Vor Covid-19 haben Regierungen Warnungen der Wissenschaft überhört: Mit der Naturzerstörung wachsen Pandemie-Risiken. Jetzt müssen wir endlich langfristig denken. Gastkommentar bei Greenpeace von Josef Settele, Biodiversitätsforscher und Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen der deutschen Bundesregierung:
Dieser Tage und Wochen schleppe ich ein merkwürdiges Gefühl mit mir herum. Zwar freue ich mich, wie viel Aufmerksamkeit die Wissenschaft gerade erfährt. Aber ich weiß auch, dass es wieder ganz anders sein wird, wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen haben. Dann haben es Forscherinnen und Forscher wie eh und je schwer, an das Ohr der breiten Öffentlichkeit zu dringen. Die dringend notwendige Debatte über die Ursachen für das furchtbare Zusammenspiel aus Klimawandel, Artensterben und Pandemien landet wieder in interessierten Kreisen – und damit leider auch die Diskussion über die Konsequenzen aus dieser dreifach fatalen Entwicklung.
Als ich im Sommer an meinem neuen Buch „Die Triple-Krise“ saß, las ich nach Jahren wieder eine zwischen 2008 und 2010 mit Kollegen wie dem Biologen Joachim Spangenberg verfasste Arbeit zu den Risiken des Artensterbens. Wir legten darin ein wissenschaftlich fundiertes Szenario für mögliche Pandemien inklusive der Folgen vor. Ich bin ehrlich erschrocken, wie nah wir in unseren Worst-Case-Aussagen der Realität von heute kamen. Die Vorhersage von damals enthielt zehntausende Tote, überfüllte Krankenhäuser, zur Isolation gezwungene Menschen und weitgehend zusammengebrochene Volkswirtschaften.
DIE VORHERGESAGTE KATASTROPHE
Nun erlebt die Welt genau das: Ein Virus, das es vom Tier zum Menschen schaffte, bringt der Menschheit auf allen Kontinenten Tod, Schmerz und Trauer sowie schwere ökonomische und soziale Schäden. Glauben Sie, Joachim Spangenberg und mich hat damals irgendwer aus der Politik gefragt: Was können wir tun, damit sich Ihr schreckliches Szenario vermeiden lässt? Natürlich nicht. Keine einzige Regierung mit Zugang zum Internet kann behaupten, nichts von den Risiken einer von Viren ausgelösten Pandemie gewusst zu haben. Bill Gates appellierte im März 2015 auf einer Konferenz in Vancouver an die Staaten der Welt: „Wir müssen uns für eine Epidemie wappnen wie für einen Krieg.” Geschehen ist nichts. Leider.
Ich wünschte mir das Gegenteil. Doch zeigt sich bereits, dass sich die Natur durch den Corona-Stillstand nicht nachhaltig genug erholt….
Der ganze Artikel unter: https://www.greenpeace.de/themen/landwirtschaft/furchtbares-zusammenspiel
Josef Settele ist Professor am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle, Co-Vorsitzender des Weltberichts zum ökologischen Zustand der Erde (IPBES) und “Umweltweiser” im Sachverständigenrat für Umweltfragen der deutschen Bundesregierung