Deutsche Umwelthilfe spricht von „Klimaschummelei statt Klimaschutz“
Der Expertenrat für Klimafragen hat heute in einem Sondergutachten bestätigt, dass die proklamierten Klimaschutzfortschritte der Bundesregierung einem Realitätstest nicht standhalten und fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich weitere Klimaschutzmaßnahmen vorzunehmen.
Der Projektionsbericht 2024, auf den sich die Bundesregierung beruft, beruht demnach auf unrealistischen Annahmen und überschätzt die CO2-Minderung von Klimaschutzmaßnahmen teilweise drastisch und in fast allen Sektoren.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Mit dem Sondergutachten haben wir Schwarz auf Weiß: Die Emissionsminderung im Gebäudesektor wird deutlich geringer ausfallen, als die Bundesregierung behauptet. Die Zahlen zeigen eindringlich, dass sofort umgelenkt werden muss und vor allem die bereits gebauten Gebäude in den Fokus rücken müssen. Ganz aktuell investiert die Bundesregierung wieder eine Milliarde in den Neubau. Saniert wird dagegen wegen der unzureichenden finanziellen Unterstützung in Deutschland fast gar nicht mehr. Stattdessen werden wieder vermehrt Öl- und Gasheizungen eingebaut. Das sind fatale Fehlentwicklungen, die diese Regierung zu verantworten hat. Nicht nur der Expertenrat, sondern auch die Gerichte haben klar gemacht: Wir brauchen sofort konkrete Maßnahmen wie eine Sanierungsoffensive für marode Gebäude, um das Ruder noch herumzureißen.“
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Das Sondergutachten des Expertenrats ist eine Blamage für die Bundesregierung, die nach dem Motto ‚Klimaschummelei statt Klimaschutz‘ Politik macht. Das Vorgehen der Bundesregierung ist dreist: Zuerst wird das Klimaschutzgesetz entkernt, dann werden die CO2-Prognosen schöngerechnet. Es ist gut, dass der Expertenrat dem heute einen Riegel vorgeschoben hat. Dieses Gutachten verdeutlicht nochmal die Dringlichkeit der Nachsteuerung beim Klimaschutz, zu der die Bundesregierung nach unseren Klagen am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erst vor zwei Wochen verurteilt wurde. Denn bereits im Verhandlungssaal wurde deutlich, dass die Gerichte die Manöver der Bundesregierung durchschauen. Als allererste Notfallmaßnahme muss jetzt endlich das dringend benötigte Tempolimit kommen.“
Pressemitteilung DUH
Expertenrat für Klimafragen deckt Versagen der Ampel auf – VCD: Schluss mit den Ausreden!
Der Expertenrat für Klimafragen (ERK) geht davon aus, dass Deutschland seine Klimaziele für das Jahr 2030 reißen wird und widerspricht damit der Bundesregierung. Der verkehrspolitische Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD, Michael Müller-Görnert, kommentiert:
„Es ist wie befürchtet: Deutschland ist nicht auf Klimakurs. Verantwortlich dafür ist vor allem der Verkehrssektor, der seine Ziele Jahr um Jahr verfehlt. Dabei wäre es so einfach – die Regierung muss Tempolimits auf Autobahnen und Landstraßen einführen, klimaschädliche Subventionen abbauen, in Bahn, Bus und Rad investieren.
Wenn sie auf diese Maßnahmen verzichtet und sich weiter durchschummelt, führt sie das Land sehenden Auges in die Klimakrise. Wer wissen will, wie das aussehen wird, muss nur in die süddeutschen Hochwassergebiete schauen.“
Pressemitteilung VCD
Expertenrat für Klimafragen: Ampel versagt beim Klimaschutz
Zu dem Sondergutachten des Expertenrats für Klimafragen (ERK) zur Prüfung der Treibhausgas-Projektionsdaten 2024 erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Die kritische Bewertung der Expert*innen ist ein Weckruf an die Politik. Die Ampel versagt beim Klimaschutz. Das ist das eindeutige Testat des Expertenrates für Klimafragen. Deutschland ist nicht auf Zielkurs – nicht für 2030, geschweige denn darüber hinaus. Die Bundesregierung muss unverzüglich klimapolitisch nachlegen um Deutschland fit für die Zukunft zu machen. Sie muss Transparenz und Qualität ihrer Emissionsprognosen dringend verbessern und eine klare Verantwortung in der Bundesregierung schaffen, damit schnell genug nachgesteuert wird, wenn eine Zielverfehlung absehbar ist. Andernfalls droht mit dem neuen, weichgespülten Klimaschutzgesetz ein böses Erwachen.
Es rächt sich, dass die Bundesregierung bei ihrer Klimapolitik bislang so stark auf finanzielle Maßnahmen setzt. Jetzt fehlt das Geld, weil FDP und Kanzler auf Kaputtsparen statt auf Zukunft setzen. Dieser drakonische Sparkurs macht das Klimaziel 2030 unerreichbar, verunsichert Bürger*innen und Unternehmen. Zukunftssichere Investitionen bleiben aus.“
Mit Blick auf den Gebäudesektor ergänzt Bandt: „Bei Gebäuden bleibt die Ampel eine Antwort schuldig, wie endlich mehr Gebäude effektiver und sozialverträglich saniert werden. Es braucht einen gesetzlichen Fahrplan, mit dem die Eigentümer*innen Planungssicherheit bekommen, die Klimaziele verlässlich erreicht und Menschen unabhängig vom Geldbeutel vor Kälte im Winter und Hitze im Sommer geschützt werden. Die Förderquoten für Effizienzmaßnahmen müssen hoch. Gelder müssen zielgerichtet vor allem an die verteilt werden, die eine Sanierung aus eigenen Mitteln nicht stemmen können.“
Zum Verkehrssektor und den notwendigen Maßnahmen erklärt Bandt: „Im Verkehrsbereich wird noch immer im großen Stil fossile, sprich klimaschädliche Mobilität gefördert. Sozial ungerechte und klimaschädliche Steuervergünstigungen wie die steuerlichen Vorteile für Dienstwagen gehören abgeschafft und die Kfz-Steuer muss stärker auf CO2-Ausstoß ausgerichtet werden. Die dadurch freiwerdenden Mittel sind dann in den Umweltverbund aus Fuß-, Rad- und öffentlichem Verkehr zu investieren.“
Hintergrund:
Nach dem neuem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) ergibt sich wesentlich aus dieser jetzt vorgelegten Gesamtschau des Expertenrats zur Emissionsentwicklung (den Projektionsdaten), ob die Regierung weitere Klimaschutzmaßnahmen ergreifen muss oder nicht. Mit dem vorliegenden Gutachten bescheinigt der Expertenrat der Bundesregierung eine Überschreitung der zulässigen Emissionen für das Jahr 2024. Laut neuem novellierten Klimaschutzgesetz ergibt sich daraus zwar noch keine rechtliche Verpflichtung, der Expertenrat rät jedoch im Rahmen seiner Begutachtung dringend dazu, trotzdem nun unverzüglich nachzusteuern und nicht auf eine weitere Prognose zu warten.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte auf Klagen des BUND und der DUH jüngst geurteilt, dass dem Expertenrat hierzu eine gewichtige Rolle in der Überprüfung zukommt und die Anforderungen für die Projektionsberichte gestärkt.
Pressemitteilung BUND