Greenpeace-Kommentar zu Fangquoten in der Nordsee
Die Fangquote für Kabeljau in der Nordsee wird auch 2022 außerhalb sicherer biologischer Grenzen liegen. Außerdem wird es keinen Fangstopp für Kabeljau im Kattegat geben. Das haben die EU-Fischereiminister:innen heute in Brüssel beschlossen. Die Entscheidung folgt damit wieder nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen des Rates für Meeresforschung.
Es kommentiert Greenpeace-Meeresbiologin Sandra Schöttner:
„Diese Entscheidung kommt einem Todesurteil für den Kabeljau in der Nordsee und im Kattegat gleich. Statt einer dringend nötigen Kursänderung stimmen die Fischereiministerinnen und -minister der EU dafür, die Fischbestände auch im kommenden Jahr weiter rücksichtslos zu plündern – in bewusster Missachtung aller Warnungen der Wissenschaft. Im EU-Fischereirat haben sich erneut die kurzfristigen Interessen der großen Fischereikonzerne durchgesetzt, deren Hochseetrawler häufig auch unter deutscher Flagge fahren.
Laut Koalitionsvertrag will sich die neue Bundesregierung in der EU für den Erhalt der Fischerei an unseren Küsten einsetzen. Fangquoten sollen fair und auf wissenschaftlicher Basis zugeteilt werden. Davon ist aber heute nichts zu spüren. Die Fischbestände in Nord- und Ostsee schwinden dramatisch – deswegen muss sich der neue Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dringend und unmissverständlich für eine Kursänderung einsetzen, um das ignorante Fangquoten-Geschacher aufzuhalten. Nur so hat das Leben in unseren Meeren eine Zukunft.“
Pressemitteilung Greenpeace
Ende der Überfischung in der Nordsee auch 2022 nicht in Sicht
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zieht eine ernüchternde Bilanz zum Abschluss der diesjährigen Fangquoten-Verhandlungen für die Nordsee und den Atlantik. Die beschlossenen Fangquoten sind zu hoch und die Überfischung bedrohter Populationen wie Nordseekabeljau und -hering geht weiter. Erneut folgen die Fischereiministerinnen und -minister entgegen der Vorschriften der Gemeinsamen EU-Fischereipolitik nicht für alle Fischbestände den wissenschaftlichen Empfehlungen.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Für den Erhalt des Nordseekabeljaus ist es eine Katastrophe, dass erneut kein Ende der Überfischung in Sicht ist. Der Nordseekabeljau befindet sich in einem historisch schlechten Zustand. Der neue Fischereiminister Cem Özdemir muss sich für Fangquoten einsetzen, die ausnahmslos den wissenschaftlichen Empfehlungen folgen und sich außerdem für wirksame Maßnahmen gegen illegale Rückwürfe, für den Einsatz selektiver Fanggeräte und effektive Kontrollen stark machen.“
Katja Hockun, Referentin für Meeresnaturschutz der DUH: „Die Fischereiministerinnen und -minister der EU haben es erneut versäumt, den Wechsel zu einem ökosystem-basierten Fischereimanagement einzuleiten. Die Fangmengen für den Nordseekabeljau wurden elf Prozent zu hoch festgelegt. Außerdem droht der Kabeljau als Beifang in anderen Fischereien wie der Schollenfischerei zu enden. Das bedroht die Population zusätzlich. Um ein nachhaltiges Fischereimanagement zu etablieren, müssen die Wechselwirkungen des gesamten Ökosystems und auch die Auswirkungen der verschiedenen Fischereien auf die einzelnen Fischpopulationen berücksichtigt werden.“
Von besonderer Bedeutung für Deutschland in den Verhandlungen war die gefährdete Ostsee-Heringspopulation, die im Sommer in Richtung Nordsee wandert und sich mit den anderen Heringspopulationen im Skagerrak vermischt. Die Wissenschaft empfiehlt, dass die Ostsee-Heringspopulation in diesem Mischgebiet nicht mehr befischt wird. Dennoch wurde eine Beifangquote von 969 Tonnen festgelegt. Um diese Population zu schützen, braucht es zusätzlich zu einem Fangstopp temporäre Schließungen der gesamten Herings- und Sprottenfischerei im Mischgebiet.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
auch vom BUND gibt es eine Stellungnahme: https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/gemischte-kiste-bei-den-nordsee-fangquoten-bund-warnt-vor-einer-nordsee-ohne-kabeljau-wachsende-solidaritaet-zur-rettung-des-herings-macht-hoffnung/