Die Hamburgische Bürgerschaft beschäftigt sich heute sowohl in der Aktuellen Stunde als auch in den Debatten mit dem kommenden G20-Gipfel in Hamburg. Neben den bereits häufig geführten Debatten um Demonstrationen geht es dabei heute sehr stark auch um die inhaltlichen Fragen beim Gipfel. Aus Sicht der Grünen Bürgerschaftsfraktion braucht die Welt dringend neue Lösungen oder zumindest Impulse – etwa in den Bereichen Klimaschutz, globale Gerechtigkeit, Gesundheit und Frauenrechte: Hier müssen die Staats- und Regierungschefs in Hamburg liefern.
Dazu Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Civil 20, Women 20, Youth 20 – die Zivilgesellschaft hat ihre Forderungen an die Gipfel-Teilnehmenden klar formuliert. Hamburg ist zwar die Gastgeberin, wir in Hamburg haben aber auch eine deutliche Erwartungshaltung an den G20-Gipfel. Für uns Grüne zählt dazu insbesondere ein starkes Zeichen für den Klimaschutz, die Stärkung der Frauenrechte sowie größere globale Gerechtigkeit. Hier erwarten wir echte Lösungen und Ergebnisse. Die G20 müssen Teil dieser Lösungen sein – und es braucht offensichtlich unseren gesellschaftlichen Druck, damit sie dabei in die Pötte kommen. Unsere Meinung zeigen wir in Hamburg auch auf der Straße: 28 Demos tun in der Woche um den Gipfel ihre Haltung und ihren Protest hörbar kund. Ich appelliere aber an alle: bleibt friedlich. Jede Form von Gewalt untergräbt die ernsthaften Anliegen und Forderungen. In unserer Rolle als Gastgeberin müssen wir zeitgleich Sicherheitsvorkehrungen treffen. Sie bedeuten für viele Hamburgerinnen und Hamburger Einschränkungen. Ich verstehe alle, die sagen: ‚das nervt‘, aber ich bitte auch um Verständnis und Gelassenheit.“
Dazu Christiane Blömeke, stellvertretende Vorsitzende und gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Gesundheitspolitik ist Teil der internationalen Verantwortung, denn gefährliche Krankheitserreger machen vor keiner Grenze halt. Ein besonders drängendes Thema sind Antibiotikaresistenzen bei krankmachenden Bakterien. Hier soll ein Forschungsfonds aufgelegt werden, der die Entwicklung neuer Antibiotika zum Einsatz gegen die gefährlichsten Keime gezielt unterstützt. Gleichzeitig muss der Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin und auch in der Tiermast deutlich reduziert werden, um deren Wirksamkeit zu erhalten. Wir erwarten vom G20-Gipfel hier klare Vereinbarungen.“
Dazu Ulrike Sparr, umweltpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Bei uns sind die Auswirkungen des Klimawandels noch relativ moderat. In einigen Ländern Afrikas und des Nahen Ostens haben aber überlange Dürreperioden bereits die Lebensgrundlagen der Bevölkerung zerstört und Wanderungsbewegungen ausgelöst. Oberste Priorität bei G20 muss deshalb die Umsetzung des Pariser Abkommens mit der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels haben. Europa muss dabei eine führende Rolle übernehmen, gerade weil die USA sich aus der Verantwortung stehlen.“
Dazu Mareike Engels, frauenpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Trump, Putin und Erdogan sollen über die Stärkung der Rechte von Frauen beraten. Das kann eigentlich nichts Gutes heißen. Daher ist es wichtig, gerade auch im Rahmen von G20 zu zeigen, dass wir Frauen präsent sind und für unsere Rechte einstehen. Ich bin froh, dass es bei der Demo ‚Hamburg zeigt Haltung‘ einen Frauenblock geben wird und das Thema auch ansonsten in der zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung eine große Rolle spielt. Für Frauenrechte müssen wir immer und überall kämpfen.“
Dazu Antje Möller, innenpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Bei dem seit Wochen währenden Streit um diverse Versammlungen, der Sorge um zu erwartende Gewalttaten und der großflächigen Allgemeinverfügung der Polizei ist eine sachlichere Auseinandersetzung dringend notwendig. Es wird eine Vielzahl von Demonstrationen im inneren Bereich der Stadt geben. Eine große bunte Vielfalt von Initiativen und Einzelpersonen wird ihren Protest gegen und ihre Erwartungen an den Gipfel öffentlich sichtbar machen. Ob die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit zulässig sind, werden Gerichte rechtsstaatlich klären. Es ist nicht hilfreich, täglich neue Sicherheitsgefahren und notwendige Aufrüstung zu beschreiben. Genauso wenig trägt es zur Deeskalation bei, Gewalt zu relativieren. Wir sollten aber auch nichts kleinreden, denn wir stehen vor einer Woche, die für den Großteil der Menschen in dieser Stadt eine Menge Zumutungen und Einschränkungen in ihrem Alltag bereithält, aber auch den Polizistinnen und Polizisten viel abverlangt.“
Dazu Murat Gözay, europapolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Wenn sich Trump und Putin in unserer Stadt zum ersten Mal die Hand schütteln, werden die Weichen für unsere gemeinsame Zukunft gestellt. Denn die Probleme drängen und wir brauchen Lösungen heute und nicht morgen oder übermorgen. Aber irgendwie bewegt sich die Welt gerade in die falsche Richtung. Man denke nur an die Ankündigung vom Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen durch Präsident Trump. Da kommt einem Stillstand fast schon wie Fortschritt vor. Es gibt also viel anzupacken für die G20-Teilnehmer. Und die Ergebnisse, so es denn welche geben wird, müssen Bestand haben. Da kann es nicht zufriedenstellen, dass der G20-Gipfel keinerlei völkerrechtliche Bindung hat und sich sämtliche Beratungen in einem informellen Rahmen bewegen. Langfristig müssen die G20 deshalb an die Vereinten Nationen heranrücken. Aber die Welt kann sich nicht gedulden, bis das geschieht. Denn das Klima wartet nicht auf die Gestrigen. Genauso wenig soziale Ungleichheit, globale Ungerechtigkeit und die millionenfache Flüchtlingstragödie – sie brauchen so schnell wie möglich supranationale Lösungen.“
Pressemitteilung GRÜNE Bürgerschaftsfraktion Hamburg
Vor dem G20-Gipfel in Hamburg – Dressel: „Sollten unsere hanseatische Gelassenheit nicht verlieren“
Angesichts des G20-Gipfels in gut einer Woche hat sich SPD-Fraktionschef Andreas Dressel in der heutigen Aktuellen Stunde der Bürgerschaft für mehr Gelassenheit ausgesprochen: „Natürlich geht ein solcher Gipfel nicht ohne Beeinträchtigungen für die Bürgerinnen und Bürger über die Bühne, das bestreitet niemand. Aber gleichwohl sind alle Beteiligten auf staatlicher Seite in vollem Einsatz, diese Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. Dafür gebührt insbesondere der Vielzahl von Polizistinnen und Polizisten, Rettungs- und Einsatzkräften sowie zahlreichen weiteren öffentlich Bediensteten unser aller Dank, unser Respekt und unsere Anerkennung. Obwohl wir als Nicht-Hauptstädter nicht so viel alltägliche Erfahrung mit so einem Gipfel-Geschehen haben, sollten wir bei all der Anspannung und Aufregung, unsere hanseatische Gelassenheit nicht verlieren.“
Dass die Polizei professionell und rechtsstaatlich die Herausforderung angenommen habe, zeige nicht zuletzt der Umgang mit den Peinlichkeiten der Berliner Hundertschaften, so Dressel weiter: „Alle haben sich hier an die Spielregeln zu halten – die Demonstranten, die Sicherheitskräfte auch zweifelhafter Staatschefs aber eben auch die Polizei selbst. Und wenn die Einhaltung der Gesetze bestritten wird, haben wir unabhängige Gerichte, die ihren Job, das zeigen auch die jüngsten Entscheidungen zu Demonstrationsverboten abgewogen und verfassungskonform ausfüllen – auch das unterscheidet uns übrigens von anderen Gipfelaustragungsorten in anderen G20-Ländern. Glaubt denn jemand ernsthaft, dass in China, Russland oder der Türkei so viel Demonstrationen, ja friedlich und gewaltfrei wohlgemerkt, stattfinden würden? Nein, Hamburg wird seinem Anspruch als weltoffene, vielfältige und tolerante Metropole auch insofern gerecht, darauf können wir alle ein Stück stolz sein. Und es versteht sich von selbst: Nur für friedliche Versammlungen gilt die Versammlungsfreiheit. Jedem noch so berechtigten Anliegen erweist man mit Gewaltexzessen einen Bärendienst.“
Dressel weiter: „Reden wir nicht nur über das Ob und das Wie – sondern vor allem über die Inhalte. Mit dem Civil20-Treffen sind wichtige Impulse der Zivilgesellschaft hier in Hamburg formuliert worden – die einfließen werden. Es lohnt sich für diese Positionen und Werte einzutreten, einzustehen und – auch an den Gipfeltagen – friedlich auf die Straße zu gehen. Deshalb, bei aller Diskussion, wir lösen mit dem Gipfel in der nächsten Woche auch unseren Verfassungsauftrag ein: Hamburg ‚will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein‘. Genau das sind wir als Austragungsort. Für nächste Woche kann man nur wünschen: Viel Erfolg im Sinne der Zukunft unserer Erde, liebe G20-Mitglieder.“
Nach den Ausschussberatungen – Bürgerschaft befasst sich mit G20-Agenda
Im Rahmen des G20-Gipfels am 7. und 8. Juli werden weltweit bedeutende Themen diskutiert. Dazu gehören zum Beispiel internationale Steuerfragen, die Regulierung der Finanzmärkte oder der Kampf gegen den Klimawandel. Auch Fragen rund um den Welthandel, die Digitalisierung, Arbeit und Beschäftigung sowie Gesundheitsvorsorge beziehungsweise Gesundheitsversorgung spielen eine große Rolle. Manche dieser Aspekte betreffen auch Hamburg als Land und Kommune selbst. Deshalb haben in den vergangenen Wochen die jeweils zuständigen Fachausschüsse der Bürgerschaft die Themen der G20-Agenda gemeinsam erörtert. Auf ihrer heutigen Sitzung befassen sich die Abgeordneten damit in der Aktuellen Stunde sowie in vier weiteren Debatten.
Dazu die SPD-Abgeordnete Barbara Duden, Mitglied im Europaausschuss: „Das G20-Gipfeltreffen ist zweifelsohne eine große Herausforderung für Hamburg und seine Bürgerinnen und Bürger. Umso wichtiger ist es, dass bei allen Diskussionen über Beeinträchtigungen die Inhalte des Gipfels nicht bloße Randnotiz sind, sondern stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Die globalen Konflikte und Herausforderungen brauchen nicht nur eine gemeinsame internationale Lösung – sie beeinflussen auch unser gesellschaftliches und politisches Handeln hier vor Ort. Auf unsere Initiative hat sich daher auch der Europaausschuss intensiv mit den Inhalten des G-20-Gipfels beschäftigt, unter anderem auch im direkten Austausch mit der Leiterin des G20-Sherpa-Arbeitsstabes im Bundeskanzleramt. Dabei wurde noch einmal sehr deutlich, dass gerade auch die intensive Beteiligung der Zivilgesellschaft und die Möglichkeiten der kritischen Auseinandersetzung einen ganz wichtigen Bestandteil des G20-Treffens ausmachen. Dafür ist eine so weltoffene Stadt wie Hamburg genau der richtige Ort.“
Monika Schaal, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion: „In Hamburg wollen die G20 die Weichen für die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens stellen. Die sogenannten Sherpas bereiten gerade einen Aktionsplan Klimaschutz vor und erstmals arbeiten dabei die Gruppen für Energie und Klimaschutz zusammen. Das macht Sinn, denn Dreiviertel des weltweiten Energiebedarfs gehen auf das Konto der G20. Es wäre eine große Sache, wenn in Hamburg der Klimaschutz einen Schritt weiter käme. Das G20-Treffen im September 2016 im chinesischen Hangzou unterstützte ein rasches Inkrafttreten des Pariser Klima-Abkommens. Im Dezember haben 195 Staaten in Paris dann tatsächlich unterschrieben. Das macht Hoffnung, dass jetzt von Hamburg ein Signal für die Umsetzung des Pariser Abkommens ausgeht und auch Geld bereitgestellt wird.“
Zum Bereich Beschäftigung erklärt Wolfgang Rose, Koordinator für Gewerkschaftskontakte in der SPD-Fraktion: „Reden wir nicht länger darüber, ob die G20 hier tagen dürfen oder nicht, sondern reden wir zum Beispiel über das, was die internationalen Gewerkschaften als Labour20 fordern: Gerechte und faire Arbeitsbeziehungen weltweit, und die Verantwortung der G20-Staaten, der Regierungen und der Konzerne dafür. Unterstützen wir die Forderung, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter, die in Indien und Bangladesch die Baumwolle pflücken und unsere T-Shirts nähen, dafür faire Löhne bekommen, von denen sie leben können. Unterstützen wir die Forderung an die G20, dass überall entlang der globalen Lieferketten mindestens die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation eingehalten werden, dass Mindestlöhne gelten und begrenzte Arbeitszeiten statt unbegrenzter Ausbeutung. Wir stehen mit unserer Politik für Gute Arbeit in Hamburg und in Deutschland. Aber wir wollen es nicht nur für uns, sondern für alle Menschen auf der ganzen, der einen Welt.“
Hansjörg Schmidt, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: „Neben dem Handel ist der wirtschaftspolitische Schwerpunkt des diesjährigen G20-Gipfels die Digitalisierung. Erstmals trafen sich bereits im Vorfeld die Digitalminister der Mitgliedsländer, auf eine gemeinsame Erklärung könnte sich trotz unterschiedlichen Auffassungen zu einigen Fragestellungen wie zum Datenschutz oder zum Abbau von Barrieren im digitalen Handel geeinigt werden. Damit stellt sich auch die G20 einem zentralen Zukunftsthema. Darüber hinaus ist es gut, dass die teilnehmenden Staaten und ihre führenden Persönlichkeiten dieses Jahr hier in Hamburg ins Gespräch kommen. Unsere Stadt ist der wirtschaftspolitische Gegenentwurf zur Ideologie der Abschottung und des Ellenbogens. Je mehr von dieser offenen Geisteshaltung auf das Ergebnis des Gipfels abstrahlt, desto besser.“
Der SPD-Abgeordnete Jenspeter Rosenfeldt, Mitglied im Gesundheitsausschuss, betont: „Ich begrüße, dass im Rahmen im Rahmen der Beratungen der G20-Gesundheitsminister mit der Berliner Erklärung bereits wichtige Vorarbeiten zu global bedeutsamen Themen wie der Eindämmung von Antibiotikaresistenzen und dem Krisenmanagement beim Ausbruch von gefährlichen Infektionskrankheiten geleistet wurden. Gerade Hamburg hat mit dem Bernhard-Nocht-Institut und dem UKE auch international anerkanntes Know-How anzubieten. Die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen ist eine enorme Herausforderung für die globale Gesundheitsversorgung und ich hoffe, dass auch die Regierungschefs der G20 dieses wichtige Thema in ihrer Abschlusserklärung würdigen.“
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