Deutsche Umwelthilfe kritisiert klimaschädliche Kopplung

… der faktischen Dienstwagen-Fördersumme an PS-Stärke und hohe CO2-Emissionen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) belegt die klimapolitischen Fehlanreize der deutschen Dienstwagen-Kaufförderung anhand dreier häufig gekaufter Mittelklasse-Pkw. Die DUH fordert FDP-Finanzminister Christian Lindner auf, endlich mit Umweltverbänden zu sprechen und die aktuelle Dienstwagen-Besteuerung so zu modernisieren, dass durch die Einsparungen ein 365-Euro-Klimaticket möglich wird.

 

Die DUH hat die maximal mögliche Förderung beim Erwerb eines jeweils rein dienstlich genutzten Fahrzeugs der Mittelklasse untersucht und volumenstarke Modelle ausgewählt: VW Golf, 1er BMW und Mercedes A-Klasse. Es stellt sich dabei eine absurde und besonders klimaschädliche Fördersystematik heraus: Je höher die Motorisierung und der CO2-Ausstoß ausfallen, umso höher die faktische Förderung.

Aufgrund der Rückerstattung der Mehrwertsteuer beim Kauf sowie der 100-prozentigen Abschreibemöglichkeit über sechs Jahre übernimmt die Bundesregierung faktisch bis zu 57 Prozent des Kaufpreises von ausschließlich gewerblich genutzten Dienstwagen. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband hatte in der vergangenen Woche bereits Zahlen zu 17 Luxus-Dienstwagen veröffentlicht, für die die absolut höchsten Staatszuschüsse fließen – bei mehreren Fahrzeugmodellen sind es sechsstellige Beträge aus der Kasse des Bundesfinanzministeriums pro erworbenen Luxus-Dienstwagen.

Mengenmäßig relevanter sind Dienstwagen in der Mittelklasse. Doch auch und gerade in diesem größten Segment der Dienstwagenzulassungen zeigt sich die absurde, klimaschädliche Fördersystematik.

So erhält ein Dienstwagenkäufer bei rein gewerblicher Nutzung für einen VW Golf mit 110 PS Motorstärke und 116 g CO2/km bis zu 17.572 Euro. Wählt er den VW Golf mit 333 PS und auf Tempo 270 angehobener Höchstgeschwindigkeit und 179 g CO2/km, verdoppelt sich die staatliche Förderung nahezu auf bis zu 34.482 Euro.

Beim Kauf eines 1er BMW mit 109 PS erhält der Dienstwagenkäufer bis zu 16.955 Euro. Entscheidet er sich für denselben 1er BMW, aber mit 306 PS starkem Motor und 180 g CO2/km, verdoppelt sich ebenfalls die staatliche Förderung auf bis zu 33.306 Euro.

Am klimaschädlichsten fällt der Vergleich bei Mercedes aus: Eine A-Klasse mit 136 PS und 133 g CO2/km wird mit maximal 17.156 Euro gefördert. Dieselbe A-Klasse mit einem AMG Motor und 421 PS bei gleichzeitig negativem Klimagas-Rekordwert von 204 g CO2/km ist dem Finanzminister einen Zuschuss von bis zu 44.508 Euro wert – mehr als das Zweieinhalbfache der Basisversion.

Dazu DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Unsere Beispiele zeigen die fatale Dienstwagen-Förderung, die hochmotorisierte und klimaschädliche Fahrzeuge begünstigt und den Käufer nachgerade dazu verführt, angesichts der erzielbaren absolut höheren Fördersummen die Klimakiller-Variante zu wählen. Wir brauchen ein Ende der Gratismentalität bei Dienstwagen und eine Obergrenze für die Absetzbarkeit bei einem Kaufpreis von 30.000 Euro sowie eine Begrenzung auf Fahrzeuge, die im realen Fahrbetrieb den EU-Flottengrenzwert von 95 g CO2/km einhalten.“

Bei der deutschen Dienstwagen-Kaufförderung gibt es – anders als in allen anderen Ländern – weder eine Obergrenze, was den Kaufpreis angeht, noch einen Ausschluss oder zumindest niedrigere Bezuschussung von Dienstwagen mit erhöhten CO2-Emissionen.

Hintergrund:

Die steuerliche Absetzbarkeit von rein gewerblich genutzten Dienstwagen ist abhängig vom Status des Halters (zum Beispiel Selbstständige, Unternehmen) und dem Steuersatz. Grundlage für die Berechnung der maximalen Subventionierungen sind Selbstständige mit Spitzensteuersatz. Diese erhalten dank Umsatzsteuer-Rückzahlung und steuerlicher Verrechnung der gesamten Kaufsumme über sechs Jahre Abschreibungszeitraum bei ausschließlich dienstlicher Nutzung der Fahrzeuge 57 Prozent der Kaufsumme vom Staat faktisch ersetzt.

Beim nachfolgend angegebenen CO2-Ausstoß handelt es sich um Herstellerangaben nach Prüfstandard WLTP.

VW Golf 1.0 eTSI OPF
PS: 110, CO2: 116g/km, Kaufpreis: 30.575 Euro, Steuerbegünstigung: 17.572 Euro
VW Golf R „20 Years“
PS: 333, CO2: 179g/km, Kaufpreis: 59.995 Euro, Steuerbegünstigung: 34.482 Euro
BMW 116i
PS: 109, CO2: 129g/km, Kaufpreis: 29.500 Euro, Steuerbegünstigung: 16.955 Euro
BMW M135i xDrive Edition ColorVision
PS: 306, CO2: 180g/km, Kaufpreis: 57.950 Euro, Steuerbegünstigung: 33.306 Euro
Mercedes-Benz A180
PS: 136, CO2: 133g/km, Kaufpreis: 29.851 Euro, Steuerbegünstigung: 17.156 Euro
Mercedes-Benz AMG A45 Edition 55 4Matic
PS: 421, CO2: 204g/km, Kaufpreis: 77.439 Euro, Steuerbegünstigung: 44.508 Euro


Ende für Klimakiller-Dienstwagen gefordert

Deutsche Umwelthilfe fordert Ende der Gratismentalität bei Spitzenverdienern mit Klimakiller-Dienstwagen: FDP-Finanzminister fördert sie mit teils mehr als 150.000 Euro pro Fahrzeug
Mit teils mehr als 150.000 Euro pro Fahrzeug subventioniert die Bundesregierung den Kauf klimaschädlicher Dienstwagen von Spitzenverdienern. Dies zeigen Recherchen und neue Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) basierend auf Daten des Kraftfahrt-Bundesamts.

Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband hat 17 Dienstwagen veröffentlicht, die zu jenen gehören, für die die absolut höchsten Staatszuschüsse fließen. Bis zu 57 Prozent des Kaufpreises übernimmt der Staat über Steuerrückerstattungen, nur 43 Prozent der Kosten müssen Fahrzeughalter aufbringen. Das ist weltweit einmalig. Was weithin unbekannt ist: Bei der deutschen Dienstwagen-Kaufförderung gibt es keine finanzielle Obergrenze und auch keine Benachteiligung oder Ausschluss für besonders klimaschädliche Fahrzeuge. Alle 17 von der DUH identifizierten Subventions-Spitzenreiter überschreiten den EU-Flottengrenzwert für das Klimagas CO2 von 95 g/km um mehr als das Anderthalbfache bis mehr als das Dreifache.

Die DUH fordert deshalb eine Obergrenze für die Absetzbarkeit von Dienstwagen bei 30.000 Euro und zudem die Begrenzung auf Fahrzeuge, die im realen Fahrbetrieb den EU-Flottengrenzwert einhalten. Das so eingesparte Geld würde mehr als ausreichen, um die etwa 4 Milliarden Euro Bundeszuschuss für ein bundesweit gültiges 365-Euro-Klimaticket aufzubringen. Allein mit der Maximalförderung für nur einen einzigen klimaschädlichen Dienstwagen wie einem Audi R8 Spyder V10 könnten bis zu 1.000 Klimatickets ermöglicht werden.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Ich fordere ein Ende der Gratismentalität bei Spitzenverdienern und dem Porsche-Lobbyisten Christian Lindner bei Dienstwagen. Und ich bin gespannt, ob SPD und Grüne endlich bereit sind, für den Klimaschutz in der Ampel-Koalition zu kämpfen und die absurde Förderung von Klimakiller-Luxus-Dienstwagen für Reiche mit teils mehr als 150.000 Euro zu beenden. Die Bundesregierung muss diese Alimentierung der Spitzenverdiener und der Autoindustrie für klimaschädliches Verhalten sofort beenden. Stattdessen brauchen wir dringend einen aus dieser Subventionseinsparung leicht finanzierbaren Ausbau des über Jahre kaputtgesparten Öffentlichen Verkehrs sowie ein bundesweit gültiges 365-Euro-Klimaticket.“

Grundsätzlich gilt bis der Spitzensteuersatz erreicht ist: Je höher das Einkommen, desto höher steigt die Subventionierung. Ein selbstständiger Spitzenverdiener kann mit mehr als 277.000 Euro Jahreseinkommen derzeit für einen Audi R8 Spyder V10 performance quattro satte 154.142 Euro vom Staat erhalten, für einen Porsche 911 Turbo s Cabriolet ganze 138.412 Euro. Doch auch mit einem deutlich niedrigeren Jahreseinkommen können Selbstständige über 97 Prozent dieser Zuschusssumme erhalten.

„Zuschüsse von 154.000 Euro für einen Audi und 138.000 Euro für den Kauf eines Porsche – beide jeweils mit dreifacher Überschreitung der CO2-Grenzwerte der EU machen die Absurdität des deutschen Dienstwagen-Fördersystems deutlich: Je größer die Klimaschädlichkeit des Fahrzeugs, desto mehr Geld gibt es de facto aus der Staatskasse. Und es geht noch weiter: Da der Restwert der Fahrzeuge nach der fünfjährigen Abschreibung regelmäßig höher ist als der verbleibende Eigenanteil von günstigstenfalls 43 Prozent, können sich die Besserverdienenden in Deutschland über Jahrzehnte zum Gratistarif Luxus-Limousinen, SUV-Stadtpanzer und Supersportwagen anschaffen. Alle verbleibenden Kosten trägt der Bundesfinanzminister, aktuell der Porsche-Lobbyist und FDP-Finanzminister Christian Lindner“, so Jürgen Resch.

Über 60 Prozent der neu zugelassenen Pkw in Deutschland sind gewerblich zugelassene Fahrzeuge – privat zugelassen werden aktuell weniger als 40 Prozent. Anders als in den allermeisten anderen Staaten sind dienstlich zugelassene Fahrzeuge deutlich höher motorisiert als Privat-Pkw und haben auch erhöhte Klimagasemissionen. Dienstwagen sind verantwortlich für 76 Prozent der CO2-Emissionen aller Neuwagen.

Hintergrund:

Die Bundesregierung bräuchte zum Ausgleich der Fahrgeldeinnahmen für 365-Euro-Tickets etwa 4 Milliarden Euro jährlich. Umfragen zufolge würden knapp 25,73 Millionen Menschen in Deutschland ein 365-Euro-Klimaticket kaufen. Mit einer Dienstwagenförderung von 154.142,20 Euro (Subventionierung von Audi R8 Spyder V10 performance quattro) könnte die Bundesregierung also fast 1.000 Klimatickets ermöglichen, mit dem Verzicht auf einen Porsche 911 Turbo lassen sich 900 Klimatickets fördern.

Die steuerliche Subventionierung der Fahrzeuge ist abhängig vom Status des Halters (zum Beispiel Selbstständige, Unternehmen) und dem Einkommen der Person beziehungsweise den finanziellen Gegebenheiten bei Firmen. Grundlage für die Berechnung der maximalen Subventionierungen sind Selbstständige mit einem Jahreseinkommen von über 277.000 Euro, der Rückzahlung der 19 Prozent Mehrwertsteuer im Jahr der Anschaffung und der steuerlichen Verrechnung der gesamten Kaufsumme über fünf Jahre Abschreibezeitraum. Beim angegebenen CO2-Ausstoß handelt es sich um Herstellerangaben nach Prüfstandard WLTP. Grundlage für die Zulassungsangaben waren die zum Erhebungszeitpunkt aktuellsten Daten des Kraftfahrt-Bundesamts für das Jahr 2020. Die folgende Liste stellt einen Auszug besonders teurer und klimaschädlicher Dienstwagen dar, weitere Fahrzeuge finden Sie in den Links.

Platz 1: Audi R8 Spyder V10 performance Quattro
Subventionierung: 154.142,20 Euro; Verbrauch: 13,4-13,3 Liter; CO2-Ausstoß: 306-304 g/km
Platz 2: Porsche 911 Turbo s Cabriolet
Subventionierung: 138.412,44 Euro; Verbrauch: 12,5-12,1 Liter; CO2-Ausstoß: 284-275 g/km
Platz 3: Audi S TFSI
Subventionierung: 133.429,94 Euro; Verbrauch: 10,8 Liter; CO2-Ausstoß: 246 g/km
Platz 4: Audi RS Q8
Subventionierung: 128.726,76 Euro; Verbrauch: 12,3-12,1 Liter; CO2-Ausstoß: 281-276 g/km
Platz 5: Porsche Panamera Turbo S Executive
Subventionierung: 116.181,69 Euro; Verbrauch: 13,2-12,8 Liter; CO2-Ausstoß: 298-290 g/km
Platz 6: Mercedes S 580 4Matic Limousine lang
Subventionierung: 111.277,02 Euro; Verbrauch: 10,9 Liter; CO2-Ausstoß: 248 g/km

Mehr Infos: https://www.duh.de

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