Oberverwaltungsgericht Hamburg: Klage zweier Bürger auf Einhaltung der Bahnbenutzungsregelungen am Flughafen Hamburg erfolglos
Die Kläger haben mit ihrer Klage erreichen wollen, dass die Freie und Hansestadt Hamburg und die Deutsche Flugsicherung dafür Sorge tragen, dass die sog. Bahnbenutzungsregelungen am Flughafen Hamburg eingehalten werden. Sie haben geltend gemacht, dass Starts und Landungen nicht – wie aus ihrer Sicht in den Bahnbenutzungsregelungen angelegt – regelhaft in Richtung bzw. aus Richtung Nordwesten abgewickelt würden, wodurch es zu einem erhöhtem Flug-Lärmaufkommen auf ihren in Niendorf und Blankenese gelegenen Grundstücken komme.
Das erstinstanzlich zuständige Oberverwaltungsgericht hat die Klage mit heute (18.9.) verkündetem Urteil (1 E 18/18) abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, dass den Bahnbenutzungsregelungen nicht das von den Klägern angenommene quantitativ bestimmbare Regel-Ausnahme-Verhältnis in Bezug auf die Benutzung der Start- und Landebahnen entnommen werden kann.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.
Pressemitteilung der Verwaltungsgerichte/Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
OVG Hamburg entscheidet gegen Fluglärmschutz – Betriebserlaubnis des Flughafens jetzt fraglich
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte am gestrigen Mittwoch über die Klage von zwei Bürgern zu entscheiden. Die von starkem Fluglärm betroffenen Kläger sahen bei der Anwendung der sogenannten Bahnbenutzungsregel (BBR) am innerstädtisch gelegenen Hamburger Flughafen die Schutzregeln vor vermeidbaren Fluglärm missachtet. Beklagte waren die Verkehrsbehörde (BWVI) als Luftverkehrsaufsicht, die Deutsche Flugsicherung (DFS) sowie als Beigeladener der Hamburger Flughafen (FHG).
Bereits im Jahr 2001 hat das OVG im Zuge des letzten Planfeststellungsverfahrens aus 1998 für den Hamburger Flughafen festgestellt, dass die BBR die Bevölkerung vor Fluglärm zu schützen hat: Die BBR regeln „… die Bahnbenutzung für alle Benutzer und für die Deutsche Flugsicherung verbindlich“. Grundsätzlich soll über weniger dicht besiedelte Gebiete gestartet und gelandet werden. Nur im Ausnahmefall soll von den BBR abgewichen werden können.
Mit den seit 1998 zunehmenden Passagierzahlen steigt besonders die Anzahl der Flugbewegungen in den sogenannten Randstunden zwischen 6 und 7 Uhr am Morgen und in der regulären Nachtzeit zwischen 22 und 0 Uhr. Im gleichen Maße hat seitdem die Einhaltungsquote der Bahnbenutzungsregelungen abgenommen. Der Flughafen beruft sich auf Ausnahmeregelungen. Tragendes Element dieser Ausnahmen stellt vorgeblich das Wetter dar. Die Kläger sehen zuletzt eine unzulässige Umkehrung des Regel/Ausnahme-Verhältnisses: Die Einhaltung der BBR ist nicht die Regel sondern zur Ausnahme geworden.
Mit seinem Urteil hat das OVG die Klage gegen die BBR abgewiesen. Es ist den Klägern nicht gelungen, mit ihrem Anliegen bei Gericht durchzudringen. So erkennt das Gericht selbst eine langfristige Regelabweichung von bis zu 100 Prozent nicht als Verstoss an. Vor diesem aufdringlichen Missverhältnis von Regel und Ausnahme verschließt das Gericht die Augen und erteilt damit dem Betreiber des Flughafens in Hamburg einen Freibrief zur noch weitergehenden Missachtung der Schutzregeln.
Die Kläger sehen jetzt die Politik gefordert. „Wir sehen den noch amtierenden Rot-Grünen Senat in der Verantwortung. Mit dem kommenden Bürgerschaftswahlkampf und für die neue Legislaturperiode muss der Fluglärmschutz in den Fokus des Interesses gerückt werden. Der Hamburger Senat entwickelt seit Jahrzehnten einen überdimensionierten Großflughafen inmitten der Stadt und vernachlässigt gleichzeitig den Schutz seiner Bevölkerung vor den steigenden Belastungen“, resümiert Martin Mosel, neuer Sprecher des Dachverbandes BIG Fluglärm.
„Der jetzige Beschluss des OVGs hebelt nach unserer vorläufigen Beurteilung den Planfeststellungsbeschluss von 1998 aus, weil wirksame, aber notwendige Schutzvorschriften nun obsolet sind. Damit ist die Betriebserlaubnis des Flughafens fraglich. Jetzt ist der Bürgermeister aufgerufen, als Sachwalter über die Mehrheitsbeteiligung am Hamburger Flughafen die notwendigen Schutzbestimmungen für die mehr als 250.000 von Fluglärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger wiederherzustellen und ein neues Planfeststellungsverfahren aufzulegen“, fordert Mosel.
Pressemitteilung BIG-Fluglärm Hamburg