Deutsche Umwelthilfe, Gewerkschaft der Polizei und Bundesärztekammer fordern Entscheidung
Vor der Konferenz der Innenminister in dieser Woche (am 6. Dezember) fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Bündnis mit der Gewerkschaft der Polizei, der Bundesärztekammer sowie weiteren Organisationen ein Verbot von Böllern und Raketen, um eine weitere verheerende Silvesternacht wie im vergangenen Jahr zu verhindern. Das von der DUH initiierte Bündnis fordert die Änderung der Ersten Sprengstoffverordnung (1. SprengV), konkret die Streichung des Paragrafen 23 Abs. 2 und des Paragrafen 22 Abs. 1.
Dieser erlaubt zwei Tage vor Silvester den ansonsten verbotenen Verkauf von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie 2 an Privatpersonen und das Zünden am 31. Dezember und 1. Januar. Vor diesem Hintergrund hat das Bündnis einen offenen Brief an die Bundesinnenministerin Nancy Faeser geschickt, da für die Überarbeitung der Sprengstoffverordnung ihr Ministerium zuständig ist.
In dieser Woche findet in Berlin die Innenministerkonferenz (IMK) unter Leitung von Iris Spranger, Senatorin für Inneres und Sport und aktuell Vorsitzende der Innenministerkonferenz, statt. Frau Spranger kann die Änderung der Sprengstoffverordnung auf die Tagesordnung der Konferenz setzen, so wie sie das bereits Anfang des Jahres geplant hat. Außerdem hat sich zu Anfang der Woche die Berliner Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Franziska Giffey, zur Silvesterthematik geäußert, da sie schlimme Ausschreitungen befürchtet. Daher ging der offene Brief an diese drei Politikerinnen.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Änderung der Sprengstoffverordnung ist überfällig – das hat spätestens die vergangene Silvesternacht des Schreckens gezeigt. In diesem Jahr sind darüber hinaus massive gesundheitliche Beschwerden aufgrund der enormen Feinstaubbelastung durch das Zünden von Feuerwerk zu erwarten. Denn aktuell nehmen die Atemwegserkrankungen rasant zu und die Gesundheitsdienste warnen bereits vor Überlastungen. Wir fordern Senatorin Spranger über unseren gemeinsamen Offenen Brief dazu auf, die Änderung der Ersten Sprengstoffverordnung auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz zu setzen. Ein positives Zeichen sehen wir in der klaren Position der Senatorin Franziska Giffey, die vor wenigen Tagen im Spiegel ‚schlimme Ausschreitungen zu Silvester‘ befürchtete. Warum kämpft Frau Giffey nicht im Bundesrat für ein absolutes Böllerverbot oder schließt sich wie die Bundesärztekammer oder die Gewerkschaft der Polizei unserer Allianz für ein Böllerverbot an?“
Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei: „Die Innenministerkonferenz muss das Thema unbedingt behandeln und entscheiden. Noch kann Einfluss auf die Silvesternacht genommen werden und das müssen die Verantwortlichen in den Ländern übernehmen. Die Coronaphase hat doch gezeigt: Ist der Wille da, werden einheitliche gute Lösungen gefunden. Das brauchen wir auch jetzt.“
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer: „Böller und Raketen passen nicht mehr in unsere Zeit. Sie sind schlecht für Umwelt und Klima und sie führen immer wieder zu schweren Verletzungen. Zudem ist es vollkommen fehl am Platz, das Neue Jahr mit Raketen zu begrüßen, während mitten in Europa und im Nahen Osten Kriege geführt werden. Bund und Länder sollten daher ein dauerhaftes und umfassendes Böllerverbot beschließen. Statt Geld für Böller und Raketen auszugeben, wäre mir ein Spenden-Feuerwerk für Menschen in Not lieber.“
Viele Tausend Brände, extreme Luftverschmutzung und vermüllte Straßen und Natur sind die Folge der archaischen Schwarzpulver-Böllerei. Millionen Haus- wie Wildtiere geraten in akute Panik. Allein die dokumentierten Augen-, Ohr-, Brand- und Handverletzungen gehen voraussichtlich erneut in die Tausenden. Besonders erschreckend ist der Umstand, dass viele unbeteiligte Kinder die Opfer sind.
Mit Fokus auf dem Leid der Millionen Tiere durch Silvesterfeuerwerk werden die DUH, PETA, der Deutsche Tierschutzbund und TASSO morgen um 11 Uhr vor dem Brandenburger Tor in Berlin eine audiovisuell beeindruckende Aktion durchführen.
Dem Bündnis gehören neben der DUH 19 weitere Organisationen an: Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Bundesärztekammer, Bundesverband Tierschutz, Deutscher Tierschutzbund, Deutsche Tinnitus-Liga, Gewerkschaft der Polizei, Bundesverband Bürohunde, Jane Goodall Institut Deutschland, Bundesverband Menschen für Tierrechte, Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg, NaturFreunde Deutschlands, PETA Deutschland, Pro Wildlife, TASSO, Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft, Tierschutznetzwerk Kräfte Bündeln, VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz, das Haustierregister FINDEFIX. Erst kürzlich hat sich zudem der Deutsche Naturschutzring (DNR) angeschlossen.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
Wann hat es sich endlich ausgeböllert?
Knallerei an Silvester schadet vor allem Vögeln / NABU fordert Verbot von privatem Feuerwerk
Feuerwerk gehört für viele Menschen an Silvester dazu – noch. Denn die Böllerei wird zunehmend kritisch gesehen. Inzwischen hat sich ein breites Bündnis gegen Böller formiert, dem unter anderem die Gewerkschaft der Polizei angehört. Der NABU fordert bereits seit 2022 ein Verbot privater Feuerwerke.
„Starke Feinstaubbelastung und enorme Müllmengen sind jedes Jahr zu Silvester ein großes Problem, dazu kommen die schädlichen Auswirkungen auf Wildtiere. Vor allem Vögel sind betroffen“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Sie fliehen in große Höhen, landen für lange Zeit nicht. Sie kommen lange nicht zur Ruhe und kehren sehr zögerlich zu ihren Schlafplätzen zurück.“ Wasservögel reagieren noch in vier bis sieben Kilometern Entfernung auf Feuerwerk mit Flucht. Wenn Vögel in Schwärmen in großer Panik flüchten, können sie gegen Glasscheiben oder Stromleitungen prallen. Aber auch andere Wildtiere wie Füchse, Biber und Fledermäuse werden durch den Lärm gestresst. „So wie unsere Haustiere durch den Lärm verängstigt werden, geht es auch den Wildtieren“, so Miller. „Die sehr lauten Geräusche lösen den Fluchtreflex aus. Dadurch verbrauchen sie viel Energie, die sie zum Überleben in der kalten Jahreszeit benötigen. Das kann sogar lebensbedrohend werden.“
Auf Feuerwerk an Silvester muss aber nicht komplett verzichtet werden. Hier schlägt der NABU vor, dass Städte und Gemeinden zentrale Feuerwerke organisieren, vorzugweise Lichtshows. Die Konzentration auf bestimmte Orte reduziert Müll und Lärm – so kann das neue Jahr umwelt- und naturfreundlicher begrüßt werden.
Mehr Infos: www.NABU.de/Feuerwerk
Pressemitteilung NABU
Friedliches und böllerfreies Silvester
Deutsche Umwelthilfe, Gewerkschaft der Polizei und Bundesärztekammer zeigen mit wachsendem Bündnis, wie es geht und fordern endgültiges Böllerverbot
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und das von ihr ins Leben gerufene Bündnis aus Umwelt-, Verbraucher-, Tierschutz- und Gesundheitsorganisationen bekräftigen ihre Forderung an Bundesinnenministerin Faeser, sowohl ein Verkaufs- als auch ein Verwendungsverbot für Böller und Raketen durchzusetzen.
Mit einer begeisternden Drohnenshow im Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark Berlin hat die DUH zuvor gezeigt, wie eine friedliche Alternative zum Feuerwerk aussehen kann – ohne Rekord-Feinstaubbelastungen, Millionen in Panik geratende Tiere, tausende Verletzungen und Tonnen Müll.
Nach zwei Jahren Pause hat der vergangene Jahreswechsel 2022/23 gezeigt, dass ein endgültiges Böllerverbot dringender ist denn je: In der Silvesternacht gab es die heftigsten Attacken mit Pyrotechnik auf Einsatzkräfte. Außerdem verzeichneten laut einer bisher unveröffentlichten Studie der bundesweiten Feuerwerks-Verletzungen-Studiengruppe von Augenärzten die Kliniken in Deutschland einen Höchststand an Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper: 838 Patientinnen und Patienten wurden deswegen medizinisch behandelt – ein Anstieg um rund 300 im Vergleich zu den Jahren vor der Corona-Pandemie. Besonders besorgniserregend ist mit 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten.
Auch deshalb treten immer mehr Organisationen dem Bündnis der DUH für ein Böllerverbot bei, zuletzt die Gewerkschaft der Polizei und die Bundesärztekammer. Eine wachsende Mehrheit der Bevölkerung steht ebenfalls mit 59 Prozent hinter einem Böllerverbot.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Wie viele Brände und Verletzte braucht es noch, bevor Nancy Faeser zwei Sätze aus der Sprengstoffverordnung streicht und so den Weg frei macht für ein endgültiges Böllerverbot? Die Menschen wollen die jährliche ohrenbetäubende und gefährliche Böllerei nicht mehr. Es ist höchste Zeit, dass sich diese überholte Tradition zeitgemäßen Werten anpasst. Unsere Drohnenshow hat eindrücklich bewiesen, dass ein stimmungsvolles und festliches Silvester auch ohne Knall und Rauch möglich ist. Gemeinsam mit unseren Bündnispartnern fordern wir Nancy Faeser auf, endlich Menschen, Tiere und Umwelt zu schützen und die Silvesterböllerei zu verbieten!“
Um den Druck auf Innenministerin Faeser zu erhöhen, hat die DUH unter duh.de/boellerfrei einen Offenen Brief gestartet und ruft alle Bürgerinnen und Bürger auf, zu unterzeichnen. Eine gleichgerichtete Petition haben bereits mehr als eine halbe Million mitgezeichnet.
Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei: „Wir werden im Silvestereinsatz mit Raketen und Böllern beschossen und dadurch schwer verletzt. Immer mehr Angriffe und Verletzte, das muss ein Ende haben. Das Böllerverbot muss kommen, damit Einsatzkräfte unverletzt aus dem Einsatz kommen. Dieses starke Bündnis setzt sich für ein friedliches Silvester ein und stärkt uns, den Polizistinnen und Polizisten, den Rücken.“
Ameli Gabel-Pfisterer, Leitende Öberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann: „Zahl und Trend der von uns erfassten Verletzungen durch Silvesterfeuerwerk sind alarmierend. Im vergangenen Jahr erlitten 838 Menschen aufgrund von Feuerwerkskörpern Augenverletzungen, die in Kliniken ambulant oder stationär behandelt werden mussten. Das ist die höchste je von uns erfasste Zahl. Unsere Untersuchungen verdeutlichen beunruhigenderweise, dass etwa 60 Prozent der Betroffenen Unbeteiligte sind. Besonders schlimm dabei ist der hohe Anteil von 40 Prozent an Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten.“
Moira Gerlach, Tierärztin, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund: „Haus- und Wildtiere können den ohrenbetäubenden Lärm, grelle Lichtblitze und den Brandgeruch von Silvesterraketen und Böllern nicht einordnen. Stress und Angst sind die Folge. Durch ihr sensibles Gehör leiden Tiere besonders. Sie verkriechen sich zitternd, versuchen in Panik zu fliehen, verletzen sich dabei oder verlieren wichtige Energiereserven. Besonders dramatisch ist, dass die Tiere all diesem nicht ausschließlich in den Stunden um den Jahreswechsel ausgesetzt sind, sondern oftmals auch an den Tagen davor und danach, an denen ebenfalls geböllert wird.“
Hintergrund:
Dem Bündnis gehören neben der DUH folgende 18 Organisationen an: Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Bundesärztekammer, Bundesverband Tierschutz, Deutscher Tierschutzbund, Deutsche Tinnitus-Liga, Gewerkschaft der Polizei, Bundesverband Bürohunde, Jane Goodall Institut Deutschland, Bundesverband Menschen für Tierrechte, Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg, NaturFreunde Deutschlands, PETA Deutschland, Pro Wildlife, TASSO, Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft, Tierschutz-Netzwerk Kräfte Bündeln, VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz, das Haustierregister FINDEFIX.
Für ein bundesweites Verbot von privatem Silvesterfeuerwerk muss der letzte Satz der 1. Sprengstoffverordnung § 23 Abs. 2 S. gestrichen werden. Dort heißt es: „(2) Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 dürfen in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Dezember nur durch Inhaber einer Erlaubnis nach § 7 oder § 27, eines Befähigungsscheines nach § 20 des Gesetzes oder einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Absatz 1 verwendet (abgebrannt) werden. Am 31. Dezember und 1. Januar dürfen sie auch von Personen abgebrannt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.“
Mehr Infos: https://mitmachen.duh.de/boellerfrei/
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe (29.11.)