Auch zehn Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima in Japan haben die Betreiber:innen von Atomkraftwerken in Europa kaum etwas aus dem schweren Unfall gelernt. Laut einer aktuellen Greenpeace-Untersuchung laufen mindestens zehn AKW in der EU ohne ausreichendes Sicherheitskonzept zum Schutz vor Naturkatastrophen (Link: https://act.gp/2Pi86Y2).
Untersucht wurden Reaktoren in Deutschland, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Belgien, Frankreich, Schweiz, Schweden und Spanien. Häufigste Mängel sind ein wirksamer Schutz gegen Überflutungen und Erdbeben. Viele AKW stehen nahe an Deutschland, ein schwerer Unfall hätte unmittelbare Auswirkungen. Besonders negativ fiel der Reaktor Krško in Slowenien auf. Positiv wird lediglich das Abschalten des Reaktors in Gundremmingen bis Ende des Jahres gewertet. “Fukushima zeigt, dass beim Betrieb eines AKW von schlimmsten Katastrophen auszugehen ist. Die Flutwelle, die zur Explosion des AKW in Japan führte, war in den Planungen nicht vorgesehen”, sagt Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace.
Risikoeinschätzung bei Atomkraft nicht ausreichend
Trotz der Reaktorkatastrophe von Fukushima werden Risikofaktoren wie Erdbeben- oder Schwerwetter-Ereignisse von europäischen Betreibern klein gerechnet und notwendige Anpassungen lange hinausgeschoben, zeigt die aktuelle Untersuchung. Ein Grund sind günstige Strompreise, die den Betrieb der Atomkraftwerke unrentabler machen. Investitionen in mehr Sicherheit werden deshalb vermieden. Zudem verlängern Betreiber gerne die Laufzeit der AKW über die ursprüngliche Lebensdauer hinaus, um die enormen Rückbaukosten erst einmal von sich wegzuschieben.
Weltweite alternde Atomanlagen
Weltweit nimmt die Relevanz der Atomenergie ab. Sogar in den Ländern, die bisher stark auf Atomenergie bauen, wie Frankreich oder die USA, altern die Kraftwerke insgesamt. Mit einem durchschnittlichen Alter der Anlagen von 36 bis 40 Jahren sind diese am Ende ihrer Laufzeit angelangt. “Ein Festhalten an der Atomenergie schadet dem Klimaschutz, weil damit echte Lösungen auf der Strecke bleiben. Investitionen müssen in eine konsequente Energiewende fließen, statt sie in nuklearen Hirngespinsten zu verbrennen”, sagt Smital.
Greenpeace-Kommentar zur Einigung zwischen Bundesregierung und Energiekonzernen im Streit um Ausgleichzahlung für Atomausstieg
Der Energiekonzern Vattenfall und die Bundesregierung haben sich beim Atomausstieg außergerichtlich auf eine Entschädigung geeinigt. Das berichtet heute die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Demnach zahle der Bund 2,4 Milliarden Euro an Energieversorger, um offene Klageverfahren endgültig abzuschließen. Damit seien die Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht über einen dreistelligen Millionenbetrag und einem internationalen Schiedsgericht über sechs Milliarden Euro abgeschlossen. Es kommentiert Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace:
“Mit diesem letzten Milliarden-Geschenk der Bundesregierung kann sich Vattenfall nun doppelt die Taschen füllen. Der Fall Vattenfall unterstreicht die Problematik internationaler Schiedsgerichte, die als paralleles Rechtssystem die Autorität nationaler Gerichte untergraben.
Während das Bundesverfassungsgericht Vattenfall mit detaillierter Begründung einen fairen Ausgleich von 150 Millionen Euro für die entgangene Atomstrommenge zugesprochen hat, erzwingen konzernfreundliche Schiedsgerichte Phantasie-Zahlungen in Milliardenhöhe auf Kosten der Allgemeinheit. Intransparente Schiedsverfahren müssen ein Ende haben.”
Pressemitteilungen Greenpeace
Foto: Das AKW Brokdorf soll Ende 2021 stillgelegt werden