-13/
und: /2020/10/wechsel-in-der-gruenen-bezirksfraktion/
Der Exodus der Grünen Bezirksfraktion Wandsbek
In den letzten Wochen haben zwei Mitglieder die Grüne Bezirksfraktion verlassen. Der Exodus der Fraktion begann jedoch schon früher: Den ersten Austritt mit Nachrücker hatten die Grünen bereits im Januar 2020 zu verzeichnen – ein knappes Jahr nach der Wahl zur Bezirksversammlung. Dr. Eva Kuczewski-Anderson rückte nach.
Von den 15 im Mai 2019 in die Bezirksversammlung gewählten Abgeordneten sind im Frühsommer 2020 fünf Mitglieder ausgeschieden und in die Bürgerschaft gewechselt. Ein Drittel der Fraktion. Fünf Abgeordnete kamen neu in die Bezirksversammlung: Wilhelm Bauch, Oliver Schweim, Adrian van Haeften, Christof Hertel und Heinrich Sackritz (der im Juli gestorben ist – Nachrücker Werner Hansen). Da zwei Mitglieder des Vorstandes jetzt fehlten, wurde eine Neuwahl – auch der Fraktionsvorsitzenden – nötig.
Der nächste Austritt kam dann im August 2020. Frauke Häger nahm ihr Mandat jedoch mit, so das niemand nachrücken konnte. … Da waren es nur noch 14…. Bereits einen Monat später im September ’20 gab es den nächsten Austritt. Für den erst vor einem halben Jahr nachgerückten Christof Hertel kam Sami Khokhar in die grüne Fraktion.
Ende September 2021 hat Oliver Schweim das Handtuch geschmissen und ebenfalls sein Mandat mitgenommen, so dass jetzt zwei ehemalige Grüne als fraktionslose Abgeordnete der BV angehören… Da waren es nur noch 13… Nur eine Woche später gab es einen weiteren Austritt mit Nachrücker: Jan Otto Witt. Wer auf ihn folgt, ist noch nicht geklärt.
Die Gesamtliste der Grünen zur Wahl 2019 ist jetzt bis auf sechs Kandidaten zusammengeschrumpft. Auch auf den Wahlkreislisten stehen kaum noch Nachrücker zur Verfügung. (https://www.statistik-nord.de/wahlen/wahlen-in-hamburg/bezirksversammlungswahlen/2019 : Analyse der Wahlen zu den Bezirksversammlungen in Hamburg am 26. Mai 2019 – Endgültige Ergebnisse-Berechnung und Zuteilung der Mandate). Wer jetzt nachrückt, war ursprünglich gar nicht dafür vorgesehen in die Bezirksversammlung zu kommen, sondern nur, um die Liste zu füllen.
Was bleibt von einer Fraktion, die 2019 durch das Erstarken der Klimabewegung viele neue Mitglieder zu verzeichnen hatte und deren Stärke von acht auf 15 angewachsen war? Eine schrumpfende Fraktion, die als Anhängsel der SPD in der Koalition wenig eigene Ideen hervorbringt und die der offensichtlich dominanten SPD die Führung überlässt. Wen wundert es? Nur sieben der jetzt 13 Mitglieder wurden 2019 gewählt, alle anderen sind nachgerückt (manche sind sogar Nachrücker von Nachrückern) und haben vor allem die Lücken gefüllt, die die in die Bürgerschaft gewechselten und die die Unzufriedenen gerissen haben. (wuz)
Hier gibt es die neuesten Infos: /2022/10/gruene-fraktion-verliert-weiteres-mandat-in-wandsbek/