Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof bekräftigt Vorwurf der EU-Kommission
Das heute (20.4.) veröffentlichte Gutachten der Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) stellt fest, dass Deutschland gegen EU-Naturschutzrecht verstößt, da es nicht für alle Natura 2000-Gebiete Erhaltungsziele festgelegt hat. Die EU-Kommission hatte Deutschland deswegen verklagt. Sollte das Gericht der Generalanwältin folgen, müsste Deutschland bei einem Teil seiner Schutzgebiete rechtlich nachbessern, sonst drohen Strafzahlungen.
Bei weiteren Aspekten der Klageschrift folgt die Generalanwältin hingegen nicht der Argumentation der EU-Kommission. Daher ist es unwahrscheinlich, dass der EuGH Deutschland dazu verurteilen wird, die Schutzgebietsverordnungen seiner Natura 2000-Gebiete grundlegend zu überarbeiten.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Vermutlich kommt Deutschland mit einem blauen Auge davon. Allerdings wirft das Gutachten der Generalanwältin gravierende Fragen zur Umsetzung von Natura 2000 auf. Klar ist, dass vor allem das aktive Management der Gebiete deutlich verbessert werden muss. Nur mit Schutzgebieten, die diesen Namen auch verdienen, kann sich Deutschland gegen die Naturkrise stemmen.”
Hintergrund:
Vertragsverletzungsverfahren und Klagen gegen Deutschland
Von Beginn an stockte die Umsetzung von Natura 2000 in Deutschland. Bund und Länder tun sich bis heute schwer, die Gebiete ausreichend rechtlich zu sichern und angemessen zu managen. Daher sind derzeit zwei Klagen der EU-Kommission gegen Deutschland vorm Europäischen Gerichtshof anhängig. Die heute von der Generalanwältin des EuGH begutachtete Klage rügt drei Missstände: Die unzureichende rechtliche Sicherung der deutschen Natura 2000-Gebiete, zudem pro Gebiet eine ungenügende Präzisierung der Erhaltungsziele für die dort geschützten Arten und Lebensräume sowie hierauf aufbauend die unzureichende Formulierung von Erhaltungsmaßnahmen zur Erreichung günstiger Erhaltungszustände der geschützten Arten und Lebensräumen und die fehlende rechtliche Verbindlichkeit der Erhaltungsziele. Die EU-Kommission argumentiert, dass Deutschland wegen dieser Mängel nicht wissen kann, ob deutsche Natura 2000-Gebiete ihren Zweck erfüllen und ob sie den gewünschten Beitrag leisten, wenn nicht gebietsspezifisch festgelegt wird, welche Ziele im Gebiet eigentlich bis wann erreicht werden sollen, d.h. wie viel Fläche eines Lebensraumtyps in welchem Zustand und welche Bestände einer Art zu welchem Zeitpunkt geschützt bzw. wiederhergestellt sein müssen. So lässt sich auch nicht nachvollziehen, ob die für ein Schutzgebiet getroffenen Ver- und Gebote effektiv sind und ob Naturschutzmaßnahmen ausreichend ihren Zweck erfüllen.
Pressemitteilung NABU