EU-Parlament kann umstrittene Einstufung von Gas und Atom

… nicht verhindern: Greenpeace kündigt Klage an
Deutschland kommt als größter Finanzplatz in der EU besondere Verantwortung zu
Nachdem das EU-Parlament den umstrittenen Vorschlag der EU-Kommission nicht verhindern konnte, Gas und Atomenergie als klimafreundlich einzustufen, kündigt Greenpeace eine Klage gegen den Beschluss an.

 

Zuvor wird Greenpeace Deutschland gemeinsam mit mehreren europäischen Büros der Umweltschutzorganisation die EU-Kommission darauf hinweisen, dass ihr Beschluss gegen Unionsrecht verstößt: Erdgas und Atomenergie ökologisch nachhaltig zu nennen, ist mit der Taxonomie-Verordnung nicht zu vereinbaren. Sollte die Kommission den Beschluss darauf hin nicht ändern oder zurückziehen, wird Greenpeace vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen klagen.

„Die EU darf Investoren nicht absichtlich im Dunkeln lassen, wo sie ihr Geld klimafreundlich und zukunftstauglich einsetzen können“, sagt Greenpeace Finanzexperte Mauricio Vargas. „Wer Gas und Atom nachhaltig nennt, stürzt die Finanzakteure in Orientierungslosigkeit, die zu windigen Angeboten einlädt und Klimaschutz untergräbt. Beides wollen wir mit der Klage verhindern.“

Finanzbranche braucht klare Regeln, um nachhaltige Investitionen zu lenken

Belegbare Nachhaltigkeitskriterien werden für Investoren immer wichtiger, wie Erhebungen zeigen. Solange die EU nicht eindeutig unterscheidet zwischen klimaschädlichen und nachhaltigen Investitionen, müssen Finanzinstitute diese Aufgabe übernehmen. Mit Frankfurt als größter Finanzplatz der EU käme Deutschland dabei eine besondere Bedeutung zu. Der Betrugsskandal um falsch deklarierte Nachhaltigkeitsanlagen bei der Deutsche Bank Tochter DWS zeigt, dass die Branche dieser Verantwortung bislang nicht gerecht wird. Nur wenn die EU-Kommission ihren Beschluss zurückzieht, kann der Finanzsektor die dringend erforderlichen Investitionen in den klimaneutralen Umbau lenken. Ohne ein grünes Finanzwesen werden die Klimaziele nicht erreicht.

“Der wachsende Wunsch in der Bevölkerung, mit Geldanlagen das Klima zu schützen, kann der Motor eines schnellen Umstiegs auf saubere erneuerbare Energien sein”, so Vargas. “Wie klar die EU ihre Richtschnur bei nachhaltigen Investitionen spannt, wird auf der ganzen Welt beobachtet. Europa darf hier nicht in die falsche Richtung weisen.”

Pressemitteilung Greenpeace


„So wird die Taxonomie zur Mogelpackung“

Mehrheit im EU-Parlament stimmt Nachhaltigkeits-Label für Gas und Atomkraft zu

Das Europäische Parlament hat mehrheitlich für eine Einstufung von Atomkraft und Gas als nachhaltige Energien votiert.

Joachim Schuster, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Europa-SPD:
„Diese Entscheidung ist ein Rückschlag für den Klima- und Umweltschutz in Europa. Leider hat das Europäische Parlament die Chance verpasst, die EU-Kommission in die Schranken zu verweisen. Die konservative Mehrheit im Plenum beteiligt sich am Greenwashing und erklärt Atomkraft und fossiles Gas zu nachhaltigen Energien.

Die Taxonomie wird zur Mogelpackung, bevor sie überhaupt an den Start geht. Ziel dieser Klassifizierung ist eine europaweite Definition für grüne Investitionen, damit nachhaltige Projekte zu besseren Konditionen finanzierbar sind. Das lässt sich mit dem Greenwashing von Kommission und einigen Mitgliedstaaten der EU nicht erreichen. Setzen sich diese politischen Kräfte in Europa weiterhin durch, verpasst die EU ihr Ziel, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften.“

Neben dem Parlament hätte der Rat das Recht, den Rechtsakt der EU-Kommission mit verstärkter qualifizierter Mehrheit abzulehnen. Dafür sind die Stimmen von mindestens 20 Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung der EU vertreten, nötig. Die Gegner dieses Taxonomie-Vorschlags sind im Rat jedoch in der Minderheit. Die Verordnung soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Pressemitteilung SPD im EU Parlament


EU-Parlament winkt Greenwashing der EU-Kommission durch
Taxonomie

Eine Mehrheit von 328 Mitgliedern des Europäischen Parlaments hat soeben (Mittwoch, 6. Juli) gegen den Einspruch gegen den delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission zur Taxonomie-Verordnung und für die Einstufung von Atomkraft und Gas als nachhaltig gestimmt. Damit ist der delegierte Rechtsakt angenommen. Zuvor hatte eine fraktionsübergreifende Allianz aus Mitgliedern des Umweltausschusses (ENVI) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) gegen die Kennzeichnung von Atomkraft und Gas als nachhaltig gestimmt. Die Taxonomie ist der grüne Leitfaden der EU-Kommission für Investorinnen und Investoren. Zukünftig sollen auch Investitionen in Gasprojekte und Atomkraftanlagen unter dem Nachhaltigkeitssiegel der EU-Kommission laufen. Die österreichische und die luxemburgische Regierung haben Klage vor dem Europäischen Gerichtshof angekündigt.

Michael Bloss, stellvertretendes Grünen/EFA-Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert:

„Heute ist ein trauriger Tag für die europäische Energiewende, für ein nachhaltiges Gütesiegel für die Finanzbranche und für ein Ende der Energieabhängigkeit von Russland. Europäisches Geld kann weiter unter dem Siegel der Nachhaltigkeit den russischen Angriffskrieg finanzieren. Das ist der Sargnagel für das Öko-Siegel der Finanzbranche. Der Green Deal droht zur Finanzquelle für Risikotechnologien und umwelt- und klimaschädliche Energien zu werden. Die EU setzt ihre internationale Glaubwürdigkeit als globale Vorreiterin beim Klimaschutz aufs Spiel. Wir fordern Investorinnen und Investoren auf, Geld in erneuerbaren Energien anzulegen und auf die klimaneutrale Wirtschaft zu setzen.“

Henrike Hahn, stellvertretendes Grünen/EFA-Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, kommentiert:

„Die Riesenchance der Einführung einer glaubwürdigen Taxonomie für grünere Finanzmärkte in der Europäischen Union wurde verpasst. Mit einem glaubwürdigen EU-Taxonomie-Label hätte die EU klimapolitische Führung beweisen können. Wo nachhaltig draufsteht, muss auch nachhaltig drin sein. Greenwashing an Finanzmärkten muss ausgebremst werden und unmissverständlich klar sein, dass in grünen Finanzprodukten ausdrücklich grüne Investitionen stecken. Die EU muss nachhaltige Zukunftsinvestitionen ausbauen und weiter in die Energiewende und klimaneutrale Wirtschaft investieren. Nur ein Kurs weg von Gas und Atomkraft gibt der Finanzbranche wirkliches Vertrauen in grüne Investitionen. Es ist höchste Zeit für das Ende der Abhängigkeit der Europäischen Union von fossilen Energien und der Energieabhängigkeit von Russland.“

Pressemitteilung GRÜNE im EU-Parlament


EU-Parlament stimmt für Greenwashing von Erdgas und Atomkraft: Deutsche Umwelthilfe prüft rechtliche Schritte

Das EU-Parlament hat heute den Vorschlag der EU-Kommission durchgewunken, Atomkraft und fossilem Gas das grüne Finanzmarktlabel der EU zu verleihen. Es stimmt damit gegen die Empfehlung der Umwelt- und Wirtschaftsausschüsse, die klar gegen diese Verwässerung der Taxonomie gestimmt hatten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert diese Entscheidung aufs Schärfste, da so die Finanzierung neuer umweltschädlicher Gas- und Atomkraftwerke erleichtert wird. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband prüft zudem rechtliche Schritte, um Investitionen in klimaschädliche Projekte zu verhindern. Begrenzte finanzielle Mittel müssen entschieden in eine beschleunigte Energiewende fließen, um die Klimakrise zu bekämpfen und die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen einzudämmen.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, kommentiert: „Die EU-Abgeordneten lassen das Vorzeigeprojekt EU-Taxonomie mit ihrem Votum zu einem grünen Feigenblatt für Atomkraft und fossiles Gas verkommen. Die Öffnung der Taxonomie für fossiles Gas und Atomkraft ist angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine besonders verantwortungslos, denn sie zementiert die Abhängigkeit von Energieimporten und macht unsere Energieversorgung unsicherer. Anstatt die Klimakrise mit neuen Gaskraftwerken weiter zu befeuern, müssen wir jetzt mehr denn je in Erneuerbare Energien investieren. Nun ist der Rat der Europäischen Union gefragt: Wir fordern die Mitgliedstaaten auf, den Vorstoß der EU-Kommission entschieden abzulehnen. Die Bundesregierung muss sich jetzt der geplanten Klage Österreichs und Luxemburgs gegen die Taxonomie anschließen. Auch wir werden als Umweltverband rechtliche Schritte gegen dieses absurde Greenwashing prüfen. Es geht darum, umweltschädliche Investitionen in Milliardenhöhe zu verhindern.“

Wie ein von der DUH in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten beweist, ist der Vorschlag der EU-Kommission nicht mit der EU-Taxonomie-Verordnung und dem in den EU-Verträgen verankerten Vorsorgeprinzip vereinbar. Die DUH wird alle Möglichkeiten unter der Aarhus-Konvention nutzen, um die Aufnahme von fossilem Gas und Atomkraft in die Taxonomie prüfen zu lassen und letztendlich vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen zu klagen.

Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe

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