Fünf Punkte für saubere Stadt- und Hafenluft

Hamburg hat ein Problem mit Schadstoffen in der Luft. Gruene_LogoViele Abgase kommen aus dem Hafen. Es geht dabei nicht nur um EU-Grenzwerte, sondern um Menschenleben: In Europa verursacht allein der Schiffsverkehr jährlich rund 50.000 vorzeitige Todesfälle. Hamburg mit seinem Stadthafen ist direkt betroffen. Um die gefährlichen Schadstoffe aus dem Hafen effektiv zu bekämpfen, haben die Grünen haben einen Fünf-Punkte-Plan für saubere Stadt- und Hafenluft vorgelegt.

 

Allein im Nord-Ostseeraum sind es über 20.000 Todesfälle. Durch die ab 2015 geltenden Regelungen für den Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen könnten diese Fälle um rund 7.000 Fälle sinken. Diese Zahlen nennt der Senat auf Anfrage der Grünen.

Jens Kerstan, Fraktionsvorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion und Spitzenkandidat, erklärt: „Hamburg hat ein Problem mit der Atemluft. Die Grenzwerte der EU werden an vielen Tagen überschritten. Dabei geht es nicht um irgendwelche unsinnigen Mikrogramm-Vorgaben aus Brüssel, sondern um die Gesundheit der Hamburgerinnen und Hamburger. Deutliche Fortschritte für weniger Abgase im Hafen sind ein wichtiger Baustein für saubere Luft in ganz Hamburg. Die Zahlen über vorzeitige Todesfälle und Gesundheitskosten durch Schiffsabgase sind dramatisch. Immerhin haben wir jetzt erstmals Zahlen vorliegen, eine deutliche Verbesserung allein durch den verringerten Schwefelgehalt vorhersagen. Es ist nötig, weitere Maßnahmen gegen die Luftbelastungen in den Häfen zu ergreifen. Wenn wir die Luft im Hafen verbessern, wirkt sich das auf die Luftqualität in der Stadt aus. Es ist deshalb unbegreiflich, warum der SPD-Senat hier bisher untätig geblieben ist. Schlimmer noch: Der Senat verweigert seit Jahren eine neue Studie über die Luftbelastungen durch den Hafen und ignoriert die gesundheitlichen Kosten, die durch Schiffsabgase in Hamburg und im Umland entstehen. Wir haben einen Fünf-Punkte-Plan mit Maßnahmen für saubere Hafenluft erstellt. Konkret wollen wir beispielsweise im Hafen nur noch LKW zulassen, die mindestens die Abgasklasse Euronorm 5 erfüllen. Und wir wollen prüfen, ob wir mehr hafeninterne Transporte von der Straße aufs Wasser verlagern können, um Emissionen zu sparen und die Infrastruktur zu entlasten.“

Dr. Anjes Tjarks, hafenpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt: „Allein im Nord-Ostseeraum gibt es mehr als 20.000 vorzeitige Todesfälle durch Schiffsemissionen. Hamburg mit seinem Stadthafen ist von dem Problem gefährlicher Schadstoffe direkt betroffen. Die anderen großen Hafenstädte stehen vor demselben Problem. Wir brauchen deshalb dringend einen Dialog der großen Häfen im Nord- und Ostseeraum, wie wir die Luftbelastungen durch den Schiffsverkehr senken können. Die Handlungsmöglichkeiten sind vielfältig: Wir wollen eine saubere Energieversorgung am Kai statt Schiffsdiesel – und zwar nicht nur bei Kreuzfahrtschiffen, sondern gerade auch bei Containerschiffen. Je früher Hamburg hier eine leistungsfähige Infrastruktur bereithält, desto interessanter wird unser Hafen für moderne Reedereien. Die Hafengebühren wollen wir so gestalten, dass sie Anreize liefern für die Umrüstung auf Umwelttechnik. Dabei gilt: Je umweltfreundlicher ein Schiff, desto günstiger wird das Hafengeld.“

Fünf Punkte für saubere Hafenluft

1) Saubere externe Energieversorgung für Schiffe am Kai. Landstromanschlüsse oder Flüssiggas-Versorgung dürfen nicht nur auf Kreuzfahrtriesen beschränkt bleiben, sondern müssen endlich auch Containerschiffe einbeziehen.

2) Mit den Hafengebühren kann Hamburg einen Anreiz für die ökologische Umrüstung von Schiffen schaffen. Das bedeutet für uns ein Bonus- und Malus-System. Das Hafengeld soll sich stärker daran bemessen, ob Schiffe landstromfähig sind oder mit Rußpartikelfiltern und Katalysatoren ausgestattet sind. Dabei gilt: Je umweltfreundlicher ein Schiff, desto günstiger wird das Hafengeld.

3) Dialog der großen Häfen im Nord- und Ostseeraum, insbesondere mit Rotterdam, Antwerpen, Amsterdam, Bremerhaven und Wilhelmshaven, wie sich Luftbelastungen durch den Schiffsverkehr effektiv senken lassen.

4) Der Schiffsverkehr ist nicht alleine für Luftbelastungen im Hafen verantwortlich. Auch die Hafen- und Hinterlandverkehre müssen ökologischer werden. Deshalb wollen wir dem Beispiel von Rotterdam folgen und mittel- bis langfristig im Hafengebiet nur LKW erlauben, die mindestens die Abgasklasse Euronorm 5 erfüllen.

5) Wir wollen prüfen, inwieweit sich hafeninterne Transporte stärker aufs Wasser verlagern können, um die Infrastruktur zu schonen und die Emissionen zu reduzieren.

Hintergrund

Der Senat bezieht sich in seiner Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten Tjarks u.a. auf eine dänische Studie des Center for Energy, Environment and Health aus dem Jahr 2011. In dieser Studie werden die vom gesamten internationalen Schiffsverkehr ausgehenden vorzeitigen Todesfälle in Europa mit 49.500 für das Jahr 2000 angegeben, für das Jahr 2020 wird ein Wert von 53.400 prognostiziert. Diese Steigerung wird mit der Zunahme des internationalen Schiffsverkehrs erklärt. Bei einer Betrachtung nur des internationalen Schiffsverkehrs in Nord- und Ostsee ergeben sich für das Jahr 2000 20.400 zusätzliche Fälle, dieser Wert sinkt in der Prognose bis 2020 auf einen Wert von 13.200. Diese Abnahme wird mit den Auswirkungen der ab 2015 geltenden Regelungen für den Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen erklärt. Die vom gesamten internationalen Schiffsverkehr ausgehenden Gesundheitskosten für Dänemark werden für das Jahr 2000 mit einem Anteil von 18 Prozent und für 2020 mit 19 Prozent beziffert. Der Hamburger Senat hat sich nach eigenen Angaben mit der Frage der zusätzlichen Gesundheitsaufwendungen durch die Luftbelastungen aus dem Schiffsverkehr noch nicht beschäftigt.

Hamburg ist es nicht gelungen, die Grenzwerte der Europäischen Luftqualitäts-Richtlinie (RL 2008/50/EG) für Stickoxid (NO2) fristgerecht einzuhalten (s. Richtlinie Anh. XI). Hauptquellen der Stickoxid-Belastung sind der Straßenverkehr und der Schiffsverkehr. Die Richtlinie räumt die Möglichkeit einer Fristverlängerung unter der Bedingung ein, dass ein Luftreinhalteplan Maßnahmen beschreibt, mit denen die Grenzwerte innerhalb der verlängerten Frist erreicht werden können (Art. 22 u. 23). Nach Prüfung des vom Hamburger Senat vorgelegten Luftreinhalteplans hat die EU-Kommission jedoch Anfang 2013 eine Verlängerung abgelehnt: Mit den beschriebenen Maßnahmen sind die Anforderungen nach Einschätzung der Kommission nicht zu erfüllen. Damit kommt ein EU-Vertragsverletzungsverfahren auf Hamburg zu. Erste Schritte hat die EU-Kommission im September 2014 eingeleitet. Am 5. November hat das Hamburger Verwaltungsgericht der vom BUND unterstützten Klage eines Bürgers stattgegeben und die Stadt verurteilt, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um die geltenden Stickoxid-Grenzwerte einzuhalten. Die Umweltbehörde hat Revision gegen das Urteil eingelegt, noch bevor die schriftliche Urteilsbegründung vorlag.
Pressemitteilung GRÜNE Bürgerschaftsfraktion

Dieser Beitrag wurde unter Klima / Energie / Umwelt veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.