„Blitzverfahren stellt Weichen für jahrelange Umweltzerstörung“
Heute will der EU-Rat im Schnellverfahren über die Vorschläge zur Abschaffung von Umweltvorgaben für Agrarsubventionen diskutieren. Stimmt der Rat zu, droht der vorgeschlagene Kahlschlag der EU-Kommission für Umweltstandards und Kontrollen in der Gemeinsamen Agrarpolitik ohne weitere Anpassungen umgesetzt zu werden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert das überstürzte Verfahren scharf und fordert von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir eine Ablehnung der Pläne im EU-Rat.
Dazu sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner:
„In einem Blitzverfahren sollen innerhalb weniger Wochen über Jahre erarbeitete Fortschritte für eine umweltfreundliche Landwirtschaft einfach über Bord geworfen werden. Mit ihrem Drängen verhindert die EU-Kommission jede gewissenhafte Abschätzung der Umweltfolgen. Durch mehr pauschale Direktzahlungen ohne jegliche Auflagen, sowie die Abschaffung verpflichtender Brachen und des Schutzes artenreicher Wiesen und Weiden, stellt die EU die Weichen Richtung Umweltzerstörung und Artensterben. Kontrollen und Meldepflichten sollen auf Kosten von Verbraucher- und Naturschutz gestrichen werden. Das bringt den protestierenden Bäuerinnen und Bauern nichts und geht zulasten von Umwelt, Klima, Verbraucherinnen und Verbrauchern. Erlaubt werden sollen etwa unangemeldete Pestizideinsätze aus der Luft und mehr Antibiotikamissbrauch im Stall. Das dient vor allem den Profitinteressen der Agrarindustrie, während Lebensmittel künftig stärker mit Pestiziden und Antibiotikaresistenzen belastet sein könnten. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat sich letzte Woche dafür ausgesprochen, den Green Deal konsequent weiterzuverfolgen und nicht auf kurze Sicht zu fahren. Wir nehmen ihn beim Wort – Deutschland darf diesem Kniefall vor der Agrarindustrie-Lobby nicht zustimmen.“
Link: Offener Verbändebrief an das Bundeskanzleramt: https://l.duh.de/p240321
Pressemitteilung DUH
NABU appelliert an Scholz:
Aufweichung ökologischer Standards verhindern
Krüger: Mühevoll entwickelte Schritte bei Natur- und Klimaschutz entkernt / EU-Gelder müssen Betriebe krisenfest machen
Nachdem in den vergangenen Tagen die Regelung für Biodiversitätsflächen gestrichen wurden, hat die EU-Kommission weitere Abschwächungen im Bodenschutz, Fruchtfolge und Grünland geplant. Über den Vorschlag sollen die EU-Staats- und Regierungschefs beim heutigen Europarat abstimmen. In einem offenen Brief fordert nun ein breites, zivilgesellschaftliches Bündnis aus Landwirtschaft, Ökolandbau, Natur-, Klima- und Tierschutz Bundeskanzler Olaf Scholz auf, den Abbau ökologischer Standards in der Agrarpolitik nicht mitzutragen und gegen den Vorschlag zu stimmen. Stattdessen solle sich Scholz mit einem konstruktiven Gegenvorschlag für eine bessere Honorierung der Betriebe im Natur- und Klimaschutz einsetzen.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: “In diesen Tagen scheint in Brüssel das Gesetz zu gelten: Wer am lautesten ist, dessen Anliegen werden am meisten ernst genommen. Mühevoll entwickelte Schritte beim Natur- und Klimaschutz in der Landwirtschaft werden aufgeweicht, so als wären Klimakrise und Biodiversitätsverlust passé. Landwirtschaftliche Betriebe, die sich beim Natur- und Klimaschutz längst auf den Weg gemacht haben, haben das Nachsehen. Unser Appell an Bundeskanzler Olaf Scholz lautet daher: Lehnen Sie den Vorschlag der EU-Kommission ab und stellen Sie sich der Aufweichung ökologischer Standards in der EU-Agrarpolitik entgegen. Machen Sie sich dafür stark, dass die EU-Gelder dazu beitragen, landwirtschaftliche Betriebe natur- und klimakrisenfest zu machen.”
Konkret fordert das Bündnis eine verbindliche Aufstockung und Weiterentwicklung der freiwilligen Maßnahmen zur Honorierung von Umweltleistungen in der GAP. Demnach muss der Kommissionvorschlag um eine verbindliche Anhebung des Budgets der Öko-Regelungen sowie einen erhöhten Spielraum für die Mitgliedstaaten zur gezielten Umschichtung von Finanzmitteln aus der ersten Säule in Agrarumwelt- und Klimaprogramme der 2. Säule ergänzt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass der ökologisch wie wirtschaftlich überfällige Umbau der Landwirtschaft nicht ausgebremst wird.
Pressemitteilung NABU